Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz: Diese Neuerungen betreffen KMU

Am 25. Juni 2021 hat der Bundesrat grünes Licht für die steuerlichen Neuregelungen im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz gegeben. Dieses Gesetz enthält neben dem Optionsmodell, bei dem unter anderem Personenhandelsgesellschaften die Besteuerung als Kapitalgesellschaft beantragen können, zahlreiche weitere Steuervergünstigungen, die nicht nur für die Körperschaftsteuer gelten. Hier die interessantesten steuerlichen Neuregelungen im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz im Überblick.

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Frau am Schreibtisch sieht sich die Änderungen des Körperschaftsteuermodernisierungsgesetzes an.
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 |  Zuletzt aktualisiert am:10.11.2022

Das Optionsmodell als Herzstück des Körperschaftsteuermodernisierungsgesetzes

In den Medien finden sich zum Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz – auch als „Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts“ (KöMoG) bekannt – hauptsächlich Informationen zum neuen Optionsmodell. Nach diesem Modell kann für Personenhandelsgesellschaften und für Partnerschaftsgesellschaften beim Finanzamt ein Antrag gestellt werden, um sie wie Kapitalgesellschaften nach den Steuerspielregeln des Körperschaftsteuergesetzes zu besteuern. Das soll für eine deutliche steuerliche Entlastung sorgen.

Info

Erneuter Formwechsel mit der Rückoption

Die Änderungen im Gesetz der Körperschaftsteuer erlauben eine Rückoption zur transparenten Besteuerung als Personengesellschaft (PersGes). Der Antrag für die Rückoption muss spätestens einen Monat vor Beginn eines neuen Wirtschaftsjahres erfolgen. Der Wechsel ist nach §§ 3 ff. UmwStG zu versteuern.

Bei der Körperschaftbesteuerung entsteht jedoch nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EstG ein nachversteuerungspflichtiger Betrag aufgrund des Formwechsels in die Kapitalgesellschaft!

Die Idee ist sicherlich nicht schlecht gemeint. In Amerika gibt es diese Option bereits seit Jahrzehnten, besser bekannt unter dem Namen „Check-the-box“. Doch im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz geht dieses Optionsmodell nicht weit genug. Denn zur Körperschaftsteuer optieren können nur:

  • Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG)
  • Partnerschaftsgesellschaften

Einzelunternehmer - und das dürfte die Mehrzahl der Unternehmensformen in Deutschland sein - profitieren nicht von diesem Optionsmodell im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz. Die Idee hinter der Körperschaftsteuerreform liegt vor allem darin, von Familien betriebene KMUs in Form von Kommandit- und offenen Handelsgesellschaften auf dem internationalen Markt zu unterstützen.

Tipp

Lassen Sie sich von einem Steuerberater beraten

Das Optionsmodell können Unternehmen nach dem Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz für das folgende Wirtschaftsjahr beantragen. Damit startet die neue Besteuerung ab dem 1. Januar des Folgejahres. Die Entscheidung, ob sich diese Option für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften steuerlich wirklich rechnet, zeigen Vergleichsberechnungen zur steuerlichen Belastung durch einen Steuerberater. Ein Alleingang der Mitunternehmer ist hier nicht zu empfehlen, weil zu viele Komponenten und steuerliche Zielsetzungen zu beachten sind.

 

5-jähriger Investitionszeitraum beim Investitionsabzugsbetrag 2017

Eine der interessantesten Neuregelungen betrifft Unternehmer, die im Jahr 2017 aufgrund geplanter betrieblicher Investitionen einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG vom Gewinn 2017 abgezogen haben. Aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen finanziellen Engpässe hat der Gesetzgeber den Investitionszeitraum nun auf 5 Jahre ausgedehnt.

Normalfall: Wer einen Investitionsabzugsbetrag vom Gewinn 2017 abgezogen hat, hätte die Investitionen eigentlich spätestens im Geschäftsjahr 2020 realisieren müssen. Wird nicht innerhalb des Dreijahreszeitraums investiert, ändert das Finanzamt normalerweise rückwirkend den Steuerbescheid des Jahres 2017 und kippt den abgezogenen Investitionsabzugsbetrag. Durch die Gewinnerhöhung kommt es für 2017 zu Steuernachzahlungen und zu lästigen Nachzahlungszinsen von derzeit 6 Prozent pro Jahr.

Neuregelung 1: Nicht erst durch das Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz wurden in puncto Investitionszeitraum Vergünstigungen geschaffen. Im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Investitionszeitraum von 3 auf 4 Jahre verlängert. Hintergrund: Viele Unternehmer, die im Jahr 2017 einen Investitionsabzugsbetrag abgezogen haben, sind aktuell negativ von der Corona-Krise betroffen oder sorgen vorsichtshalber für mehr finanzielle Liquidität und verschieben Investitionen deshalb in spätere Jahre nach der Corona-Pandemie.

Mit anderen Worten: Es war bei Abzug eines Investitionsabzugsbetrags im Jahr 2017 nicht zu beanstanden, wenn die Investition nicht bereits bis Ende 2020, sondern bis Ende 2021 vorgenommen wird.

Neuregelung 2: Es ist jedoch zu erwarten, dass sich viele Unternehmer nach der Corona-Krise frühestens Ende 2022 wieder erholen und die geplanten Investitionen realisieren. Aus diesem Grund wurde im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz die Ausdehnung des dreijährigen Investitionszeitraums auf 5 Jahre beschlossen (§ 52 Abs. 16 Sätze 3 und 4 EStG).

Das bedeutet, dass das Finanzamt den Investitionsabzugsbetrag 2017 erst dann endgültig rückwirkend kippen darf, wenn die Investitionen nicht bis Ende des Geschäftsjahrs 2022 durchgeführt worden sind.

Beispiel: Eine Unternehmerin (Einnahmen-Überschussrechnerin) hat für den geplanten Kauf von 3 Transportern (Anschaffungskosten je Transporter 60.000 Euro) einen Investitionsabzugsbetrag von 72.000 Euro vom Gewinn 2017 abgezogen (180.000 Euro x 40 Prozent). Aufgrund der Corona-Krise liegt vorerst die Stärkung der finanziellen Liquidität im Fokus. Investitionen sind bis Ende 2021 erst einmal gestoppt.

Folge: Das ist steuerlich für den Investitionsabzugsbetrag 2017 kein Problem. Es genügt nach der Neuregelung im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz, wenn der Unternehmer die 3 Transporter bis Ende 2022 anschafft.

4-jähriger Investitionszeitraum beim Investitionsabzugsbetrag 2018

Wie bereits ausgeführt, rechnet der Gesetzgeber aufgrund der Corona-Krise damit, dass Unternehmer wegen der Corona-Krise frühestens 2022 wieder in der Lage sein werden, ohne Bedenken Investitionen durchzuführen. Deshalb wurde im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz auch der Investitionszeitraum für im Jahr 2018 abgezogene Investitionsabzugsbeträge ausgedehnt. Statt 3 Jahre haben Unternehmer für die geplanten Investitionen jetzt 4 Jahre Zeit (§ 52 Abs. 16 Sätze 3 und 4 EStG).

Beispiel: Eine Unternehmerin (Bilanziererin mit Wirtschaftsjahr vom 1.1. bis 31.12.) zog vom Gewinn 2018 einen Investitionsabzugsbetrag für den geplanten Kauf einer Produktionsmaschine in Höhe von 50.000 Euro ab. Aufgrund der Corona-Krise geriet der Betrieb in finanzielle Schieflage. Deshalb wurden geplante Investitionen vorerst gestoppt.

Folge: Das ist für den Investitionsabzugsbetrag kein Problem. Denn aufgrund des neuen vierjährigen Investitionszeitraums im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetzes hat die Unternehmerin Zeit für den Kauf der Maschine bis zum 31.12.2022.

Verhaltensknigge für die Steuererklärung/ Betriebsprüfung aufgrund der neuen Investitionsfristen

Sollte der Sachbearbeiter im Finanzamt oder ein Betriebsprüfer versuchen, den Investitionsabzugsbetrag der Jahre 2017 oder 2018 zu versagen, weil wegen der Corona-Krise offensichtlich im Jahr 2021 keine Investition mehr erfolgen wird, lohnt sich Gegenwehr.

Unternehmer sollten dezent auf die Neuregelungen zur Erweiterung des Investitionszeitraums beim Investitionsabzugsbetrag im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz hinweisen. Erst Ende 2022 kann eine Aussage getroffen werden, ob der Investitionsabzugsbetrag der Jahre 2017 oder 2018 rückwirkend wegfällt oder eben nicht. Sollten die Steuerbescheide 2017 und 2018 aus Unwissenheit der Finanzbeamten dennoch aktuell geändert werden, sollte gegen diese nachteiligen Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden.

Bei nicht erfolgender Investition: Karten unverzüglich auf den Tisch legen

Sollte die geplante Investition, die dem Investitionsabzugsbetrag für 2017 oder 2018 zugrunde liegt, mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen der Corona-Krise gar nicht mehr durchgeführt werden, sollten Sie diesen Umstand dem Finanzamt unverzüglich anzeigen. Denn hier helfen die Neuregelung im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz nichts. Jeder Monat, in dem die Steuerbescheide 2017 oder 2018 noch nicht geändert wurden, bedeutet weitere 0,5 Prozent Nachzahlungszinsen.

Beispiel: Ein Unternehmer hat im Jahr 2017 einen Investitionsabzugsbetrag für neue Möbel in Höhe von 40.000 Euro vom Gewinn abgezogen. Wegen der Umsatzeinbußen während der Corona-Krise ist die Investition nicht mehr realisierbar.

Variante 1: Der Unternehmer bittet das Finanzamt umgehend um Änderung des Steuerbescheids 2017 (geänderter Steuerbescheid 2017 ergeht im August 2021).

Variante 2: Der Unternehmer zeigt erst im März 2023 an, dass keine Investition mehr erfolgen wird (geänderter Steuerbescheid 2017 ergeht im Mai 2023).

Folge: Je nachdem, wann die Karten auf den Tisch gelegt werden, ergeben sich folgende Nachzahlungsbeträge für 2017:

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Variante 1: Umgehend Anzeige beim Finanzamt Variante 2: Anzeige der fehlenden Investitionen erst nach 2022
Steuerrückzahlung 2017 wegen Wegfall des Investitionsabzugsbetrags 16.800 Euro 16.800 Euro
Nachzahlungszinsen 2.354 Euro (28 Zinsmonate = 14 Prozent Zinsen) 4.116 Euro (49 Zinsmonate = 24,5 Prozent Zinsen)
Nachzahlung gesamt 19.154 Euro 20.916 Euro

Fazit: Trotz verlängertem Investitionszeitraum durch das Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz sollte umgehend die Änderung der Steuerbescheide 2017 oder 2018 beantragt werden, wenn schon heute klar ist, dass bis Ende 2022 keine Investitionen stattfinden werden. In unserem Beispielfall würde die umgehende Anzeige beim Finanzamt einen Spareffekt von 1.762 Euro Nachzahlungszinsen bedeuten.

Verlängerung der Investitionsfristen bei § 6b EStG

Verkaufen Unternehmer Grundstücke und Gebäude, profitieren sie von einer Steuererleichterung. Gewinne aus dem Verkauf müssen nicht sofort als Betriebseinnahme versteuert werden. Unternehmer haben die Möglichkeit, eine gewinnneutrale Rücklage nach § 6b EStG zu bilden. Der aus dem Verkauf erzielte Gewinn wird dann in den nächsten Jahren von den Anschaffungskosten eines neuen Grundstücks bzw. Gebäudes abgezogen. Doch ewig Zeit haben Unternehmer für die Investition nicht. In der Regel beträgt der Investitionszeitraum 4 Jahre bzw. 6 Jahre bei Neubauten.

Wurde im Jahr 2017 also eine Rücklage nach § 6b EStG gebildet, hätte der Kauf eines Grundstücks bzw. Gebäudes eigentlich bis Ende 2021 realisiert werden müssen. Bereits im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Investitionszeitraum um ein Jahr verlängert. Im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz wurde der Investitionszeitraum nun erneut um ein Jahr verlängert (§ 52 Abs. 14 Satz 4 bis 6 EStG).

Tipp

Rücklagen und Re-Investitionsfristen

Eine Rücklage für Gewinne kann auch gebildet werden, wenn Wirtschaftsgüter eines Betriebs durch höhere Gewalt aus dem Betriebsvermögen ausscheiden (z. B. bei Überschwemmung). Man spricht hier von der sogenannten Rücklage für Ersatzbeschaffung (Richtlinie 6.6 EStR). Die nicht versteuerten Gewinne werden auf die Anschaffungskosten eines Ersatzwirtschaftsguts angerechnet.

Auch hier sind Re-Investitionsfristen zu beachten. Die Re-Investitionsfrist wurde in einem BMF-Schreiben bereits um ein Jahr verlängert (BMF, Schreiben v. 13.1.2021). Aufgrund der Neuregelung im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz zum Investitionszeitraum bezüglich § 6b EStG ist auch bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung mit einem neuen BMF-Schreiben und mit einer Verlängerung des Re-Investitionszeitraums um ein weiteres Jahr zu rechnen.

Keine Korrektur bei Fremdwährungsverlusten bei verbundenen Unternehmen

Bei verbundenen Unternehmen, die sich wechselseitig Darlehen gewähren, können Fremdwährungsverluste steuerlich zu einer bösen Überraschung führen. Im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz wurde dieses Steuerrisiko zumindest ab 1.1.2022 gekippt.

Darum geht es: Gewährt eine Kapitalgesellschaft einer anderen Kapitalgesellschaft, an der eine Beteiligung von mehr als 25 Prozent besteht, ein Fremdwährungsdarlehen, führen Fremdwährungsverluste grundsätzlich zu einer Einkommenserhöhung nach§ 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG. Das führt nach Ansicht des Gesetzgebers jedoch zu einer überschießenden Wirkung, weshalb im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetzes geregelt wurde, dass Gewinnminderungen in Form von Fremdwährungsverlusten ab 1.1.2022 keine Korrektur mehr nach sich ziehen.

Beispiel: Die XY-GmbH leiht einer Tochter-Kapitalgesellschaft, an der sie zu 100 Prozent beteiligt ist, im Rahmen eines Fremdwährungsdarlehen 100.000 Euro. Das zu versteuernde Einkommen der XY-GmbH beträgt 210.000 Euro. 

  • Alternative 1: Wegen Währungsschwankungen kommt es 2021 zu Fremdwährungsverlusten bei Rückzahlung des Darlehens von 20.000 Euro. 
  • Alternative 2: Der Fremdwährungsverlust fällt erst 2022 an.

Folge: Auf das Einkommen der XY-GmbH hat der Fremdwährungsverlust nach § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG folgende Auswirkung:

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Alternative 1: Fremdwährungsverlust 2021 Alternative 2: Fremdwährungsverlust 2022
Zu versteuerndes Einkommen der XY-GmbH bisher 210.000 Euro 210.000 Euro
Einkommenskorrektur +20.000 Euro 0 Euro
Zu versteuerndes Einkommen der XY-GmbH neu 230.000 Euro 210.000 Euro

Fazit: Besteht das Risiko eines Fremdwährungsverlusts bei Darlehensgewährung zwischen verbundenen Unternehmen (§ 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG greift übrigens auch bei Darlehen zwischen Schwester- oder Enkel-Kapitalgesellschaften), sollte die Fälligkeit der Darlehenstilgung erst nach Ablauf des Jahres 2021 erfolgen. Denn Fremdwährungsverluste in 2022 führen aufgrund der Neuregelung im Körperschaftsteuermodernisierungsgesetzes nicht zu einer Einkommenskorrektur bei der Darlehensgebenden.

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