Insolvenz: Rechtslage, Ablauf, Handlungsmöglichkeiten

Zunächst durch die Corona-Pandemie und jetzt durch die explodierenden Energiepreise kommen viele Betriebe trotz staatlicher Unterstützung in Zahlungsschwierigkeiten. Was Sie zur aktuellen Rechtslage und zum Ablauf des Insolvenzverfahrens wissen müssen, erfahren Sie auf dieser Seite. Wir zeigen Ihnen außerdem, wie Sie eine drohende Insolvenz erkennen und welche Möglichkeiten Sie haben, diese abzuwenden.

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Zuletzt aktualisiert am:18.04.2024

Insolvenzgründe und Rechtslage

Definition

Was bedeutet Insolvenz?

Der Begriff Insolvenz kann vom lateinischen Wort „solvere“ abgeleitet werden, was auf Deutsch so viel wie „zahlen“ bedeutet. Insolvenz gibt den Zustand eines Unternehmens oder einer Privatperson wieder, das bzw. die aufgrund finanzieller Engpässe nicht mehr in der Lage ist, ausstehende Zahlungen zu begleichen. Die Insolvenz ist somit die akute oder drohende Zahlungsunfähigkeit.

Laut Insolvenzrecht kann ein Insolvenzverfahren aus drei Gründen eröffnet werden:

  1. Zahlungsunfähigkeit
    Eine Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß Insolvenzordnung vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. In einem Urteil von 2005 hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgelegt, dass die Zahlungsunfähigkeit dann gegeben ist, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, innerhalb von drei Wochen 90 Prozent seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen.

  2. Drohende Zahlungsunfähigkeit
    Die Insolvenzreife kann auch erreicht werden, wenn das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist. Und zwar dann, wenn bereits absehbar ist, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, bestehende Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

  3. Überschuldung
    Der dritte Insolvenzgrund ist eine Überschuldung des Unternehmens. Diese liegt gemäß Insolvenzordnung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Allerdings nur, wenn dabei auch die Fortführung des Unternehmens sehr unwahrscheinlich ist.

Ziele der Insolvenz

Die Insolvenz kann zwei Ziele verfolgen:

  1. Die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens soll im Rahmen des Insolvenzverfahrens wiederhergestellt werden.

  2. Durch die Insolvenz soll das noch vorhandene Vermögen des Unternehmens zu Geld gemacht werden, um die Ansprüche der Gläubiger möglichst schnell und gleichmäßig zu befriedigen. Ohne ein geordnetes Insolvenzverfahren wäre es nicht möglich, das Geld aus der Vermögensverwertung jedem Gläubiger gleichmäßig auszuhändigen. Stattdessen würde es ungerecht verteilt werden.

Aktuelle Rechtslage zur Insolvenz: Corona und Insolvenzrechtsreform

Erleichterungen aufgrund der Corona-Krise

Es ist noch nicht allzu lange her, dass die Pandemie dazu zwang, in vielen wirtschaftlichen Belangen umzudenken. Kurzfristige Veränderungen gab es auch im Bereich des Insolvenzrechts.

Erleichterungen aufgrund der Corona-Krise

Aufgrund der wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie hatte der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht vom 1. März 2020 bis 1. Mai 2021 in bestimmten Fällen ausgesetzt. In finanzielle Schieflage geratene Unternehmer mussten in diesem Zeitraum nicht – wie sonst – innerhalb von drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen. Stattdessen bekamen sie die Möglichkeit, eine drohende Insolvenz abzuwenden, indem sie staatliche Hilfen beantragten oder Sanierungsbemühungen vorantrieben. Seit dem 1. Mai 2021 gelten nun allerdings wieder die normalen Regelungen zur Insolvenzantragspflicht.

Reform des Insolvenzrechts

Die Reform des Insolvenzrechts trat 1.1.2021 in Kraft. Hauptziel der Reform ist es, finanziell in Schieflage geratenen Firmen zu helfen, sich aus eigener Kraft zu retten, ohne dass es überhaupt zu einem Insolvenzverfahren kommt.

Hier die wichtigsten Punkte des Entwurfs des neuen Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG):

  • Die Frist für die Stellung des Insolvenzantrags verdoppelt sich für überschuldete Unternehmen von drei auf sechs Wochen. Achtung: Für zahlungsunfähige Unternehmen bleibt sie aber weiterhin bei drei Wochen.
  • Der Prognosezeitraum für eine drohende Zahlungsunfähigkeit wird auf 24 Monate festgesetzt, für eine Überschuldung auf 12 Monate.
  • Kernstück der Reform ist, dass Unternehmen künftig eigenständig einen Restrukturierungsplan aufstellen, in dem sie alle Maßnahmen aufführen, die für die Sanierung des Betriebs notwendig sind.
  • Diesen Plan sollen sie umsetzen können, wenn mindestens 75 Prozent der Gläubiger ihm zustimmen. Bislang war hierfür die Einstimmigkeit der Gläubiger nötig.

Der Ablauf des Insolvenzverfahrens

Der Ablauf eines Insolvenzverfahrens ist in mehrere Phasen zu unterteilen. In jeder dieser Phasen gibt es unterschiedliche Rechte und Pflichten für Unternehmen im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens.

1. Insolvenzantrag stellen

Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, muss beim zuständigen Insolvenzgericht ein Antrag auf Insolvenz gestellt werden. Den Antrag kann entweder der Unternehmer selbst stellen oder ein Gläubiger, der seine Zahlungen nicht erhält.

Der Insolvenzantrag kann nicht formlos gestellt werden. Es muss das vom Gericht vorgegebene Formular vollständig und mit korrekten Angaben ausgefüllt werden. Er muss außerdem beim „sachlich zuständigen“ Insolvenzgericht gestellt werden. Für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist das Amtsgericht sachlich zuständig, in dessen Bezirk das Unternehmen den Sitz seiner gewerblichen Niederlassung hat. Existieren mehrere Niederlassungen, ist der Sitz der Hauptniederlassung für die Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts maßgeblich. Gibt es keine gewerbliche Niederlassung, ist das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Wohnsitz des Schuldners befindet.

Tipp

Mit Rechtsanwalt zusammenarbeiten

Um hier keine Fehler zu machen und gegebenenfalls über das Vermögen des Unternehmens für Schulden in Haftung genommen zu werden, sollten Sie bereits in dieser Phase einen Rechtsanwalt mit dem Ausfüllen des Insolvenzantrags beauftragen.

2. Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wurde ein Insolvenzantrag für ein Regelinsolvenzverfahren beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt, prüft das Gericht zunächst, ob ein Insolvenzgrund gegeben ist.

Kommt das Insolvenzgericht bei der Überprüfung des Insolvenzantrags zur Erkenntnis, dass ein Eröffnungsgrund vorliegt und ausreichend Vermögen (Masse) vorhanden ist, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu tragen, eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren durch einen Beschluss.

Im Rahmen dieses Eröffnungsverfahrens kann das Gericht Sicherungsmaßnahmen treffen (z. B. Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen). Es Gericht bestimmt bei einem Eröffnungsbeschluss auch einen Insolvenzverwalter.

Info

Insolvenzverwalter

Sobald das Insolvenzverfahren auf Antrag eröffnet ist, darf der Schuldner nicht mehr über sein Vermögen verfügen. Stattdessen bestellt das Gericht einen Insolvenzverwalter, auf den alle Verwaltungs- und Vergütungsrechte mit dem Eröffnungsbeschluss übergehen. Primäre Aufgabe des Insolvenzverwalters ist die Ermittlung der Insolvenzmasse, die unter den Gläubigern aufzuteilen ist.

3. Insolvenzbekanntmachung

Eröffnet das Insolvenzgericht ein Insolvenzverfahren, wird die Zahlungsunfähigkeit durch das Gericht im Insolvenzregister veröffentlicht. Das gilt gleichermaßen für Regelinsolvenzverfahren und für Verbraucherinsolvenzverfahren. Durch die Veröffentlichung des Insolvenzverfahrens sollen Gläubiger informiert und in die Lage versetzt werden, beim Insolvenzverwalter ihre Forderungen anzumelden.

Info

Regelinsolvenz vs. Verbraucherinsolvenz

Im Insolvenzfall greift die Insolvenzordnung (InsO). Und diese Insolvenzordnung unterscheidet zwei Arten von Insolvenzverfahren: das Regelinsolvenzverfahren und das Verbraucherinsolvenzverfahren.

Der Grundfall der Insolvenzordnung ist die Unternehmensinsolvenz. Ein solches Insolvenzverfahren für einen Unternehmer wird als Regelinsolvenzverfahren bezeichnet. Kommt es bei Personen zur Zahlungsunfähigkeit, die nicht oder nicht mehr unternehmerisch tätig sind, spricht man von einem Verbraucherinsolvenzverfahren.

Der elementare Unterschied zwischen dem Regelinsolvenzverfahren und dem Verbraucherinsolvenzverfahren ist der so genannte „außergerichtliche Einigungsversuch“. Insbesondere bei einem Verbraucherinsolvenzverfahren soll zunächst der Versuch gestartet werden, eine außergerichtliche Einigung bzw. Lösung zwischen der zahlungsunfähigen Person und dem Gläubiger zu finden.

Bei der Regelinsolvenz kann auch ohne Einigungsversuch sofort ein Insolvenzantrag gestellt werden.

Fristen für den Insolvenzantrag

Kommt es bei juristischen Personen (z. B. GmbH oder AG) zu einer Überschuldung oder zu einer Zahlungsunfähigkeit, muss der Geschäftsführer innerhalb einer bestimmten Frist einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht stellen. Diese Frist beträgt drei Wochen im Falle der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung. Das bedeutet im Klartext: Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber nach drei bzw. sechs Wochen ein Insolvenzantrag gestellt werden.

Praxis-Tipp: Aufgrund der Corona-Krise wurde viele Regelungen gelockert oder ausgesetzt. So wurde zeitweise auch die Insolvenzantragspflicht ausnahmsweise ausgesetzt. Seit dem 1.1.2024 sind auch die letzten beiden Sonderregelungen weggefallen: Diese betreffen die Antragsfrist bei Überschuldung und die Fortführungsprognose.

Für den Insolvenzantrag im Rahmen des Insolvenzgrundes Überschuldung gilt seit 2024 wieder die übliche Sechswochenfrist (statt acht Wochen).  

Während Corona galt für die Fortführungsprognose ein reduzierter Prognose-Zeitraum von vier Monaten. Seit 2024 gilt hier wieder eine längere Fortführungsprognose von zwölf Monaten.

So funktioniert die Anmeldung zur Insolvenz

Stellen Sie einen Insolvenzantrag, prüfen die Beamten zuerst, ob im Einzelunternehmen noch Gelder zur Verfügung stehen, um ein Insolvenzverfahren überhaupt durchzuführen sowie ausstehende Forderungen zumindest teilweise zu begleichen.

Haben die zuständigen Behörden den gesamten Sachverhalt geprüft und die Zahlungsunfähigkeit bestätigt, wird das Insolvenzverfahren durch einen Eröffnungsbeschluss bekannt gegeben (§§ 27, 30 InsO).

  1. Berufung des Insolvenz­verwalters 

Ab dem Moment, an dem das Gericht das Insolvenzverfahren bekannt gibt, bezieht es den Insolvenzverwalter in den Prozess mit ein. Dieser koordiniert den weiteren Ablauf, bewertet die Lage des Unternehmens und kommuniziert die Abläufe zwischen den einzelnen Beteiligten. Der Insolvenzverwalter versucht dabei einerseits, Gläubigerinnen und Gläubiger zu befriedigen und andererseits, das Vermögen des Unternehmens weitestgehend zu bewahren. Im ersten Schritt stellt er oder sie auch die Anmeldung zur Insolvenztabelle zusammen. Bei dieser handelt es sich um eine Liste, die alle Insolvenzforderungen beinhaltet.

2. Festlegung der Gläubiger­versammlung

​​​​​​​Alle Gläubiger erhalten den Aufruf, innerhalb von einem definierten Zeitraum ihre Insolvenzforderungen anzumelden. Erst nach Einberufung der Gläubigerversammlung können Insolvenz-Ansprüche angemeldet werden. Laut § 28 InsO bewegt sich diese Frist in der Regel zwischen zwei Wochen und drei Monaten. In dieser Zeit versucht der Insolvenzverwalter das übrige Geld auf die Gläubiger aufzuteilen.

Natürliche Personen stellen hierzu ihr pfändbares Vermögen bereit, juristische Personen hingegen eine bestimmte Insolvenzmasse. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters besteht zusätzlich darin, die Insolvenzmasse zu verwerten. Hierbei werden Wirtschaftsgüter oder Betriebsausstattungen wie Maschinen verkauft. Der Erlös geht danach direkt an die Gläubiger.

3. Einstellung des Insolvenz­prozesses

​​​​​​​​​​​​Ist die gesamte Insolvenzmasse am Ende aufgeteilt und die festgelegte Frist abgelaufen, prüfen Anwälte abschließend, ob die Vorgänge in der Verhandlung vorschriftsmäßig abgelaufen sind und die Insolvenzmasse rechtmäßig verteilt wurde. Bewertet das Gericht alle Geschehnisse als korrekt, erfolgt nach § 200 InsO die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Schafft es der Insolvenzverwalter nicht, die Kapitalgesellschaften zu erhalten, werden diese nach Beendigung des Verfahrens annulliert.

Strafen bei Insolvenzverschleppung

Stellen Sie als verantwortlicher Geschäftsführer oder Gesellschafter keinen oder einen verspäteten Insolvenzantrag, machen Sie sich grundsätzlich wegen Insolvenzverschleppung strafbar. Je nach Schwere des Vergehens drohen folgende Strafen:

  • Bei vorsätzlicher Insolvenzverschleppung kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden.
  • Bei einer fahrlässigen Insolvenzverschleppung kann eine Gefängnisstrafe von maximal einem Jahr oder alternativ eine Geldstrafe verhängt werden.

Tipp

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Insolvenz vermeiden

Es gibt zahlreiche Hinweise, die Unternehmer vor einem drohenden Insolvenzrisiko warnen. Vor allem folgende Kennzahlen und Indizien sprechen dafür, dass Zahlungsschwierigkeiten drohen:

  • Umsatz: Der Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahr beziehungsweise zum Vorjahresmonat – insbesondere wegen der Corona-Krise – rückläufig.
  • Preisverfall: Die Preise für bestimmte Produkte geraten wegen Konkurrenzprodukten unter Druck und müssen gesenkt werden.
  • Rendite/Eigenkapital: Die Rendite sinkt und das Eigenkapital ist beinahe aufgebraucht.
  • Zahlungsmoral: Sie haben hohe Forderungen an Kunden, die nicht bezahlen – aus welchen Gründen auch immer.
  • Vorkasse: Ihre Geschäftspartner beliefern Sie nur noch gegen Vorkasse, weil Sie bereits häufig in finanziellen Schwierigkeiten waren.
  • Bank: Die Bank lässt wegen ungedeckter Konten Lastschriften zurückgehen.
  • Das Formular zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung:  Wenn Sie als Einnahmen-Überschuss-Rechner beim Ausfüllen des Formulars für das Finanzamt ein Übergewicht der Ausgaben gegenüber den Einnahmen feststellen, sollten Sie rasch gegensteuern.

Praxis-Tipp: Falls Sie einen Steuerberater haben, lassen Sie ihn im Rahmen einer Tax-Compliance-Prüfung Ihre Zahlungsfähigkeit beziehungsweise Liquidität analysieren.

Handlungsempfehlungen bei drohender Insolvenz

Sollte sich herausstellen, dass Ihr Unternehmen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, Ihr Unternehmen noch zu retten. Ihr Ziel sollte es sein, die Insolvenz durch ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren mit den Gläubigern zu vermeiden. Denkbar sind in diesem Zusammenhang vier Szenarien:

1. An Gläubiger herantreten und auf drohende Insolvenz hinweisen

Die Insolvenz ist für Gläubiger die schlechteste aller Lösungen, weil sie nicht wissen, ob der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführt oder es liquidiert. Gläubiger haben es also bei einer Insolvenz nicht mehr selbst in der Hand, ob sie wenigstens einen Teil ihrer Forderungen eintreiben können. Deshalb stehen sie konkreten Vorschlägen zur Rettung Ihres Unternehmens sehr oft offen und konstruktiv gegenüber.

Praxis-Tipp: Nutzen Sie die Chance auf Teilerlass der Forderungen. Gehen Sie auf Ihre Gläubiger zu und bieten Sie ihnen an, z. B. 30 Prozent der Forderung zu begleichen – wenn diese gleichzeitig auf die Restzahlung verzichten. Weisen Sie darauf hin, dass Sie andernfalls die Insolvenz beantragen müssen. Die Chancen stehen gut, dass Ihre Gläubiger einverstanden sind, um bei einer Insolvenz nicht mit leeren Händen dazustehen.

2. Besteht ein Eigentumsvorbehalt?

Haben Sie einen Eigentumsvorbehalt auf Waren, die Sie dem Kunden geliefert haben, können Sie den restlichen Kaufpreis vom Insolvenzverwalter verlangen oder vom Vertrag zurücktreten und die Herausgabe verlangen. Ihre Ware kommt dann gar nicht erst in die Insolvenzmasse.

Verfügen Sie dagegen über keinen Eigentumsvorbehalt, gehören Sie zu den einfachen Insolvenzgläubigern. In diesem Fall erhalten Sie Ihre Forderungen nur anteilig aus der Insolvenzmasse zurück (anhand der Insolvenztabelle).

Praxis-Tipp: Gehen Sie kein unnötiges Risiko ein! Falls der Insolvenzverwalter des insolventen Kunden Sie bitten sollte, dem Unternehmen weiter Ware zu liefern, sollten Sie dafür sicherheitshalber immer Zahlung durch Vorkasse vereinbaren oder sich vom Insolvenzverwalter eine Zahlungsgarantie ausstellen lassen.

3. Suchen Sie sich einen Partner als Geldgeber

Wollen Sie die Geschäftsbeziehungen zu Ihren Lieferanten und Gläubigern nicht aufs Spiel setzen, müssen Sie sich in der schwierigen Situation private Geldgeber suchen, die sich an Ihrer Firma beteiligen.

  • Vorteil: Mit den Einlagen dieser neuen Mitunternehmer oder Gesellschafter wird die Zahlungsunfähigkeit verhindert.
  • Nachteil: Sie können bei betrieblichen Entscheidungen meist nicht mehr eigenständig handeln.

Praxis-Tipp: Hier kommt wieder der Steuerberater ins Spiel. Beauftragen Sie ihn damit, die optimale Beteiligungsform zu finden: Beteiligung, Mitunternehmerschaft, atypisch stille oder stille Beteiligung, Beteiligungsdarlehen (partiarisches Darlehen) etc.

4. Retten Sie Ihr Unternehmen durch einen gezielten Insolvenzantrag

Manchmal ist die gezielte Insolvenz eine gute Lösung, um das Überleben des Unternehmens langfristig zu gewährleisten. Der Grund: Der vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalter hat deutlich mehr Freiheiten als der Firmenchef: Er kann beispielsweise kostspielige Arbeitsverträge lösen und dringend notwendige Entlassungen schneller durchsetzen.

Tipp

Hilfreiche Infos zur Förderung der Liquidität Ihres Unternehmens

Befindet sich Ihr Unternehmen aktuell in finanzieller Schieflage, finden Sie hier ausgewählte Fachartikel von Lexware, die Ihnen weiterhelfen können:

Möglichkeiten in der Insolvenz

Auch wenn es am Ende zur Insolvenz kommt, bedeutet dies nicht unbedingt das Aus bzw. die Liquidation Ihrer Firma. Sie haben in der Insolvenz folgende Möglichkeiten:

  • Stille Insolvenz: Gläubiger verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen.
  • Übertragene Sanierung: Die bisherige Gesellschaft wird liquidiert und eine Auffanggesellschaft gegründet, die die Geschäfte übernimmt.
  • Insolvenzplanverfahren: Die Gesellschaft wird weitergeführt, muss sich jedoch an ein gerichtlich überwachtes Sanierungskonzept halten.

Handlungsempfehlungen bei Insolvenz von Kunden, Lieferanten oder Dienstleistern

Insolvenz eines Kunden

Die Energiekrise trifft aktuell viele Unternehmen hart. Auch Ihre Kunden sind davor leider nicht gefeit. Bricht ein wichtiger Kunde aufgrund einer Insolvenz weg, kann dies auch ein finanziell stabiles Unternehmen sehr belasten. Vor allem Kleinunternehmen können durch Kundeninsolvenzen selbst in die Insolvenz rutschen. Aber was können Sie tun, wenn ein Kunde von Ihnen insolvent wird?

Nehmen Sie Kontakt mit dem Insolvenzverwalter auf

Sobald Sie von der Insolvenz eines Kunden erfahren, bei dem Sie noch offenen Rechnungen bzw. Forderungen haben, sollten Sie umgehend den Insolvenzverwalter kontaktieren und Ihre Forderungen geltend machen. Um die Forderungen anzumelden, empfiehlt es sich, die amtlichen Formulare zu nutzen, die von jedem Gericht zur Verfügung gestellt werden.

Insolvenz von Lieferanten und Dienstleistern

Nicht nur Kunden können aufgrund einer Insolvenz ausfallen, sondern auch wichtige Dienstleister oder Lieferanten. Auch dies kann die eigene wirtschaftliche Situation enorm beeinflussen, denn schließlich ist man ja auf die Lieferungen bzw. Dienstleistungen der Geschäftspartner angewiesen. Steht die eigene Produktion aufgrund eines Lieferstopps still, ist dies gerade für kleinere Unternehmen der Supergau.

Aus diesem Grund ist es zum einen wichtig, bereits im Vorfeld mögliche Geschäftspartner auf ihre Solvenz hin zu prüfen. Zum anderen sollten Sie sich schon vor dem Ernstfall Gedanken darüber machen, was im Fall der Fälle – beim Ausfall eines wichtigen Zulieferers oder Dienstleisters – zu tun ist.

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