Ist die Rentenversicherung für Selbständige freiwillig oder Pflicht?

Vor allem Selbstständige sollten sich frühzeitig um ihre Rente kümmern, damit im Alter genügend Geld zum Leben bleibt. Wann es sich lohnt, als Selbstständiger in die deutsche Rentenversicherung einzuzahlen, welche Formen der Altersvorsorge es zusätzlich gibt und wer zwar selbstständig ist, aber ohnehin zu den Pflichtversicherten in der Rentenversicherung gehört, erfahren Sie hier.

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Mann und Frau halten Kaffeetassen in den Händen
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 |  Zuletzt aktualisiert am:14.02.2024

Definition

Was bringt die Rentenversicherung Ihnen als Selbstständigen?

Die gesetzliche oder auch private Rentenversicherung schützt nicht nur Arbeitnehmende, sondern auch Selbständige unter bestimmten Voraussetzungen vor den Risiken des Alters sowie der Erwerbsunfähigkeit. Gerade im Alter bildet die Rentenversicherung für viele Bürger die Haupteinkommensquelle.

Wann sind Selbstständige versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung?

Die Frage, ob Sie als Selbstständiger verpflichtend Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen müssen, hängt von Ihrer individuellen Situation und Tätigkeit ab – genauer gesagt davon, ob Sie schutzbedürftig sind. Denn für bestimmte schutzbedürftige Berufsgruppen besteht eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und somit auch eine Pflicht zur monatlichen Beitragszahlung in die Rentenkasse. 

Folgende schutzbedürftige Berufsgruppen gibt es:

  • Handwerker und Hausgewerbetreibende 

  • Künstler und Publizisten 

  • Lehrer und Erzieher 

  • Hebammen und in der Pflege Beschäftigte 

  • Selbstständige mit nur einem Auftraggeber 

  • Küstenfischer und -schiffer sowie Seelotsen 

  • Einige weitere Selbstständige 

Diese Selbstständigen, die den oben genannten Tätigkeiten nachgehen, sammeln also Pflichtjahre in der Rentenversicherung. Wobei man sagen muss, dass unter bestimmten Umständen auch eine Befreiung von der Rentenversicherung möglich ist und sie sich von der Rentenversicherung und der damit verbundenen monatlichen Einzahlung in die Rentenkasse abmelden können. 

Alle anderen Selbstständigen müssen sich nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern, können das aber freiwillig tun. Andere Option: eine private Rentenversicherung

Wie hoch sind die Rentenbeiträge für Selbstständige?

Selbstständige, für die eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, sollten folgende Grundlagen für die Beitragsberechnung kennen: 

  • Regelbeitrag: Hierbei handelt es sich um einen Pauschalbetrag als Beitragszahlung, den alle versicherungspflichtigen Selbstständigen in die Rentenkassen einzahlen müssen. Grundlage für die Berechnung des Beitrags ist ein fiktiver durchschnittlicher Gewinn. Dieser wird ermittelt, indem die jeweilige Bezugsgröße mit dem Beitragssatz multipliziert wird. Daraus ergibt sich eine monatliche Beitragshöhe von 657,51 Euro (West) bzw. 644,49 Euro (Ost)
  • Einkommensgerechter Beitrag: Wer nicht den Regelbeitrag in die Rentenkasse einzahlen möchte, kann den letzten Einkommenssteuerbescheid vorlegen und sein Arbeitseinkommen nachweisen. Danach wird eine individuelle Beitragshöhe berechnet, die sich an den tatsächlichen Einnahmen orientiert. In der Folge müssen Sie dann entweder höhere oder niedrigere Beitragszahlungen als den Regelbeitrag an die Rentenversicherung als Selbständiger zahlen. 
  • Beitrag für Gründer: Existenzgründer können im Hinblick auf die Beitragshöhe von einer Ausnahme profitieren: In den ersten drei Jahren nach ihrer Existenzgründung müssen sie nur die Hälfte der eigentlichen Beitragszahlungen zahlen, aktuell also 328,76 Euro in West- und 322,24 Euro in Ostdeutschland. 

Welche Vorteile bietet die gesetzliche Rentenversicherung Selbstständigen als Altersvorsorge?

Was Sie nicht vergessen sollten: Wenn Sie aus einem Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit wechseln, kann es sich durchaus lohnen, in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bleiben – auch wenn Sie nicht zu den Pflichtversicherten gehören. 

Denn nach fünf Beitragsjahren haben Sie einen Anspruch auf die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zusammen mit privater oder zusätzlicher gesetzlicher Vorsorge kann das ein echter Vorteil für Sie sein. Unter Umständen kann es also auch für Sie als Selbstständiger äußerst sinnvoll sein, Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung bzw. Rentenkasse einzuzahlen. Es hängt aber immer von den individuellen Gegebenheiten ab. 

Tipp: Lassen Sie sich am besten hierzu von einem Angestellten der deutschen Rentenversicherung beraten. 

Freiberufler in der Künstlersozialkasse (KSK)

Für Künstler und Publizisten gelten zum Teil andere Regeln als zum Beispiel für Handwerker oder Hebammen. Sie sind über die Künstlersozialkasse in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Die Künstlersozialkasse übernimmt dabei einen Teil der monatlichen Beiträge, die diese Gruppe von selbstständig Beschäftigten in die gesetzliche Rentenkasse einzahlt. Was dazu führt, dass diese mit einem Arbeitnehmer bzw. Angestellten vergleichbar sind. Denn der versicherte Künstler oder Publizist zahlt nur die Hälfte des Beitrags, die andere Hälfte bezuschusst die Künstlersozialkasse – und zwar aus Beiträgen sogenannter Verwerter.

Definition

Was versteht man unter einem Verwerter?

Als Verwerter gelten zum Beispiel Rundfunkanstalten, Verlage oder Galerien. Diese müssen einen gewissen variablen Prozentsatz von ca. 5 Prozent des Rechnungsbetrags an die KSK zahlen. Von diesen Beiträgen und Zuschüssen für Selbstständige des Bundes wird die zweite Hälfte des Rentenversicherungsbeitrags für Freiberufler gezahlt. 

Welche alternativen Rentenversicherungen bieten sich für Selbstständige an?

Selbstständige und Freiberufler, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Mitglied werden müssen, haben andere Optionen zur Auswahl. Zum Beispiel diese hier: 

  1. berufsständische Versicherungen 

  1. Rürup-Versicherung 

  1. private Rentenversicherung 

  1. Riester-Rente 

1. Berufsständische Versicherungen

Einige Selbstständige gehören zu den sogenannten kammerpflichtigen freien Berufen. Für diese Freiberufler besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht, sich in einer berufsständischen Kammer, auch als Standeskammer oder berufsständisches Versorgungswerk bezeichnet, versichern zu lassen. 

Diese Pflicht betrifft folgende Berufsgruppen: 

  • Ärzte

  • Apotheker 

  • Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 

  • Freie Rechtsanwälte und Notare 

  • Beratende Ingenieure 

  • Architekten 

  • Psychotherapeuten 

Diese berufsständischen Versorgungswerke sind private Versicherungen. Die Höhe der Beiträge, die verkammerte Freiberufler in diese Versicherungen einzahlen müssen, orientiert sich am Höchstbetrag, den die gesetzliche Rentenversicherung verlangt. 

Achtung

Schützen Sie sich vor doppelten Beiträgen

Wenn zum Beispiel ehemals freie Rechtsanwälte in eine Kanzlei wechseln und sich dort anstellen lassen, sind sie unter Umständen sowohl in der berufsständischen als auch in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Das führt dazu, dass sie doppelte Beiträge zahlen. In diesem Fall gibt es die Option, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen und nur noch in die berufsständische Versicherung einzuzahlen.

2. Rürup-Versicherung

Gehören Sie als Selbstständiger jedoch nicht zu den freien verkammerten Berufen und sind auch nicht über die Künstlersozialkasse versichert, können Sie sich freiwillig über die Rürup-Versicherung, auch Basisrente genannt, versichern lassen. Die Rürup-Rente ist zwar eine private Versicherung, wird aber vom Staat bezuschusst. Hauptsächlich geschieht das über steuerliche Vorteile für Selbstständige, da die Beiträge zu dieser Versicherung als Sonderausgaben abgesetzt werden können. 

Im Gegensatz zur Riester-Rente wird die Rürup-Rente nur als Ratenzahlung ausgezahlt. Es ist damit nicht möglich, sich einen Teil des angesparten Guthabens als Einmalzahlung oder monatlich auszahlen zu lassen. Im Gegenteil: Die Auszahlung beginnt frühestens ab dem 60. Lebensjahr und dann ausschließlich in Form festgesetzter Raten. 

Weiterer Nachteil: Die Rürup-Rente kann nur an die Person ausgezahlt werden, die die Beiträge eingezahlt hat. Sollten sie also frühzeitig versterben, wird die Rente nicht vererbt. Sie kann auch nicht an eine andere Person übertragen werden. 

3. Private Rentenversicherung

Eine private Rentenversicherung ist vermutlich nicht nur für Selbstständige in Deutschland sinnvoll. Denn ob die Absicherung allein über die gesetzliche Rentenversicherung ausreichen wird, um Ihren Lebensstandard im Alter zu halten, und Sie damit umfassend abgesichert sind, ist mehr als fraglich. 

Aus diesem Grund schließen auch abhängig beschäftigte Angestellte immer öfter eine private Zusatzversicherung ab. Als alleinige Rentenversicherung ist eine private Versicherung jedoch recht kostspielig und teuer. Der Grund: Sie wird nicht vom Staat gefördert und Sie haben auch keine Vergünstigungen bei der Steuer. Zum Ausgleich wird im Alter aber nur der sogenannte Ertragsanteil, also der Zinsanteil, besteuert. 

Sinnvolle Alternative: Eine andere Form der privaten Altersvorsorge für Selbstständige sind private Anlagen wie Aktien oder Fondssparpläne. Diese sind zwar etwas riskanter, dafür ist die Aussicht auf eine schöne Rendite aber besser. 

Achtung

Voraussetzungen für die private Rentenversicherung

Um diese Form der Altersvorsorge vor einer Pfändung zu schützen, müssen Sie noch weitere Voraussetzungen beachten. Die besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater.

4. Riester-Rente

Selbstständige, für die eine Rentenversicherungspflicht besteht (wie beispielsweise Künstler und Publizisten) oder Selbstständige, die freiwillig Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, können in die Riester-Rente einzahlen. Sie ist ebenfalls eine staatlich geförderte Rente

Die Riester-Rente ist gewissermaßen das Gegenstück zur Rürup-Rente, denn riestern können die Personen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtmitglied sind

Tipp

Beiträge von der Steuer absetzen

Von der Riester-Rente können Sie auch profitieren, indem Sie Ihre Beiträge als Sonderausgabe von der Steuer absetzen. Maximal 2.100 Euro sind dabei aktuell möglich. Diese Form der Rentenversicherung wird frühestens nach dem 60. Lebensjahr ausgezahlt.

Freiwillige gesetzliche Rentenversicherung

Natürlich können Sie sich auch jederzeit freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung anmelden. Sie gelten dann als selbstständig freiwillig rentenversichert und zahlen aus Ihrem Arbeitseinkommen eine bestimmte Beitragshöhe in die Rentenkasse ein. So haben Sie im Alter einen Anspruch auf die Rentenleistungen, die diese Versicherung auszahlt. Dazu müssen Sie allerdings regelmäßig Beiträge leisten. In diesem Zusammenhang kann es sich auch lohnen, als Selbstständiger Rentenbeiträge nachzuzahlen. Denn bei einer Versicherungslücke verlieren Sie unter Umständen Ihren Anspruch auf die Leistungen. Und das wäre schade, denn die Leistungen sind recht umfangreich:

  • Rentenansprüche 

  • Erwerbsminderungsrente 

  • Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen, Umschulungen oder Weiterbildung 

Wenn Sie Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung werden, haben Sie in der Anfangszeit Ihrer Selbstständigkeit – in der Regel in den ersten fünf Jahren – die Wahl zwischen folgenden Optionen

  1. Versicherungspflicht auf Antrag: Dabei gelten die herkömmlichen Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung. Das bedeutet, dass die monatliche Beitragshöhe auf Grundlage des Einkommens errechnet wird. Wenn Sie sich auf Antrag pflichtversichern, ist diese Entscheidung unwiderruflich. Sie können also nicht wieder aus der gesetzlichen Rentenversicherung austreten, also auf die Einzahlung in die Rentenkasse verzichten, und sich anderweitig versichern. Die Mitgliedschaft kann nur dann enden, wenn Sie nicht mehr selbstständig sind. 

  1. Freiwillige Versicherung: Bei der freiwilligen Versicherung können Sie selbst entscheiden, wie lange Sie Rentenbeiträge zahlen möchten. Auch die Beitragshöhe können Sie frei wählen. Zwischen dem monatlichen Mindestbetrag von aktuell 96,72 Euro bis zum Höchstbetrag von 1.311,30 Euro ist alles möglich. 

Wie hoch ist die Rente bei freiwilliger Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung?

Die spätere Rente, die Ihnen die gesetzliche Rentenversicherung als freiwillig Versicherter zahlt, hängt von vielen Faktoren ab: 

  • Sind Sie verheiratet oder alleinstehend? 
  • Haben Sie Kinder oder nicht? 
  • Wie hoch sind die Beiträge, die Sie zahlen? 

Beispielhaft könnte die Rentenhöhe für eine alleinstehende Person, die freiwillig versichert ist, folgendermaßen aussehen:

Darstellung von Tabellen auf Desktop besser lesbar

<b>Freiwilliger Betrag 2023 (in Euro pro Jahr)</b>
Freiwilliger Betrag 2023 (in Euro pro Jahr)Erhöhung der Regelaltersrente (in Euro pro Jahr)
1.176,00 Euro 66,12 Euro
2.400 Euro 134,95 Euro
4.800 Euro 269,90 Euro
6.000 Euro 337,37 Euro
7.200 Euro 404,84 Euro
15.500,00 Euro 843,43 Euro

Außerdem gibt es im Netz verschiedene Rechner, mit denen Sie Ihre individuellen Rentenbeiträge und Kosten für die Rentenversicherung berechnen können

Davon abgesehen, haben Sie die Option, freiwillig zusätzlich in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen. Zahlen Sie Beiträge, die über den Mindestbetrag in der deutschen Rentenversicherung hinausgehen, können Sie als Selbstständiger sogar früher in Rente gehen  – idealerweise ganz ohne Abschläge. 

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