Digitalisierung in Industrie und Fertigung

Die Digitalisierung der Industrie und Fertigung hat begonnen. Sie ist so umfassend und umwälzend, dass sie auch als „vierte industrielle Revolution“ bezeichnet wird: In der „Industrie 4.0“ sind Maschinen, Abläufe und unter Umständen sogar Produkte intelligent miteinander vernetzt, was Großunternehmen wie Kleinbetrieben völlig neue Möglichkeiten bietet und neue Geschäftsmodelle ermöglicht. Durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) sind einige Fertigungssysteme nun auch in der Lage, sich automatisiert zu optimieren.

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Person steht mit dem Rücken im Bildausschnitt und arbeitet in einer Werkstatt mit einer Industriemaschine, dabei spritzen Funken.
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 |  Zuletzt aktualisiert am:11.04.2024

Die Digitalisierung stellt Industrie- und Fertigungsunternehmen vor große Herausforderungen und Risiken, bietet aber gleichzeitig große Chancen. Dank der Skalierbarkeit der neuen digitalen Lösungen können gerade kleinere Unternehmen von der Digitalisierung profitieren.

Nichts weniger als eine Revolution

Welch große Bedeutung die Digitalisierung in der Industrie und Fertigung hat, zeigt sich daran, dass diese als die mittlerweile vierte industrielle Revolution angesehen wird. Sie steht damit auf einer Stufe mit der Einführung:

  1. der Dampfmaschine, die den Beginn der Industrialisierung kennzeichnet
  2. des Fließbands, die die Massenproduktion ermöglichte
  3. des Computers, die einen tiefgreifenden Wandel aller Wirtschafts- und Lebensbereiche bewirkte und die Grundlagen für die neue Phase der Digitalisierung schuf.

Die Digitalisierung bei Unternehmen der Industrie baut bei ihrer Umsetzung auf die Automatisierung und Konzepte zur Optimierung analoger Prozesse. Das Revolutionäre der Digitalisierung in der Fertigung ist die Verzahnung und intelligente Vernetzung der Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik über lokale Netzwerke, das Internet und das Internet der Dinge (IoT, Internet of Things). Die zentrale Technologie dabei ist nicht der Computer, sondern das Internet. 

Durch die weltweite Vernetzung über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg bekommt die Digitalisierung der Produktion eine grundsätzlich neue Qualität:

  • IoT,
  • Maschine-zu-Maschine-Kommunikation und
  • intelligente Produktionsstätten

heben die Industrie auf ein neues Level. Die Industrie wird mit der Digitalisierung zur „Industrie 4.0“.

Definition

Industrie 4.0

Im Zuge der Digitalisierung von Industrie und Fertigung beschreibt Industrie 4.0 die intelligente Vernetzung von Maschinen, Produktionsabläufen und Produkten durch Informations- und Kommunikationstechnologie. Die Entwicklung der Industrie baut in Zukunft auf Optimierung sowie Vernetzung einzelner Prozesse durch innovative Technologien. Beispielsweise ist die Digitalisierung essenziell für additive Fertigungen – weitgehend als 3D-Druck bekannt. Ziel ist hierbei, dass Industrie 4.0 global einheitlich umgesetzt wird, um eine höhere Produktivität sowie Effizienz zu erreichen und damit eine fließende internationale Kooperation zu ermöglichen.

Digitalisierung und Industrie: Beispiele für Möglichkeiten

Für Industrie- und Fertigungsunternehmen ergeben sich aus der digitalen Transformation viel Potenzial und neue Geschäftsmodelle:

  • Sind mehrere Unternehmen und/oder Abteilungen an der Produktion beteiligt, lassen sich digital vernetzt einzelne Prozesse der Produktion besser aufeinander abstimmen und die Auslastung der Maschinen besser planen. Die Fertigung profitiert durch die Digitalisierung insgesamt von mehr Flexibilität.
  • Produktionsstraßen können modular aufgebaut bedarfsweise schnell angepasst werden, sodass sich auch individualisierte Produkte in kleinen Stückzahlen preisgünstig herstellen lassen.
  • Kundenwünsche können bei der Gestaltung der Produkte direkt miteingebunden werden und Produkte können wiederum Daten an das Produktionsunternehmen senden, das diese zur Produktoptimierung und für individuelle Serviceangebote nutzen kann.
  • Im Rahmen der Logistik lassen sich Lieferwege und Lagerhaltungideal berechnen, da Zulieferer und Logistikunternehmen durch die Digitalisierung nahtlos in sämtliche Fertigungs- und Transportprozesse eingebunden werden können.
  • Maschinen melden rechtzeitig, wann sie wie viel Material benötigen, sodass der Warenfluss optimiert werden kann. Dadurch verringern sich der personelle Aufwand beim Monitoring der Anlagen und die Gefahr unnötiger Standzeiten. Die Maschinenüberwachung und Materialversorgung können problemlos auch von externen Serviceanbietern übernommen werden.
  • Die Analyse der Produktions- und Zustandsdaten ermöglicht die Verbesserung von Fertigungsprozessen und eine vorausschauende Wartung der Endprodukte: Statt in festen Serviceintervallen kann die Wartung anlassbezogen erfolgen. Das spart Kunden Geld, da Wartungsarbeiten erst dann erfolgen, wenn sie wirklich notwendig sind. Gleichzeitig erhöht es die Sicherheit und Zuverlässigkeit, da Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden können.
  • Ähnlich wie beim Building Information Modeling (BIM) lassen sich Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus betrachten und verfolgen. Bei größeren und komplexen Produkten kann dies auch in Form eines „digitalen Zwillings“ (Digital Twins) geschehen, der für die Planung und die Nutzung des Produkts verwendet wird. Der digitale Zwilling ist ein exaktes digitales Abbild, das den aktuellen Zustand des realen Produkts oder des Planungs- bzw. Produktionsprozesses zeigt und für Referenzzwecke und die Produktoptimierung verwendet werden kann. Hat das Produkt sein Lebensende erreicht, kann es dank der vorhandenen Daten gezielt recycelt und sachgerecht entsorgt werden.

Info

Digital Twins - digitalisierte Fertigung der Realität

Der digitale Zwilling ist ein exaktes digitales Abbild, das den aktuellen Zustand eines realen Produkts oder eines Planungs- bzw. Produktionsprozesses zeigt. Dieses digitale Modell können Unternehmen für Referenzzwecke und die Produktoptimierung verwenden. Hat das Produkt sein Lebensende erreicht, kann es dank der vorhandenen Daten durch die digitale Fertigung gezielt recycelt und sachgerecht entsorgt werden.

Smart Manufacturing auch für KMU

Definition

Smart Manufacturing

Im Zusammenhang mit Industrie 4.0 fällt oft auch der Begriff des Smart Manufacturing (intelligente Fertigung), der manchmal sogar synonym gebraucht wird. Streng genommen geht es bei Industrie 4.0 allerdings um den gesamten Bereich der industriellen Fertigung über die Grenzen einzelner Unternehmen hinaus, während Smart Manufacturing sich auf die Digitalisierung der Fertigung und somit die eigentlichen Herstellungsprozesse in der Fabrik bezieht. Bei der intelligenten Fertigung werden im Idealfall alle Aspekte und Komponenten des Herstellungsprozesses integriert und untereinander vernetzt, darunter:

  • Maschinen
  • Materialien
  • Lieferkette

Dank skalierbarer Hard- und Softwarelösungen bleibt die Digitalisierungsstrategie nicht nur größeren Industrie- und Fertigungsunternehmen vorbehalten. Hersteller solcher Antriebe für die Digitalisierung in der Industrie und Fertigung sind namhafte Hersteller der Fertigungsbranche wie etwa:

  • Siemens
  • Kuka
  • ABB

Auch und gerade kleinere Unternehmen in der Industrie können von der Digitalisierung profitieren. Beispielsweise können sie sich in die intelligenten Produktionsprozesse größerer Unternehmen integrieren.

Hinzu kommt, dass nach den zu Beginn erforderlichen Investitionen in die intelligente Fertigung Kleinstserien und individualisierte Produkte deutlich kostengünstiger und damit konkurrenzfähiger hergestellt werden können. In einigen Industriezweigen kann die Digitalisierung auch dabei helfen, den fortwährenden Fachkräftemangel auszugleichen und zusätzliche neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen.

Info

Interessante Praxisbeispiele für die Digitalisierung der Industrie

Praxisbeispiele für erfolgreiche Digitalisierungsprojekte in Industrie und Fertigung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) auf seiner Homepage im Themenbereich „Digitale Transformation in der Industrie“ zusammengestellt.

Auf der Plattform können Sie zu einer interaktiven Landkarte wechseln, in der über 400 Digitalisierungsprojekte verzeichnet sind, die vom BMWi in den letzten Jahren gefördert wurden. Informationen zu den einzelnen Projekten erhalten Sie mit einem Klick auf den Projekteintrag oder über eine Auswahlliste.

Die Bandbreite der Projekte reicht von einem System für den Paletten-Transport für eine vollständige Automatisierung bei der Fertigung (LogiMover von Eisenmann) bis zur Simulation der Produktionsplanung und -steuerung kompletter Schiffe (Flensburger Schiffbau-Gesellschaft).

KI gibt der Digitalisierung zusätzlichen Schub

Dank Künstlicher Intelligenz (KI) sind Systeme mittlerweile nicht nur digital verbunden, sondern auch in der Lage, sich automatisiert zu optimieren. Konkret bedeutet dies, dass mithilfe intelligenter Lösungen Fertigungsprozesse in der Industrie automatisiert, überwacht und optimiert, adaptiv vernetzt und vorausschauend gewartet werden können. Das erhöht die Qualität und reduziert die Kosten. Es werden weniger Ressourcen verschwendet, Qualitätsmängel frühzeitiger entdeckt und Fertigungsabläufe optimiert, und damit die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet oder sogar verbessert.

Info

Künstliche Intelligenz im Mittelstand

Einen Überblick über den Einsatz von KI-Systemen in Industrie und Fertigung gibt die Studie „Künstliche Intelligenz im Mittelstand: Mit welchen Anwendungen sind kleine und mittlere Unternehmen heute schon erfolgreich?“

Auch kleineren Industrie- und Fertigungsunternehmen kann KI einen erheblichen Mehrwert bieten. Dies betrifft vor allem folgende Bereiche:

  • Qualitätskontrolle und Fehlererkennung: Unternehmen können KI-basierte Bilderkennungssysteme einsetzen, um Produkte während des Fertigungsprozesses auf Fehler oder Unregelmäßigkeiten zu überprüfen. Dies kann dazu beitragen, Ausschuss zu reduzieren und die Produktqualität zu verbessern. 
  • Vorausschauende Wartung von Maschinen: Auch in kleinen Unternehmen sind Maschinen und Ausrüstungen entscheidend. KI kann für eine Überwachung sowie Analyse der Sensordaten von Maschinen genutzt werden und potenzielle Ausfälle vorhersagen, sodass Wartungsarbeiten rechtzeitig durchgeführt und teure Stillstandzeiten vermieden werden. 
  • Optimierung von Produktionsprozessen: Durch den Einsatz von KI im Zuge der Digitalisierung können Unternehmen in der Industrie ihre Produktionsprozesse optimieren, indem sie Produktionsdaten analysieren und Prozessparameter in Echtzeit anpassen. Das hilft, die Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. 
  • Automatisierung von Geschäftsprozessen: KI kann dazu eingesetzt werden, administrative Aufgaben zu automatisieren, wie etwa die Verarbeitung von Bestellungen, die Inventarverwaltung oder die Kundenkommunikation. Dadurch können Mitarbeiter entlastet und Ressourcen effizienter eingesetzt werden. 
  • Kundenservice und Personalisierung: Auch kleinere Unternehmen können KI nutzen, um ihren Kundenservice zu verbessern, indem sie beispielsweise Chatbots einsetzen, um Kundenanfragen zu beantworten oder personalisierte Empfehlungen basierend auf Kundenverhalten zu geben. 
  • Energieeffizienz: KI kann helfen, den Energieverbrauch für mehr Nachhaltigkeit zu optimieren, indem sie den Energiebedarf prognostiziert und den Betrieb entsprechend anpasst, um Kosten zu senken und die Umweltbelastung zu reduzieren.

Fachverbände und Förderprogramme

Die Einführung einer Strategie zur Digitalisierung in Industrie und Fertigung erfordert häufig eine externe Digitalisierungsberatung und Fördermittel. Für diese können Sie in Ihrem jeweiligen Bundesland auch eines der Förderprogramme der Länder für Ihre Digitalisierung nutzen. Konkrete Hilfestellungen zwecks Beratung gibt es bei den zuständigen Industrie- und Handelskammern und den einschlägigen Fachverbänden. Diese bieten regelmäßig Informationsveranstaltungen und Seminare zum Thema „Digitalisierung“ an, führen persönliche Beratungsgespräche durch und vermitteln Berater, die die Digitalisierungsmaßnahmen planen und begleiten.

  • Wie in anderen Branchen wird ein Großteil der Beratungskosten vom Förderprogramm „go-digital“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) übernommen.
  • Speziell für Industrie- und Fertigungsunternehmen gibt es zusätzlich bundesweit 29 „Mittelstand-Digital-Zentren“, die vom BMWK gefördert werden und mittelständischen Unternehmen kompetente und anbieterneutrale Sensibilisierungs-, Informations-, Erprobungs- und Schulungsangebote zu Digitalisierungsthemen machen. Dort können kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe durch Praxisbeispiele, Demonstratoren, Informationsveranstaltungen und den gegenseitigen Austausch die Vorteile der Digitalisierung erleben. Die Kompetenzzentren informieren auch über aktuelle neue Förderprogramme.
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