Mehrwertsteuer

Für Gründer und Selbstständige ist das Thema Mehrwertsteuer häufig sehr viel komplexer als für Verbraucher. Allein der Unterschied zwischen Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer und Vorsteuer bringt zu Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit oftmals Verwirrung mit sich. Doch gerade Unternehmer sollten sich beim Thema Mehrwertsteuer auskennen, um ihren umsatzsteuerlichen Pflichten korrekt nachzukommen. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige zur Mehrwertsteuer sowie den unterschiedlichen Steuersätzen. Lesen Sie außerdem, was es mit Umsatzsteuervorauszahlungen an das Finanzamt auf sich hat, und finden Sie Antworten auf die Frage, wer Mehrwertsteuer zahlen muss und wer davon befreit ist – inklusive praktischer Tipps.

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Zuletzt aktualisiert am:16.11.2023

Zusammenfassung

Mehrwertsteuer im Überblick

  • Die Mehrwertsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle des Staates. Innerhalb der Betriebswirtschaft wird sie auch Umsatzsteuer genannt.
  • Als indirekte Steuer gilt sie auch als Verbrauchssteuer, Verkehrssteuer, Gemeinschaftsteuer, Endverbrauchssteuer.
  • Unternehmer helfen dem Staat, die Mehrwertsteuer zu generieren.
  • Bezahlt wird sie vom Endverbraucher.
  • Fast alle Unternehmen sind mehrwertsteuerpflichtig.
  • Unternehmer schlagen die Mehrwertsteuer zugunsten des Staates auf ihre Produktpreise bzw. für ihre Dienstleistungen auf.
  • Mehrwertsteuer-Einnahmen gehören folglich nicht dem Unternehmer.
  • Er führt sie nur an das Finanzamt ab.
  • In der Buchhaltung bildet sie einen durchlaufenden Posten.
  • Ein Mehrwertsteuerrechner hilft, die USt sowie die MwSt oder den Nettopreis zu berechnen. 

  • Bestimmte Unternehmensformen wieBeim Finanzamt umsatzsteuerlich registrierte Kleinunternehmer müssen keine Mehrwertsteuer einbehalten und abführen. 

  • Bei der Mehrwertsteuer gibt es unterschiedliche Steuersätze für verschiedene Bereiche – zum einen 19 %, zum anderen 7 %.

Definition

Was ist die Mehrwertsteuer?

Die Mehrwertsteuer (kurz MwSt) ist eine sogenannte Verbrauchersteuer, die von Unternehmen auf ihre Waren und Dienstleistungen aufgeschlagen wird. Sie besteuert den Umsatz von Unternehmen und wird daher auch Umsatzsteuer (kurz USt) genannt.

Funktion der Mehrwertsteuer

Das Prinzip der Mehrwertsteuer funktioniert wie folgt: Der Staat beauftragt Unternehmen, die Mehrwertsteuer auf den Nettoverkaufspreis ihrer Produkte aufzuschlagen. Kauft ein privater Endverbraucher diese Produkte, bezahlt er auch die dafür erhobene Mehrwertsteuer an die Unternehmen. Anschließend führen die Unternehmen die vereinnahmte Steuer an das Finanzamt ab. Gleichzeitig bezahlen aber auch Unternehmen eine Mehrwertsteuer an andere Unternehmen, wenn sie beispielsweise Waren und Werkstoffe für die Produktion einkaufen. In der Buchhaltung von Unternehmen bildet die Mehrwertsteuer einen durchlaufenden Posten.

Die Entstehung der Mehrwertsteuer

  1. Vor Einführung der Mehrwertsteuer wurden Steuern nur auf die Umsätzevon Unternehmen erhoben. Das führte dazu, dass die Hauptsteuerlast bei jenen Unternehmen lag, die Produkte und Werkstoffe einkauften und diese zu neuen oder veredelten Produkten weiterverarbeiteten.
  2. Ein Produkt wurde dabei umso teurer, je mehr Zwischenschritte zu seiner Herstellung nötig waren. Große Unternehmen, welche viele Fertigungsschritte selbst übernehmen konnten, hatten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Unternehmen.
  3. Aus diesem Grund wurde 1968 die Mehrwertsteuer gemäß dem Mehrwertprinzip eingeführt. Dabei können Unternehmen ihre Steuerausgaben mit den Steuereinnahmen verrechnen, sodass nur der Überschuss, also der erzielte Mehrwert, versteuert wird.

Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer und Vorsteuer berechnen: Wo liegt der Unterschied?

Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer und Vorsteuer? Gemeint ist hier ein und dieselbe Steuerart. Steuerlich korrekt ist allerdings der Begriff „Umsatzsteuer”, da die Besteuerung im Umsatzsteuergesetz (UStG) festgelegt ist. Welche Bezeichnung verwendet wird, hängt von der Perspektive des Betrachters ab:

  • Mehrwertsteuer: Aus Sicht der Verbraucher wird die Steuer als Mehrwertsteuer bezeichnet, weil sie mehr Geld für den Wert einer Sache oder einer Dienstleistung zahlen müssen.
  • Vorsteuer: Auch Unternehmen und Selbstständige müssen ihrerseits Umsatzsteuer auf die von ihnen gekauften Produkte und Dienstleistungen zahlen. In diesem Fall spricht man von der Vorsteuer. Die gezahlte Vorsteuer können sich Unternehmer, die umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringen,e sich im Rahmen des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt wiederholen. Endverbraucher können dies nicht. 
  • Umsatzsteuer: Sie definiert sich aus der Perspektive des Verkäufers, denn sie müssen auf den Umsatz ihrer verkauften Waren oder Dienstleistungen eine Steuer erheben. Sie wird im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung mit der Vorsteuer verrechnet und muss anschließend an das Finanzamt abgeführt werden.
Grafik zu Veranschaulichung der Unterschiede zwischen Mehrwert-, Vor- und Umsatzsteuer

Info

Mehrwertsteuer ist ein Durchlaufposten

Die Mehrwertsteuer gehört zu keinem Zeitpunkt den Unternehmen, sie wird aus dem Umsatz herausgerechnet und bleibt daher immer erfolgsneutral.

Wie hoch ist die Mehrwertsteuer?

Die rechtliche Basis für die Mehrwertsteuer bildet in Deutschland das Umsatzsteuergesetz (UStG). Der aktuelle Regel-Mehrwertsteuersatz beträgt 19 % und der ermäßigte Steuersatz 7 %. Welcher Steuersatz angewandt wird, hängt von der Ware beziehungsweise der Dienstleistung ab:

  • 19 % regelmäßiger Steuersatz nach § 19 Abs. 1 UStG: Alle Produkte, die nicht ausdrücklich unter den ermäßigten Steuersatz von 7 % fallen oder umsatzsteuerfrei nach § 4 UStG sind, werden mit 19 % besteuert.
  • 7 % ermäßigter Steuersatz nach § 19 (2) UStG: Er gilt für die sogenannten Güter des täglichen Bedarfs, welche vollständig in der sogenannten „Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände” (Anlage 2 UStG) aufgeführt sind. Dazu zählen die meisten Lebensmittel, Bücher und Zeitschriften, aber auch lebende Tiere oder Kunstgegenstände.
Beispiele Mehrwertsteuer 7 % und 19 %

Wer ist mehrwertsteuerpflichtig?

Grundsätzlich ist jedes Unternehmen und jeder Freiberufler mehrwertsteuerpflichtig. Das bedeutet, sie müssen auf alle verkauften Waren und Dienstleistungen die Umsatzsteuer aufschlagen, den Betrag auf der Rechnung ausweisen und die Einnahmen beim Finanzamt anmelden. Dabei gibt es drei Ausnahmen:

  • Kleinunternehmen: Laut § 19 UStG sind Kleinunternehmer von der Pflicht zum Ausweis der Umsatzsteuer befreit. Die Regel kann angewandt werden, wenn Ihr Umsatz des laufenden Kalenderjahres voraussichtlich 50.000 Euro nicht überschreitet und im Vorjahr nicht mehr als 22.000 Euro betrug. Beanspruchen Sie die Kleinunternehmerregelung, können Sie Ihre Waren und Dienstleistungen zum Nettopreis anbieten, dürfen aber nicht den Vorsteuerabzug für sich nutzen.
  • Innergemeinschaftliche Lieferungen: Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen handelt es sich um Gegenstände oder Dienstleistungen, die an Unternehmer in einem anderen EU-Land geliefert werden. Auch hier werden nur die Nettopreise in Rechnung gestellt.
  • Steuerfreie Umsätze aus Lieferung und Leistung nach § 4 UStG: Dazu zählen beispielsweise Umsätze aus Leistungen der humanmedizinischen Berufe wie beispielsweise Ärzte, Zahnärzte, Krankengymnasten und Heilpraktiker.

Mehrwertsteuerausweis ist Pflicht auf der Rechnung

Als Unternehmer mit umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen sind Sie dazu verpflichtet, die Mehrwertsteuer auf allen Rechnungen auszuweisen. Folgende Posten müssen auf einer korrekten Rechnung einzeln angegeben sein:

  • Der Nettopreis,
  • der angewandte Steuersatz
  • der Mehrwertsteuerbetrag
  • der Bruttobetrag

Hinweis: Nur so können Sie später beim Finanzamt nachweisen, dass Sie die Mehrwertsteuer erhoben haben.

Mehrwertsteuer berechnen

Wie viel Mehrwertsteuer ein Unternehmen an das Finanzamt abführen muss, ermitteln Sie mithilfe der sogenannten Umsatzsteuervoranmeldung und mithilfe der jährlichen Umsatzsteuererklärung.

Der abzuführende Betrag wird auch Umsatzsteuerzahllast oder Zahllast genannt. Diese ergibt sich aus der Differenz zwischen den Mehrwertsteuerausgaben (auch Umsatzsteuerbeträge genannt) und den Mehrwertsteuereinnahmen (auch Vorsteuerbeträge genannt). Die Formel lautet:

Umsatzsteuerbeträge - Vorsteuerbeträge = Umsatzsteuerzahllast

Beispiel: Positive Mehrwertsteuer berechnen

 

Als Möbelbauer kaufen Sie Holz im Wert von 1.000 € netto + 19 % Mehrwertsteuer.

  • 1.000 € netto x 19 % = 190 € Mehrwertsteuer

Die für das Holz gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 190 € können Sie beim Finanzamt geltend machen, sodass Ihre tatsächlichen Kosten 1.000 € betragen. Mit dem Holz entwerfen sie einen Tisch, den Sie anschließend für 1.500 € + 19 Prozent Mehrwertsteuer verkaufen.

  • 1.500 € x 19 % = 285 € Mehrwertsteuer

Da das Material 1.000 € kostet und Ihr Verkaufspreis 1.500 € beträgt, haben Sie einen Mehrwert von 500 € erzielt. Zudem haben Sie 280,50 € Mehrwertsteuer eingenommen und 190 € Vorsteuer für das Material ausgegeben:

  • 285 € - 190 € = 95 € zu zahlende Mehrwertsteuer

Am Ende darf der Möbelbauer in seiner Umsatzsteueranmeldung an das Finanzamt 285 € - 190 € = 95 € anmelden und muss nur noch die Differenz abführen.

Beispiel negative Mehrwertsteuer berechnen

 

Übersteigen Ihre mehrwertsteuerpflichtigen Ausgaben die Einnahmen, fällt die Zahllast negativ aus und das Finanzamt zahlt Ihnen die zu viel bezahlte Mehrwertsteuer zurück. Ein Beispiel:

Im Geschäftsjahr 2022 haben Sie 20.000 € Umsatz inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer erwirtschaftet.

  • 20.000 € x 19 % = 3.800 € Mehrwertsteuer

Sie haben also 3.800 € Mehrwertsteuer an das Finanzamt gezahlt. Allerdings haben Sie auch Ihre Werkstatt erneuert und dafür eine nagelneue Ausstattung in Höhe von 100.000 € inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer gekauft.

  • 100.000 € x 19 % = 19.000 € Mehrwertsteuer

Bei dem Kauf der neuen Ausstattung haben sie an einen anderen Händler 19.000 € Mehrwertsteuer bezahlt. Damit ist Ihre Umsatzsteuerzahllast negativ (19.000 € - 3.800 €) und Sie erhalten vom Finanzamt 15.200 € als Vorsteuer zurück.

Umsatzsteuer an das Finanzamt bezahlen

Grundsätzlich hängen die Fristen für die Umsatzsteuervoranmeldung von den erzielten Umsätzen ab und werden vom Finanzamt festgelegt. Es sind drei verschiedene Zeiträume möglich:

  • Monatlich: wennIhre Umsatzsteuerzahllast im Vorjahr über 7.500 € beträgt
  • Vierteljährlich: wenn Ihre Umsatzsteuerzahllast im letzten Kalenderjahr zwischen 1.000 € und 7.500 € liegt
  • Jährlich: wenn Ihre Umsatzsteuerzahllast im Vorjahr unter 1.000 € liegt - dann kann das Finanzamt Sie von der Pflicht einer Umsatzsteuervoranmeldung befreien.

Info

Hinweis: Gründer müssen Umsatz schätzen

Liegen keine Vorjahreszahlen vor, weil Sie beispielsweise Ihr Unternehmen erst gegründet haben, müssen Sie Ihren künftigen Umsatz schätzen. Auf der Grundlage dieser Schätzung legt das Finanzamt fest, in welchem Rhythmus Sie Ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen.

Mehrwertsteuer in Deutschland und in der Schweiz

Mit seinem aktuell geltenden Mehrwertsteuer-Satz gilt Deutschland im europäischen Vergleich als verbraucherfreundlich. Sind Sie mit Ihrem Unternehmen zum Beispiel in der Schweiz tätig, dann müssen Sie die Mehrwertsteuer der Schweiz kennen und diese mit 7,70% auf Ihren Rechnungen ausweisen.

Info

Gab es in Deutschland bereits Mehrwertsteuersenkungen?

Während der Coronapandemie galt im Jahr 2020 zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember eine befristete, ermäßigte Mehrwertsteuer (16 statt 19 Prozent und 5 statt 7 Prozent), um mit günstigeren Preisen den Konsum anzukurbeln. 
Aufgrund der gestiegenen Gaspreise durch den Ukraine-Krieg wurde auch die Höhe der Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent vom 1. Oktober 2022 bis Ende März 2024 gesenkt.    

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