Wenn Mitarbeiter aufgrund von Schul- und Kitaschließungen oder Quarantäne eines Kindes ihre Arbeitsleistung nicht erbringen können, ist zunächst zu prüfen ob der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung z. B. gem. § 616 BGB verpflichtet ist. Wird dies verneint, hat der Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch, der in § 56 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt ist.
Voraussetzungen:
Ein Entschädigungsanspruch aus dem Infektionsschutzgesetz ergibt sich nur, wenn der Arbeitnehmer keinen anderweitigen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat.
Dieser Entgeltfortzahlungsanspruch könnte sich aus § 616 BGB ergeben. In den meisten Fällen dürfte die Weiterzahlung der Vergütung im Arbeitsvertrag jedoch ausgeschlossen sein bzw. das Erfordernis der nur "vorübergehenden Verhinderung" des § 616 BGB nicht erfüllt sein.
Fragen Sie im Zweifel Ihren steuerlichen Berater oder Rechtsbeistand.
Bedingungen des § 56 Abs.1 a, die erfüllt sein müssen:
- Das Kind muss in der Zeit der Schließung von dem/der Arbeitnehmer*in selbst zu Hause beaufsichtigt, betreut oder gepflegt werden. Der Anspruch auf Entschädigung gilt auch für die Betreuung eines pflegebedürftigen Kindes mit Behinderung, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Schließung einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen seiner Arbeitsleistung nicht nachkommen kann.
- Eine anderweitige zumutbare Betreuung steht nicht zur Verfügung.
- Das Kind darf das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, es sei denn das Kind ist aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen.
- Das Gleitzeit- bzw. Überstundenguthaben des Mitarbeiters muss abgebaut sein.
Der Anspruch gilt auch dann, wenn das Kind unter Quarantäne gestellt wurde und von den Eltern zu Hause betreut werden muss. Voraussetzung ist auch hier, dass das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Quelle: Bundesministerium für Familien, Frauen, Senioren und Jugend
Regelungen des § 56 IfSG:
- Die Entschädigung beträgt 67 Prozent des Nettoeinkommens und wird für bis zu zehn Wochen gewährt bzw. zwanzig Wochen für eine erwerbstätige Person, die ihr Kind allein betreut oder pflegt.
- Die Entschädigung ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro begrenzt.
- Für die ersten sechs Wochen muss der Arbeitgeber den Verdienstausfall für die Behörde an den Arbeitnehmer auszahlen (§ 56 Absatz 5 Satz 1 IfSG). Diese Entschädigung bekommt der Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG).
- Nach Ablauf der 6 Wochen muss der Arbeitnehmer selbst (bis längstens 10 Wochen für jeden erwerbstätigen Elternteil bzw. zwanzig Wochen, bei Alleinerziehenden) einen Antrag bei der örtlich zuständigen Behörde stellen.
- "Die Anträge sind innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit, dem Ende der Absonderung oder nach dem Ende der vorübergehenden Schließung oder der Untersagung des Betretens nach Absatz 1a Satz 1 bei der zuständigen Behörde zu stellen.".
(Auszug aus § 56 IfSG Absatz 11)
Weitere Informationen rund um den Erstattungsantrag finden Sie im 'Infoportal IfSG'.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat eine Zusammenstellung der 'Fragen und Antworten zu den Entschädigungsansprüchen nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)' veröffentlicht.
Zuständige Behörde:
In der Regel ist das Gesundheitsamt oder die Landessozialbehörde zuständig. Auf deren Seiten finden Sie auch die Anträge.
Tipp:
Die Minijob-Zentrale hat eine Übersicht der zuständigen Behörden bei Verdienstausfall aufgrund Kinderbetreuung veröffentlicht: https://blog.minijob-zentrale.de/corona-verdienstausfall-wegen-kinderbetreuung-finanzielle-hilfe-auch-fuer-minijobber/
Diese Zuständigkeiten gelten selbstverständlich nicht nur für Minijobber, sondern auch für alle anderen Arbeitnehmer.
Wichtiger Hinweis zum Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber
Wenn ein Mitarbeiter steuerfreie Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz erhält, dürfen Sie für diesen Mitarbeiter gem. § 42 b Abs.1 Satz 3 Nr. 4keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführen.
Übersicht der Neuerungen:
Damit Sie die Betreuung eines Kindes im Programm abrechnen können, wurden folgende Neuerungen umgesetzt:
- Neue Fehlzeit 'Betreuung Kind (IfSG)'
Hinweis: Für diese Fehlzeit sind immer Lohnarten zu verwenden, bei denen eine Kürzung hinterlegt ist. Die Fehlzeit kürzt immer nach Arbeitstagen, auch wenn in der verwendeten Lohnart Dreißigstel oder Kalendertage als Kürzung eingestellt sind. - Assistent Infektionsschutzgesetz
- Neue Lohnarten:
-'843 Entschädigung Kinderbetreuung Infektionsschutzgesetz'
- '846 Fiktives Entgelt Betreuung Kind (IfSG)': = 80% der Differenz aus Sollentgelt: 3.000 EUR und Istentgelt 1.695,65 EUR. - Beitragsabrechnung: Die vom Arbeitgeber zu zahlenden Beiträge werden in einem separaten Block unter: 'Beiträge aus Ausfallentgelt IfSG Kinderbetreuung' ausgewiesen.
- 'Arbeitsentgelt': 80% der (Brutto-) Differenz zwischen Soll- und Istentgelt. (In unserem Beispiel 1.043.048 EUR)
- 'Entschädigung': Durch die Kinderbetreuung ausgefallenes Nettoentgelt i.H.v. 67%. (In unserem Beispiel 486,07 EUR) - Lohnsteuerbescheinigung: Die Lohnart '843 - Entschädigung Kinderbetreuung Infektionsschutzgesetz' wird in der Zeile 15 der LStB ausgewiesen.
Beachten Sie:
Bei ausgetretenen Mitarbeitern müssen Sie ggf. eine 'korrigierte Lohnsteuersteuerbescheinigung senden und dem Mitarbeiter aushändigen. - Sozialversicherung: SV-Meldungen: Mit dem 43. Tag der Fehlzeit wird eine Abmeldung mit Meldegrund 30 erstellt.
Nach Ende der Fehlzeit wird der Mitarbeiter wieder mit Meldegrund 10 angemeldet.
Hinweis:
Durch die Abmeldungen wird sozialversicherungsrechtlich das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beendet, da alle Beiträge von der Behörde übernommen werden. Die SV-Meldung stellt das Ende der sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung dar. Das Arbeitsverhältnis besteht in diesen Fällen fort. - Lohnkonto: Die Berechnungsgrundlagen der Entschädigungsleistungen sind auf einer separaten Seite dargestellt.
- Neuer Bericht: 'Entschädigung bei Schul- und Kitaschließungen'.
Vorgehen im Programm
Die Vorgehensweise im Programm haben wir anhand dieses Beispiels beschrieben:
- Gehalt: 3.000 EUR
- Arbeitzeit: 40 Stunden/ Woche und 5 Arbeitstage
- Ausfallzeit: 06.07.2020 bis 19.07.2020 Schul- und Kitaschließung
- Schulferien/Kitaferien: 20.07.2020 bis 31.07.2020
Schritt 1: Angaben zur Arbeitszeit prüfen und neue Fehlzeit 'Betreuung Kind (IfSG)' buchen
Schritt 2: Angaben im 'Assistent Infektionsschutzgesetz (IfSG)' erfassen
Damit Lexware lohn+gehalt das 'ausgefallene pauschalierte Nettoentgelt' und die 'Entschädigung' berechnen kann, sind folgenden Angaben erforderlich:
- Feiertage des Monats
- Sollentgelt
- Istentgelt
Hinweise und Tipps zur Ermittlung des Istentgelts:
- Das Istentgelt (gekürztes Entgelt) des Mitarbeiters können Sie in den Lohnangaben des Mitarbeiters einsehen. (siehe Vorgehensweise unter 'Zwischenschritt')
- Lexware lohn+gehalt errechnet das anteilige Entgelt anhand der erfassten Arbeitzeit/Arbeitstage und der gebuchten Fehlzeit.
- Das anteilige Entgelt ist bei Zahlung von Entschädigungsleistungen nach Arbeitstagen zu berechnen.
In unserem Beispiel:
3.000 EUR / 23 Arbeitstage des Monats (Juli 2020) x 13 Arbeitstage (anwesend) = 1.695,65 EUR. - Berücksichtigen Sie bei der Ermittlung des Istentgelts auch die Entgeltbestandteile, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nicht zu kürzen, sind z.B. VWL.
Zwischenschritt: Istentgelt in den Lohndaten ermitteln:
Um die Lohnangaben und damit die (gekürzten) Entgeltbestandteile des Mitarbeiters zu ermitteln, schließen Sie den 'Assistenten Infektionsschutzgesetz' über die Schaltfläche 'Fertigstellen'.
Achten Sie darauf, dass Sie im Assistenten das 'Sollentgelt' und ggf. Feiertage als Arbeitstage eingegeben haben. (Berechnungsgrundlagen)
Beachten Sie: Schul- und Kitaferien sind keine Fehltage laut IfSG. Die Erfassung der Fehlzeit darf nicht durch die Ferien verlängert werden. Buchen Sie bei einer Abwesenheit des Mitarbeiters z.B. die Fehlzeit 'bezahlter Urlaub'.
Schritt 3: Bericht Antrag für Arbeitgeber drucken/ Erstattungsantrag online ausfüllen
Den Erstattungsantrag bei Betreuung eines Kindes müssen Sie online bei der zuständigen Behörde stellen.
Um Ihnen den Online Antrag zu erleichtern, haben wir für Sie den Bericht 'Antrag für Arbeitgeber' im Menü 'Berichte-Fehlzeiten-Entschädigung bei Schul- und Kitaschließungen' bereit gestellt. Sie müssen online lediglich noch fehlende Angaben ergänzen.
Wichtig:
Die im Bericht unter '5 Zahlung /Erstattung' vom Programm ermittelten Beträge können u.U. geringfügig vom Erstattungsbetrag der Gesundheitsbehörde abweichen.
Weil die Gesundheitsbehörden den zu erstattenden Betrag selbst berechnen, ist im Online Antrag die Angabe der vom Programm berechneten Entschädigungsleistung nicht vorgesehen.
Schritt 4: Abgleich der abgerechneten Entschädigungsleistung mit der von den Behörden gezahlten Entschädigung
Weil die Entschädigung steuer- und sv-frei ist, muss die in der Lohnart -'843 Entschädigung Kinderbetreuung Infektionsschutzgesetz' abgerechnete Entschädigungsleistung mit der von der Behörde gezahlten Entschädigungsleistung übereinstimmen.
Gleichen Sie deshalb die gezahlten Beträge ab.
Damit Sie eventuelle Differenzen korrekt abrechnen können, steht ihnen nach der Installation der Version 2021 die neue Lohnart '848 Korrektur Entschädigung IfSG' zur Verfügung.
Nur durch diese Lohnart ist gewährleistet, dass
- der auszugleichende Betrag in Zeile 15 der Lohnsteuerbescheinigung berücksichtigt wird und
- die Lohnabrechnung (steuer- und sv-freie Bezüge) korrekt ist.
Gehen Sie bei Abweichungen wie nachfolgend beschrieben vor:
Schritt 5: Korrektur der abgerechneten Entschädigungsleistung nach Installation der Version 2021
Einblenden der neuen Lohnart in der Lohnartenansicht
Die neue Lohnart ''0848 Korrektur Entschädigung IfSG' müssen Sie zunächst in den Lohndaten unter 'Laufendes Arbeitsentgelt' einblenden.
Korrektur abgerechneter Monate
Händigen Sie dem Mitarbeiter die korrigierte Abrechnung aus.
Denken Sie daran, dass für ausgeschiedene Mitarbeiter eine korrigierte Lohnsteuerbescheinigung zu erstellen ist.
Sie haben Entschädigungen wegen Kinderbetreuung vor Installation des Updates 2 Juli 2020 V. 24.53 gebucht?
Die für die korrekte Abrechnung der Entschädigungsleistung erforderliche Fehlzeiten und Lohnarten wurden mit dem Update 2 Juli 2020 ausgeliefert.
Wenn Sie vor der Installation dieses Updates Entschädigungen gem. IfSG abgerechnet haben, müssen Sie diese Monate korrigieren.
Abrechnungsdaten im Korrekturmodus aufrufen:
Händigen Sie dem Mitarbeiter die korrigierte Abrechnung aus.
Denken Sie daran, dass für ausgeschiedene Mitarbeiter eine korrigierte Lohnsteuerbescheinigung zu erstellen ist.
Hinweis zu Korrekturen
- Sozialversicherungsbeiträge werden wie gewohnt, auf der aktuellen Beitragsabrechnung oder mit der Restbeitragsschuld im Folgemonat verrechnet.
- Weitere Informationen zu Korrekturabrechnungen finden Sie in der FAQ 'Korrekturen: Änderungen von Stammdaten und Abrechnungsdaten' bzw. nach Eingabe des Suchbegriffs 'Korrekturen' im Online Support-Center.