Start-up-Bootstrapping: Wie du ganz ohne Fremdfinanzierung dein Unternehmen startest

Deine Idee ist ausgearbeitet, du bist Feuer und Flamme und schon geht es an die Frage, wie du deine Unternehmensgründung finanzierst? Es gibt grundsätzlich zahlreiche Möglichkeiten, um an Geld für dein Business zu kommen: von privaten Geldgebern über gezielte staatliche Fördermittel bis hin zu Crowdfunding oder dem von vielen angestrebten Venture Capital. Wenn dir allerdings keine dieser Varianten zusagt, dann gibt es für dein Startup noch eine weitere Möglichkeit: das Bootstrapping. Was es genau mit dieser Finanzierungsmethode auf sich hat, wie sie exakt funktioniert und welche Vor- sowie Nachteile sich daraus für dich ergeben, erfährst du hier.

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Glas mit Kleingeld
© Nataliya Vaitkevich - pexels.com
 |  Zuletzt aktualisiert am:04.07.2023

Was bedeutet Bootstrapping im Start-up-Kontext?

Zunächst einmal ist es wichtig, die Bedeutung von Bootstrapping für Start-ups genauer zu untersuchen: Unter Bootstrapping verstehen Expertinnen und Experten eine Low-Budget-Strategie, um deine Start-up-Businessidee auf die Beine zu stellen. Der Begriff selbst bedeutet eine schrittweise Initialisierung eines Betriebssystems und wird vom „bootstrap“ – also dem Stiefelriemen – hergeleitet. Es kursiert die Geschichte, dass der Begriff auf die Flunkereien des Baron von Münchhausen zurückgeht, der behauptete, sich selbst am Schopf aus einem Sumpf gezogen zu haben. So ähnlich funktioniert Bootstrapping im Start-up-Kontext:

  • Die Strategie deines Start-ups wird an ein geringes Budget und knappe Ressourcen (deine Möglichkeiten) gekoppelt.
  • Damit vermeidest du überflüssige Ausgaben und maximierst gleichzeitig deine Einnahmen.
  • Du agierst innerhalb eines engen Zeitplans, um unnötige Kosten bei der Gründung zu vermeiden und möglichst schnell den Break-Even-Point zu erreichen.

Dein Start-up wird also Schritt für Schritt sehr effizient und aus eigener Kraft nach oben gefahren. Daher spricht man bei Bootstrapping für Start-ups auch von einer Low-Budget-Variante – der Finanzierung. Die Übersicht zeigt die Unterschiede zwischen Bootstrapping, Venture Capital und Finanzierung durch Business Angels auf.

Bootstrapping

  • Low-Budget-Finanzierung, bei der das Wachstum deines Unternehmens direkt an die Maximierung der Einnahmen bei gleichzeitigem Senken der Ausgaben gekoppelt ist.

Venture Capital (VC)

  • Risikokapital/Beteiligungskapital, das von Investoren geliefert wird. Diese werden Mitgesellschafter und unterstützen dich mit finanziellen Mitteln und Beratung. Ist dein Start-up gestärkt und auf dem Markt etabliert, ziehen sich VC-Investoren aus deinem Geschäft zurück und erhalten ihr investiertes Geld zurück.

Business Angels

  • Privatinvestoren, die dich in der Frühphase unterstützen. Beratung und Netzwerken stehen dabei an zentraler Stelle. Auch hier handelt es sich um eine Risikokapital-Investition. Der Business Angel erhält Unternehmensanteile und profitiert aktiv vom Erfolg deiner Gründung.

Das Kapital des Start-ups beim Bootstrapping

Zwar stellt Bootstrapping eine Finanzierungsmethode dar, die grundsätzlich mit geringen Investitionen auskommt – ganz ohne Kapital geht es aber natürlich nicht. Das Geld für deine Startup-Gründung kommt beim Bootstrapping meist von folgenden Quellen:

Die Voraussetzung beim Bootstrapping ist, dass du über einen gewissen Anteil an Gründungskapital verfügst. Der muss nicht zwangsläufig sehr groß sein, allerdings bestimmt es deinen hauptsächlichen finanziellen Spielraum. Die Mischung an Geldern aus den oben genannten Quellen bilden dann in Kombination die Basis für dein Startup – falls du es mit Bootstrapping auf die Beine stellen möchtest.

Tipp: Achte verstärkt darauf, dass du die Beziehung zu deinen Banken pflegst. Selbst wenn du am Anfang keine großen Kredite oder Finanzierungen benötigst, wirst du sie später vielleicht auch noch brauchen. Solltest du dann im Vorfeld schon das Vertrauen deiner Bank gewonnen haben, umso besser.

Tipp

Fokus auf den Cashflow

Gerade wenn du zu Beginn, also in der Entwicklungs- und Gründungsphase deines Startups, nur begrenzte Ressourcen und finanzielle Mittel vorweisen kannst, muss dein Fokus auf dem direkten Cashflow liegen. Gleichzeitig solltest du mit Ausgaben extrem sparsam umgehen. Denn vor allem beim Bootstrapping ist der Cashflow der entscheidende Faktor für die Liquidität deines Unternehmens.

Für diese Geschäftsmodelle lohnt sich der Bootstrapping-Ansatz

Durch den Low-Budget-Charakter und den engen Zeitrahmen bis der Break-Even-Point deines Startups erreicht werden sollte, lohnt sich die Bootstrapping-Methode vor allem für Gründerinnen und Gründer, die mit sehr hochwertigen Produkten oder Services auf den Markt gehen möchten. Damit kannst du sicherstellen, dass du innerhalb kürzester Zeit in den Vertrieb und damit ins Geldverdienen kommst.

Info

Verzichte auf hochbezahltes Personal

Gerade beim Start-up-Bootstrapping kommt es darauf an, gezielt unnötige Kosten zu vermeiden. Einen großen Anteil an den Ausgaben deines Unternehmens bilden die Gehälter. Verzichte daher beim Bootstrapping lieber auf hochbezahlte Teammitglieder, die wenig Verständnis für die Gründerkultur deines Start-ups mitbringen.

Vor- und Nachteile von Bootstrapping für dein Start-up

Bootstrapping kann eine praktische Methode sein, um dein Unternehmen zu gründen. Zu den Vorteilen gehören:

  • Du lernst relativ schnell, mit wenigen dir verfügbaren Mitteln zu haushalten
  • Erreichte Erfolge zahlen direkt auf deine eigenen Erfahrungen ein
  • Dein Unternehmenserfolg wird langfristig gesteigert, da du wenig Kredite etc. zurückzahlen musst
  • Du hast die komplette Kontrolle über deine Gründung und musst dich nicht vor externen Investorinnen und Investoren rechtfertigen

Allerdings sollte dir bewusst sein, dass damit auch immer Risiken verbunden sind. Zu den Nachteilen gehören:

  • Dein Lebensstandard wird sich grundlegend verändern
  • Der Leistungsdruck ist größer
  • Bootstrapping beschränkt deine anfänglichen Entwicklungsmöglichkeiten extrem

Tipp

Für wen eignet sich die Bootstrapping-Methode?

Vom Bootstrapping profitieren vor allem Solopreneure, aber auch immer mehr Start-ups. Allerdings solltest du für diese Methode über eine gewisse Risikobereitschaft verfügen und einen Anteil an finanziellen Rücklagen bereithalten. Als Gründerin oder Gründer lohnt es sich immer, sich grundlegend mit Finanzierungen auseinander zu setzen.

Tipps, um mit Bootstrapping dein Start-up erfolgreich machen

Wir haben dir bereits ein paar wichtige Tipps und Tricks zum Thema Start-up Bootstrapping an die Hand gegeben. Weitere erhältst du hier:

  1. Fokussiere dich auf deine Kernkompetenzen und manage auch deine Zeit nach der Bootstrapping-Methode: Das heißt konkret, dass du deine Aufgaben klar priorisierst. Es lohnt sich für dich nicht, eine schicke Website zu erstellen, bevor du dein Produkt ausgearbeitet hast. Lagere Aufgaben, mit denen du dich nicht auskennst, gegebenenfalls aus.
  2. Erstelle ein Minimum Viable Product: Das ist ein minimal funktionsfähiges Produkt, das die wesentlichen Kernpunkte, die dir wichtig sind, enthält. Ausbauen kannst du dein Produkt oder deinen Service dann Stück für Stück.
  3. Nutze die Running-Lean-Methode: Bootstrapping im Start-up-Kontext heißt auch, dein Produkt schnell real zu testen. Sprich, du solltest auf langwierige Marktforschungen oder Recherchen verzichten. Starte mit den Basics, entwickle dein Produkt, bring es auf den Markt und lerne dann anhand deiner gemachten Erfahrungen dazu.

Diese Start-ups wurden mit der Bootstrapping-Methode gegründet

Zu jeder theoretischen Methode gehören ebenso Erfolgsgeschichten. Hier sind drei Beispiele von bekannten Startups, die mithilfe der Bootstrapping-Methode auf die Beine gestellt wurden:

MyMuesli

MyMuesli ist in einer WG gegründet worden. Die ersten Müslis wurden auch dort produziert – mithilfe von Bootstrapping und mit zahlreichen belächelnden Kommentaren. Zu Anfang bekamen sie ein wenig finanzielle Unterstützung. Allerdings konnten bis 2013 die wenigen Verbindungen zu Business Angels wieder getrennt werden und die Firma hielt wieder 100 % ihrer Anteile. Die Firma war von Beginn an profitabel. Heute ist MyMuesli in Europa Marktführer für den Versand von selbst gemixten Müslis und betreibt in ganz Deutschland MyMuesli-Stores.

WeTransfer

Große Datenmengen per Filehosting-Dienst einfach verschicken und dabei den beschränkenden Rahmen des E-Mail-Anhangs umgehen – das ist die Idee hinter WeTransfer, dem heute millionenschweren Unternehmen. Insgesamt 5 Jahre lang zogen die Startup-Gründer von WeTransfer mittels radikalem Bootstrapping ihr Unternehmen auf die Beine. 2015 kam dann der erste große Investor dazu.

Eatclever

Den Lieferservice-Markt revolutionieren – mit einer grünen Bewegung und dem Wunsch nach gesundem Essen. Die Gründer des Feelgood Food Delivery-Services haben ihr Unternehmen ebenfalls mithilfe der Bootstrapping-Methode gegründet. Knallhart ehrliche Kommunikation zum Team und absolute Transparenz gehören auch heute noch zum erfolgreichen Business-Konzept. Mittlerweile ist das Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz in über 50 Städten tätig.

Fazit

Bootstrapping als Erfolgsbooster für dein Start-up?

Gerade die Bootstrapping-Methode mit ihren klaren finanziellen Beschränkungen kann für dich als Gründerin oder Gründer Vor- und Nachteile haben. Zwar bist du auf der einen Seite mitunter komplett unabhängig von Investoren und Fremdkapitalgebern. Auf der anderen Seite der Medaille steht allerdings die Frage, ob du und deine Geschäftsidee für dieses Modell gemacht sind. Denn Start-up-Bootstrapping bedeutet nicht nur Schnelligkeit und Risiko, sondern auch eine große Portion Stress und Druck.

Daher solltest du dir im Vorfeld ausreichend Gedanken darüber machen, ob diese Methode sinnvoll für dich und deine aktuelle Lebenssituation ist. Hast du beispielsweise eine Familie, die auf ein regelmäßiges Einkommen in bestimmter Höhe angewiesen ist, kann die finanzielle Situation schneller prekär werden.

Ein letzter Tipp: Du solltest unbedingt einen klassischen Finanzplan erstellen für deine Geschäftsidee. Bewerte – ohne die Zahlen zu schönen – in welcher Zeit dein Business realitisch den Break-Even-Point erreichen kann. Ziehe dabei auch in Betracht, wie du Umsätze generieren und vor allem wie du deine privaten Kosten im Griff behalten kannst. Sieht das alles gut aus? Dann ist Bootstrapping eine geeignete Option für dein Start-up.

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