Degressive Abschreibung: Diese Regelungen gelten

Der Gesetzgeber hatte die degressive Abschreibung für Neuinvestitionen ursprünglich aufgrund der Corona-Pandemie eingeführt. Mit dieser Maßnahme sollten Unternehmen finanziell unterstützt werden. Noch bis zum 31. Dezember 2024 können Unternehmer zwischen der linearen und der degressiven Abschreibungsmethode wählen. Doch was versteht man unter einer degressiven Abschreibung? Was darf abgeschrieben werden und wie werden Abschreibungsbeträge berechnet? Und welche steuerlichen Vorteile können Sie als Freiberufler oder Einzelunternehmer von der degressiven Abschreibung erzielen? Die Antworten geben wir Ihnen in diesem Artikel.

Zuletzt aktualisiert am 29.11.2024
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Welche Abschreibungsarten gibt es?

Der Begriff “Abschreibungsart” oder „Abschreibungsmethode“ bezeichnet die Methode, mit der die Wertminderung von Vermögensgegenständen erfasst wird. Abschreibungsmethoden dienen dazu, Wirtschaftsgüter in einem Unternehmen planmäßig abzuschreiben. 

Einige Anlagen wie beispielsweise Grundstücke verlieren nicht an Wert. Möbel und Computer unterliegen hingegen einem ständigen Wertverlust. Dieser orientiert sich an der Dauer der Nutzung. Zur Erfassung des Wertverlustes dienten früher verschiedene Abschreibungsmethoden.

Es existieren verschiedene Abschreibungsmethoden. Die bekanntesten sind die folgenden: 

  • Progressive Abschreibung
  • Kombinierte Abschreibung
  • Lineare Abschreibung
  • Degressive Abschreibung
  • Leistungsabschreibung 

Die Buchhaltung darf die Art der Abschreibung nicht frei wählen. Der Gesetzgeber gibt diese vor. Die degressive Abschreibung kann noch bis Ende 2024 gewählt werden.

Definition

Was ist die degressive Abschreibung?

Der Begriff „Abschreibung“ bedeutet laut Definition des Steuerrechts eine Absetzung für Abnutzung (kurz: AfA). Wichtig ist, dass Sie zunächst den Unterschied zwischen „absetzen“ und „abschreiben“ kennen:

  • Etwas von der Steuer absetzen: Die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts oder die Kosten einer Dienstleistung werden in der Steuererklärung angegeben, um dadurch steuerliche Vorteile zu erzielen.
  • Ein Wirtschaftsgut abschreiben: Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Sachguts werden über mehrere Jahre – je nach Nutzungsdauer – verteilt. Damit kann ein bestimmter Betrag jährlich in der Steuererklärung angesetzt werden.

Bei der Abschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler ggf. zwischen zwei Methoden wählen: linear oder degressiv.

Video: Befristete Wiedereinführung der degressiven Afa

Befristete Wiedereinführung durch das Wachstumschancengesetz

Am 22. März 2024 hat der Bundesrat dem Wachstumschancengesetz nach langem Hin und Her zugestimmt. Ein Bestandteil des Gesetzes ist die befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung. Demnach kann die degressive Abschreibungsmethode für Wirtschaftsgüter gewählt werden, die zwischen dem 1. April 2024 und 1. Januar 2025 angeschafft werden bzw. wurden.

Wichtig: Der Prozentsatz bei Anwendung der degressiven Abschreibung darf das Zweifache des linearen Abschreibungssatzes nicht übersteigen und maximal 20 Prozent der Anschaffungskosten bzw. des Restbuchwerts betragen.

Info

Befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude

Im Zuge des Wachstumschancengesetzes wurde auch die Möglichkeit eingeführt, die AfA von Wohngebäuden degressiv zu berechnen. Die degressive Abschreibung kann in Höhe von 5 Prozent vorgenommen werden für Immobilien, deren Bau zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 31. September 2029 begonnen hat bzw. beginnt.

Was ist der Unterschied zwischen linearer und degressiver Abschreibung?

Der Unterschied zwischen linearer und degressiver Abschreibung liegt im Jahresbetrag.

Bei der linearen Abschreibung werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts Jahr für Jahr mit demselben Betrag abgeschrieben. Der Abschreibungsbetrag bleibt immer gleich.

Anders bei der degressiven Abschreibung:

  1. Der Abschreibungsbetrag berechnet sich prozentual zum Neupreis bzw. zum Restbuchwert des Vorjahres.
  2. Die Anschaffungskosten eines Sachguts werden mit einem Betrag abgeschrieben, der Jahr für Jahr kleiner wird.
  3. Der Betrag ist im ersten Abschreibungsjahr am höchsten und höher als der Abschreibungsbetrag für eine lineare Abschreibung.

Geometrisch-degressive und arithmetisch-degressive Abschreibung

Bei der degressiven AfA unterscheidet man zusätzlich zwischen einer geometrisch-degressiven Abschreibung und einer arithmetisch-degressiven Abschreibung.

  • Geometrisch-degressive Methode: Hier bleibt der Multiplikationsfaktor bei der Berechnung konstant. Nach Ablauf der Nutzungsdauer bleibt ein Restbuchwert übrig.
  • Arithmetisch-degressive Methode: Der Restbuchwert reduziert sich Jahr für Jahr um einen festen Degressionsbetrag. Der Buchwert beträgt nach Ablauf der Nutzungsdauer null Euro. Bei dieser Methode gibt es einen Sonderfall: die digitale Abschreibung. Sie erfasst die Wertminderung eines Gegenstandes mit gleichbleibenden Jahresbeträgen.

Ist ein Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung möglich?

Wenden Sie die degressive Methode an, dürfen Sie ein Wirtschaftsgut später linear abschreiben. Der Umstieg zur linearen AfA-Methode ist dann sinnvoll, wenn der Abschreibungswert bei der linearen Methode genauso hoch oder höher ist wie der Wert bei der degressiven Methode.

Achtung

Gesetzeslage beachten

Ein Wechsel von der linearen zur degressiven Abschreibungsmethode ist jedoch nicht möglich – und ist per Gesetz auch ausgeschlossen.

Wann lohnt sich eine degressive Abschreibung?

Sie können alle Neuanschaffungen, die Sie zwischen dem 1. April 2024 und dem 31. Dezember 2024 für Ihr Unternehmen tätigen, degressiv abschreiben. Es lohnt sich auf jeden Fall, genau zu prüfen, ob Sie von einer degressiven Absetzung steuerlich profitieren. 

Das sind die Vorteile der degressiven AfA:

  1. Die degressive Abschreibung bildet die Wertminderung realistischer ab: Viele Sachgüter, wie technische Geräte oder Fahrzeuge, erfahren in den ersten Nutzungsjahren einen hohen Wertverlust. Diese Abnutzung lässt sich durch eine degressive AfA besser steuerlich geltend machen als durch eine lineare Abschreibung.
  2. Sie werden grundsätzlich finanziell entlastet: Da bei der degressiven Abschreibung in den ersten Jahren ein höherer Satz angesetzt wird, bedeutet das für Sie eine wirtschaftliche Entlastung. Denn eine größere Wertminderung verringert Ihr zu versteuerndes Einkommen – und so müssen Sie möglicherweise weniger Steuern zahlen.
  3. Sie können bei einem Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung mehr absetzen: Es wird empfohlen, ein Wirtschaftsgut zunächst degressiv und dann linear abzuschreiben. Damit sichern Sie sich weitere finanzielle Vorteile.

Was kann abgeschrieben werden – und was nicht?

Grundsätzlich dürfen alle Güter des Anlagevermögens degressiv abgeschrieben werden, die diese Eigenschaften haben:

  1. Das Wirtschaftsgut ist beweglich.
  2. Das Wirtschaftsgut wird betrieblich genutzt.
  3. Das Wirtschaftsgut nutzt sich ab.
  4. Das Wirtschaftsgut ist materiell.

Anwendung findet die degressive AfA für die Geschäftsausstattung - wie Büromöbel, Schreibtisch usw., sowie für die Betriebsausstattung - wie Firmenwagen, Maschine, Anlagen und Ähnliches.

Es gibt Wirtschaftsgüter, die nicht abgeschrieben werden können. Dazu zählen unter anderem folgende unbewegliche Güter:

  • Immaterielle Wirtschaftsgüter, wie Lizenzen oder Patente
  • Grund und Boden (bebaute und unbebaute Grundstücke)
  • Umlaufvermögen (d. h. Betriebskapital, Wertpapiere, Forderungen, Guthaben)

Info

Abschreibungen von gebrauchten Gütern

Können auch Gegenstände abgeschrieben werden, die gebraucht gekauft wurden? Ja, aber bei gebrauchten Gütern richtet sich die Abschreibung nach der Restnutzungsdauer.

Wer darf degressiv abschreiben?

Anspruch auf eine degressive Abschreibung haben alle Gewerbetreibenden, Selbstständigen und Freelancer, die Gewinneinkünfte haben. Dabei spielt keine Rolle, welche Rechtsform ihr Unternehmen hat, wie z. B. Einzelunternehmen, GbR oder OHG, und wie hoch ihr Umsatz pro Jahr ist.

Info

Gesetzesgrundlage im Einkommensteuergesetz

Die degressive Abschreibung für Wirtschaftsgüter wird steuerrechtlich im Einkommenssteuergesetz (EStG) beschrieben. Genauer gesagt unter § 7 Abs. 2 EStG. Die handelsrechtliche Regelung für die degressive AfA finden Sie im Handelsgesetzbuch unter § 253 Abs. 3 HGB.

Wie funktioniert eine degressive Abschreibung?

Bemessungsgrundlage ist immer der Netto-Kaufpreis eines Sachguts. Mit dieser Formel wird dann die degressive Abschreibung berechnet:

Abschreibungssatz x Buchwert des Vorjahres = Abschreibungsbetrag

Tipp

Gesonderte Abschreibung für Kleinunternehmer

Kleinunternehmer (laut § 19 UStG), die keine Umsatzsteuer berechnen und abführen, gehen bei der Abschreibung anders vor. In diesem Fall dürfen sie die Mehrwertsteuer, die sie selbst bezahlt haben und nicht abführen können, zu den Anschaffungskosten dazurechnen. Das bedeutet, die Bemessungsgrundlage für Kleinunternehmer sind die Gesamtkosten (Nettopreis plus gezahlte Mehrwertsteuer).

Degressive Abschreibung: Beispiel aus der Praxis mit Tabelle

Ein Solo-Selbstständiger kaufte im August 2023 ein neue Maschine für 165.000 Euro. Laut Formel berechnet sich die Abschreibung für eine 9-jährige Nutzungsdauer wie folgt.

  1. Zunächst wird der lineare Abschreibungsbetrag ermittelt. Bemessungsgrundlage ist die Höhe der Netto-Anschaffungskosten, die durch die Nutzungsdauer geteilt werden:

    165.000 Euro / 9 Jahre = 18.333 Euro
  2. Mit dem linearen Abschreibungsbetrag von 18.333 Euro muss jetzt der lineare AfA-Satz berechnet werden. Hier wird der jährliche lineare AfA-Betrag durch die Anschaffungskosten dividiert:

    18.333 Euro / 165.000 Euro = 0,11 (entspricht 11 %)
  3. Jetzt kann der degressive AfA-Satz ermittelt werden. Dieser beträgt das 2,0-fache des linearen AfA-Prozentsatzes, höchstens jedoch 20%:

    11 % x 2,0 = 22 %

Aber: Der Abschreibungssatz darf höchstens das 2,0-Fache des linearen Abschreibungssatzes betragen. Und er darf nicht höher als 20 % sein. Das heißt, dass der Solo-Selbstständige in diesem Beispiel einen degressiven Satz von 20 % ansetzen darf.

Wichtig ist zu beachten, dass hier im Jahr der Anschaffung ein anteiliger AfA-Betrag berechnet werden muss, da die Maschine erst im August gekauft wurde. Der Abschreibungsbetrag beträgt daher nicht die vollen 33.000 Euro, sondern nur 11.000 Euro für die vier Monate von September bis Dezember.

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<b>Abschreibung nach Nutzungsjahr</b>
Abschreibung nach NutzungsjahrAfA-Satz und AfA-BetragRestbuchwert
Jahr 0 – Kauf im August: Kaufpreis 165.000,00 Euro AfA-Satz 20 % (= AfA-Betrag von 33.000 Euro für das komplette Jahr)

Anteiliger AfA-Beitrag = 11.000 Euro.
154.000 Euro
Nutzungsjahr 1: Restbuchwert 154.000 Euro 20 % vom Restbuchwert = 30.800 Euro 123.200 Euro
Nutzungsjahr 2: Restbuchwert 123.200 Euro 20 % vom Restbuchwert = 24.640 Euro 98.560 Euro
Nutzungsjahr 3: Restbuchwert 98.560 Euro 20 % vom Restbuchwert = 19.712 Euro 78.848 Euro
Nutzungsjahr 4: Restbuchwert 78.848 Euro 20 % vom Restbuchwert = 15.769,60 Euro 63.051,40 Euro

Anhand der sinkenden Jahresbeträge lässt sich in diesem Beispiel gut erkennen, dass sich hier ein Wechsel zur linearen Abschreibungsmethode im vierten Nutzungsjahr lohnt

Der Grund: Der ideale steuerlich ideale Wechselzeitpunkt ist, wenn linearer und degressiver Abschreibungsbetrag gleich hoch sind, bzw. wenn der lineare Betrag den degressiven übersteigt. 

Beim Übergang von der degressiven auf die lineare Abschreibung berechnet sich der Abschreibungsbetrag als Restbuchwert/Restnutzungsdauer.

Im Beispiel beträgt die lineare Abschreibung im vierten Jahr 15.769,60 (Restbuchwert: 78.848,00/Restnutzungsdauer: 5 Jahre) der Wert ist somit in diesem Jahr identisch mit dem degressiven Abschreibungsbetrag. Daher ist zu diesem Zeitpunkt ein Wechsel der Abschreibungsmethode von degressiv zu linear sinnvoll.

Degressive Abschreibung für Neuanschaffungen noch bis Ende 2024 möglich

Sollten Sie für Ihr Unternehmen zwischen 1. April 2024 und 31. Dezember größere Investitionentätigen, lohnt es sich nachzurechnen. Eine degressive AfA für die ersten Nutzungsjahre könnte sich für Sie durchaus auszahlen.