Ihre Pflichten als Drittschuldner bei der Lohnpfändung
Für Sie als Arbeitgeber beginnt die Lohnpfändung mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Damit werden Sie zum Drittschuldner. Dagegen können Sie sich nur wehren, wenn Form- und Zustellungsmängel vorliegen oder die Pfändungsschutzvorschriften nicht beachtet wurden.
Hier im Überblick Ihre Pflichten als Drittschuldner:
Auskunfts- und Erklärungspflicht
Innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses müssen Sie dem Gläubiger die sog. Drittschuldnererklärung übermitteln. Sie müssen erklären, ob und in welchem Umfang Sie die Forderung anerkennen und erfüllen werden, ob und welche anderen Personen Anspruch auf die Forderung erheben und ob anderweitige Pfändungen vorliegen. Kommen Sie der Erklärungspflicht nicht nach, machen Sie sich gegenüber dem Gläubiger schadenersatzpflichtig. Die Erklärungspflicht des Drittschuldners ist in § 840 der Zivilprozessordnung geregelt.
Auszahlungsverbot
Als Drittschuldner ist es Ihnen untersagt, den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens an den Schuldner auszuzahlen. Des Weiteren sind Sie verpflichtet, die pfändbaren Beträge zu ermitteln und dem Gläubiger zu überweisen.
Ermittlung der pfändbaren Lohnbestandteile
Eine Ihrer Hauptaufgaben als Arbeitgeber und Drittschuldner ist die Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens.
Unpfändbare Einkommensteile
Es gibt Bezüge vom Arbeitseinkommen des Schuldners, die nicht gepfändet werden dürfen. Sie finden sich in § 850a der Zivilprozessordnung. Siehe auch LAG Berlin, Urteil vom 14.01.2000.
Bedingt pfändbare Bezüge
Bedingt pfändbare Bezüge sind im Grunde unpfändbar, können aber unter bestimmten Voraussetzungen, die sich in § 850b der Zivilprozessordnung finden, dennoch gepfändet werden.
Pfändungsfreigrenzen
Als Arbeitgeber und Drittschuldner müssen Sie neben den pfändbaren und bedingt pfändbaren Bezügen auch die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c der Zivilprozessordnung beachten. Durch sie soll ermöglicht werden, dass der Schuldner seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie weiterhin aufrecht erhalten kann.
So wird die Lohnpfändung eines Mitarbeiters berechnet
Weil manche Lohnteile gar nicht, andere nur zum Teil oder nur unter bestimmten Voraussetzungen pfändbar sind, müssen Sie im Einzelfall berechnen, welchen Betrag der Gläubiger zu bekommen hat.
Dabei gehen Sie folgendermaßen vor:
- Sie klären, welche Teile des Bruttolohns pfändbar sind. Nicht pfändbar und daher abzuziehen sind z. B. vermögenswirksame Leistungen, Aufwandsentschädigungen und die Hälfte der Überstundenvergütung. Naturalleistungen wie z. B. die erlaubte Privatnutzung eines Dienstwagens sind als Sachbezug einzurechnen.
- Sie berechnen den pfändbaren Nettolohn. Dazu ziehen Sie vom errechneten pfändbaren Bruttolohn die darauf anfallenden Steuern und Beiträge für die Sozialversicherung ab.
Vorsicht: Wenn Lohnteile nicht oder nur teilweise pfändbar sind, entspricht der pfändbare Nettolohn nicht dem, was auf der Lohnabrechnung normalerweise als Nettolohn erscheint. Denn dort wurden auch die auf den unpfändbaren Teil fallenden Abgaben abgezogen. - Sie ermitteln den bei Ihrem Mitarbeiter pfändbaren Betrag. Wie viel Sie vom pfändbaren Nettolohn an den Gläubiger abführen müssen, hängt davon ab, wie viele Unterhaltspflichten Ihr Mitarbeiter hat. Der pfändbare Betrag ergibt sich aus der amtlichen Lohnpfändungstabelle.
Mehrfache Lohnpfändung und Unterhaltspfändung
Bei der Lohnpfändung gilt „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Sollten also mehrere Gläubiger bei Ihnen anklopfen, müssen Sie zuerst an denjenigen zahlen, dessen Kontopfändung Sie zuerst erhalten haben. Erst wenn dessen Forderung vollständig mit Zinsen und Vollstreckungskosten bezahlt ist, zahlen Sie an den Nächsten. Ist der Arbeitgeber bei mehreren Pfändungen unsicher, welchen Gläubiger er zuerst bedienen muss, kann er den pfändbaren Betrag beim Gericht hinterlegen. Die Verteilung wird dann vom Gericht vorgenommen.
Besonderheit bei der Unterhaltspfändung
Unterhaltspfändungen richten sich i. d. R. nach § 850d ZPO. Der Pfändungsfreibetrag des Schuldners wird dabei nicht aus der Lohnpfändungstabelle entnommen, sondern vom Vollstreckungsgericht festgesetzt.
Lohnpfändungen und Unterhalt: Was hat Vorrang?
Der vom Gericht bei einer Unterhaltspfändung festgelegte Gehaltpfändungs-Freibetrag ist meistens niedriger als der aus der amtlichen Tabelle. Darum kann es vorkommen, dass Sie an einen Unterhaltsgläubiger zahlen müssen, obwohl ein „normaler“ Gläubiger, der früher gepfändet hat, leer ausgeht.
Ist die Pfändung von Weihnachtsgeld möglich?
Weihnachtsgeld bleibt ab Juli 2023 gemäß § 850a Nr. 4 ZPO bis zu einem Betrag von 705 Europfändungsfrei. Der Arbeitgeber muss die Regeln zur Unpfändbarkeit beachten und in jedem Fall die entsprechenden Weihnachtsgeldbestandteile auszahlen.
Praxisbeispiel: Berechnung des Pfändungsbetrags
Sie haben das pfändbare Nettoeinkommen Ihres Mitarbeiters berechnet und fragen sich jetzt, wie viel Sie davon durch die Lohnpfändung an den Gläubiger zahlen müssen.
Bei Mitarbeiter A haben Sie einen pfändbaren Nettolohn von 1.409,99 Euro ausgerechnet. Er ist ledig und hat keine Kinder, also keine Unterhaltspflichten. Nach der ab dem 1.7.2023 geltenden amtlichen Lohnpfändungstabelle bekommt der Gläubiger nichts, weil bei diesem Nettoeinkommen kein pfändbarer Betrag anfällt. Ist der pfändbare Nettolohn aber nur einen Cent höher, müssen Sie 5,40 Euro an den Gläubiger überweisen. Dieses auf den ersten Blick kuriose Ergebnis kommt zustande, weil die Pfändungstabelle in 10-Euro-Schritten aufgebaut ist. Bei einem pfändbaren Nettoeinkommen von 1.410,00 Euro bis 1.419,99 Euro gehen 5,40 Euro an den Gläubiger. Bei einem Einkommen von 1.420,00 Euro bis 1.429,99 Euro sind es sogar schon 12,40 Euro.
Ist Ihr Mitarbeiter A dagegen verheiratet und ist gegenüber 2 Personen unterhaltspflichtig, muss er mindestens 2.230 Euro netto verdienen, damit der Gläubiger per Lohnpfändung einen Teil des Lohns erhält. Liegt er unter dieser Pfändungsgrenze, geht der Gläubiger leer aus.
Achtung
Alle 2 Jahre neue Lohnpfändungstabelle!
Die amtliche Pfändungstabelle mit den Lohnpfändungs-Freibeträgen wird alle 2 Jahre immer zum 1. Juli angepasst. Die nächste Anpassung erfolgt zum 1. Juli 2023. Die neue Lohnpfändungstabelle, die ab dem 1. Juli 2023 gilt, finden Sie im Bundesgesetzblatt.
Lohnpfändung: Risiken und Kosten für Arbeitgeber
Was müssen Sie beachten, wenn Ihnen mehrere Gläubiger für denselben Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zustellen? Hier gilt der Prioritätsgrundsatz, d. h. die zeitlich als erste zugestellte Pfändung geht den übrigen vor.
Empfehlung: Haben Sie Zweifel, an wen Sie zuerst leisten müssen, weil der Zeitpunkt der erfolgten Lohnabtretung nicht sicher festzustellen ist, sollten Sie den pfändbaren Betrag hinterlegen und die Verteilung des Erlöses dem Gericht übertragen.
Achtung
Sie haften für Fehler
Als Arbeitgeber sind Sie Drittschuldner und haften für Fehler, die sich aus einer Falschberechnung ergeben. Verstoßen Sie beispielsweise gegen den Prioritätsgrundsatz, werden Sie gegenüber dem vorrangigen Gläubiger nicht von Ihrer Zahlungspflicht befreit und müssen an diesen nochmals zahlen. In jedem Fall sollten Sie die amtliche Lohnpfändungstabelle zu Rate ziehen.
Wer trägt die Kosten bei Pfändung von Gehalt?
Die mit der Bearbeitung von Lohnpfändungen verbundenen Kosten sind grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragen. Sie haben keinen Erstattungsanspruch gegen den Schuldner und können einen solchen Anspruch auch nicht durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung begründen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.07.2006). Sie können für diese Kosten auch nicht den Gläubiger in Anspruch nehmen.
Sind Lohnpfändungen ein Kündigungsgrund?
Grundsätzlich nicht, denn das säumige Schuldnerverhalten des Arbeitnehmers ist seiner privaten Lebenssphäre zuzurechnen. Eine Kündigung ist nur im Ausnahmefall zulässig, wenn Sie z.B. nachweisen können, dass die Pfändungen einen derart hohen Arbeitsaufwand verursachen, dass es zu wesentlichen Störungen im Arbeitsablauf oder der betrieblichen Organisation kommt. Möglich ist eine Kündigung auch, wenn der Arbeitnehmer eine herausgehobene Stellung oder Vertrauensstellung innehat.