Vorsteuer: Diese gesetzlichen Regeln gelten

Grundsätzlich gilt im Umsatzsteuerrecht das Prinzip, dass die Umsatzsteuer der private Endverbraucher zahlen muss. Wird dagegen einem Unternehmer von einem anderen Unternehmer im Zusammenhang mit Lieferungen und Leistungen für sein Unternehmen Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, bekommt er diese Umsatzsteuer unter bestimmten Voraussetzungen als so genannte Vorsteuer erstattet. Hier die interessantesten Infos rund um das Thema Vorsteuer und Vorsteuerabzugsberechtigung.

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Zuletzt aktualisiert am:20.03.2024

Definition

Was ist die Vorsteuer?

Die Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die Unternehmen beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen an ihre Lieferanten oder Dienstleister zahlen. Da aber nur der Endverbraucher mit Umsatzsteuer belastet wird, kann sich der Geschäftspartner die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen bzw. in Rechnung stellen, vorausgesetzt, er ist zum Vorsteuerabzug berechtigt und es liegt ihm eine ordnungsgemäße Rechnung vor. Deshalb melden Unternehmen in regelmäßigen Abständen die Differenz zwischen der Umsatz- und der Vorsteuer beim Finanzamt. Die Vorsteuererstattung erfolgt dann über das Finanzamt.

Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer

In der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. in der Umsatzsteuerjahreserklärung erfasst ein Unternehmer die in einem Kalenderjahr in seinen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer, die er ans Finanzamt abführt. Doch von der Umsatzsteuer ist die aus Eingangsrechnungen anderer Unternehmer (= Vorsteuer) abzuziehen. Die Differenzbesteuerung ist die geschuldete Umsatzsteuer (Umsatzsteuerschuld) oder ein Erstattungsbetrag. Das Ergebnis: Die Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die Sie selbst von anderen berechnet bekommen.

Infografik von Lexware zur Darstellung von Zusammenhang von Vorsteuer und Umsatzsteuer

Info

Wie hoch ist die Vorsteuer?

Da die Vorsteuer im Grunde die Kehrseite der Umsatzsteuer darstellt, gelten hier dieselben Steuersätze. So gelten bei der Vorsteuer diese Prozente:

  • Regelsteuersatz von 19 %
  • Ermäßigter Steuersatz von 7 %

Wie können Sie sich die Vorsteuer zurückholen?

Die Vorsteuer können Sie sich vom Finanzamt über die Umsatzsteuervoranmeldung zurückholen. Das ist aber nur dann möglich, wenn Sie einen Vorsteuerüberhang haben – also mehr Vorsteuer bezahlt als Umsatzsteuer eingenommen haben.

Info

Beispiel: Ermittlung der endgültigen Umsatzsteuerzahllast

Ein Unternehmer hat im Kalenderjahr Rechnungen über 100.000 Euro zzgl. 19.000 Euro Umsatzsteuer an seine Kunden ausgestellt. In seiner Umsatzsteuervoranmeldung bzw. in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung muss er diese 19.000 Euro Umsatzsteuer als Umsatzsteuerzahllast erfassen. Im selben Kalenderjahr hat der Unternehmer allerdings Rechnungen erhalten in Höhe von:

  • a) 50.000 Euro zzgl. 9.500 Euro Umsatzsteuer
  • b) 130.000 Euro zzgl. 24.700 Euro

Folge:

  • Bei Variante a beträgt die Umsatzsteuerzahllast für das Kalenderjahr 9.500 Euro (Umsatzsteuer 19.000 Euro abzgl. Vorsteuer 9.500 Euro).
  • Bei Variante b hat der Unternehmer einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt in Höhe von 5.700 Euro (Umsatzsteuer 19.000 Euro abzgl. Vorsteuer 24.700 Euro).

Tipp

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Vorsteuerabzugsberechtigung

Grundsätzlich gilt: Alle Unternehmen, die umsatzsteuerpflichtig sind, sind auch vorsteuerberechtig - wer Umsatzsteuer an das Finanzamt entrichtet, kann auch gezahlte Vorsteuer geltend machen. Je nach dem, um welche Art der Ware oder Dienstleistung es sich handelt, fallen für diese 19 % oder 7 % Umsatzsteuer an. Dies ist im UStG verankert. Der Umsatzsteuersatz ergibt sich aus der jeweiligen Eingangsrechnung.

Ein Unternehmer ist zum Abzug der Vorsteuer aus Eingangsrechnungen berechtigt, wenn er folgende Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt. Er muss beim Verkauf seiner Güter und Dienstleistungen selbst Umsatzsteuer ausweisen und erheben. Ausgeschlossen ist der Abzug der Vorsteuer dagegen in folgenden Fällen:

  • Der Unternehmer kauft ein Produkt/eine Dienstleistung nicht für seinen Betrieb, sondern für den privaten Gebrauch (z. B. Renovierung der Terrasse im Wohnhaus).
  • Der Unternehmer erbringt nur umsatzsteuerfreie Leistungen (z. B. Einnahmen aus Vermietung an Privatpersonen, Umsätze als Arzt).
  • Der Unternehmer wird als Kleinunternehmer nach § 19 UStG geführt (Kleinunternehmerregelung; Umsatz Vorjahr max. 22.000 Euro).
So funktioniert der Vorsteuerabzug

Wann dürfen Sie keine Vorsteuer abziehen?

Die Vorsteuer darf nur bei abzugsfähigen Betriebsausgaben geltend gemacht und verrechnet werden. Deshalb sind unter anderem Ausgaben für folgende Ausgaben nicht vorsteuerabzugsberechtigt:

  • Geldstrafen für Strafverfahren 
  • Geschenke
  • Haushalt und Lebensführung
  • Einkommensteuer 

Berechnung der Vorsteuer

Die Vorsteuer wird grundsätzlich vom Nettobetrag in der Rechnung ausgehend berechnet. Ist die Umsatzsteuer in einer Rechnung zu hoch ausgewiesen (falsch berechnet oder 19 % Umsatzsteuer anstatt 7 %), gibt es den Vorsteuerabzug nur in der gesetzlich vorgesehenen Höhe.

Voraussetzungen für die Vorsteuer

Ist ein Unternehmer zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, weil es umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, ist das nur die halbe Miete für die Erstattung vom Finanzamt. Zusätzlich müssen die Eingangsrechnungen für den Vorsteuerabzug ganz bestimmte Inhalte aufweisen.

Welche Inhalte eine Rechnung für den Vorsteuerabzug aufweisen muss, hängt von der Höhe der Rechnung ab. Sie als Steuerpflichtiger müssen zwischen Rechnungen mit einem Bruttowert von mehr als 250 Euro und Rechnungen mit einem Bruttowert bis 250 Euro (so genannte Kleinbetragsrechnung) unterscheiden.

Tipp

Vier-Augen-Prinzip sichert Vorsteuererstattung

Eine Eingangsrechnung sollte am besten nach dem Vier-Augen-Prinzip durch zwei Mitarbeiter auf die Vorgaben zum Vorsteuerabzug abgeklopft werden. Nur wenn beide Mitarbeiter grünes Licht geben, enthält die Eingangsrechnung alle für den Vorsteuerabzug notwendigen Rechnungsinhalte. Erfüllt eine Eingangsrechnung nicht die gesetzlichen Vorgaben für den Vorsteuerabzug, fordern Sie den Rechnungsaussteller auf, eine korrekte Rechnung zu stellen. Zahlen Sie die Rechnung erst, wenn alle Angaben enthalten sind.

Checkliste zur Prüfung einer Eingangsrechnung von mehr als 250 Euro brutto:

Darstellung von Tabellen auf Desktop besser lesbar

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Notwendige RechnungsangabenZeichnung Mitarbeiter 1
1 Der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers
2 Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmens
3 Der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers
4 Ausstellungsdatum der Rechnung
5 Fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer)
6 Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung
7 Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung
8 Das nach Steuersätzen und Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist
9 Anzuwendender Steuersatz
10 Umsatzsteuerbetrag

Checkliste zur Prüfung einer Eingangsrechnung bis 250 Euro brutto (Kleinbetragsrechnung:)

Darstellung von Tabellen auf Desktop besser lesbar

<b></b>
Notwendige RechnungsangabenZeichnung Mitarbeiter 1
1 Der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers
2 Ausstellungsdatum der Rechnung
3 Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung
4 Entgelt und darauf entfallender Umsatzsteuerbetrag in einer Summe
5 Anzuwendender Umsatzsteuersatz

Erteilt ein Unternehmer einem anderen Unternehmer eine Gutschrift, gilt eine Besonderheit. Anstelle der Steuernummer des Gutschriftausstellers muss in diesem Fall die Steuernummer des Gutschriftempfängers in dem Abrechnungspapier vermerkt werden. Wird die Steuernummer des Gutschriftempfängers in der Gutschrift nicht vermerkt, steht dem Aussteller aus der Gutschrift kein Vorsteuerabzug zu.

Zeitpunkt der Vorsteuer

Vorsteuer darf ein Unternehmer abziehen, sobald die Leistung erfolgt ist und er eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer erhalten hat. Der Zeitpunkt der Bezahlung spielt dabei keine Rolle. Eine Ausnahme gilt allerdings bei Anzahlungen: Hier wird die Vorsteuer abgezogen, sobald die Zahlung geleistet wurde.

Betriebsprüfung und Vorsteuerkürzung

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung bzw. einer Betriebsprüfung suchen die Prüfer gezielt in Eingangsrechnungen danach, ob nicht vielleicht für den Vorsteuerabzug notwendige Angaben fehlen. Wird das Finanzamt fündig, erhalten Sie für die die Vorsteuer keine Rückerstattung. Das Fatale an der Vorsteuerkürzung: Es fallen hohe Nachzahlungszinsen an – derzeit noch 0,5% pro Monat (= 6% Zinsen pro Jahr ab dem 15. Monat nach Ablauf des Jahres, in die eine Vorsteuerkürzung erfolgt).

Beispiel: Teure Nachzahlungszinsen bei Vorsteuerkürzung
Das Finanzamt stellt bei einer Prüfung des Jahres 2015 fest, dass verschiedene Eingangsrechnungen fehlerhaft sind. Folge: Es kommt zu einer Vorsteuerkürzung im Jahr 2015 in Höhe von 30.000 Euro. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid mit der Nachzahlung wird Ende August 2020 versandt. 
Folge: Neben der Vorsteuerkürzung in Höhe von 30.000 Euro muss der Unternehmer zusätzlich 6.000 Euro Nachzahlungszinsen in Höhe von (30.000 Euro x 20%) ans Finanzamt zurückzahlen.

Vorsteuerkürzung bei Betriebsprüfung: auf rückwirkende Rechnungsberichtigung pochen

Doch enthält die fehlerhafte Eingangsrechnung bestimmte Mindestangaben, können Sie dem Prüfer noch vor Ende der Prüfung eine berichtigte Rechnung aushändigen und die rückwirkende Rechnungsberichtigung beantragen. In diesem Fall besagt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass das Finanzamt keine Kürzung der Vorsteuer vornehmen darf. Damit sind die lästigen Nachzahlungszinsen vom Tisch. 

Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ist jedoch nur zulässig, wenn die fehlerhafte Eingangsrechnung folgende Mindestangaben enthalten hat:

  • Name und Anschrift des leistenden Unternehmers
  • Name und Anschrift des Leistungsempfängers
  • eine aussagekräftige Leistungsbeschreibung
  • das Entgelt (= Nettorechnungsbetrag)
  • die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer

Gründungskosten und Vorsteuerabzug

Selbst Existenzgründer,die ihr Gewerbe noch nicht bei der Gemeinde angemeldet haben, können bereits in der Vorbereitungsphase beim Finanzamt einen Vorsteuerabzug für alle Ausgaben im Zusammenhang mit der künftigen Betätigung beantragen.

Vor allem für folgende Kosten während der Vorbereitung der Existenzgründung gewährt das Finanzamt meist problemlos einen Vorsteuerabzug: 

  • Ausgaben für Fachliteratur zur Gründung
  • Eintrittspreise für Gründermessen
  • Honorare für Unternehmens- oder Steuerberater
  • Telefon- und Portokosten
  • Ausgaben für Büromaterial 
  • Kauf eines Computers.

Tipp

Praxis-Tipp: Nachweispflicht trägt der Unternehmer

Den Vorsteuerabzug für Betriebsausgaben vor dem eigentlichen Start in die Selbstständigkeit erhalten Gründer nur dann, wenn sie zu jeder Rechnung detailliert notieren, warum diese Kosten für die künftige selbstständige Tätigkeit angefallen sind. Weitere Voraussetzung: Der Unternehmer muss später zum Vorsteuerabzug berechtigt sein.

Abzugsfähige Betriebsausgaben: Was ist vorsteuerabzugsfähig?

Die Vorsteuer wird auch als Mehrwertsteuer bezeichnet. Wenn Sie die Vorsteuer abführen wollen, müssen Sie allerdings darauf achten, dass nicht alle Kosten Ihres Unternehmens auch wirklich vorsteuerabzugsfähig sind! Es gibt beispielsweise steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug

  • Gekaufte Dienstleistungen und Waren, sofern die Steuer auf der Rechnung korrekt ausgewiesen ist
  • Einfuhrumsatzsteuer
  • Anschaffungen im Rahmen der Erwerbssteuer

Nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind zudem alle Ausgaben, die in das Abzugsverbotfallen. Das sind zum Beispiel Bewirtungskosten. Eine weitere wichtige Ausnahme stellt der Arbeitsweg dar. Während Sie diese in der Einkommenssteuererklärung beschränkt absetzen können, sind die Beträge nicht abzugsfähige Vorsteuer. Sie können diese demnach nicht geltend machen.

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