Erwerbsminderungsrente

Das Lebenseinkommen spielt für uns alle eine wichtige Rolle. Dennoch sind in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen erwerbsunfähig. Wer aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder Behinderung erwerbsunfähig wird, das heißt, seinen Lebensunterhalt nicht mehr selbst verdienen kann, erhält unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsminderungsrente. Welche Voraussetzungen dafür gelten, wie hoch die Rentenansprüche ausfallen bzw. wie man einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellt, das erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Zuletzt aktualisiert am:03.01.2024

Info

Erwerbsminderungsrente im Überblick

  • Anspruch auf Erwerbsminderungsrente haben Versicherte, die auf mindestens fünf Jahre Beitragszeit kommen, in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge bei der Deutschen Rentenversicherung gezahlt haben und die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben.
  • Auf die volle Er­werbs­min­de­rungs­ren­te hat ein Versicherter nur Anspruch, wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten kann.
  • Auch Menschen mit einer Behinderung haben Anspruch auf die vorzeitige Rente.
  • Berechtigte erhalten die Erwerbsminderungsrente erst mit Beginn des siebten Monats nach dem Eintritt der Erwerbsminderung.

Selbstständige, die in der Deutschen Ren­ten­ver­si­che­rung freiwillig versichert sind, haben den gleichen Anspruch auf Er­werbs­min­de­rungs­ren­te.

Wer hat Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente?

Sind Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig, dann soll eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ihr Einkommen ersetzen. Können diese jedoch noch einige Stunden täglich arbeiten, dann soll die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung das Einkommen ergänzen, das sie selbst noch erzielen.

Mitglieder der Deutschen Rentenversicherung haben Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbs­minderung (EM-Rente), wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Vor Eintritt der Erwerbsminderung gilt dabei im Regelfall:

  • Der Versicherte muss auf mindestens fünf Jahre Beitrags­zeit kommen. Dazu rechnet man neben Pflicht­beitrags­zeiten aus einer sozial­versicherungs­pflich­tigen Beschäftigung auch Kindererziehungs- und Pflege­zeiten sowie freiwil­lige Beiträge.
  • Der Versicherte muss in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflicht­beiträge bei der Deutschen Rentenversicherung gezahlt haben. Die drei Jahre müssen jedoch kein zusammenhängender Zeitraum sein.
  • Die Regelaltersgrenze – das ist der Zeitpunkt, an dem der Versicherte die reguläre Altersrente beziehen kann – darf noch nicht erreicht sein.

Achtung

Andere Regeln bei Arbeitsunfällen

Bei Arbeits­unfällen oder Berufs­krank­heiten sind die oben genannten Mindest­versicherungs­zeiten kürzer. Ebenso liegen die Schwellenwerte für Wehr- und Zivil­dienstleistende nied­riger. Nur Antragsteller, die diese versicherungs­recht­lichen Bedingungen erfüllen, haben eine Chance, dass ihr Antrag Erfolg hat.

Folgende Personenkreise können eine Erwerbsminderungsrente beantragen:

  • Versicherte, die aufgrund einer oder mehrerer Krankheiten oder einer Behinderung dauerhaft nicht arbeiten können. Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente haben dabei nur Personen, die nicht mehr erwerbsfähig sind. Wer lediglich berufsunfähig ist, muss auch eine Beschäftigung annehmen, die nicht seinem gelernten Beruf entspricht.
  • Versicherte, die aus gesundheitlichen Gründen – Krankheit oder Behinderung – einer Arbeitszeit von weniger als drei Stunden täglich nachgehen können. Wer mehr als sechs Stunden am Tag arbeiten kann, erhält grundsätzlich keine Erwerbsminderungsrente.
  • Wer weniger als sechs Stunden täglich, aber mehr als drei Stunden am Tag trotz Krankheit arbeiten kann, erfüllt die Voraussetzung für die Teilzeitrente und erhält eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Fazit

Voraussetzung für volle Erwerbsminderungsrente

Die volle Er­werbs­min­de­rungs­ren­te erhält ein Versicherter nur, wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten kann – egal in welchem Beruf. Das bedeutet, es ist nicht entscheidend, ob der Antragstelle in seinem derzeitigen Beruf nicht mehr arbeiten kann. Vielmehr überprüft die Ver­si­che­rung, ob dieser noch irgendeiner Tätigkeit nachgehen kann, bei der ermehr als drei Stunden pro Tag arbeitet.

Bei welchen Krankheiten bekommt man eine Erwerbsminderungsrente?

Im Jahr 2020 zählten Depressionen und andere überwiegend psychische und neurologische Diagnosen zu den Krankheiten, die am häufigsten die Voraussetzungen zur Zahlung einer Erwerbsminderungsrente erfüllt haben.

Oft führen auch folgende Krankheiten einer verminderten Erwerbsfähigkeit:

  • Krebs und bösartige Geschwüre
  • Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates
  • Krankheiten des Herzens bzw. des Gefäßsystems 
  • Stoffwechsel- und Verdauungsstörungen

Die gesetzliche Rentenversicherung überlässt die genaue medizinische Einschätzung zu Fragen der Arbeitsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit stets unabhängigen ärztlichen Gutachtern. Diese sollen herausfinden, ob der Antragsteller tatsächlich anspruchsberechtigt ist. Fangfragen sind bei Gutachtern durchaus üblich, um Simulanten von berechtigten Leistungsempfängern zu unterscheiden.

Erwerbsminderungsrente für schwerbehinderte Menschen

Nicht nur Menschen mit einer Erkrankung, sondern auch Menschen mit einer Behinderung haben Anspruch auf die vorzeitige Rente. So ist auch derjenige erwerbsgemindert, der in einer anerkannten Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeitet oder in einer anderen beschützenden Einrichtung beschäftigt ist und wegen der Art und Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann. 

Folgende Sonderregel giltfür dauerhaft behinderte Menschen: Da sie nicht am regulären Arbeitsmarkt teilnehmen können, haben sie oft keine Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt. Dennoch erhalten sie nach einer Wartezeit von 20 Jahren eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Wann und wie lässt sich eine Erwerbsminderungsrente beantragen?

Grundsätzlich erhalten Berechtigte die Erwerbsminderungsrente erst mit Beginn des siebten Monats nach dem Eintritt der Erwerbsminderung. Bis zu diesem Zeitpunkt erhalten Arbeitnehmer Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse.

Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt jedoch, die Leistung innerhalb von drei Monaten nach Aufkommen der Krankheit zu beantragen – wenn alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind – da die Antragsbearbeitung etwas Zeit beanspruchen kann.

Achtung

Reha vor Rente

Dabei gilt der Grundsatz „Reha vor Rente“. Das bedeutet, dass die Ren­ten­ver­si­che­rung zunächst überprüft, ob die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers durch Rehabilitationsmaßnahmen wiederhergestellt werden kann.
Zu einer Rehabilitationsmaßnahme zählt auch eine Umschulung. Der Antragsteller ist verpflichtet, dies im Zweifelsfall zu versuchen. Während der Reha-Zeiten zahlt der Ren­ten­ver­si­che­rungsträger keine Rente, sondern ein sogenanntes Übergangsgeld.

Für den Antrag bei der Rentenversicherung sind verschiedene Formulare auszufüllen, um die persönliche Gesundheitssituation des zu schildern. Die genaue Einschätzung der medizinischen Situation des Antragstellers wird dann abschließend von ärztlichen Gutachtern übernommen.Für den Antrag bei der Rentenversicherung sind verschiedene Formulare auszufüllen, um die persönliche Gesundheitssituation des zu schildern. Die genaue Einschätzung der medizinischen Situation des Antragstellers wird dann abschließend von ärztlichen Gutachtern übernommen.

Erwerbsminderungsrente: Welche Sonderregelungen gelten?

Vorab: Die Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) wurde 2001 abgeschafft und durch die sogenannte Erwerbsminderungsrente ersetzt. Im Vergleich zu alten Regelwerken hat sich mit der aktuellen Erwerbsminderungsrente unter anderem folgende Bestimmung verändert: Der erlernte Beruf spielt für den gesetzlichen Schutz keine Rolle mehr. Es zählt nur, ob der Versicherte generell noch irgendeiner Arbeit wie einem Minijob nachgehen kann.

Sonderregelung für die Jahrgänge vor 1961

Für Personen, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden, gilt folgende Sonderregel: Sie können eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch dann bekommen, wenn sie in ihrem erlernten oder zuletzt dauerhaft ausgeübten Beruf weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können. Dabei überprüft die Ren­ten­ver­si­che­rung, ob eine andere, gleichwertige Tätigkeit zumutbar ist – dennoch kann sie hier nicht auf jede beliebige Tätigkeit verweisen.

Die Erwerbsminderungsrente für Selbstständige

Auch Selbstständige, die in der Deutschen Ren­ten­ver­si­che­rung freiwillig versichert sind, haben den gleichen Anspruch auf Er­werbs­min­de­rungs­ren­te wie Angestellte.

Da für Selbstständige und Freiberufler die Mitgliedschaft in der Deutschen Rentenversicherung keine Pflicht ist, verzichten allerdings viele darauf. Stattdessen sichern sie sich privat mit einer Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung (BU) oder mittels einer geeigneten Alternative ab.

Wie hoch ist die Erwerbsminderungsrente und wie wird sie berechnet?

Die Höhe der Er­werbs­min­de­rungs­ren­te hängt von dem individuellen Rentenanspruch ab. Dabei ist es relevant, wie viele Jahre Versicherte bereits in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt haben, wie viele Entgeltpunkte gesammelt wurden und wie groß die Zeitspanne bis zur regulären Altersrente noch ist.

Zur Einschätzung der Ansprüche kann die Renteninformation, die jährlich von der Deutschen Rentenversicherung verschickt wird, hilfreich sein. Diese zeigt auf, wie hoch die Erwerbsminderungsrente eines Versicherten zum Beispiel mit 57 Jahren bei voller Erwerbsminderung ausfallen würde.

Wie steigt die Erwerbsminderungsrente ab 2024?

Ab dem 01. Juli 2024 soll die Er­werbs­min­de­rungs­ren­te um bis zu 7,5 Prozent steigen. Mit dieser Erhöhung sollen Menschen unterstützt werden, die schon längere Zeit eine EM-Rente erhalten. Bei der Höhe des Zuschlags wird zwischen zwei Gruppen unterschieden:

  1. Wer bis Juni 2014 in EM-Rente gegangen ist, soll den vollen Zuschlag von 7,5 Prozent bekommen.
  2. Wer zwischen Juli 2014 und Dezember 2018 in EM-Rente gegangen ist, soll einen geringeren Zuschlag von 4,5 Prozent erhalten.

Wieviel darf man als Erwerbsrentner hinzuverdienen?

Erwerbsrentner dürfen generell noch arbeiten gehen und sich mit einem Nebenjob etwas dazuverdienen. Dabei gelten folgende Regeln:

  1. Die Dauer der Arbeitszeit: Diese darf nicht höher liegen als das sogenannte Restleistungsvermögen. Das ist die Zeit, die man laut Erwerbsminderung pro Tag noch maximal arbeiten kann. Bei voller Er­werbs­min­de­rungs­ren­te sind das höchstens drei Stunden täglich und bei halber Er­werbs­min­de­rungs­ren­te maximal sechs Stunden täglich. Arbeitet ein Erwerbsrentner in einem Nebenjob mehr als diese Stundenzahl, kann die Erwerbs­min­de­rungs­ren­te komplett aberkannt werden.
  2. Die Höhe des Jahreslohns: Zahlt der Rententräger eine volle Er­werbs­min­de­rungs­ren­te, dann dürfen Berechtigte 18.558,75 Euro im Jahr hinzuverdienen (Stand 2024). Was über diesen Betrag hinausgeht, wird zu 40 Prozent von der Rente abgezogen. Bei einer hälftigen Er­werbs­min­de­rungs­ren­te gilt eine deutlich höhere Hin­zu­ver­dienst­gren­ze. Diese wird für jeden Rentner individuell berechnet. Sie liegt jedoch bei mindestens 37.117,50 Euro im Jahr. Der individuelle Grenzwert findet sich im Rentenbescheid.
  3. Zusätzlich zur Verdienstgrenze gibt es für jeden Erwerbsminderungsrentner noch einen sogenannten individuellen Hinzuverdienstdeckel. Dazu wird das Einkommen der letzten 15 Jahre vor der Erwerbsminderung geprüft. Liegt die Er­werbs­min­de­rungs­ren­te plus dem Hinzuverdienst über dem höchsten Jahreseinkommen dieses Zeitraums, wird die Rente um genau diesen Überschuss gekürzt. Für die Verdienstgrenzen ist nicht nur das Arbeitseinkommen relevant, es werden auch Sozialleistungen und Vergütungen aus dem Ehrenamt hinzugerechnet.

Info

Dynamische Hinzuverdienstgrenzen

Seit 2023 werden die Hin­zu­ver­dienst­gren­zen nicht mehr jährlich festgelegt, sondern über die Bezugsgröße indirekt an die Lohnentwicklung gekoppelt. Sie sind also dynamisch. Das heißt: Steigt künftig der durchschnittliche Lohn der Angestellten in Deutschland, dürfen auch die Erwerbsminderungsrentner mehr dazuverdienen.

Wie lange wird eine Erwerbsminderungsrente gezahlt?

In der Regel werden Er­werbs­min­de­rungs­ren­ten befristet auf einen bestimmten Zeitraum gewährt. Eine unbefristete Er­werbs­min­de­rungsrente erhalten Antragsteller, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich ihr Gesundheitszustand wieder bessert. Steht das Ende der befristeten Rente bevor und kann der Erwerbsrentner weiterhin nicht arbeiten, sollte dieser rechtzeitig einen Folgeantrag stellen, da die Bearbeitung mehrere Monate dauern kann.

Hat sich dagegen der Gesundheitszustand verbessert, kann die volle Erwerbsminderungsrente entsprechend den Voraussetzungen auf die Hälfte gekürzt werden. Die Erwerbminderungsrente wird maximal bis zur Regelaltersgrenze gezahlt. Ab diesem Zeitpunkt greift dann die normale Altersrente.

Info

EM-Rente nur bis zur Altersgrenze

Wichtig zu wissen ist: Wer lückenlos von der Erwerbsminderungsrente in die Altersrente wechselt, hat keine negativen Auswirkungen zu befürchten. Das heißt, in diesem Fall kann die Altersrente nicht niedriger ausfallen als die Leistungen, die Sie vorher als EM-Rentenempfänger erhalten haben.

Außerdem wird bestimmten Personen eine Zurechnungszeit angerechnet. Das ist die Zeit vom Eintritt der Erwerbsminderung bis zur Vollendung des Alters von 65 Jahren und 8 Monaten (gemäß § 253a SGB VI). Auf diese Weise soll ihnen eine ausreichende Altersrente gesichert werden.

Was sind die Nachteile einer Erwerbsminderungsrente?

Die Erwerbsminderungsrente soll bei Arbeitsunfähigkeit das bisherige Einkommen ersetzen. Wer weniger als 3 Stunden täglich arbeitsfähig ist, hat Anspruch auf den vollen Leistungssatz. Die Höhe einer vollen Erwerbsminderungsrente lag beispielsweise im Jahr 2021 im Durchschnitt bei rund 917 Euro netto. Das ist in der Regel nicht genug, um den eigenen Lebensstandard zu finanzieren. Außerdem haben nicht alle Personen einen Anspruch darauf, zum Beispiel, wenn sie nicht die entsprechenden Beitragszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung nachweisen können. Darum empfiehlt es sich, in jungen Jahren zusätzlich in eine private Absicherung in Form einer BU (Berufsunfähigkeitsversicherung) zu investieren.

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