A1-Bescheinigung: Keine Arbeit im EU-Ausland ohne Entsendebescheinigung

Arbeitnehmer und Selbständige im Auslandseinsatz müssen eine sogenannte A1-Bescheinigung für die Erwerbstätigkeit mit sich führen. Auch wenn viele Unternehmer diese Vorschrift immer noch nicht kennen, gilt: Wird ein vorübergehend im Ausland beschäftigter Arbeitnehmer ohne A1-Bescheinigung erwischt, droht ein schmerzhaftes Bußgeld.

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Mann im Anzug am Flughafen
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 |  Zuletzt aktualisiert am:10.02.2023

A1-Verfahren: Was ist das genau?

Die Vorschriften des A1-Verfahrens gelten seit Mai 2010. Seither ist die Entsendebescheinigung („A1-Bescheinigung“) für jede vorübergehende Beschäftigung im EU-Ausland und einigen weiteren Staaten Pflicht. Betroffen sind z. B. Betriebe

  • in denen Geschäftsreisen ins Ausland anfallen
  • die Aufträge im Ausland annehmen
  • mit Arbeitnehmern im Auslandseinsatz (z. B. Speditionen und Busunternehmen)

Das Formular über die A1-Bescheinigung bestätigt den kontrollierenden Stellen im Ausland, dass der Arbeitnehmer - trotz der Beschäftigung dort - weiter der deutschen Sozialversicherung untersteht.

Diese Länder sind vom A1-Verfahren betroffen

Die A1-Bescheinigung ist für den Auslandseinsatz in allen Mitgliedstaaten der EU, in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein, Norwegen), in der Schweiz und im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zu beantragen.

Zur EU gehören:

Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

Entsendungen sind nur mit Antrag der A1-Bescheinigung möglich

Jedes Mal, wenn ein in Deutschland beschäftigter Arbeitnehmer vorübergehend zum Arbeiten ins Ausland geschickt wird, ist eine A1-Bescheinigung erforderlich. Das ist z. B. der Fall, wenn die Person:

  • bei einem Kunden im Ausland eingesetzt wird
  • als Aussteller oder Gast einer Fachmesse einen anderen Staat aufsucht
  • sich als Geschäftsreisender, LKW- oder Busfahrer im Ausland aufhält
  • in der Arbeitszeit zum Betanken des Geschäftsfahrzeugs über die Grenze fährt

Auch Selbstständige oder Geschäftsführer brauchen eine A1-Bescheinigung, wenn sie im Ausland arbeiten möchten. Wie lange der Arbeitseinsatz bzw. die Dienstreise dauern soll, spielt dabei keine Rolle.

Tipp

Übersicht: Reisekosten, die steuerfrei vom Arbeitgeber erstattet werden

Welche Reisekosten Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern steuerfrei erstatten müssen, zeigt Ihnen diese Übersicht.

Der Antrag geht meistens an die Krankenkasse

Wo die A1-Bescheinigung zu beantragen ist, hängt davon ab, wie der Arbeitnehmer krankenversichert ist. Zuständig ist

  • bei gesetzlich Versicherten die jeweilige Krankenkasse
  • bei privat Versicherten die entsprechende Rentenversicherung, z. B. die Deutsche Rentenversicherung oder die DRV Knappschaft Bahn-See
  • bei privat Versicherten, die Mitglied in einem berufsständigen Versorgungswerk sind (z. B. Tierärzte, Steuerberater) die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen

Ob Ausfüllhilfe oder Entgeltabrechnungsprogramm: Das A1-Verfahren verläuft vollständig elektronisch

Seit 01.01.2019 müssen Sie den Antrag für die A1-Bescheinigung Ihres Arbeitnehmers elektronisch stellen. Dazu benötigen Sie ein zertifiziertes Entgeltabrechnungsprogramm oder die elektronische Ausfüllhilfe sv-net. Der gesamte Datenaustausch erfolgt elektronisch, auch die Übermittlung der Bescheinigung. Sie ist auszudrucken und dem Arbeitnehmer auszuhändigen oder an ihn zu übermitteln. Seit Januar 2022 ist die Beantragung auch bei Selbständigen nur noch elektronisch über das Portal sv.net möglich.

Stellen Sie den Entsendeantrag frühzeitig

Das Gesetz gibt den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern drei Arbeitstage Zeit, um den Antrag zu bearbeiten. Stellen Sie ihn darum so früh wie möglich. In besonders eiligen Fällen bleibt Ihnen nur die Möglichkeit bei der zuständigen Stelle nachzufragen, ob ausnahmsweise eine bevorzugte Bearbeitung möglich ist.

Der Arbeitnehmer muss das Dokument der A1-Bescheinigung bei einer Kontrolle im Ausland vorzeigen können. Das Entgeltabrechnungsprogramm erstellt nach Absenden des Antrags automatisch einen Nachweis. Er ist Beleg dafür, dass der Antrag vor Beginn der Auslandstätigkeit gestellt wurde.

Ohne A1-Bescheinigung drohen Bußgelder

Wird ein Arbeitnehmer ohne A1-Bescheinigung erwischt, ist damit zu rechnen, dass

  • ihm der Zugang zum Messegelände oder der Baustelle verwehrt wird.
  • er sofort die Arbeit niederlegen muss.
  • ein Bußgeld oder ein zusätzlicher Sozialversicherungsbeitrag beim ausländischen Träger anfällt.

Mit Kontrollen und der Verhängung eines Bußgeldes ist vor allem in Frankreich und Österreich jederzeit zu rechnen. Eine Entsendung kann auch untersagt werden, wenn der Arbeitgeber bisher erteilte Bußgelder nicht bezahlt hat.

In Sonderfällen gibt es eine Dauerbescheinigung

Ist ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger „gewöhnlich“ in mehr als einem Mitgliedsstaat beschäftigt, kann eine sogenannte Dauerbescheinigung für diese Länder ausgestellt werden. Eine gewöhnliche Beschäftigung liegt vor, wenn die Tätigkeit mindestens an einem Tag pro Monat oder fünf Tagen im Quartal ausgeübt wird. Die Dauerbescheinigung ist bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) zu beantragen. Sie gilt dann für bis zu fünf Jahre.

Beispiel: Ein LKW-Fahrer fährt regelmäßig von Köln nach Barcelona

Die Einsätze mit diesem Fahrer stehen fest. Beantragt wird eine Dauerbescheinigung für Frankreich und Spanien.

Kommt es zu mehrfachen kurzen Einsätzen im Ausland, ist keine Dauerbescheinigung vorgesehen. Die A1-Bescheinigung muss hier jedes Mal neu beantragt werden.

Das A1-Verfahren ist nicht alles

Je nachdem, in welchem Nachbarland Sie Ihre Arbeitnehmer einsetzen möchten, gelten zusätzlich weitere Vorschriften. Bei der Entsendung nach Frankreich benötigen Sie z. B. neben der A1-Bescheinigung grundsätzlich:

  • Eine sogenannte Entsendemeldung: Diese ist auszufüllen und an die französische Arbeitsaufsichtsbehörde zu übermitteln.
  • Einen Vertreter in Frankreich: Dieser fungiert als Schnittstelle zur dortigen Behörde.

Wie das im Einzelnen funktioniert und welche Besonderheiten für die Entsendung in andere Länder gelten, erfahren Sie bei der zuständigen IHK oder Handwerkskammer.

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