Lohnpfändung: So gehen Sie als Arbeitgeber damit um

Die Lohnpfändung ist eines der häufigsten Mittel der Zwangsvollstreckung bei Arbeitnehmern weil das Arbeitseinkommen bei vielen Schuldnern das einzige Vermögen darstellt. Soll bei einem Ihrer Arbeitnehmer das Gehalt gepfändet werden, bringt das für Sie als Arbeitgeber zahlreiche Pflichten und Risiken mit sich - ganz abgesehen von unangenehmen Gesprächen mit Ihrem Mitarbeiter. Zum 1. Juli 2023 stiegen turnusmäßig die Pfändungsfreigrenzen.

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 |  Zuletzt aktualisiert am:12.02.2024

Definition

Was bedeutet Lohnpfändung?

Bei einer Lohn- oder Gehaltspfändung treibt der Gläubiger von einem Schuldner auf direktem Weg das ihm zustehende Geld vom Arbeitgeber ein. Das heißt, dass nicht das gesamte Gehalt bzw. der komplette Lohn dem Arbeitnehmer mit Schulden ausgezahlt, sondern ein Teil davon gepfändet wird. 

Eine Lohnpfändung kann ein Gläubiger erreichen, wenn er diese beim Vollstreckungsgericht beantragt und das Gericht ihm einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zustellt

Ihre Pflichten als Drittschuldner bei der Lohnpfändung

Für Sie als Arbeitgeber beginnt die Lohnpfändung mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Damit werden Sie zum Drittschuldner. Dagegen können Sie sich nur wehren, wenn Form- und Zustellungsmängel vorliegen oder die Pfändungsschutzvorschriften nicht beachtet wurden.

Hier finden Sie im Überblick Ihre Pflichten als Drittschuldner und erhalten weitere Informationen:

Auskunfts- und Erklärungspflicht

Innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses müssen Sie dem Gläubiger die sog. Drittschuldnererklärung übermitteln. Sie müssen erklären, ob und in welchem Umfang Sie die Forderung anerkennen und erfüllen werden, ob und welche anderen Personen Anspruch auf die Forderung erheben und ob anderweitige Pfändungen vorliegen. Kommen Sie der Erklärungspflicht nicht nach, machen Sie sich gegenüber dem Gläubiger schadenersatzpflichtig. Die Erklärungspflicht des Drittschuldners ist in § 840 der Zivilprozessordnung geregelt.

Auszahlungsverbot

Als Drittschuldner ist es Ihnen untersagt, den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens an den Schuldner auszuzahlen. Des Weiteren sind Sie verpflichtet, die pfändbaren Beträge zu ermitteln und dem Gläubiger zu überweisen.

Ermittlung der pfändbaren Lohnbestandteile

Eine Ihrer Hauptaufgaben als Arbeitgeber und Drittschuldner ist die Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens.

Unpfändbare Einkommensteile

Es gibt Bezüge vom Arbeitseinkommen des Schuldners, die nicht gepfändet werden dürfen. Sie finden sich in § 850a der Zivilprozessordnung. Siehe auch LAG Berlin, Urteil vom 14.01.2000.

Bedingt pfändbare Bezüge

Bedingt pfändbare Bezüge sind im Grunde unpfändbar, können aber unter bestimmten Voraussetzungen, die sich in § 850b der Zivilprozessordnung finden, dennoch gepfändet werden.

Pfändungsfreigrenzen

Als Arbeitgeber und Drittschuldner müssen Sie neben den pfändbaren und bedingt pfändbaren Bezügen auch die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c der ZPO vor einer Zahlung an Gläubiger beachten. Durch sie soll ermöglicht werden, dass der Schuldner seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie trotz Pfändungsbeschlusses weiterhin aufrechterhalten kann.

So wird die Lohnpfändung eines Mitarbeiters berechnet

Weil manche Lohnteile gar nicht, andere nur zum Teil oder nur unter bestimmten Voraussetzungen pfändbar sind, müssen Sie im Einzelfall berechnen, welchen Betrag der Gläubiger zu bekommen hat.

Dabei gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Sie klären, welche Teile des Bruttolohns pfändbar sind. Nicht pfändbar und daher abzuziehen sind z. B. vermögenswirksame Leistungen, Aufwandsentschädigungen und die Hälfte der Überstundenvergütung. Naturalleistungen wie z. B. die erlaubte Privatnutzung eines Dienstwagens sind als Sachbezug einzurechnen.
  • Sie berechnen den pfändbaren monatlichen Nettolohn. Dazu ziehen Sie vom errechneten pfändbaren Bruttolohn die darauf anfallenden Steuern und Beiträge für die Sozialversicherung ab.
    Vorsicht: Wenn Lohnteile nicht oder nur teilweise pfändbar sind, entspricht der pfändbare Nettolohn nicht dem, was auf der Lohnabrechnung normalerweise als Nettolohn erscheint. Denn dort wurden auch die auf den unpfändbaren Teil fallenden Abgaben abgezogen.
  • Sie ermitteln den bei Ihrem Mitarbeiter pfändbaren Betrag. Wie viel Sie vom pfändbaren Nettolohn an den Gläubiger abführen müssen, hängt davon ab, wie viele Unterhaltspflichten Ihr Mitarbeiter hat. Der pfändbare Betrag ergibt sich aus der amtlichen Lohnpfändungstabelle.

Mehrfache Lohnpfändung und Unterhaltspfändung

Bei der Lohnpfändung gilt „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Sollten also mehrere Gläubiger bei Ihnen anklopfen, müssen Sie zuerst an denjenigen zahlen, dessen Kontopfändung Sie zuerst erhalten haben. Erst wenn dessen Forderung vollständig mit Zinsen und Vollstreckungskosten bezahlt ist, zahlen Sie an den Nächsten. Ist der Arbeitgeber bei mehreren Pfändungen unsicher, welchen Gläubiger er zuerst bedienen muss, kann er den pfändbaren Betrag beim Gericht hinterlegen. Die Verteilung wird dann vom Gericht vorgenommen.

Besonderheit bei der Unterhaltspfändung

Unterhaltspfändungen richten sich i. d. R. nach § 850d ZPO. Der Pfändungsfreibetrag des Schuldners wird dabei nicht aus der Lohnpfändungstabelle entnommen, sondern vom Vollstreckungsgericht festgesetzt.

Lohnpfändungen und Unterhalt: Was hat Vorrang?

Der vom Gericht bei einer Unterhaltspfändung festgelegte Freibetrag bezüglich einer Gehalts- bzw. Lohnpfändung ist meistens niedriger als der aus der amtlichen Tabelle. Darum kann es vorkommen, dass Sie an einen Unterhaltsgläubiger zahlen müssen, obwohl ein „normaler“ Gläubiger, der früher gepfändet hat, leer ausgeht.

Ist die Pfändung von Weihnachtsgeld möglich?

Weihnachtsgeld bleibt seit Juli 2023 gemäß § 850a Nr. 4 ZPO bis zu einem Betrag von 705 Europfändungsfrei. Der Arbeitgeber muss die Regeln zur Unpfändbarkeit beachten und in jedem Fall die entsprechenden Weihnachtsgeldbestandteile auszahlen.

Praxisbeispiel: Berechnung des Pfändungsbetrags

Sie haben das pfändbare Nettoeinkommen Ihres Mitarbeiters berechnet und fragen sich jetzt, wie viel Sie davon durch die Lohnpfändung an den Gläubiger zahlen müssen.

Bei Mitarbeiter A haben Sie einen Nettolohn von 1.409,99 Euro ausgerechnet. Er ist ledig und hat keine Kinder, hat also keine Unterhaltspflichten. Nach der seit dem 1. Juli 2023 geltenden amtlichen Lohnpfändungstabelle bekommt der Gläubiger nichts, weil bei diesem Nettoeinkommen des Arbeitnehmers aufgrund des Pfändungsfreibetrags kein pfändbarer Betrag anfällt. Ist der Nettolohn aber nur einen Cent höher, müssen Sie 5,40 Euro an den Gläubiger überweisen. Dieses auf den ersten Blick kuriose Ergebnis kommt zustande, weil die Pfändungstabelle in 10-Euro-Schritten aufgebaut ist. Bei einem Nettoeinkommen von 1.410,00 Euro bis 1.419,99 Euro gehen 5,40 Euro an den Gläubiger. Bei einem Einkommen von 1.420,00 Euro bis 1.429,99 Euro sind es sogar schon 12,40 Euro.

Ist Ihr Mitarbeiter A dagegen verheiratet und ist gegenüber 2 Personen unterhaltspflichtig, muss er mindestens ein Einkommen in Höhe von 2.230 Euro netto haben, damit der Gläubiger per Lohnpfändung einen Teil des Lohns erhält. Liegt er unter dieser Pfändungsgrenze, geht der Gläubiger leer aus.

Achtung

Jährlich neue Lohnpfändungstabelle!

Die amtliche Pfändungstabelle mit den Lohnpfändungsfreibeträgen wird jährlich immer zum 1. Juli angepasst. Die nächste Anpassung erfolgt zum 1. Juli 2024. Die aktuelle Lohnpfändungstabelle, die seit dem 1. Juli 2023 gilt, finden Sie im Bundesgesetzblatt.

Lohnpfändung: Risiken und Kosten für Arbeitgeber

Was müssen Sie beachten, wenn Ihnen mehrere Gläubiger für denselben Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zustellen? Hier gilt der Prioritätsgrundsatz, d. h. die zeitlich als erste zugestellte Pfändung geht den übrigen vor.

Empfehlung: Haben Sie Zweifel, an wen Sie zuerst leisten müssen, weil der Zeitpunkt der erfolgten Lohnabtretung nicht sicher festzustellen ist, sollten Sie den pfändbaren Betrag hinterlegen und die Verteilung des Erlöses dem Gericht übertragen.

Achtung

Sie haften für Fehler

Als Arbeitgeber sind Sie Drittschuldner und haften für Fehler, die sich aus einer Falschberechnung bei einer Lohnpfändung ergeben. Verstoßen Sie beispielsweise gegen den Prioritätsgrundsatz, werden Sie gegenüber dem vorrangigen Gläubiger nicht von Ihrer Zahlungspflicht befreit und müssen an diesen nochmals zahlen. In jedem Fall sollten Sie die amtliche Lohnpfändungstabelle zu rate ziehen.

Wer trägt die Kosten bei Pfändung von Gehalt?

Die mit der Bearbeitung von Lohnpfändungen verbundenen Kosten sind grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragen. Sie haben keinen Erstattungsanspruch gegen den Schuldner und können einen solchen Anspruch auch nicht durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung begründen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.07.2006). Sie können für diese Kosten auch nicht den Gläubiger in Anspruch nehmen.

Sind Lohnpfändungen ein Kündigungsgrund?

Grundsätzlich nicht, denn das säumige Schuldnerverhalten des Arbeitnehmers ist seiner privaten Lebenssphäre zuzurechnen. Eine Kündigung ist nur im Ausnahmefall zulässig, wenn Sie z.B. nachweisen können, dass die Pfändungen einen derart hohen Arbeitsaufwand verursachen, dass es zu wesentlichen Störungen im Arbeitsablauf oder der betrieblichen Organisation kommt. Möglich ist eine Kündigung auch, wenn der Arbeitnehmer eine herausgehobene Stellung oder Vertrauensstellung innehat.

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