Qualifizierungschancengesetz: So profitieren kleine Unternehmen

Neue Technologien verändern unsere Arbeitswelt und die Anforderungen an Arbeitnehmer. Berufliche Weiterbildung ist unerlässlich, auch in kleinen Betrieben, im Handwerk, in der Industrie und im Dienstleistungsbereich. Das hat auch die Bundesregierung erkannt und mit dem Qualifizierungschancengesetz (QCG) und seiner Fortentwicklung die Förderung von Weiterbildung geregelt.

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Ein Mann präsentiert etwas vor einer Gruppe
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 |  Zuletzt aktualisiert am:14.02.2024

Das Qualifizierungschancengesetz als Baustein der gesetzlichen Weiterbildungsstrategie

Die Qualifizierungsoffensive startete 2019 mit dem Qualifizierungschancengesetz. Es soll dafür sorgen, dass dem Arbeitsmarkt zukünftig ausreichend passend ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen. Dazu wurden bestehende, auf bestimmte Personengruppen begrenzte Weiterbildungsinstrumente, gebündelt und ausgebaut. 2020 wurden die Vorteile durch das Arbeit-von-morgen-Gesetz erweitert. Arbeitgeber erhalten eine ausführliche Beratung durch die Agentur für Arbeit und Zuschüsse zu den Weiterbildungs- und zu den Lohnfortzahlungskosten.

Info

Gut zu wissen: Was ist die Qualifizierungsoffensive?

Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist die Qualifizierungsoffensive der erste Schritt zu einer aktiven Gestaltung des Arbeitsmarktes. Verändern sich Berufe, so entscheidet die Qualifikation der Arbeitnehmenden über deren Chancen auf Beschäftigung. Das Qualifizierungschancengesetz soll dafür sorgen, dass Beschäftigte unabhängig vom Alter oder Geschlecht die Chance haben, zu lernen und sich weiterzuentwickeln.

Berufliche Weiterbildung soll fit machen für den Strukturwandel

Früher war die Förderung der Weiterbildung auf Geringqualifizierte, Arbeitslose und ältere beschäftigte Arbeitnehmer beschränkt. Mit dem Qualifizierungschancengesetz wird nahezu jeder Arbeitnehmer unterstützt. Arbeitgeber erhalten Zuschüsse zu den Lehrgangskosten und zum fortgezahlten Arbeitsentgelt. Zielgerichtete berufliche Weiterbildung der Arbeitnehmer soll

  • der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt Rechnung tragen und
  • das Bestehen auf dem Arbeitsmarkt sichern.

Denn technische Neuerungen können Arbeitserleichterungen schaffen, müssen aber auch beherrscht werden. So können sich z. B. Dachdecker oder in der Landwirtschaft Beschäftigte mit Hilfe von Drohnen mittlerweile einen schnellen Überblick über ihren Arbeitsbereich verschaffen.

Die Agentur für Arbeit unterstützt beim Weiterbildungskonzept

Die Agentur für Arbeit bietet im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes eine ausführliche individuelle Beratung im Betrieb mit dem Ziel eines Weiterbildungskonzepts an. Sie hilft z. B. bei der

  • Analyse der Personalstruktur,
  • Ermittlung von Entwicklungspotentialen und dem konkreten Weiterbildungsbedarf,
  • der Planung und Umsetzung der Weiterbildungsmaßnahmen sowie
  • der Beantragung der Förderleistungen.

Vom Qualifizierungschancengesetz profitieren vor allem kleinere Unternehmen

Die Weiterbildungsoffensive soll insbesondere die Weiterbildung von Arbeitnehmern in kleinen Betrieben fördern. Dazu werden auch bei längeren, nicht nur arbeitsplatzbezogenen Weiterqualifizierungen Zuschüsse gezahlt.

Grundsätzlich setzt das Qualifizierungschancengesetz eine angemessene Beteiligung des Arbeitgebers an den Weiterbildungskosten voraus. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach der Anzahl der Mitarbeiter. D. h. je kleiner der Betrieb, desto höher der Zuschuss.

Bis zu 100 Prozent Zuschuss zu den Lehrgangskosten

Nach dem Qualifizierungschancengesetz erstattet die Bundesagentur für Arbeit erstattet die Lehrgangskosten nach Betriebsgröße, d. h.:

  • Bei weniger als 10 Arbeitnehmern: bis zu 100 Prozent.
  • Bei mindestens 10 und weniger als 250 Arbeitnehmern: bis zu je 50 Prozent.
  • Bei mindestens 250 und weniger als 2500 Arbeitnehmern: bis zu je 25 Prozent.
  • Noch größere Unternehmen erhalten nur bis zu 15 Prozent der Lehrgangskosten erstattet.

Sonderregelungen bestehen für Mitarbeiter über 45 Jahre und Schwerbehinderte. Für sie werden in allen Unternehmen unter 250 Mitarbeitern bis zu 100 Prozent der Lehrgangskosten übernommen.

Dazu kommen Zuschüsse zum Arbeitsentgelt

Auch zum Arbeitsentgelt während der Weiterbildung werden Zuschüsse gezahlt. Im Einzelnen:

  • In Kleinstunternehmen unter 10 Mitarbeitern bis zu 75 Prozent.
  • Bei 10 bis unter 250 Mitarbeitern bis zu 50 Prozent.
  • Bei 250 Mitarbeitern bis zu 25 Prozent.

In Unternehmen jeder Größe werden bis zu 100 Prozent erstattet, wenn der Beschäftigte keinen Berufsabschluss hat und es sich um eine berufsabschlussbezogene Weiterbildung handelt.

Unter bestimmten Voraussetzungen sind weitere Zuschüsse zum Arbeitsentgelt vorgesehen, und zwar

  • plus 5 Prozent, bei einer Qualifizierungsmaßnahme aufgrund einer Betriebsvereinbarung, die zu diesem oder zum Zweck eines Tarifvertrags geschlossen wurde.
  • plus 10 Prozent, wenn im Betrieb erhöhter Weiterbildungsbedarf besteht, d. h. bei mindestens jedem fünften Beschäftigten.
  • plus 15 Prozent, wenn erhöhter Weiterbildungsbedarf und Qualifizierungsvereinbarung vorliegen.

Das Qualifizierungschancengesetz verlangt einen bestimmten Weiterbildungsgrund

Der Zuschuss wird für die berufliche Weiterbildung derjenigen Arbeitnehmer gezahlt,

  • deren Tätigkeit durch Technologien ersetzt werden kann,
  • die in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind oder
  • die sich in sogenannten Engpassberufen (Engpass an Fachkräften) qualifizieren möchten

Sie sollen laut dem Qualifizierungschancengesetz ihre Fähigkeiten nach den neuen Anforderungen weiterentwickeln können.

Bedingungen der Weiterbildungsförderung

Damit die Weiterbildung gefördert werden kann, setzt das Qualifizierungschancengesetz einige Dinge voraus:

  • Die Kenntnisse und Fertigkeiten, die vermittelt werden, sind mehr als arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen oder -qualifizierungen, d. h. sie vermitteln zukunftsfähige Kompetenzen.
  • Der letzte Berufsabschluss oder die letzte Weiterbildung nach dem Qualifizierungschancengesetz liegt mindestens 4 Jahre zurück. Ausnahme: Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitern, wenn der Arbeitnehmer über 45 Jahre alt oder schwerbehindert ist.
  • Die Maßnahme dauert mindestens 120 Stunden.
  • Die Maßnahme und ihr Träger sind für diese Förderung zugelassen.

Der Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit berät Arbeitgeber ausführlich darüber, welche geförderten Maßnahmen für den einzelnen Arbeitnehmer möglich und sinnvoll sind und welche Anbieter zertifiziert sind. Die Förderung durch das Qualifizierungschancengesetz erfolgt nurauf Antrag. Er ist online und als Sammelantrag für mehrere zu qualifizierende Arbeitnehmer möglich.

Das Qualifizierungschancengesetz nützt jedem Arbeitnehmer

Die Förderung steht nach dem Qualifizierungschancengesetz jedem Arbeitnehmer offen, der die Voraussetzungen erfüllt. Auch Weiterbildungen außerhalb des angestammten Berufs werden gefördert. Die Entscheidung über eine Förderung der Weiterbildung liegt im Ermessen der zuständigen Agentur für Arbeit. Der Betriebsrat hat ein Initiativrecht, um den Bildungsbedarf zu ermitteln. Hat sich der Arbeitgeber für bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen entschieden, bestimmt er bei der zeitlichen und inhaltlichen Ausgestaltung mit.

Info

Kein Rechtsanspruch auf Freistellung

Der Arbeitnehmer hat nach dem Qualifizierungschancengesetz weder einen Anspruch auf Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit noch darauf, vom Arbeitgeber für eine berufliche Weiterbildung freigestellt zu werden. Er kann auch nicht dazu gezwungen werden, an einer beruflichen Weiterbildung teilzunehmen. Ausnahme: Eine Betriebsvereinbarung sieht eine Verpflichtung zur Weiterbildung vor. Möchte er nicht, hilft nur Überzeugungsarbeit und eventuelle Hindernisse auszuräumen.

Förderung bei Kurzarbeitergeld

Auch die Weiterbildung von Mitarbeitern in Kurzarbeit wird gefördert. Der Zuschuss zu den Lehrgangskosten kann je nach Größe des Unternehmens zwischen 15 Prozent und 100 Prozent betragen. Kurzarbeitergeld wird auch während der Weiterbildungszeit gezahlt. Unter bestimmten Voraussetzungen erstattet die Bundesagentur für Arbeit nach § 106a SGB III – befristet bis 31. Juli 2024 – für diese Arbeitnehmer die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge.

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