Tipp
Eine allgemeine Grundvergütung pro Stunde lohnt sich
Jeder Unternehmer, dessen Arbeitnehmer:innen eine Grundvergütung pro Stunde erhalten, die mehrere Euro über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, kann sich eine aufwändige Einzelfallüberprüfung sparen und sich auf die Überprüfung „besonderer Beschäftigter“ wie Praktikant:innen, Aushilfen u.ä. beschränken.
Flexible Arbeitszeit und Mindestlohn im Minijob
Minijobber:innen genießen bei Prüfungen durch die Zollverwaltung oder die Betriebsprüfer:innen der Rentenversicherung gern große Aufmerksamkeit. Sie als Unternehmer:innen müssen mit einer genauen Prüfung der Zeitaufzeichnungen rechnen. Bei einem Verstoß gegen das Mindestlohngesetz drohen Nachzahlungen und im schlimmsten Fall ein empfindliches Bußgeld.
Wurde mit Minijobber:innen die zu erbringende Arbeitszeit exakt festgelegt, werden diese Vereinbarungen eingehalten und kann dies den Aufzeichnungen entnommen werden, ist leicht nachzurechnen, ob der gesetzliche Mindestlohn gezahlt wurde.
Arbeitet ihr:e Mitarbeiter:in unregelmäßig müssen Sie immer darauf achten, dass die Einkommensgrenze von 450 EUR im Monat eingehalten wird. D. h. bei einem Mindestlohn von 9,82 EUR pro Stunde dürfen Minijobber:innen höchstens 45,82 Stunden arbeiten. Umgerechnet sind das höchstens 45 Stunden und 49 Minuten pro Monat.
Achtung
Stufenweise Erhöhung des Mindestlohns
Die Mindestlohnkommission hat folgenden Beschluss für eine Erhöhung des Mindestlohns gefasst:
- 9,50 EUR ab dem 1.1.2021
- 9,60 EUR ab dem 1.7.2021
- 9,82 EUR ab dem 1.1.2022
- 10,45 EUR ab dem 1.7.2022
- 12,00 EUR ab dem 1.10.2022
Ursprünglich war eine Anpassung des Mindestlohns im 2-Jahres-Abstand vorgesehen. Nun soll eine Anpassung des Mindestlohns in vier Stufen bis 2022 erfolgen. Hierdurch sollen die Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe tragfähig verteilt werden.
Mit unserem Mindestlohn-Rechner von Lexware können Sie den Mindestlohn mit wenigen Eingaben und Klicks selbst berechnen.
Mindestlohn: Arbeitszeit und Überstunden
Auch mit Minijobber:innen können Sie Arbeitszeitkonten vereinbaren. D. h. Sie legen vertraglich fest, dass Ihr:e Minijobber:in ein festes monatliches Entgelt erhält und dafür eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden leisten muss. Arbeitet er dann mehr als vereinbart, müssen Sie die Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto festhalten. Und Sie müssen ihm:ihr die Möglichkeit geben, das Zeitguthaben innerhalb von 12 Kalendermonaten durch Freizeit auszugleichen oder die Überstunden auszahlen. Zu beachten ist, dass die vereinbarte Arbeitszeit, soweit es den Mindestlohn betrifft, um höchstens 50 % überschritten werden darf. Alle weiteren Stunden müssen im Entstehungsmonat ausgezahlt werden.
Für den Minijob ist in diesem Fall entscheidend, dass trotz Überstunden die Jahresverdienstgrenze von 5.400 € eingehalten wird. Denn wird diese überschritten, endet der Minijob und zwar schon dann, wenn Sie als Arbeitgeber:in die Überschreitung absehen können, z. B. weil Ihr:e Minijobber:in die Überstunden nicht mehr rechtzeitig abbauen kann.
Achtung
Dokumentieren Sie alle Stunden
Setzen Sie Ihre:n Minijobber:in nach Bedarf ein, ist es besonders wichtig, dass Sie alle geleisteten Stunden sorgfältig dokumentieren. Auch eventuelle Auszahlungen und den fristgerechten Überstundenabbau müssen Sie ständig im Auge behalten, um den Minijob nicht zu gefährden.
Arbeitet Ihr:e Minijobber:in – bei festem Monatsentgelt – die vereinbarten Arbeitsstunden nach Bedarf ab, kann es passieren, dass er:sie in manchen Monaten so viel arbeitet, dass der Mindestlohn unterschritten wird. In anderen Monaten arbeitet er:sie dafür so wenig, dass sein Entgelt rechnerisch den Mindestlohn übersteigt. In diesem Fall ist der gesamte Jahresverdienst im Verhältnis zur geleisteten Jahresarbeitszeit maßgeblich. Bei dieser Rechnung muss mindestens der Mindestlohn erreicht werden.
Reisezeiten: Mindestlohn ist fraglich
Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Reisezeiten werden den meisten Arbeitnehmer:innen vergütet, auch wenn in diesen Zeiten die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung nicht erbracht wird. Während bei Bereitschaftszeiten (Bereitschaftsdienst, während dem der:die Arbeitgeber:in den Aufenthaltsort des:der Arbeitnehmenden bestimmt) der Mindestlohn zu zahlen ist, gilt dies nicht für die Rufbereitschaft (bei der der:die Arbeitnehmer:in seinen Aufenthaltsort selbst bestimmt).
Bei Reisezeiten dagegen kann nicht pauschal gesagt werden, ob der Mindestlohn zu zahlen ist. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Ist die Reisetätigkeit – beispielsweise bei Außendienstmitarbeiter:innen – Hauptleistungspflicht und entsprechend als Arbeitszeit im Vertrag vereinbart, so ist dafür auch der Mindestlohn zu zahlen. Anders kann es bei Techniker:innen oder Entwickler:innen aussehen, die einmal im Jahr für 3 Tage zur Branchenmesse fährt.
Achtung: In der Pflegebranche gelten besondere, zwingende Vorgaben.
Freiwilliges Praktikum und Mindestlohn
Grundsätzlich gilt: Bei einem „echten“ Praktikum steht die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Vordergrund, nicht die Arbeitsleistung. Übt ein:e Praktikant:in im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten wie ein:e Arbeitnehmer:in aus (was der Fall bei einem länger dauernden Praktikum sein kann), steigt das Risiko, dass der:die Praktikant:in bei einer Überprüfung als Arbeitnehmer:in eingestuft wird; mit der Folge, dass er Anspruch auf den Mindestlohn hat.
Tipp
Achten Sie bei der Einstellung von Praktikant:innen auf Folgendes
- Schreiben Sie in den Praktikumsvertrag detailliert, um welche Art Praktikum es sich handelt.
- Nehmen Sie Nachweise (z. B. Schul-/Prüfungs- oder Hochschulordnung) zur Personalakte.
- Lassen Sie sich schon vorhandene Praktika-Nachweise vorlegen oder – falls keine vorhanden sind – schriftlich von den Praktikant:innen bestätigen, dass siedie notwendigen Praktika noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht haben.
Mindestlohn für Auszubildende und Langzeitarbeitslose
In Unternehmen ohne Tarifbindung gilt seit Januar 2020 eine Mindestvergütung für Auszubildende. Praktika, die praktische Erfahrungen zur Abrundung eines bereits erlernten Berufes vermitteln sollen (z. B. Nachpraktika), sind keine Ausbildung in diesem Sinn. Für derartige Tätigkeiten ist jedoch der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen.
Langzeitarbeitslose, die ohne Unterbrechung mindestens ein Jahr bei der Agentur für Arbeit gemeldet sind, haben in den ersten sechs Monaten keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
Bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen sollten Sie einen Nachweis der Bundesagentur für Arbeit verlangen, sofern sie keinen Eingliederungszuschuss beantragen oder gewährt bekommen.
Übrigens: Bei einer Prüfung durch die Zollverwaltung sind Sie als Unternehmer:in in jedem Fall darlegungs- und ggf. beweispflichtig für alle Tatsachen, die Ausnahmen vom Mindestlohngesetz begründen. Nehmen Sie daher in jedem Fall von Anfang an alle erforderlichen Unterlagen/Nachweise zur Personalakte.
Achtung
Mindestvergütung für Auszubildende
Seit Januar 2020 gilt in Unternehmen ohne Tarifbindung eine Mindestvergütung für Auszubildende. Im ersten Lehrjahr beträgt diese für das Jahr 2021 550 Euro. 2022 wir die Vergütung auf 585 Euro erhöht und 2023 auf 620 Euro. Der Mindestlohn für Azubis soll ab 2024 automatisch an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen angepasst werden.