Selbstverständlich selbstständig: Das gilt für Frauen noch lange nicht

Deutschland ist ein Angestelltenland. Selbstständigkeit ist für viele weiterhin keine selbstverständliche Karriereoption. Wir haben deshalb gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Statista untersucht, was selbstständige Frauen und Männer antreibt, in welchen Bereichen es Unterschiede zwischen ihnen gibt und welche Hürden wir abbauen müssen, um mehr Menschen, und insbesondere Frauen, die Selbstständigkeit schmackhaft zu machen.

Frauen gründen aus anderen Gründen als Männer 

Der Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung – das sind unter den über 300 Gründer:innen und Unternehmer:innen* die meistgenannten Antworten auf die Frage, was sie zum Schritt in die Selbstständigkeit bewogen hat. Jedoch mit deutlichen Unterschieden bei Männern und Frauen: Ist bei Ersteren Selbstbestimmung der häufigste Grund für den Schritt in die Selbstständigkeit (28 Prozent), so ist es für letztere die Geschäftsidee (24 Prozent). 

Auffällig ist auch, dass Frauen (7 Prozent) stärker als Männer (2 Prozent) ihre Motivation daraus ziehen, dass sie mit ihrem Unternehmen einen positiven Unterschied in der Welt machen wollen. Angesichts der großen Herausforderungen, mit denen wir aktuell konfrontiert sind, brauchen wir neue Lösungen und Frauen leisten hier einen wichtigen Beitrag. Höchste Zeit also, Gründerinnengeist zu stärken und Hürden abzubauen! 

Selbstständigkeit hat einen sozialen Faktor  

Dabei stellt sich auch die Frage, ob es neben der eigentlichen Motivation noch weitere Faktoren gibt, die Selbstständigkeit begünstigen. Das scheint tatsächlich der Fall zu sein: Mehr als drei Viertel aller Befragten (78 Prozent) haben in ihrem Familien- und Freundeskreis andere Selbstständige. Angesichts dieser hohen Quote liegt die Vermutung nahe, dass Menschen, die regelmäßig Kontakt mit Selbstständigen haben, eher selbst gründen. Zumal Erfahrungen und Tipps aus dem Umfeld gerade am Anfang äußerst wertvoll sind und helfen, sich so manche Stolperfalle zu ersparen.  

Interessant ist daran, dass jede zweite Frau mit Selbstständigen in ihrem direkten Umfeld (45 Prozent) angibt, dass sie diese Berührungspunkte mit Selbstständigen bereits zu ihrer Schulzeit hatte. Liegt hier ein möglicher Hebel, um mehr Mädchen und Frauen für die Selbstständigkeit zu begeistern? Generell legen die Ergebnisse nahe, dass Selbstständigkeit sozusagen „ansteckend“ ist. Mehr Vorbilder kreieren mehr Nachahmer:innen – und diese Vorbilder braucht es schon in jungen Jahren in der Schule! 

Mehr Bildung und (finanzielle) Unterstützung 

Es braucht aber nicht nur mehr Vorbilder, um aus dem Angestellten- ein Gründerland zu machen: Zum einen ist es eine Frage der Bildung – Entrepreneurial Education kommt in Schulen bisher quasi nicht vor. Auch das Sammeln von unternehmerischen Praxiserfahrungen wird, wenn überhaupt, nur am Rande gefördert. Wir brauchen hier mehr Engagement von schulischer Seite, gerne auch in Zusammenarbeit mit Selbstständigen, die Wissen und Erfahrungen teilen.  

Zum anderen sind fehlende finanzielle Mittel (42 Prozent) die größte Hürde bei der Unternehmensgründung. Frauen (46 Prozent) sind häufiger damit konfrontiert als Männer (39 Prozent) und auch rückblickend sehen sie bei der Finanzierung einen etwas größeren Unterstützungsbedarf als ihre männlichen Pendants (Frauen: 34 Prozent, Männer: 27 Prozent). Allerdings berichten doppelt so viele selbstständige Männer (13 Prozent) wie Frauen (6 Prozent) von finanziellen Sorgen.  

Womöglich ist dies ein Hinweis darauf, dass frauengeführte Unternehmungen krisenfester und langlebiger sind? Bereits eine frühere Befragung von uns unter mehr als 150 Steuerberater:innen* hat gezeigt, dass Frauen die Selbstständigkeit oft vorsichtiger und vorbereiteter angehen und deshalb langfristig erfolgreich(er) sind.  

Neben der Finanzierung sind auch unübersichtliche Gesetzesvorgaben sind eine Herausforderung. Grundsätzlich hätten sich daher alle Befragten mehr Unterstützung beim Thema Bürokratie gewünscht. Für selbstständige Männer wäre darüber hinaus Hilfe bei der Erstellung eines Business Plans sinnvoll gewesen, während selbstständige Frauen dagegen eher von mangelnder Unterstützung bei der Informationsbeschaffung sowie beim Marketing und der Kundenakquise berichten.  

Helfer für selbstständige Frauen 

Die am stärksten befürworteten Maßnahmen, um Frauen den Weg in die Selbstständigkeit zu erleichtern, sind kostenloser Zugang zu E-Learning-Angeboten, der Ausbau von Betreuungsangeboten, Erfolgsgeschichten von Gründerinnenvorbildern in den Medien sowie Informationsangebote für Mädchen und junge Frauen. Dabei befürworten gerade diejenigen, die keine Vorbilder in ihrem direkten Umfeld haben, ein besseres Angebot an Schulungen und Beratung speziell für Frauen. 

Aber braucht es für Frauen wirklich andere Angebote als für Männer? Die Antwort ist ein klares JA! Denn Frauen haben andere Bedürfnisse, sie wollen informierter sein und stellen mehr Fragen. Gleichzeitig werden sie beispielsweise bei der Finanzierung benachteiligt oder sind bei der Care-Arbeit oft stärker gefordert als männliche Gründer, wie die Befragung von Lexware unter Steuerberatenden gezeigt hat. Daher brauchen Frauen spezifische Tipps und fundiertes Wissen. 

Fazit 

Wenn wir den Gründungsmut in Deutschland bestärken wollen, müssen wir dafür aktiv werden: Mit früher unternehmerischer Bildung, besseren Strukturen und inspirierenden Vorbildern. Das gilt für den Gründerinnengeist umso mehr, denn noch immer ist die Gründungswelt nicht paritätisch. Frauen haben aber ein enormes Gestaltungspotential für die Wirtschaft und Gesellschaft, da sie es sind, die sich oft um soziale und nachhaltige Themen kümmern. Wir haben eigentlich längst genug Erkenntnisse, um Selbstständigkeit selbstverständlich zu machen. Jetzt heißt es: Einfach machen!  

* Methodik 
Statista hat im Auftrag von Lexware im Zeitraum vom 5. Januar bis 22. Februar 2023 300 Gründer:innen und Unternehmer:innen in telefonisch geführten Gesprächen zu ihrer Motivation, Hürden bei der Gründung, der Finanzierung sowie dem Status Quo ihres Unternehmens befragt. 
Die erwähnte Befragung unter Steuerberatenden wurde von Lexware im Zeitraum vom 18. Dezember 2022 bis 30. Januar 2023 unter 155 Steuerberatende aus dem lexoffice-Berater:innen-Netzwerk per Online-Fragebogen  durchgeführt zu der Frage, wie sie die Lage der Gründer:innen und Selbstständigen unter ihren Mandant:innen einschätzen.  
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