Das One-Stop-Shop-Verfahren: Das müssen Sie über die neue Regelung wissen

Lange Zeit war die Versteuerung von Umsätzen für Unternehmer, die ins EU-Ausland verkaufen, umständlich. Denn bislang mussten die Umsatzvorsteueranmeldungen für innergemeinschaftliche Fernverkauf-Lieferungen in den einzelnen Ländern erfolgen und die individuellen Lieferschwellen beachtet werden. Mit dem neuen Verfahren One-Stop-Shop (OSS) der EU soll jetzt alles einfacher werden. Was es genau mit der neuen EU-Regelung auf sich hat und was das OSS-Verfahren für Sie bedeutet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Zuletzt aktualisiert am:31.01.2024

One-Stop-Shop: Eine Definition

Was genau ist überhaupt ein One Stop Shop? Als Weiterentwicklung des Mini-One-Stop-Shop (MOSS) Verfahrens hat die EU am 1. April 2021 das One-Stop-Shop (OSS) Verfahren eingeführt. Es ist Teil des Mehrwertsteuer-Digitalpakets.

Das OSS-Verfahren erlaubt es Händlern, Waren und Dienstleistungen, die sie in Drittländer an Privatpersonen liefern und die eine Umsatzschwelle von 10.000 Euro überschreiten, in ihrem Sitzland zu melden und dort die Umsatzsteuer abzuführen. Das geschieht über das OSS-Portal, das die Umsatzsteuer aller Fernverkäufe auf die jeweiligen Staaten verteilt.

Auf Deutsch bedeutet One Stop Shop so viel wie einzige Anlaufstelle und findet auch im allgemeinen Sprachgebrauch Anwendung: Damit werden zentrale Stellen beschrieben, die sämtliche bürokratische Schritte vereinen.

Info

Das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren als Vorgänger

Die Einführung des Mini-One-Stop-Shop-Verfahrens (MOSS) erfolgte am 1. Januar 2015. Auch hier durften Unternehmer ihre Umsatzsteuer in einem Land anmelden und zahlen. Jedoch war diese Regelung auf elektronische Dienstleistungen aller Art beschränkt: Dazu gehörten unter anderem Software-Lösungen, Bilder und Videos sowie Telekommunikationsdienstleistungen.

Vorteile der One-Stop-Shop-Regelung

Die One-Stop-Shop-Regelung hat besonders für Online-Händler große Auswirkungen. Sollten Sie sich noch unsicher sein, ob Sie das OSS-Verfahren für Ihr Unternehmen nutzen sollen, sind hier die bedeutendsten Vorteile zusammengefasst:

  • Sie können zulässige Umsätze in einem Portal gebündelt anmelden und die beim One Stop Shop anfallende Umsatzsteuer mit einer einzigen Zahlung begleichen.
  • Die einheitliche Lieferschwelle für alle EU-Mitgliedstaaten von 10.000 Euro und einheitliche Abgabefristen verringern den bürokratischen Aufwand.
  • Es ist keine Umsatzsteuerregistrierung im Empfängerland für Verkäufe ins EU-Ausland nötig.
  • Wenn Sie bereits das MOSS-Verfahren nutzen, müssen Sie sich nicht erneut für OSS registrieren, sondern nehmen automatisch daran teil.
  • Wenn Sie kein Lager im Ausland haben, ist das One-Stop-Shop-Verfahren besonders vorteilhaft für Sie.
  • Die Pflicht zur Rechnungsstellung beim OSS-Verfahren entfällt. Dies soll als Anreiz dienen, das Verfahren zu verwenden. Wenn Sie also grenzüberschreitende Verkäufe im One-Stop-Shop-Verfahren anmelden, bspw. wenn Sie als Fashion-Onlineshop Kleidung an Kunden in Frankreich schicken, müssen Sie keine Rechnung mehr an Ihre Kunden ausstellen.

Aber auch für die Behörden und EU-Mitgliedstaaten bietet dieses Verfahren einen entscheidenden Vorteil: Es soll die Kommunikation zwischen ihnen vereinfachen und infolgedessen den Steuerbetrug von Unternehmen minimieren.

Voraussetzungen zur Teilnahme am One-Stop-Shop-Verfahren

Für Sie als Händler ist die Teilnahme am One-Stop-Shop-Verfahren freiwillig. Folgendes ist dabei gemäß des One-Stop-Shop-Prinzips zu beachten:

  • Sie haben weiterhin die Möglichkeit, Ihre Umsätze in den jeweiligen Ländern besteuern zu lassen.
  • Die lokale Registrierung vereinfacht die EU mit einer neuen einheitlichen Lieferschwelle: Demnach müssen Lieferungen an Privatkunden ab einem Nettoumsatz von 10.000 Euro im Bestimmungsland versteuert werden, darunter liegende Verkäufe weiterhin im eigenen Land.
  • Im Rahmen der neuen One-Stop-Shop-Lieferschwelle gilt, dass jeder Umsatz im EU-Ausland mit dem dort gültigen Besteuerungsverfahren und Steuersatz berechnet werden muss.

Voraussetzung zur Teilnahme am OSS-Verfahren ist, dass Sie Fernverkäufe an Privatpersonen von Deutschland aus tätigen, also Waren oder Dienstleistungen innerhalb der EU versenden bzw. zur Verfügung stellen. Auch bei Lieferungen und Transaktionen über eine elektronische Schnittstelle ist das OSS-Verfahren gültig – zum Beispiel wenn Sie auf Online-Marktplätzen wie eBay oder bei Amazon verkaufen.

Auch Unternehmer aus dem EU-Ausland können sich für das OSS-Verfahren anmelden, sofern Sie beispielsweise ein Warenlager in der EU haben und von da aus innergemeinschaftliche Lieferungen an Privatpersonen tätigen.

Tipp

OSS-Verfahren in Lexware Software integriert

Mit Lexware ist die rechtssichere Teilnahme am One-Stop-Shop-Verfahren ganz leicht. Denn wir haben die nötigen Funktionen in unsere Software-Lösungen integriert. Folgende Programme unterstützen das OSS-Verfahren:

Ausnahmen und Sonderregelungen des OSS-Verfahrens

In folgenden Situationen dürfen Sie das One-Stop-Shop-Verfahren nicht nutzen:

  • B2B-Verkäufe: Sind Sie als Händler im B2B-Bereich (Business to Business) tätig, sind sie grundsätzlich vom OSS-Verfahren ausgeschlossen.
  • Differenzbesteuerung: Das One-Stop-Shop-Verfahren ist bei Differenzbesteuerung nicht gestattet, also bei der Erklärung gebrauchter Gegenstände.
  • Verbrauchsteuern: Außerdem können Sie Waren, die der Verbrauchsteuer unterliegen, nicht über eine One-Stop-Shop-Meldung deklarieren. Dazu zählen beispielsweise Gegenstände wie Kaffee, Alkohol oder Tabak.
  • Kleinunternehmer: Da die Umsätze eines Kleinunternehmens laut Umsatzsteuergesetzt (UStG) nicht umsatzsteuerpflichtig sind, dürfen Sie als Kleinunternehmer One-Stop-Shop nicht nutzen. Diese Situation liegt vor, wenn die Umsätze aus dem Vorjahr nicht mehr als 22.000 Euro betrugen und in dem aktuellen Jahr 50.000 Euro wahrscheinlich nicht übersteigen werden.
  • Warenlager in einem anderen EU-Mitgliedsstaat: Für den Fall, dass ein Fulfillment-Center oder Warenlager in einem EU-Staat liegt und der Händler auch in dieses Land liefert, gilt das One-Stop-Shop-Verfahren nicht.

Info

Amazon FBA und OSS

Dieses komplexe Problem des One-Stop-Shops ist bei Amazon bekannt: Beim Amazon FBA-Programm (Fulfillment by Amazon) können Händler beispielsweise im EU-Ausland lagern. In diesem Moment werden sie allerdings in diesem Land steuerpflichtig, sodass das OSS-Verfahren nicht mehr greift und die lokale Registrierung notwendig ist. Für Lieferungen aus diesem Lagerland in einen anderen Mitgliedsstaat gilt das Verfahren jedoch wieder. Amazon bezeichnet das in seinem Kundenschreiben als „Union One Stop Shop“. Lassen Sie sich am besten von Ihrem Steuerberater zu diesem komplexen Thema beraten, wenn Sie betroffen sind.

OSS-Registrierung: So melden Sie sich an

Die Registrierung für das OSS-Verfahren ist über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) möglich. Haben Sie bereits am MOSS-Verfahren teilgenommen, müssen Sie sich nicht erneut registrieren, sondern sind automatisch angemeldet.

Bei der Anmeldung müssen Sie zwingend Ihre Umsatzsteuer-ID bereithalten. Zudem hat jedes EU-Land eine eigene Anlaufstelle für OSS, so wie das BZSt in Deutschland zuständig ist.

Um im folgenden Quartal von der Sonderbesteuerung profitieren zu können, müssen Sie sich spätestens zum Ende des vorherigen Quartals registrieren. Darüber hinaus haben Sie auch die Möglichkeit, Ihre Teilnahme 15 Tage vor Beginn des neuen Besteuerungszeitraumes zu widerrufen.

Wann ist die lokale Registrierung innerhalb der EU nötig?

In einigen Fällen ist es nötig, Ihre Registrierung für das One-Stop-Shop-Verfahren lokal in anderen EU-Mitgliedsstaaten durchzuführen. Gründe sind beispielsweise:

  • Beim Verkauf Ihrer Produkte über andere Länder durch schnelle Verfügbarmachung (auch Commingling genannt)
  • Bei lokalen Lieferungen, die keine Fernverkäufe sind
  • Bei innergemeinschaftlichem Erwerb oder innergemeinschaftlichen Lieferungen - so etwa, wenn es um Warenlagerfälle geht

Die Steuerklärung im OSS-Verfahren

Hier finden Sie wichtige Schritte für Ihre Steuererklärung im One-Stop-Shop-Verfahren:

  • Zu Ihren Pflichten zählt die vierteljährliche Meldung Ihrer Steuererklärung im One-Stop-Shop-Portal.
  • Die OSS-Steuern überweisen Sie an die Bundeskasse Trier und nicht wie üblich an Ihr lokales Finanzamt.
  • Wenn Sie in einem Quartal keine Umsätze erzielt haben, müssen Sie eine Nullmeldung abgeben.

Info

Wichtige Abgabefristen

Für die Steuererklärung der Umsatzsteuer im One-Stop-Shop-Verfahren gelten folgende Abgabefristen:

  • Quartal I: Bis zum 30. April
  • Quartal II: Bis zum 31. Juli
  • Quartal III: Bis zum 31. Oktober
  • Quartal IV: Bis zum 31. Januar des Folgejahres

In der Steuererklärung sind Sie außerdem dazu verpflichtet, die Umsätze den einzelnen Mitgliedstaaten mit den jeweils geltenden Steuersätzen zuzuordnen. Die Angaben müssen Sie immer in Euro machen und dafür den Umrechnungskurs des letzten Quartaltages verwenden, den die Europäische Zentralbank zu dem Zeitpunkt ausgewiesen hat.

Zudem gilt eine Archivierungspflicht von zehn Jahren für alle Umsätze, die dem OSS-Verfahren zuzuordnen sind. Beachten Sie jedoch, dass Sie weiterhin eine eigene Umsatzsteuererklärung für die Verkäufe in Ihrem Heimatland machen müssen.

Info

Wird die Vorsteuer im One-Stop-Shop-Verfahren erstattet?

Wenn Sie das OSS-Verfahren anwenden erklären Sie lediglich Ihre Umsätze in der Steuererklärung. Wenn Ihnen ausländische Vorsteuer in Rechnung gestellt wird, z. B. weil Sie Stoffe in Italien eingekauft haben, können Sie diese bei Anwendung von Mini One Stop Shop nicht direkt steuerlich geltend machen.

Wenn Sie eine Erstattung der im Ausland gezahlten Vorsteuer wünschen, müssen Sie das Vorsteuer-Vergütungsverfahren beantragen. Dies können Sie über das BZStOnline-Portal des Bundeszentralamtes für Steuern tun.

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