Bilanzanalyse: Alle Kennzahlen im Blick

Für viele Unternehmer ist die Bilanz ein nötiges Übel, das sie an den Steuerberater auslagern und später in Ordnern und Schubladen verschwinden lassen. Eine Bilanzanalyse findet nicht statt. Dabei ist gerade die Analyse einer Bilanz sehr aufschlussreich für die Gegenwart und die zukünftigen Entwicklungen des Unternehmens in verschiedenen Bereichen.

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Mann zeigt einer Frau etwas am Computerbildschirm
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 |  Zuletzt aktualisiert am:06.10.2022

Bilanzanalyse: Die zweckgerichtete Auswertung des Jahresabschlusses

Die Erstellung einer Bilanz gehört zum Pflichtprogramm für viele Unternehmen, wenn sie nicht durch einen geringeren Umsatz davon befreit sind und sich auf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) beschränken dürfen. Oft haben besonders kleinere Unternehmen keine Kapazitäten, die Bilanz selbst zu erstellen und lagern diese Arbeit an den Steuerberater aus, wodurch allzu oft auch die Bilanzanalyse sehr verkürzt ausfällt.

Die Bilanz wird einmal im Jahr für den Jahresabschluss erstellt. Er bereitet die Daten, die das Unternehmen im Laufe des Jahres angesammelt hat, so auf, dass sinnvolle Aussagen über seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gemacht werden können. Dafür ist es allerdings notwendig, sich diese Zahlen mit der Bilanzanalyse anzuschauen, um tatsächlich auch die einzelnen Kennzahlen getrennt voneinander und in ihrem Zusammenhang zu betrachten. Diese Kennzahlen wiederum helfen dem Unternehmer dabei, gegenüber einer Bank mit der größtmöglichen Klarheit und Sicherheit aufzutreten.

Die Bilanzanalyse stellt aber nicht nur für externe Stellen eine wichtige Informationsquelle dar. Auch für interne Stellen und hier insbesondere den Unternehmer selbst ist sie ein wichtiges Instrument, um zu beurteilen, wohin sich ein Unternehmen finanziell und wirtschaftlich entwickelt. Denn die Weisheit, dass die Vergangenheit Rückschlüsse auf die Zukunft zulässt, trifft in besonderem Maße auf die Bilanzanalyse zu.

Bilanzanalyse bietet Kennzahlen zu Rentabilität

Die Bilanzanalyse kann Aufschluss über die Kennzahlen der Rentabilität geben, also darüber, wie rentabel ein Unternehmen ist. Für einen Fremdkapitalgeber erschließt sich daraus, inwiefern eine Investition in das Unternehmen überhaupt lohnenswert erschienen kann. Zu diesen Kennzahlen gehört der Cashflow, an dem deutlich wird, ob das Unternehmen die erforderlichen Finanzmittel für die nötigen Investitionen aus eigener Kraft zur Verfügung stellen kann. Er zeigt also, ob das Unternehmen Geld hat und ist auch eine wichtige Größe, wenn es um Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit des Unternehmens geht.

Neben dem normalen Cashflow gibt es auch noch einen erweiterten Cashflow, der für Einzelunternehmen von Bedeutung ist. Hier müssen aus dem Cashflow auch noch die Privatentnahmen (beispielsweise der Unternehmerlohn) bezahlt werden können. Der Unternehmerlohn ist bei einer GmbH üblicherweise bereits in den Personalkosten enthalten.

Die Cashflow-Umsatzrendite gehört ebenfalls zu den Kennzahlen zur Rentabilität in der Bilanzanalyse und gibt Auskunft über die Ertrags- und Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens. Diese Kennzahl zeigt, wie viel Prozent der Umsatzerlöse für Investitionen, Kredittilgung und Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen.

Weitere Kennzahlen aus der Bilanzanalyse, die in Bezug zur Rentabilität eines Unternehmens stehen, sind die Eigenkapital-Rentabilität und die Gesamtkapital-Rentabilität. Die Eigenkapital-Rentabilität zeigt, wie sich das Kapital der Beteiligungsgeber rentiert und ist neben der Eigenkapital-Quote für das Kredit-Rating der Banken von großer Bedeutung. Die Gesamtkapital-Rentabilität ist der Anhaltspunkt für die Beurteilung der unternehmerischen Ertragslage. Sie stellt sozusagen die gesamte Ertragskraft Ihrer Eigen- und Fremdmittel innerhalb der betrachteten Zeitperiode dar. Aus diesem Grunde werden auch die Fremdkapitalzinsen sowie das Fremdkapital selbst in die Berechnungsformel integriert. Das Verhältnis zwischen Gewinn und eingesetztem Kapital wird in der BWL als Return on Investment (ROI) bezeichnet. Auch hierzu bietet die Bilanzanalyse wertvolle Antworten.

Bilanzanalyse als Informationsquelle zur Stabilität

Die entscheidenden Größen, zu denen die Bilanzanalyse in Bezug auf die Stabilität eines Unternehmens Aufschluss gibt, sind der Eigenkapitalanteil und der Fremdkapitalanteil. Es zeigt sich, ob und in welchem Maße das Unternehmen auf eigenen oder auf fremden Füßen steht.

Der Eigenkapitalanteil verdeutlicht, inwieweit das Gesamtvermögen eines Unternehmens aus betrieblichem Reinvermögen besteht. Zum Teil werden die Eigenkapitalquoten in gesetzlichen Vorschriften vorgegeben. Wichtig ist hierbei vor allem die Entwicklungstendenz. Wer weniger Eigenkapital hat, muss auf mehr Fremdkapital zurückgreifen. Das führt dazu, dass das fremde Geld bezahlt werden muss. Es müssen Kredite und Zinsen beglichen werden, die zu den übrigen Ausgaben hinzukommen und so den Unternehmenserfolg nach unten drücken. Folglich spielt die Eigenkapitalquote im Kredit-Rating der Banken eine entscheidende Rolle. Die Bilanzanalyse gibt Ihnen hierzu Auskunft ebenso wie zum Fremdkapitalanteil.

Die Fremdkapitalquote wird ebenfalls in der Bilanzanalyse betrachtet und gibt Auskunft über den prozentualen Anteil des Fremdkapitals am Gesamtvermögen eines Unternehmens. Es gibt verschiedene Aussagen darüber, wie hoch dieser Anteil idealerweise sein sollte. Eine richtige Antwort gibt es nicht. Wichtig ist aber, die Fremdkapitalquote im Auge zu behalten, denn wenn diese wächst, wachsen auch die Aufwendungen, die man für die Zinsen aufbringen muss. Das führt zu einer geringeren Umsatzrendite, wodurch das Eigenkapital schleichend aufgezehrt werden kann.

Die Liquidität im Blick mit der Bilanzanalyse

Zu den wichtigsten Kennzahlen, die Sie mit der Bilanzanalyse betrachten und beobachten können, zählen die Kennzahlen, die sich um die Liquidität drehen. Denn ein Unternehmen, das nicht liquide ist, kann trotz bester Auftragslage und eigentlich guten Zahlen insolvent werden, was gleichbedeutend mit einer existenzbedrohenden Situation ist. Liquidität bedeutet nämlich, dass ein Unternehmen jederzeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann.

Eine Kennzahl im Kontext der Liquidität, die mit der Bilanzanalyse erfasst werden kann, ist die Anlagendeckung. Die Finanzierungsregeln besagen, dass z. B. langfristig gebundene Vermögensgegenstände auch durch langfristige Mittel zu finanzieren sind. Die Kennzahlen der Anlagendeckung bringen zum Ausdruck, in welchem Umfang die Finanzierungsregeln tatsächlich eingehalten wurden. Je höher die Prozentsätze, umso größer ist die finanzielle Stabilität.

Weitere Kennzahlen zu Liquidität sind der Verschuldungsgrad und die Liquidität 1. und 2. Grades, über die mittels der Bilanzanalyse ebenfalls Aussagen getroffen werden können. Beim Verschuldungsgrad geht es um das Verhältnis von Fremdkapital und Eigenkapital. Steigt der Verschuldungsgrad, nimmt auch das Risiko einer Überschuldung zu.

Die Analyse der Liquidität 1. Grades gibt Aufschluss über die Zahlungsbereitschaft des Unternehmens. Sie stellt die greifbaren Zahlungsmittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber. Die Liquidität 2. Grades zeigt, inwieweit Kassenbestände und Forderungen (ohne Vorräte) die kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten abdecken. Der optimale Wert ist hier 100%, welcher besagt, dass alle kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten keine Zahlungsschwierigkeiten bereiten werden. Werte unter 100 Prozent weisen auf einen zumindest statistischen Liquiditätsengpass hin.

Betriebstätigkeit: Die Kennzahlen in der Bilanzanalyse

Die Kennzahlen der Betriebstätigkeit zeigen Ihnen, wie schnell ein Unternehmen seine Forderungen realisieren und seine Verbindlichkeiten begleichen kann. Die Kennzahlen sind die Debitorenlaufzeit und die Kreditorenlaufzeit. Darüber hinaus gibt die Lagerdauer Aufschluss darüber, wie schnell der Lagerbestand umgesetzt wird. In der Bilanzanalyse werden diese Kennzahlen aufgeführt.

Die Debitorenlaufzeit gibt Auskunft darüber, wie viele Tage Forderungen durchschnittlich im Unternehmen verweilen. Je höher diese Zahl ist, desto schleppender ist der Zahlungseingang. Liegt die Kennzahl deutlich über dem Zahlungsziel, sollte das Mahnwesen des Unternehmens auf seine Effektivität überprüft werden.

Die Kreditorenlaufzeit beschäftigt sich wiederum mit den Rechnungen, die Sie bezahlen müssen. Die durchschnittliche Kreditorenlaufzeit ist ein Maß, wie viele Tage Ihnen zur Begleichung Ihrer offenen Rechnungen zur Verfügung stehen, oder aber, wie lange sich das Unternehmen Zeit zur Begleichung seiner eigenen Verbindlichkeiten lässt. Zwar ist es für Ihre eigene Liquidität gut, sich mit der Bezahlung Zeit zu lassen. Allerdings bedienen Sie sich so indirekt an Fremdkapital (durch die unbezahlten Waren sind die Lieferanten Kreditgeber), das, wenn der Anteil zu hoch wird, auf eine beginnende Zahlungsunfähigkeit hindeutet.

Die Lagerdauer wiederum als letzter Punkt der Kennzahlen zur Betriebstätigkeit, die im Rahmen der Bilanzanalyse betrachtet werden, bezieht sich auf die durchschnittliche Lagerdauer von Vorräten im Verhältnis zu den insgesamt entstandenen Materialaufwendungen. Das ergibt die durchschnittliche Lagerdauer dieser Vorräte in Tagen. Je geringer die Lagerdauer, desto geringer die Lagerhaltungskosten und umgekehrt.

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