Prüfungen und Rückzahlungsforderungen sind wahrscheinlich
Inzwischen ist klar, dass der Staat mehr oder weniger flächendeckend prüfen wird, ob es tatsächlich einen Anspruch auf die Hilfen gegeben hat. Dazu werden nun nachträgliche, genaue Prüfungen umgesetzt.
Spätestens, wenn die Steuererklärungen 2020 ff. abgegeben werden, müssen aller Voraussicht nach Nachweise erbracht werden bzw. dann erfolgen die Prüfungen. Denn erhaltene Hilfen müssen in der Steuererklärung angegeben werden und sind – soweit doch noch Gewinne angefallen sind – in voller Höhe zu versteuern. Unternehmer:innen, die keine ungerechtfertigten Rückforderungen riskieren wollen, müssen belegen, dass sie zu dem Zeitpunkt, an dem sie die Hilfen beantragt haben, dazu auch berechtigt waren.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die Corona-Hilfen erhalten haben
Da die Steuererklärungen oder Jahresabschlüsse aufgrund der beschlossenen Verlängerungen meist erst im Jahr 2022 oder später vorliegen, ist es ohne Aufzeichnungen für Unternehmer:innen kaum möglich, genau nachzuweisen, dass, wann, warum und in welchem Umfang sie zu Beginn der Krise 2020 oder auch im Jahr 2021 Zahlungsprobleme gehabt haben.
Vor diesem Hintergrund sollte jede:r Unternehmer:in, die:der Soforthilfen und andere finanzielle Erleichterungen wie Herabsetzung steuerlicher Abschlagszahlungen oder Stundungen von Sozialversicherungsbeiträgen beantragt und erhalten hat, spätestens jetzt tätig werden. Es sollte möglichst rückwirkend ab März 2020 dokumentiert werden, wie sich die Situation im Betrieb entwickelt hat und auch erklärt werden, warum die staatlichen Hilfen benötigt wurde.
Je besser und detaillierter die Dokumentation ist, desto leichter und schneller lassen sich mögliche unberechtigte Rückforderungen der Behörden wiederlegen und man bleibt in der ohnehin schon schwierigen Lage vor unnötigen zusätzlichen Belastungen verschont. Ein weiterer Vorteil: Die Dokumentation hilft Unternehmer:innen auch, selbst den Überblick über erhaltene Hilfen und die Entwicklung der Situation zu behalten.
Außerdem sollten sich alle Unternehmer:innen spätestens jetzt eine Liquiditätsplanung bis mindestens Ende 2022 erstellen, um die Lage besser abschätzen und ggf. weitere Maßnahmen rechtzeitig ergreifen zu können. Hierzu kann etwa die Beantragung neuer Kredite zählen, falls absehbar wird, dass es trotz erhaltender Hilfen doch nicht reichen wird.
Arbeitshilfe für den Aufbau und die Strukturierung einer Liquiditätsdokumentation
Die folgende Arbeitshilfe zur Erfassung und Dokumentation von Umsatzeinbußen, Kostenentwicklung und erhaltener Finanz- sowie Soforthilfen kann bei einem späteren Nachweis der Rechtmäßigkeit der erhaltenen Fördermaßnahmen helfen.
Da es keine Vorgaben zu Form und Struktur eines Nachweises gibt, kann die Dokumentation im Kern frei gestaltet werden, soweit sich alle wesentlichen Zahlungen und eingeleitete Maßnahmen zur Schadensbegrenzung erkennen lassen. Wichtig ist, dass man zeitnah mit den Aufzeichnungen beginnt, damit man keine wichtigen Sachverhalte übersieht oder vergisst.
Die Dokumentationen sollten so gehalten werden, dass sie auch für die Überbrückungshilfen nutzbar sind. Hier gibt es zwar den:die Steuerberater:in o. A., die bei der Beantragung geholfen haben. Dennoch lohnt es sich, zusätzliche Dokumentationen und Argumentationshilfen zu erstellen. Betroffene Unternehmer:innen oder Selbstständige müssen nämlich auch daran denken, dass nahezu jede:r Steuerberater:in eine Vielzahl von Anträgen bearbeitet hat und daher nicht alle Sachverhalte im Kopf haben kann.
Tipp
Kopiervorlage zum Ausdrucken
Die Vorlage für die obige Übersicht können Sie hier kostenlos herunterladen. Sie kann als Kopiervorlage für die Erstellung der Dokumentation dienen. Die Teile I und II müssen einmalig, der Rest sollte - sofern möglich - je Kalenderwoche ausgefüllt werden. Das ist in den meisten Fällen schon aufgrund der Vielzahl der Aktivitäten wie Stornierungen oder Absagen sinnvoll.
Außerdem lässt sich so später besser nachvollziehen, was wirklich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Betrieb passiert ist. Sehr kleine Betriebe oder Selbstständige können prüfen, ob es genügt, statt einer Wochen- eine Monatsübersicht zu erstellen.
Die Teile III und IV sollten möglichst wöchentlich ausgefüllt werden, am besten bis etwa zwei Monate nachdem man die letzten Hilfen erhalten hat.
Der Aufwand lohnt sich
Zugegeben, der Aufwand für die Erstellung der Dokumentation ist auf den ersten Blick relativ hoch, zumal er zusätzlich zu allen anderen Arbeiten in der aktuell schwierigen Phase anfällt. Allerdings haben Sie so eine Sicherheit für den Fall einer nachträglichen Prüfung durch die Behörden.
Außerdem genügt es in der Regel, die Aufzeichnungen für den Zeitraum zu erstellen, in dem die Hilfen beantragt und die größten Schäden entstanden sind. Das ist - aus heutiger Sicht - etwa der Zeitraum von März 2020 bis Mai oder Juni 2021.
Tipp
Unternehmen, die schon vor 2020 finanzielle Schwierigkeiten hatten
Bei Unternehmen, die schon vor 2020 finanzielle Schwierigkeiten hatten, und dennoch Soforthilfen beantragt haben, ist die Prüfung seitens der Behörden leicht umzusetzen. Betroffene Firmen sollten daher überlegen, ob sie nicht von sich aus die zu Unrecht erhaltenen Hilfen zeitnah und freiwillig zurückzahlen. Die Chance, hier ohne weitere Konsequenzen davonzukommen, ist so relativ groß.
Bei einer späteren Prüfung könnte es sonst weitergehende Folgen geben, etwa Bußgelder und Strafzinsen. Am besten ist es in so einem Fall, sich hier noch einmal mit dem:der Steuerberater:in abzusprechen und die weitere Vorgehensweise zu beschließen.