GbR und Haftung: Welche Haftungsfragen muss ich in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beachten?

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz GbR, lässt sich sehr einfach gründen. Schwieriger wird es bei der Haftung bei einer GbR: Denn für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften die Gesellschafter gemeinsam und unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen. Deshalb sollten Sie einige Dinge mit Ihrem Geschäftspartner oder Ihrer Geschäftspartnerin klären.

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Mann im Anzug sitzt in der Mitte, während viele Leute von allen Seiten auf ihn einreden
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GbR-Gründung und -Haftung – So gründen Sie eine GbR

Mitgefangen, mitgehangen: Wählen Sie Ihre Partner in der GbR sorgfältig aus

In einer GbR haben Sie immer mindestens einen Partner oder eine Partnerin. Weil Sie auch für deren Handeln haftbar gemacht werden können, sollten Sie ihn bzw. sie sehr gründlich auswählen. Sogar gute Freunde können sich im Ernstfall als Fehlbesetzung entpuppen. Und ein Fehler Ihres Partners bzw. Ihrer Partnerin kann auch Sie selbst in Bedrängnis bringen. Ganz nach dem Motto „mitgefangen, mitgehangen“ werden bei der GbR-Haftung Sie und Ihre Partner für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemeinschaftlich und unbeschränkt, auch mit dem Privatvermögen, herangezogen. Deswegen sollten Sie Ihren Mitgesellschaftern blind vertrauen können, aber sich trotzdem bestmöglich absichern.

Regeln über Regeln: Ein schriftlicher Vertrag ist ein Muss

Eine GbR können Sie zwar mündlich und formlos gründen, doch das sollten Sie nicht tun. Legen Sie alles schriftlich fest. Sparen Sie zudem nicht an der falschen Stelle, indem Sie den Vertrag selbst aufsetzen. Klären Sie wichtige Haftungsfragen gemeinsam mit einer Rechtsberatung, und beschränken Sie Ihre persönliche Haftung bei der GbR weitmöglichst. Dabei sollten Sie unter anderem folgende Punkte festlegen: 

  • Regeln Sie die Vertretungsbefugnis und weichen Sie von der gesetzlichen Gesamtgeschäftsführung ab. Es ist sinnvoll, eine Einzelvertretung zuzulassen, diese aber auf einen Höchstbetrag zu beschränken. Zudem kann es je nach Geschäftszweck sinnvoll sein, die Tätigkeitsbereiche aufzuteilen. So lässt sich beispielsweise festlegen, dass Sie für alle kaufmännischen Belange zuständig sind, während Ihr Partner oder Ihre Partnerin beispielsweise die Akquise verantwortet. Die Gesellschafter können dann in ihrem Bereich eigenständig Entscheidungen treffen.

    Achtung: Bedenken Sie, dass Sie gleichzeitig mit der GbR haftbar gemacht werden können! Es haftet also nicht zunächst die GbR und dann die einzelnen Gesellschafter. Es kommt zu einer sogenannten gesamtschuldnerischen Haftung bei der GbR. Das bedeutet: Die GbR-Haftung der Gesellschafter betrifft alle gemeinsam (nicht nach Anteilen). Dieser Umstand berücksichtigt bei einer GbR auch Ihr Privatvermögen.

Info

Professionell bleiben

Sie können im Gesellschaftsvertrag alle Partner:innen bzw. Gesellschafter:innen dazu verpflichten, gegenüber Geschäftspartnern die GbR-Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken und die Gesellschafter nur als Teilschuldner entsprechend ihrer jeweiligen Beteiligung zu verpflichten. Dies ist aber keine gängige Praxis und kann bei manchen Geschäftspartnern einen unprofessionellen Eindruck erwecken. In diesem Fall wäre eher zu überlegen, eine andere Rechtsform zu wählen.

  • Integrieren Sie in den Gesellschaftsvertrag beispielhaft eine Aufzählung von Widerspruchsgründen, wann z. B. die Einzelvertretung entzogen werden darf.
  • Legen Sie den Maximalbetrag fest, der vom Geschäftskonto monatlich privat entnommen werden darf. Legen Sie verschiedene Geschäftsunterkonten an, um den Überblick zu behalten (z. B. ein eigenes Einlagekonto).
  • Legen Sie sehr genau fest, wie Sie mit zukünftigen Konflikten oder Rechtsstreitigkeiten umgehen.
  • Wechsel der Gesellschafter (oder das Ausscheiden eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin, etwa durch den Verkauf seiner oder ihrer Anteile oder durch Kündigung) sind zwar bei der GbR schwierig, doch auch hierfür sollten Sie eine Regelung treffen. Bestimmen Sie im Vertrag, dass zum Beispiel vor dem Verkauf von Anteilen alle Gesellschafter zustimmen müssen. Regeln Sie zudem Kündigungsgründe, Abfindungsansprüche, Wettbewerbsverbote und GbR-Haftungsdetails  für ausscheidende Gesellschafter.

Tipp

Treffen Sie Vorkehrungen für Ausscheidungen

Legen Sie fest, dass die GbR-Haftung auch für Gesellschafter nach dem Ausscheiden für Altverbindlichkeiten gilt, die während der Unternehmenszugehörigkeit verursacht wurden. Sie können auch regeln, dass die Ausscheidenden so lange weiter haften, bis sie im Handelsregister gelöscht und auf den Firmenbriefköpfen etc. entfernt wurden. Sie werden infolgedessen alles dafür tun, die Austragung in die Wege zu leiten. Außerdem ist es sinnvoll, per Rundschreiben alle Gläubiger über das Ausscheiden von Gesellschaftern zu informieren.

Achtung: Bei einem Gesellschafterwechsel übernimmt die Person, die die Anteile übernimmt, alle Rechte und Pflichten der Vorgänger.

  • Regeln Sie, wann Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden dürfen. Listen Sie alle Ausschlussgründe klar und unmissverständlich auf. Zum Beispiel, dass die betreffende Person ausgeschlossen wird, wenn sie Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.
  • Nehmen Sie in den Vertrag eine sogenannte Fortsetzungsklausel auf, damit die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht automatisch aufgelöst wird, und treffen Sie eine Erbfolgeregelung.
  • Legen Sie die Beiträge der Gesellschafter vertraglich fest.
  • Auch Wettbewerbsverbote sollten Sie in den Vertrag aufnehmen.
  • Schließen Sie eine Berufshaftpflichtversicherung ab. Damit fangen Sie Kosten ab, die durch Ihre Fehler entstehen können. Im Mandanten- bzw. Kundenvertrag ist eine GbR-Haftungsbeschränkung auf die Haftpflicht-Versicherungssumme zulässig. Viele Berufsgruppen, z. B.  Anwälte und Steuerberater, sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet.

Tipp

So holen Sie sich kostenfrei Hilfe

Wenn Sie sich keinen Rechtsbeistand leisten können, empfiehlt sich auch ein Gründungscoaching. Es ist ein aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziertes Programm.

Haftung der GbR und der Gesellschafter: Verschiedene Szenarien und Beispiele

Kommt es zu einem Schadensfall, können Gläubiger sowohl die GbR als auch deren Gesellschafter in Haftungsfragen rechtlich heranziehen. Um die gesamtschuldnerische Haftung weitestgehend zu begrenzen, gibt es verschiedene Szenarien, die Sie bei Gründung der GbR im Hinterkopf behalten sollten:

1. Haftungsausschluss bei bestimmten GbR

Für geschlossene Immobilienfonds oder Bauherrengemeinschaften gilt bezogen auf die Haftung eine Besonderheit. Sie dürfen in ihren AGB die GbR-Haftung beschränken.

2. Haftung für Delikte der anderen Gesellschafter

Die GbR haftet für ihre Gesellschafter. Diese haften deshalb auch für Delikte der anderen Gesellschafter, sofern sie in Zusammenhang mit dem Betrieb der GbR stehen.

3. Nachhaftung bei einer GbR nach Auflösung

Auch nach der Auflösung ist die GbR-Haftung noch bis zu fünf Jahre wirksam. Konkret bedeutet das: Egal, ob Sie und Ihre Gesellschafter eine GbR auflösen oder ob ein Gesellschafter ausscheidet, Gläubiger können ihre Ansprüche innerhalb von fünf Jahren geltend machen.

4. GbR-Haftung bei Tod eines Gesellschafters

Sollte ein Gesellschafter versterben, werden sowohl die Aktiva als auch die Passiva vererbt. Sofern ein Nachkomme das Erbe antritt, muss diese Person auch für Schulden innerhalb der GbR haften.

5. Eine GbR-Haftungsbeschränkung ist nicht möglich

Da Sie bei einer GbR die Haftung nicht gänzlich ausschließen können, sollten Sie im Gesellschaftervertrag von Anfang an festhalten, dass ein Teil der Einnahmen genutzt wird, um Rücklagen zu bilden. Konkret bedeutet das: Eine GbR-Haftungsbeschränkung ist weder im Innenverhältnis noch im Außenverhältnis möglich. Alle Gesellschafter haften unbegrenzt, notfalls auch mit dem Privatvermögen.

6. Haftungsfrage bei Abmahnung

Sollte es zu Wettbewerbsverletzungen durch einen Gesellschafter kommen, betrifft die GbR-Haftung dennoch alle Gesellschafter. Es ist daher ratsam, alle Werbemaßnahmen zu kontrollieren, damit es erst gar nicht so weit kommen kann.

Praxis-Beispiel: Vertretung ohne Vollmacht

Fall: Die Freunde Hans und Jan sind Steuerberater. Sie machen sich selbstständig und gründen eine Anwaltssozietät, eine GbR. Da sie sich so gut verstehen und sich in juristischen Dingen gut auskennen, sparen sie sich das Geld für den Anwalt und setzen selbst einen schriftlichen Vertrag auf. Dieser regelt, dass beide Gesellschafter bis zu einer Summe von 10.000 EUR berechtigt sind, die Gesellschaft alleine zu vertreten. Ein halbes Jahr später kauft der IT-interessierte Jan im Namen der Gesellschaft von Verkäufer Leon ein EDV-System im Wert von 40.000 EUR. Den Kauf hat Jan nicht mit Hans abgesprochen. Als Hans davon erfährt, weigert er sich, anteilig dafür aufzukommen.

Lösung: Mit dem Erwerb des EDV-Systems in Höhe von 40.000 EUR hat Jan die Grenzen der Vollmacht (Fachbegriff: Vertretungsmacht) um 30.000 EUR überschritten. Er konnte somit die Gesellschaft nicht wirksam vertreten und handelte als "Vertreter ohne Vertretungsmacht". Der Vertrag zwischen der GbR und dem Verkäufer Leon ist deshalb "schwebend unwirksam". Dies wirkt sich jedoch auf das Geschäft mit dem Verkäufer Leon nicht aus, weil dieser von den internen Regelungen nichts wissen konnte. Da die Gesellschaft den Vertrag auch nachträglich nicht genehmigt (dafür bedarf es der Zustimmung von Hans), betrifft die GbR-Haftung ausschließlich Jan.

Tipp

Vertretungsbefugnis aushandeln und im Gesellschaftsvertrag festhalten

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, bei der Gründung einen schriftlichen Vertrag auszuhandeln. Dieser sollte möglichst mit einem Rechtsbeistand besprochen werden, um sich die Konsequenzen einzelner Regelungen bewusst zu machen. Denn: Hätten Jan und Hans die Tätigkeitsbereiche aufgeteilt und vereinbart, dass Jan für den kaufmännischen Bereich (samt IT) zuständig ist und Hans für die Akquise, hätte sich daraus eine alleinige Vertretungsmacht von Jan in „konkludenter Form“ (d. h. durch schlüssiges Handeln) ergeben. Jan hätte in diesem Fall mit Vertretungsmacht gehandelt.