Widerruf

Sie haben einen Vertrag unterschrieben oder etwas online bestellt, es sich nun aber anders überlegt? Oder Sie selbst sind der Verkäufer und dem Kunden gefällt Ihr Produkt nicht? Sowohl als Privatperson als auch als Unternehmer kommt man in solchen Fällen immer wieder mit dem Begriff “Widerruf” in Kontakt. Denn häufig gibt es die Möglichkeit, eine Unterschrift oder einen Kauf rückgängig zu machen. Doch was bedeutet widerrufen genau? Und wie läuft so ein Widerruf ab? Wir erläutern Ihnen im Folgenden die Details.

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Zuletzt aktualisiert am:09.03.2023

Zusammenfassung

Der Widerruf im Überblick

  • In vielen Fällen ist es möglich, einen Kauf oder einen Vertragsabschluss zu widerrufen – wie etwa bei Online-Käufen oder Haustürgeschäften greift das Widerrufsrecht.
  • Es handelt sich hierbei um eine Rücktrittserklärung nach Vertragsabschluss durch den Käufer.
  • In der Regel gilt eine Frist von 14 Tagen ab Kaufvertrag bzw. ab Vertragsunterzeichnung, danach erlischt das Widerrufsrecht.
  • Ein Widerruf ist im Idealfall schriftlich und vor allem ausdrücklich zu formulieren. 

Definition

Definition: Was versteht man unter einem Widerruf?

Grundsätzlich gilt, dass Personen, die einen Vertrag abgeschlossen haben, an ihre Willenserklärung gebunden sind. Das Gesetz räumt in §355 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) jedoch zum Schutz der Verbraucher bei manchen Fällen ein Widerrufsrecht ein. Von einem Widerruf ist also dann die Rede, wenn die auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung zurückgenommen wird. Die vereinbarten Pflichten zwischen Kunde und Verkäufer sind dann hinfällig. 
Wichtig ist, dass der Widerruf innerhalb von 14 Tagen erfolgen muss. Danach ist er nicht mehr möglich. 

Bedeutung des Widerrufsrechts und Gesetzeslage

Das Widerrufsrecht ist gesetzlich in §§355 bis 361 BGB verankert. Hierbei handelt es sich um eine Rücktrittserklärung vom (Kauf-)Vertrag, die nach Vertragsabschluss durch den Verbraucher erfolgt.

Wer darf widerrufen?

Eine Rücknahme der Willenserklärung ist nur dann möglich, wenn der Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossen wurde. Handelt es sich beim Vertragsschluss um reine Geschäftsbeziehungen, so gilt das Widerrufsrecht nicht.

Hat ein Vertrag mehrere Personen auf einer Vertragsseite, ist es nicht nötig, dass alle einheitlich von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Jede Person kann ihre eigene Willenserklärung widerrufen. Heißt also: Das Widerrufsrecht ist teilbar.

Die Inanspruchnahme des Widerrufsrechts benötigt außerdem keine Zustimmung durch den Vertragspartner. Im Gegensatz hierzu steht übrigens der Widerruf bzw. die Rücknahme einer Kündigung. Dies ist nicht ohne weiteres möglich. Der gekündigte Vertragspartner muss mit der Vertragsfortsetzung einverstanden sein.

In welchen Fällen darf man einen Widerruf tätigen?

Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass nicht jeder Händler verpflichtet ist, einem Widerruf zuzustimmen. Vor allem bei Käufen in Ladengeschäften muss der Inhaber kein Umtauschrecht gewähren. Wenn dem Käufer also der Pulli doch nicht passt, so hat er kein gesetzliches Widerrufsrecht. Der Händler jedoch hat freiwillig die Möglichkeit, von Rückgaberegelungen Gebrauch zu machen – hierbei spricht man dann von Kulanz. Er kann dem Kunden beispielsweise eine Rückgabe ermöglichen und im Gegenzug einen Gutschein in Höhe des Kaufpreises ausstellen.

In der Regel gilt das gesetzliche Widerrufsrecht in folgenden Fällen:

Fernabsatzvertrag

Diese Art der Verträge wird ausschließlich unter Verwendung von sogenannten Fernkommunikationsmitteln geschlossen. Der Vertrag kommt also ohne körperliche Anwesenheit des Verkäufers zustande. 
Beispiele: Online-Käufe oder Abschlüsse, die per Telefon oder Brief gemacht werden. Wer etwa ein Kleidungsstück im Internet kauft, kann binnen 14 Tagen den Kauf widerrufen. Der Online-Händler sendet eine Widerrufsbelehrung mit. Er ist verpflichtet dem Käufer über seine Konditionen und die Folgen des Widerrufs aufzuklären.

Haustürgeschäfte

Diese Vertragsabschlüsse finden zwar in Persona, aber außerhalb von Geschäftsräumen statt. 
Beispiele: Vertreter, die unangekündigt an der Tür klingeln, und Ihnen einen Teppich verkaufen. Auch Käufe oder Abschlüsse während einer Kaffeefahrt oder in der Fußgängerzone zählen dazu.

Darlehensverträge und Kreditverträge

Solange der Vertrag nicht notariell beurkundet ist, können etwa Autokäufe oder Studienkredite fristgerecht widerrufen werden.

Bauverträge

Ein Widerruf von Bauverträgen ist seit 2018 möglich. Hierbei handelt es sich laut §650i BGB um “Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird”.

Versicherungsverträge

Da viele Lebens- und Rentenversicherungen formelle oder inhaltliche Fehler aufweisen, können entsprechende Policen auch noch Jahre später und weit über die 14 Tage hinweg widerrufen und rückabgewickelt werden. Ansonsten gelten in der Regel in Bezug auf den Widerruf bei einer Versicherung die Widerrufsmöglichkeiten laut Versicherungsvertragsgesetz §8 VVG.

Verträge mit Ratenlieferung

Ein Widerruf ist bei Verträgen mit Ratenlieferung auch dann möglich, wenn der Vertrag nicht online oder als Haustürgeschäft geschlossen wurde. Ein Beispiel wäre ein Zeitschriften-Abo. Eine weitere Ausnahme: Sollten Sie einen finanzierten Vertrag im Laden abgeschlossen haben – wie etwa ein Handy inklusive Vertrag – so gilt das gesetzliche Widerrufsrecht.

Einzugsermächtigungen

Es ist möglich, eine genehmigte SEPA-Lastschrift bzw. eine Einzugsermächtigung innerhalb von acht Wochen zu widerrufen. 

Welche Verträge sind vom Widerrufsrecht ausgeschlossen?

Entgegen der Ansicht vieler, sind nicht alle Verträge widerrufbar. Hierzu gehören unter anderem:

  • individualisierte Waren, wie mit Namen versehene Produkte oder Maßanzüge
  • Produkte, die versiegelt angeboten und aus Hygienegründen nicht weiterverkauft werden können (wie etwa Cremes)
  • versiegelte Datenträger wie CDs, wenn das Siegel vom Käufer entfernt wurde
  • Lebensmittel, die schnell verderben
  • Bahntickets, Hotelbuchungen, Konzerttickets oder Pauschalreisen, die an einem bestimmten Termin gültig sind bzw. stattfinden
  • Versicherungen, deren Laufzeit unter einem Monat liegt

Welche Fristen müssen beim Widerruf eingehalten werden?

In der gesamten EU gilt bei den Widerrufsfristen eine einheitliche Regelung. Diese besagt, dass Verbrauchern einen 14-tägigeFrist eingeräumt wird, Verträge zu widerrufen bzw. gekaufte Waren zurückzugeben. Zumeist gilt das Datum der Vertragsunterzeichnung als Startzeitpunkt.

Bei einem Verbrauchsgüterkauf beginnt die Widerrufsfrist, sobald der Verbraucher die Ware erhalten hat. Wird sie in Teilsendungen geliefert, so gilt der Erhalt der letzten Teilsendung. Eine Ausnahme stellen hier regelmäßige Lieferungen wie Zeitschriften im Abo dar. In diesen Fällen startet die Frist mit erfolgreicher Lieferung der ersten Sendung.

Handelt es sich um Güter, die nicht begrenzt oder in einer bestimmten abgeschlossenen Menge geliefert werden – hierzu zählt zum Beispiel Gas, Wasser oder Fernwärme – so startet die 14-tägige Frist mit Vertragsabschluss.

Info

Widerruf und Wochenende oder Feiertage

Sollte der Ablauf der Frist auf ein Wochenende oder einen Feiertag fallen, so verlängert sie sich automatisch bis zum nächsten Werktag. Der Tag, an dem die Frist beginnt, wird nicht miteinberechnet.

Wie formuliert man einen Widerruf?

Laut BGB §355 muss ein Widerrufschreiben keine Begründungbeinhalten. Der Widerruf kann formlos, zum Beispiel per Mail abgesendet werden. Wichtig ist jedoch, dass die Widerrufserklärung ausdrücklich sein muss – zum Beispiel mit folgenden Worten:

“Hiermit mache ich von meinem Widerrufsrecht Gebrauch und widerrufe den von mir abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Ware/Dienstleistung innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist.”

Zusätzlich ist die Angabe des folgenden Inhalts im Widerrufsschreiben empfehlenswert:

  • Anschrift des Unternehmens
  • Anschrift des Käufers
  • Kauf- oder Bestelldatum
  • Bezeichnung der Ware bzw. der Dienstleistung

Bei Fernabsatzverträgen und Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden, können Unternehmen zudem Muster-Widerrufsformulare oder ähnliches auf Ihrer Webseite anbieten. Diese kann der Käufer auszufüllen und anschließend übermitteln. Im BGB §356 Abs. 1 steht hierzu außerdem: “Macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss der Unternehmer dem Verbraucher den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen.”
Nach dem neuen Widerrufsrecht (seit 13.06.2014) ist die Textform nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Auch mündlich – zum Beispiel am Telefon – kann ein Widerruf erfolgen, solange er fristgerecht ist. Ratsam und sicherer ist jedoch immer der schriftliche Weg.

Achtung

Ein Widerrufschreiben ist zwingend nötig

Die Ware ohne weitere Informationen zurückzusenden, reicht als Widerruf nicht mehr aus! Bis zur Reform 2014 war dies möglich, seither muss die Retoure aber mit einem Widerrufschreiben ergänzt werden.

Was passiert nach einem Widerruf?

1. Rückversand

Wenn ein Widerruf erfolgt ist, müssen Käufer die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückgewähren bzw. Waren zurücksenden. Wie der Widerruf selbst muss dies innerhalb der 14-Tage-Frist stattfinden. Dabei trägt der Unternehmer die Gefahr der Rücksendung der Waren, das Porto jedoch muss der Käufer übernehmen, sofern das Unternehmen dies verlangt.

Nur wenn die Ware durch den Verbraucher beschädigt wurde und Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise nicht mehr wie zuvor sind, muss der Käufer für einen etwaigen Wertverlust der Waren aufkommen, wenn er darüber belehrt wurde. Wenn ein online bestelltes Produkt vom Käufer zunächst getestet bzw. anprobiert werden muss (wie etwa eine Hose), so darf die Ware ausgepackt werden.

Bei widerrufenen Haustürgeschäften muss der Verkäufer das Produkt abholen.

2. Erstattung der Kosten

Die Kosten werden erstattet, sobald die zurücksendete Ware den Händler erreicht hat bzw. der Käufer durch eine Sendungsnummer beweist, dass er das Paket aufgegeben hat. Eine Bearbeitungsgebühr darf nicht fällig werden.

3. Widerruf der Dienstleistungen

Was passiert, wenn der Kunde im Fall einer Dienstleistung vom 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch macht und die Arbeiten bereits begonnen haben? In diesem Fall muss vom Auftraggeber ein entsprechender Wertersatz bezahlt werden. Dieser wird anteilig berechnet. Hat er jedoch dem Auftrag ausdrücklich zugestimmt und eine Auftragsbestätigung ist beschlossen, so endet das Widerrufsrecht vorzeitig und es ist kein Widerruf mehr möglich.

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