GmbH: Wann gilt ein Gesellschafter als beherrschend?

Ist die Leistung der GmbH an einen beherrschenden Gesellschafter der GmbH nicht aufgrund einer klaren, eindeutigen Vereinbarung im Vorhinein erfolgt, unterstellt das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung. Diese Beurteilung gilt selbst dann, wenn die Leistungen einem Fremdvergleich standhalten. Hier folgen nun einige überraschende Infos aus der Praxis, wann der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als beherrschend gilt und wie Sie eine verdeckte Gewinnausschüttung vermeiden können.

Hinweis: Gendergerechte Sprache ist uns wichtig. Daher verwenden wir auf diesem Portal, wann immer möglich, genderneutrale Bezeichnungen. Daneben weichen wir auf das generische Maskulinum aus. Hiermit sind ausdrücklich alle Geschlechter (m/w/d) mitgemeint. Diese Vorgehensweise hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung.

Ein Geschäftsmann steht auf einer gezeichneten Waage und auf der gegenüberliegenden Seite sind gezeichnete Figuren in Pyramidenform
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 |  Zuletzt aktualisiert am:18.10.2023

Definition

Was bedeutet beherrschender Gesellschafter einer GmbH?

Der Geschäftsführer einer GmbH gilt immer dann als beherrschender Gesellschafter, wenn er durch die Macht-Konstellation seine eigenen Entscheidungen alleine im Unternehmen durchsetzen kann.

Dies hat i.d.R. auch Auswirkungen auf die Pflichtigkeit bezüglich der Sozialversicherung des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers.

Hier kann Ihnen ein Statusfeststellungsverfahren Klarheit verschaffen.

Beispiele: Konstellationen, wann der Geschäftsführer einer GmbH als beherrschender Geschäftsführer gilt

In der Praxis sind verschiedene Erscheinungsformen der Beherrschung der GmbH durch den Gesellschafter anzutreffen. Hier folgen einige Konstellationen, wann der Betriebsprüfer des Finanzamts von einem beherrschenden Gesellschafter als Geschäftsführer ausgeht:

  • Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat mehr als 50 % der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung und kann seine Rechte uneingeschränkt durchsetzen. Die mehr als 50%igen Stimmrechte können durch unmittelbare und mittelbare Beteiligungen an der GmbH erreicht werden.
  • Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat zwar nicht mehr als 50 % der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, kann seine Rechte jedoch aufgrund gleich gerichteter Interessen mit den Stimmen eines oder mehrerer Gesellschafter und den Geschäftsführern durchsetzen (z.B. GmbH, an denen beide Ehegatten zu jeweils 50 % beteiligt sind).
  • Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat alleine nicht die notwendige Stimmrechtsmehrheit. Die übrigen Stimmrechte befinden sich jedoch im Streubesitz und ein geschlossener Widerstand dieser Streubesitz-Anteilseigner ist nicht zu erwarten.
  • Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat nicht mehr als 50 % der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Es ist ihm jedoch vertraglich eine Option zugesichert, nach der er sich jederzeit GmbH-Anteile von den übrigen GmbH-Gesellschaftern kaufen kann, um sich die Stimmrechtsmehrheit zu verschaffen.
  • Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat exakt 50 % der Stimmrechte. Die übrigen Gesellschafter sind jedoch nur formell als Gesellschafter berufen und üben ihre Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung üblicherweise nicht aus (Gesellschafter aus berufsrechtlichen Gründen).

Handlungsbedarf für beherrschende Gesellschafter

Wird ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer trotz Stimmrechten von nicht mehr als 50 % nach den beschriebenen Kriterien zu einem beherrschenden Gesellschafter, müssen alle Vereinbarungen mit der GmbH klar und eindeutig im Vorhinein getroffen werden. Das gilt für v.a. für Gehaltserhöhungen und höhere /erstmalige Tantiemen.

Achtung

Vorsicht vor einer verdeckten Gewinnausschüttung

Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH stellen selbst angemessene Gehalts-, Miet- oder Zinszahlungen der GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar, wenn die Verträge nicht im Vorhinein getroffen werden oder wenn die vertraglichen Vereinbarungen nicht eingehalten wurden.

So vermeiden Sie eine verdeckte Gewinnausschüttung

Möchte also ein beherrschender Gesellschafter Verträge zwischen sich und der GmbH ändern, sich Sonderzahlungen oder eine angemessene Gehaltserhöhung gönnen, funktioniert das steuerrechtlich nur, wenn vor der Zahlung bzw. Änderung der Verträge eine entsprechende Vereinbarung getroffen wird. Die Betonung liegt hier auf dem Wörtchen „vor“.  

Beispiel: Frau Müller ist beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin der Müller-GmbH (70%ige Beteiligung). Ihr Gehalt ist eher unterdurchschnittlich hoch. Wegen eines sehr guten Ergebnisses zahlt die GmbH Frau Müller im Dezember eine Sondertantieme als zusätzliche Vergütung. Die Vereinbarung über die Sonderzahlung wird erst in einer Gesellschafterversammlung Anfang Januar schriftlich genehmigt und fixiert.

Folge: Obwohl die Gehaltszahlung zusammen mit der Tantieme, also offensichtlich von der Höhe her angemessen ist, stellt die Tantiemenzahlung laut Steuerrecht eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Dies resultiert daraus, dass bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH die Zusage bereits im Dezember hätte schriftlich fixiert werden müssen.

Ausnahme: Keine automatische vGA, wenn beherrschender Gesellschafter im Ausland lebt

Die gute Nachricht gleich vorweg: Ein beherrschender GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer mit Wohnsitz im EU-Ausland kann laut Rechtsprechung auch ohne Vereinbarung mit der GmbH Zahlungen von der GmbH erhalten, ohne dass das Finanzamt diese Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung unterstellen darf. Zu dieser Entscheidung kam der Bundesfinanzhof: BFH, Urteil v. 11.10.2012, Az. I R 75/11

Hierfür sind jedoch der Wohnsitz und ein Doppelbesteuerungsabkommen ausschlaggebend, denn:

Die formelle Betrachtung bei verdeckter Gewinnausschüttung über die Grenze ist unzulässig.

Die Regelung des hier anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens entfaltet eine Sperrwirkung in den Fällen, in denen das Finanzamt eine Korrektur nach deutschem Recht auf eine rein formale Beanstandung stützt. Der Bundesfinanzhof hat sein Urteil nur für den Fall gefällt, dass der beherrschende Gesellschafter seinen Wohnsitz im EU-Ausland mit Doppelbesteuerungsabkommen hat.

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