Mitarbeitende Familienangehörige – was gilt es zu prüfen?

Wenn Unternehmer ein Familienunternehmen aufbauen wollen, binden Sie Verwandte, Kinder, Ehefrau oder Ehemann etc. in der Regel früh in die Arbeitsprozesse ein. Doch was gilt es bei mitarbeitenden Familienangehörigen zu beachten? Immerhin handelt es sich bei ihnen nicht um gewöhnliche Angestellte. Alles zum Thema mitarbeitende Familienangehörige haben wir im Folgenden zusammengefasst.

Hinweis: Gendergerechte Sprache ist uns wichtig. Daher verwenden wir auf diesem Portal, wann immer möglich, genderneutrale Bezeichnungen. Daneben weichen wir auf das generische Maskulinum aus. Hiermit sind ausdrücklich alle Geschlechter (m/w/d) mitgemeint. Diese Vorgehensweise hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung.

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 |  Zuletzt aktualisiert am:17.10.2023

Statusprüfung bei mitarbeitenden Familienangehörigen

Um klar abzugrenzen, welches Arbeitsverhältnis vorliegt, sollte in jedem Falle eine Statusprüfung erfolgen, bevor die jeweilige Person die Arbeit aufnimmt. Diese bringt rechtliche Sicherheit und erspart hohe Kosten im Zusammenhang mit „falschen“ Zahlungen.

Bei mitarbeitenden Ehegatten, -frauen und Lebenspartnern, die nach dem 31.12.2004 im Betrieb tätig sind, wird das Statusfeststellungsverfahren automatisch durchgeführt. Mitarbeitende Kinder, Enkelkinder, Verwandte und Verschwägerte des Arbeitgebers werden allerdings nicht automatisch auf ihren Status überprüft.

Für sie besteht also weiterhin Rechtsunsicherheit. Das gilt auch für die „Altfälle“ der Ehe- und Lebenspartner, sodass Betroffene selbst die Initiative ergreifen und ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen müssen. Wer mit der Entscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht einverstanden ist, kann schriftlich Widerspruch einlegen.

Familienhafte Mitarbeit: Statusunterschiede bei sozial- und steuerrechtlicher Klärung

Mit Ihnen arbeitende Familienangehörige können aus steuerrechtlicher Sicht einen anderen Status haben als aus sozialrechtlicher Sicht. Er oder sie kann nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte als Arbeitnehmer gelten, nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte jedoch als Mitunternehmer. Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht sind voneinander unabhängig.

Familienmitglieder im Betrieb aus steuerrechtlicher Sicht

Die Mitarbeit eines Familienangehörigen wird in folgenden Fällen steuerlich anerkannt:

  • Wenn es sich nicht nur um eine normale Mithilfe handelt.
  • Wenn der Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen ist und hinsichtlich Höhe des Arbeitslohns, aller notwendigen übrigen Bestandteile und seine Einhaltung einem Drittvergleich genügt.
  • Wenn die gesetzliche Arbeitszeit nachgewiesen wird.
  • Wenn das Arbeitsentgeld pünktlich und in bar bezahlt wird.

Zwischen Ehegatten und –partnern muss das Arbeitsverhältnis ernsthaft vereinbart und durchgeführt werden. Bei Mitarbeit von Kindern wird auf angemessene Bezüge geachtet. Sind Kinder Arbeitgeber der Eltern, darf es sich nicht um verdeckte Unterhaltsleistungen handeln.

Familienmitglieder im Betrieb mit oder ohne Sozialversicherung

In vielen Betrieben und bei Selbstständigen wie z. B. Ärzten, Architekten etc. sind mithelfende Familienangehörige sozialversicherungspflichtig beschäftigt und es werden Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet. Sie müssen nicht selten – oft nach Jahren – erleben, dass sie bei näherer Prüfung als Unternehmer oder Unternehmerin und nicht als Arbeitnehmer eingestuft werden mit der Folge, dass im schlimmsten Fall – Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Insolvenz u. Ä. – der Antrag auf Leistung abgelehnt wird. Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags und die Zahlung von Lohnnebenkosten reichen allein nicht aus, um klar als Arbeitnehmer zu gelten.

Die Folgen des falschen Status eines Familienmitglieds im Betrieb

Die Einstufung als Unternehmer hat fatale Folgen für das mitarbeitende Familienmitglied. So gibt es im Falle einer Arbeitslosigkeit kein Geld von der Arbeitsagentur, bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit oder –minderung gewährt der Rentenversicherungsträger keine Rente, es besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld und bei Arbeits- und Wegeunfällen entfallen jegliche Leistungsansprüche.

Schließlich können sich auch steuerliche Nachteile dadurch ergeben, dass die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Kranken- und Sozialversicherung ggf. nachversteuert werden müssen.

Können Sie als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin in einem solchen Falle Versicherungsbeiträge, die Sie überflüssigerweise für Ihr Familienmitglied im Betrieb gezahlt haben, zurückverlangen? Grundsätzlich ja. Allerdings gelten Verjährungsfristen:

Für die Beiträge zur Rentenversicherung 30 Jahre, für Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung lediglich 4 Jahre.

Checkliste zur Sozialversicherungspflicht bei familienhafter Mitarbeit

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Mitunternehmer diejenigen, die „Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Der oder die mitarbeitende Familienangehörige muss demnach einen gewissen Einfluss auf das Unternehmen haben und am Erfolg wie Misserfolg beteiligt sein. Das trifft immer dann zu, wenn er oder sie Gesellschafter der GmbH, KG, OHG oder GbR ist.

Info

Familienmitglieder im Betrieb als Mitunternehmer 

Überwiegend sind arbeitende Familienangehörige aber nicht Gesellschafter. Für ihre Einordnung als Mitunternehmer hilft folgende Checkliste weiter:

  • Bürgschaft des Ehepartners für Kreditvertrag
  • Familienangehöriger erhält ein höheres Gehalt als eine vergleichbare Fremdarbeitskraft.
  • Familienangehöriger gewährt dem Unternehmer/Unternehmen ein Darlehen.
  • Familienangehöriger besitzt Prokura.
  • Familienangehöriger besitzt Gesellschaftsanteile.
  • Familienangehöriger kann Entscheidungen des Unternehmers (wesentlich) beeinflussen.
  • Ehepartner lebt mit Unternehmer in Gütergemeinschaft.
  • Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen.
  • Er/sie arbeitet wesentlich länger als vergleichbare Angestellte, ohne dafür Lohnausgleich zu erhalten.
  • Familienangehöriger hat Einblick in die Preiskalkulation des Unternehmers und bestimmt diese mit.
  • Das Arbeitsentgelt liegt weit unter/über der üblichen Höhe.
  • Der Angehörige ist am Gewinn/Umsatz beteiligt.

Fazit: Die rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen des Unternehmers und Mitunternehmers müssen sich auf einer partnerschaftlichen Ebene befinden.

Für den Arbeitnehmerstatus des mitarbeitenden Familienangehörigen spricht, wenn seine persönliche Arbeitsleistung deutlich im Vordergrund steht. Weitere Kriterien sind:

  • Das Beschäftigungsverhältnis ist ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und tatsächlich vollzogen.
  • Der oder die Familienangehörige ist wie ein fremder Arbeitnehmer im Betrieb eingegliedert.
  • Das Arbeitsentgelt bei der familienhaften Mitarbeit wird als Betriebsausgabe verbucht und es wird dafür Lohnsteuer abgeführt.
  • Der Familienangehörige wird anstelle einer fremden Hilfskraft beschäftigt.
  • Ein schriftlich abgeschlossener Arbeitsvertrag regelt Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitszeit etc.

Info

Bei arbeitenden Familienangehörigen sind Sozialgerichte streng

Aufgrund der familiären Bindung der Beteiligten legen die Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte bei der Statusprüfung strenge Maßstäbe an. Stets müssen die Gesamtumstände gewürdigt werden. Einzelne Kriterien sind nicht ausschlaggebend.

Verträge mit Familienangehörigen gestalten

Verträge zwischen Selbstständigen und ihren Familienangehörigen sind beim Finanzamt unbeliebt. Der Grund: Gehaltszahlungen an Verwandte sind als gewinnmindernde Betriebsausgaben abziehbar. Ein guter Steuertipp also? Nur wenn die Verträge richtig gestaltet sind. Denn damit das Finanzamt die Zahlungen als Betriebsausgaben akzeptiert, müssen vor allem Arbeitsverträge einige Voraussetzungen erfüllen.

Der Vertrag muss ernsthaft vereinbart sein

Zuerst prüft das Finanzamt, ob das Vertragsverhältnis ernsthaft vereinbart und gewollt ist. Um hier zu überzeugen, helfen Ihnen folgende Tipps:

  • Halten Sie schriftlich fest, welche Tätigkeiten Ihr Familienmitglied im Betrieb erbringen muss.
  • Bewahren Sie schriftliche Notizen zu Planspielen auf, welcher Mitarbeiter – inklusive Ihres Familienmitglieds – auf welcher Position eingesetzt werden soll.
  • Zahlen Sie das Gehalt auf ein Konto des Familienmitglieds ein, über das Sie keine Verfügungsmacht haben, und verwenden Sie das Geld nicht postwendend für betriebliche Einlagen.

Schriftliche Verträge bei Arbeitsverträgen sind zwar kein Muss, sie sind jedoch absolut empfehlenswert. Nur so kann der Prüfer feststellen, ob ein Vertrag ernsthaft gewollt und vereinbart ist. Auf Nummer sicher gehen Sie als Unternehmer, wenn Sie einen Standardvertrag verwenden.

Die Verträge müssen erfüllt werden

Die Vereinbarungen, die ein Selbstständiger mit seinen Familienangehörigen in Arbeitsverträgen trifft, müssen beide Vertragsparteien einhalten. Hier einige typische Fälle aus der Praxis, bei denen das Finanzamt von der steuerlichen Unwirksamkeit des Vertragsverhältnisses ausgeht und den Abzug als Betriebsausgabe verweigert:

  • Sporadische oder unpünktliche Zahlungen:
    Zahlen Sie trotz vertraglich festgelegten Zahlungszeitpunkten das Gehalt nicht pünktlich oder nur sporadisch aus, ist dies für das Finanzamt ein Indiz, dass das Vertragsverhältnis nur aus Steuersparzwecken auf dem Papier besteht. Dasselbe gilt, wenn Sie die Zahlungen in bar leisten, obwohl die Überweisung vereinbart ist.
  • Familienmitglied muss mitarbeiten:
    Bei Arbeitsverträgen prüft das Finanzamt, ob die angestellte Ehefrau oder der angestellte Ehemann im Unternehmen tatsächlich die vereinbarten Arbeiten erledigt. Dazu fühlt der Prüfer ihr oder ihm mit gezielten Fragen und Anforderungen von Unterlagen auf den Zahn. Hat sie oder er keinen Bezug zu den Mitarbeitern und weiß nicht, wo die für ihre bzw. seine Tätigkeit notwendigen Unterlagen archiviert sind, wertet das der Prüfer als Indiz, dass etwas nicht stimmt - und verweigert die Anerkennung als Betriebsausgabe.

Der Fremdvergleich muss stimmen

Haben Sie das Finanzamt davon überzeugt, dass der Vertrag mit Ihrem Familienangehörigen ernsthaft vereinbart ist und dass Sie die vertraglichen Vereinbarungen umsetzen, ist das erst die halbe Miete für die steuerliche Wirksamkeit als Betriebsausgabe. Denn entscheidend ist, ob die Vereinbarungen unter gleichen Bedingungen auch mit einem Fremden getroffen worden wären.

Darum: Orientieren Sie sich bei der Gehaltshöhe für Familienangehörige an den Gehaltszahlungen für andere Mitarbeiter, die ähnliche Aufgaben im Unternehmen erledigen. Ist kein weiterer Mitarbeiter angestellt, orientieren Sie sich an den Durchschnittsgehältern, die Unternehmensberater oder Tageszeitungen für Ihre Branche von Zeit zu Zeit veröffentlichen.

Achtung

Vorsicht Steuerfalle: Mitunternehmerschaft

Stuft das Finanzamt das Gehalt an z. B. den angestellten Ehegatten als zu hoch ein, sollten Sie niemals argumentieren, dass Ihr Ehegatte schließlich auch unternehmerische Entscheidungen treffen muss. In diesem Fall würde das Finanzamt eine Mitunternehmerschaft im Rahmen einer Personengesellschaft unterstellen. Das Gehalt wäre dann mit keinem Cent als Betriebsausgabe abziehbar (sogenannte Vorwegvergütung).

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