Imparitätsprinzip

Im Rechnungswesen gilt, dass sich Kaufleute nicht reicher rechnen dürfen, als sie sind. Das ist ein fundamentales Prinzip, um den aktuellen Stand der Unternehmenslage nicht zu verfälschen. Damit sollen die Gläubiger von Unternehmen und Selbstständigen geschützt werden. Genau das greift das Imparitätsprinzip auf. Wir erklären Ihnen, was das Imparitätsprinzip besagt und in welchem Zusammenhang es mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchhaltung (GoB) steht.

Zuletzt aktualisiert am 19.12.2023
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Zusammenfassung

Imparitätsprinzip im Überblick

  • Das Imparitätsprinzip ist für die Buchhaltung von Unternehmen und Selbstständigen von großer Relevanz. Es ist eines der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung (GoB) und der doppelten Buchführung.
  • Das Vorsichtsprinzip ist dem Imparitätsprinzip übergeordnet. Es besagt, dass Kaufleute ihre Geschäftsvorfälle vorsichtig bewerten sollen.
  • Gemäß dem Imparitätsprinzip werden Verluste schon bei der bloßen Vermutung in die Bilanz übertragen.
  • Im Gegensatz dazu besagt das Realisationsprinzip, dass Gewinne dort erst auftauchen dürfen, sobald sie realisiert wurden.
  • Das Imparitätsprinzip dient dem Gläubigerschutz und der finanziellen Sicherheit von Unternehmen und Selbstständigen. Dadurch gelingt die frühzeitige Vorbereitung auf mögliche Risiken.
  • Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung sind ein Regelwerk aus kodifizierten und nicht-kodifizierten Regelungen. Sie zielen auf eine korrekte und rechtssichere Buchführung ab.
  • Die Grundsätze unterteilen sich in die Rahmengrundsätze, ergänzenden Grundsätze sowie die Grundsätze der Abgrenzung. Sie sind für Unternehmen, Selbstständige und Kann-Kaufleute mit Handelsregistereintrag verpflichtend.
  • Das Imparitätsprinzip kommt zudem im Niederstwertprinzip, Höchstwertprinzip, in der Passivierungspflicht und im Anschaffungskostenprinzip vor.

Info

Was ist das Imparitätsprinzip?

Die Definition von Imparitätsprinzip beschreibt einen der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung (GoB) sowie der doppelten Buchführung. Das Imparitätsprinzip ist im Rechnungswesen tief verankert. Kaufleute sind dazu angehalten, ihre Geschäftsvorfälle vorsichtig zu bewerten. Gefolgt wird das übergeordnete Vorsichtsprinzip vom Imparitätsprinzip und Realisationsprinzip, die beide den Sachverhalt konkretisieren. Die rechtliche Basis des Imparitätsprinzips ist im HGB zu finden, genauer gesagt in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.

Übersetzt heißt der Begriff Imparität so viel wie Ungleichheit. Das bedeutet, dass Kaufleute ihre Gewinne und Verluste zeitlich ungleich handhaben. Verluste gehen schon bei der bloßen Vermutung in die Bilanz über. Das Gegenstück des Imparitätsprinzips ist das Realisationsprinzip. Das untersagt es, Gewinne frühzeitig zu antizipieren. Demnach dürfen Gewinne erst dann im Jahresabschluss auftauchen, wenn sie auch am Bilanzstichtag tatsächlich realisiert sind.

Wo lässt sich das Imparitätsprinzip in der Bilanz erkennen?

Das Imparitätsprinzip lässt sich bei den Passiva erkennen, insbesondere bei den Rückstellungen. Neben den terminierten Zahlungsverpflichtungen gibt es ungewisse Verbindlichkeiten, deren Höhe noch unklar ist. Unter den Aktiva ist das Imparitätsprinzip ebenfalls erkennbar und zwar unter anderem bei den Aufwendungen von Vermögensgegenständen. Dazu zählen beispielsweise Waren oder Maschinen.

Wozu dient das Imparitätsprinzip?

Das Imparitätsprinzip dient dem Gläubigerschutz. Durch die Antizipation von Verlusten sollen Inhaber und Investoren in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt werden. Sie bekommen dadurch die Chance, potenzielle Risiken und Krisen frühzeitig zu erkennen.

Gleichzeitig bewahrt das Imparitätsprinzip die finanzielle Sicherheit des Unternehmens. Die vorsichtige Einschätzung von Gewinnen und Verlusten hilft Ihnen dabei, in Zukunft liquide zu bleiben. Es gibt Ihnen genügend Spielraum, Rückstellungen zu bilden und für die Zukunft vorzusorgen. Außerdem verhindert es, dass Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter zu hoch und langfristig untragbar sind.

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Ein Beispiel für das Imparitätsprinzip anhand des Aktienmarkts

Ein Unternehmen stockt sein Anlagevermögen mit 200 Aktien eines Start-ups aus der Technologiebranche auf. Die Aktien liegen zu dem Zeitpunkt bei jeweils 50 Euro. Das macht insgesamt 10.000 Euro. Nach einer Krisenzeit fällt der Wert der Aktie und liegt am Bilanzstichtag bei 30 Euro. Das Unternehmen glaubt an den Aufschwung und möchte die Aktien weiterhin halten. Laut Imparitätsprinzip muss es dennoch den Verlust von insgesamt 4.000 Euro (200 * (50-30 Euro)) verbuchen. Ein Gewinn durch eine Wertsteigerung darf erst beim Verkauf in die Bilanz übergehen.

Was sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB)?

Das Imparitätsprinzip reiht sich in die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein. Es handelt sich um ein Regelwerk aus kodifizierten und nicht-kodifizierten Regelungen. Dementsprechend sind nicht alle Gesetze im Handelsgesetzbuch verankert. Teilweise sind sie aus gängigen Abläufen in der Praxis erwachsen. In ihrer Gesamtheit werden sie daher als unbestimmter Rechtsbegriff bezeichnet. Die GoBD bilden die Grundlage für eine rechtssichere Buchführung und korrekte Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen.

Die Grundsätze werden in drei Kategorien unterteilt: die Rahmengrundsätze, die ergänzenden Grundsätze sowie die Grundsätze der Abgrenzung, zu denen das Imparitätsprinzip zählt.

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<b>Rahmengrundsätze</b>
RahmengrundsätzeErgänzende GrundsätzeAbgrenzungsgrundsätze
-Richtigkeit und Willkürfreiheit -Kontinuität -Imparitätsprinzip
-Vollständigkeit -Vorsicht -Realisationsprinzip
-Übersichtlichkeit und Klarheit -Bilanzierung zum Stichtag -sachliche Abgrenzung
-Einzelbewertung -Identität -zeitliche Abgrenzung
-Wertaufhellung -Fortführung der Unternehmenstätigkeit
-periodengerechte Verbuchung

Info

Für wen gelten die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung?

Alle Unternehmen und Selbstständigen, die im Handelsregister eingetragen sind, müssen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung befolgen. Dazu verpflichtet sind außerdem Kann-Kaufleute: Das sind Kleingewerbetreibende mit Handelsregistereintrag sowie Land- und Forstwirtschaftsbetriebe. Nutzen Sie als Freiberufler oder Selbstständiger die Kleinunternehmerregelung? Dann gelten die GoB nicht für Sie. Sie können sich dennoch freiwillig für diese Grundsätze entscheiden.

Das Imparitätsprinzip in weiteren Regelungen

Darüber hinaus kommt das Imparitätsprinzip in weiteren Regelungen des Handelsgesetzbuches vor:

Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 und 4 HGB)

 
Infografik von Lexware zur Darstellung vom Niederstwertprinzip

Das Niederstwertprinzip gibt vor, dass der Bestand des Anlage- und Umlaufvermögens eines Unternehmens am Bilanzstichtag einzeln bewertet wird. Bei einer dauerhaften Wertminderung einer Sachanlage wird sie entsprechend niedriger abgeschrieben. Hingegen kann es bei Finanzanlagen wie Aktien zu temporären Minderungen kommen. Dafür orientieren Sie sich am aktuellen Börsenpreis. Zusätzlich abgeschrieben werden ausfallende Forderungen von Kunden, die etwa aufgrund einer Insolvenz zahlungsunfähig sind. Gibt es bei Gütern mehrere Bewertungskriterien, müssen Kaufleute den niedrigsten Wert in die Bilanz überführen. Ein Beispiel dafür ist der Marktwert vs. Kaufpreis einer Immobilie.

Höchstwertprinzip (§ 256 a HGB)

 
Infografik von Lexware zur Darstellung vom Höchstwertprinzip

Wie der Begriff es bereits andeutet, ist das Höchstwertprinzip das Gegenteil. Verluste, Schulden und Vermögen in einer fremden Währung müssen am Bilanzstichtag in Euro umgerechnet werden. Erhöht sich dadurch die Summe, bilanzieren Sie den Wert samt Steigerung. Aufgrund von Währungsschwankungen ist das keine Seltenheit.

Passivierungspflicht für Rückstellungen (§ 249 HGB)

 

Unternehmen haben die Pflicht, Rückstellungen zu bilden. Dazu zählen beispielsweise unterlassene Instandhaltungen, Pensionen oder ungewisse Verbindlichkeiten. Zudem ist das Imparitätsprinzip im Steuerrecht durch die Passivierungspflicht von Steuerrückstellungen verankert.

Anschaffungskostenprinzip (§ 253 Abs. 1 HGB)

 

Hat sich ein Unternehmen einen weiteren Vermögensgegenstand zugelegt, darf dieser maximal in Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten verbucht werden. Des Weiteren ist eine jährliche Abschreibung zum Bilanzstichtag gestattet.

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Vorsicht bei der Buchführung, aber im vernünftigen Maße

Wie in allen Dingen ist auch beim Vorsichtsprinzip ein gesundes Maß gefragt. Kaufleute sollten nicht übertrieben vorsichtig sein. Andernfalls kann das zu stillen Reserven führen. Bei der Bildung stiller Reserven fallen in der Bilanz Gewinne niedriger und Verluste höher als in Wahrheit aus. Das Gesetz zielt auf eine rationale und nachvollziehbare Anwendung des Imparitätsprinzips ab.