Anhand der Vollkostenrechnung den Unternehmenserfolg sichern

Viele Unternehmen nutzen die sogenannte Vollkostenrechnung als Kostenrechnungssystem, um in ihrem Betriebsalltag Angebotspreise oder den Erfolg einer Periode zu berechnen. Im Gegensatz zur Teilkostenrechnung, bei der Fixkosten ausgeklammert werden, verrechnen Sie bei der Vollkostenrechnung sämtliche anfallenden Kosten auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen. Erfahren Sie hier, was es mit der Vollkostenrechnung auf sich hat und welchen Stellenwert diese als Teil der Kosten- und Leistungsrechnung im Rechnungswesen eines Unternehmens einnimmt.

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Großer Besprechungsraum in einem Büro
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 |  Zuletzt aktualisiert am:10.07.2023

Definition

Was ist eine Vollkostenrechnung?

Mit dem Verfahren der Vollkostenrechnung sollen alle innerhalb eines Unternehmens anfallenden Kosten der innerbetrieblichen Leistungserstellung auf Kostenträger wie Produkteinheiten oder Leistungseinheiten umgelegt werden. Dazu zählen sämtliche Kostenarten wie variable und fixe Kosten, aber auch Einzel- und Gemeinkosten. Auf diese Weise kann die Wirtschaftlichkeit einzelner Kostenträger ermittelt werden, um langfristig den Unternehmenserfolg zu sichern. Ihr gegenüber steht das Kostenrechnungsverfahren der Teilkostenrechnung, die zur Haushaltssteuerung nur die variablen Kosten verrechnet.

Aufgaben und Ziele der Vollkostenrechnung

  • Ermitteln entstandener Kosten eines Kostenträgers bzw. seiner Selbstkosten
  • Preiskalkulation (v.a. bei Einzelfertigungen)
  • Preisuntergrenzen erkennen
  • Preisgestaltungen und Wirtschaftlichkeit beurteilen
  • mit ihrer Hilfe (langfristige) Produktionsprogrammplanungen festlegen
  • das Betriebsergebnis berechnen

Wie läuft eine Vollkostenrechnung ab?

Bei einer Berechnung der Vollkosten werden alle innerhalb einer Periode angefallenen Kosten auf die verschiedenen Kostenträger verteilt.In der Regel verläuft dieses Verfahren in drei Schritten:

1. Kostenartenrechnung

Im ersten Schritt sollen Fragen beantwortet werden wie:

  • Welche Kosten sind innerhalb des (Produktions-)Prozesses insgesamt entstanden?
  • Welche Kosten waren Einzelkosten – können also einem Produkt oder einer Leistung konkret zugeordnet werden?
  • Welche Kosten wiederum waren Gemeinkosten, die unabhängig einzelner Prozesse anfallen?
  • Welche variablen Kosten wie Bauteile, Treibstoffe, Rohstoffe oder Provisionen gibt es?

2. Kostenstellenrechnung

In Schritt zwei stehen die Fragen im Mittelpunkt:

  • Wo sind die Kosten angefallen?
  • Wie können beispielsweise die Gemeinkosten im Rahmen einer Fixkosten-Analyse zur Miete, Gebäude- und Energiekosten, Transportkosten sowie Vertriebs- und Verwaltungskosten anteilig den Produkten und Leistungen zugeteilt werden?

3. Kostenträgerrechnung

Im letzten Schritt entsteht eine Zusammenfassung aus Schritt 1 und 2 sowie die Kalkulation der Preise. Nachdem alle Kosten erfasst sind, werden sie auf das Endprodukt umgelegt. Dies geschieht entweder durch eine prozentuale Berechnung oder durch eine genaue Aufschlüsselung der Kosten auf das Endprodukt. Das Ergebnis ist der Gesamtpreis für das Endprodukt oder die Dienstleistung, der alle Kosten umfasst.

Indem das Unternehmen alle Kosten berücksichtigt und sie auf den Einzelstückpreis des Produkts aufschlägt, kann es den Break-Even-Point (BEP) errechnen, also die Gewinnschwelle, ab der es schwarze Zahlen schreibt. An diesem BEP sind die Einnahmen genauso hoch sind wie die Ausgaben. Es gibt weder Verlust noch Gewinn. Man kann hier auch von der Preisuntergrenze sprechen.

Info

Vorteile und Nachteile der Vollkostenrechnung

Von Vorteil ist, dass die Vollkostenrechnung einfach durchführbar ist. Sie verschafft Ihnen schnell einen Überblick über alle Kosten im Unternehmen. Darüber hinaus ermöglicht sie es Unternehmen, ihre Produktmixe zu optimieren. Indem Sie als Unternehmer die Kosten für jedes Produkt oder jede Dienstleistung berechnen, können Sie entscheiden, welche davon für ihr Geschäft am rentabelstensind. Dadurch können sie ihre Ressourcen auf die Bereiche konzentrieren, die das meiste Geld einbringen und so ihr Geschäft weiter ausbauen.

Nachteilig ist, dass fixe Kosten, zum Beispiel Abschreibungen, Produkten anteilig zugeordnet werden, die eigentlich unabhängig von ihnen anfallen. Sie berücksichtigt nicht, dass einige Produkte und Dienstleistungen möglicherweise mehr Profit generieren als andere. Denn: Ein Produkt oder eine Dienstleistung mit hohen Kosten kann dennoch einen hohen Gewinn generieren, wenn es zu einem höheren Preis verkauft wird.

Wer die Vollkostenrechnung bei kurzfristigen unternehmerischen Entscheidungen zurate ziehen will, sollte vorsichtig sein: Hier ist er mit der Teilkostenrechnung besser beraten, da sie Fixkosten und variable Kosten trennt. Es ist daher empfehlenswert, als Unternehmer beide Kostenrechnungsverfahren anzuwenden.

Das Schema der Vollkostenrechnung

Zur Verdeutlichung des Kostenrechnungsverfahrens innerhalb des Rechnungswesens soll ein Beispiel für die Vollkostenrechnung erstellt werden:

  • Angenommen, ein Unternehmen produziert 100 Hosen. Die direkten Kosten pro Einheit betragen 20 Euro einschließlich Rohstoffe, Arbeitskosten und anderen direkten Materialkosten.
  • Die Gemeinkosten, wie etwa Miete, Gehälter der Mitarbeiter, Strom und andere allgemeine Betriebskosten, belaufen sich auf 1.200 Euro pro Monat.

Um die Vollkosten zu berechnen, müssen nun mithilfe einer einfachen Formel sämtliche Kosten addiert werden:

Einzelkosten (Einkaufspreis pro Hose) = 20 Euro x 100 Einheiten = 2.000 Euro

Gemeinkosten = 1.200 Euro pro Monat

Vollkosten = 2.000 Euro + 1.200 Euro = 3.200 Euro

Das Unternehmen muss folglich insgesamt 3.200 Euro pro Monat erwirtschaften, um 100 Einheiten seines Produkts herzustellen und alle Kosten zu decken. Eine Hose muss somit für mindestens 32 Euro verkauft werden (3.200 Euro / 100 Stück), damit alle Kosten gedeckt sind und ein Gewinn erzielt werden kann. Die 32 Euro pro Hose entsprechen dem Break-Even-Punkt. Wird sie teurer verkauft als diese Selbstkosten, schreibt der Hosenhersteller Gewinn.

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