Prokurist: Das Wichtigste zu Aufgaben, Pflichten und Haftung

Ein Unternehmen zu führen, ist eine komplexe Angelegenheit mit vielen verschiedenen Aufgaben – von Produktionsleitung und Personalmanagement bis hin zu Verträgen, Verwaltung und Verhandlungen. Allein lässt sich dieses Pensum, vor allem bei größeren Firmen, kaum stemmen. Aufgaben zu delegieren, ist für eine effiziente Unternehmensführung daher unvermeidlich. Eine besondere Form des Delegierens ist es, einen Prokuristen zu bestimmen. Dieser kann die Geschäftsführung und den Vorstand deutlich entlasten und die Leitung eines Unternehmens erleichtern. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Aufgaben und Verantwortungen ein Prokurist hat und wie Sie einen Prokuristen bestimmen oder sogar selbst einer werden können.

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Zuletzt aktualisiert am:12.06.2023

Die Rolle des Prokuristen im Unternehmen

Definition

Was ist ein Prokurist?

Ein Prokurist ist ein Mitarbeiter, der dazu bevollmächtigt ist, ein Unternehmen in rechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Prokuristen haben in der Regel eine hohe Stellung im Unternehmen und tragen große Verantwortung, da sie Geschäftsbeschlüsse maßgeblich mitgestalten.

Prokuristen sind wichtige Entscheidungsträger auf der Leitungsebene eines Unternehmens. Sie können zum Beispiel auf die Macht- und Besitzverhältnisse im Unternehmen Einfluss nehmen, die Größe des Unternehmens mitbestimmen und Geschäftserfolge herbeiführen. Auch bei Themen wie Personal- und Finanzpolitik spielen Prokuristen eine oft tragende Rolle.

Die Bezeichnung Prokurist leitet sich ab von der Prokura – einer besonderen Art von Vollmacht. Diese erlaubt dem Prokuristen, im Namen des Unternehmens zum Beispiel Verträge abzuschließen und Geschäfte zu tätigen. Um seine Funktion zu verdeutlichen, fügt der Prokurist seiner Unterschrift in der Regel ein „pp“ oder „ppa“ (Abkürzung im Lateinischen für „per procura autoritate“ oder „aufgrund erteilter Prokura“) hinzu. Diese Kenntlichmachung ist in § 51 des Handelsgesetzbuches (HGB) vorgeschrieben.

Info

Unterschied zwischen Prokura und Handlungsvollmacht

Obwohl es sich bei beidem um Formen der geregelten Stellvertretung handelt, unterscheiden sich Prokura und Handlungsvollmacht deutlich.

  • Handelsvollmacht: Eine Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) können Sie an Mitarbeitende übertragen, ohne eine eindeutige Willenserklärung auszusprechen. Dafür sind die Rechte des Mitarbeitenden eingeschränkt und er darf Ihr Unternehmen nur in sehr spezifischen Situationen vertreten.
  • Prokurist: Im Gegensatz dazu darf der Prokurist Ihr Unternehmen sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich vertreten. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Prokura im Handelsregister eingetragen ist.

Aufgaben des Prokuristen

Ob Handelsgewerbe, Dienstleistungssektor oder Industrie: Prokuristen finden sich in nahezu jeder Branche und vielen Unternehmen. Große Firmen beschäftigen oft sogar mehrere Prokuristen, da es weder gesetzliche Beschränkungen noch sonstige Regeln oder Vorschriften für die Anzahl der Prokuristen gibt. Die Anzahl hängt immer von den konkreten Bedürfnissen des Unternehmens ab. Die Befugnisse des Prokuristen können dabei auch auf bestimmtePersonen oder Abteilungen innerhalb des Unternehmensbeschränkt sein. Daher unterscheiden sich die Aufgaben eines Prokuristen von Unternehmen zu Unternehmen. Grob lässt sich jedoch sagen, dass ein Prokurist stets Folgendes tun kann:

  • Verträge unterzeichnen und abschließen
  • Geschäftsstrategien entwickeln und mitgestalten
  • Mitarbeiter einstellen, befördern oder kündigen
  • Rechnungen bezahlen und Buchhaltungsunterlagen prüfen
  • Beziehungen zu Kunden und Lieferanten pflegen
  • Marketing- und Vertriebsmaßnahmen planen und umsetzen
  • Verhandlungen führen, zum Beispiel mit Geschäftspartnern
  • Sich um rechtliche Angelegenheiten und Streitigkeiten kümmern
  • Geschäftsberichte erstellen und -präsentationen halten
  • Compliance- und Regulierungsvorschriften kontrollieren
  • Neue Fertigungsmethoden einführen und überwachen
  • Lizenzen und Genehmigungen beantragen
  • Waren und Dienstleistungen einkaufen und beschaffen
  • Geschäftsreisen und -veranstaltungen organisieren

Obwohl ein Prokurist eine große Bedeutung für Unternehmen und vielseitige Aufgaben hat, ist er alles andere als übermächtig. Letzten Endes ist ein Prokurist auch nur ein Angestellter und hat nicht dieselben Rechte wie ein Geschäftsführer oder gar Geschäftsinhaber. So können Prokuristen zwar die Unternehmensstrategie durch ihre Handlungen mit beeinflussen. Sie sind jedoch nicht befugt, Entscheidungen zu treffen, welche die strategische Ausrichtung oder die grundlegenden Geschäftspraktiken des Unternehmens betreffen. Auch schließt die Vollmacht nicht automatisch die Befugnis zur Änderung der Unternehmenssatzung oder zur Ernennung oder Abberufung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern ein.

Folgendes ist Prokuristen untersagt:

Rechte und Pflichten: Wofür haftet ein Prokurist?

Ein Prokurist ist außerdem dazu verpflichtet, keine Entscheidungen zu treffen, diestrafrechtliche oder finanzielle Konsequenzen für das Unternehmen haben. Verletzt beispielsweise ein abgeschlossener Vertrag das Gesetz oder verursacht Schäden, haftet der verantwortliche Prokuristpersönlich dafür. Schwere Verstöße können außerdem die Kündigung zur Folge haben. In diesem Sinne ist ein Prokurist bei Rechtsgeschäften im Rahmen seiner Befugnissegenauso haftbar wie ein Geschäftsführer oder -inhaber.

Info

Ausnahmen bei der Haftung

Kann ein Prokurist nachweisen, dass er sich an die Unternehmensrichtlinien und die ihm zugewiesenen Befugnisse gehalten hat, ist er gegebenenfalls nur beschränkt haftbar. Durch die beschränkte Haftung kann der Prokurist nur in begrenztem Umfang oder gar nicht zur Verantwortung gezogen werden. Dies ist allerdings immer von der konkreten Situation sowie den internen Unternehmensrichtlinien sowie der jeweiligen Rechtsprechung abhängig.

Einschränkung des Handlungsspielraums durch das Unternehmen

In der Prokura ist der Handlungsspielraum des Prokuristensehr genau festgelegt. Während er bestimmte Aufgaben, wie beispielsweise Handelsregistereintragungen, per se nicht durchführen kann, werden ihm für andere Aufgaben deutliche Grenzen gesetzt. Diese gelten allerdings nur im Innenverhältnis mit dem Unternehmen. Im Außenverhältnis mit anderen Akteuren sind diese Einschränkungen unwirksam.

Beispiel: Ein Prokurist ist befugt, Ressourcen im Wert von 100.000 Euro einzukaufen. Stattdessen gibt er jedoch 120.000 Euro aus. Gegenüber dem Verkaufspartner ist das Unternehmen des Prokuristen trotz der entsprechenden internen Beschränkung zur Zahlung verpflichtet. Das Unternehmen kann in so einem Fall allerdings Schadensersatz vom Prokuristen verlangen.

Wie können Sie Prokurist werden?

Prokurist ist kein Beruf, den Sie im Sinne einer Ausbildung oder eines Studiums erlernen können. Zwar ist es möglich, sich gezielt auf entsprechende Stellenausschreibungen zu bewerben. Viele Unternehmen besetzen die Position jedoch intern, da Prokuristen im besten Fall das uneingeschränkte Vertrauen der Geschäftsführung genießen. Darüber hinaus sollten Sie für den Job des Prokuristenfolgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Berufliche Qualifikation, zum Beispiel Ausbildung als Kaufmann
  • Mehrjährige Berufserfahrung, bestenfalls mit Führungsverantwortung
  • Volle Geschäftsfähigkeit, also unter anderem Volljährigkeit

Je nach Rechtsform des Unternehmens haben außerdem Mitarbeitende in bestimmten Positionen keine Aussicht auf den Job des Prokuristen. So dürfen Sie nicht Prokurist werden, wenn Sie zum Beispiel Geschäftsführer einer GmbH, Vorstandsmitglied einer AG oder Komplementär einer KG sind.

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Das verdient ein Prokurist

Stand März 2023 liegt der durchschnittliche Jahresverdienst von Prokuristenin Deutschland bei 69.100 Euro. Was genau ein Prokurist verdient, ist allerdings sehr unterschiedlich, weil Gehälter auch von den individuellen Pflichten und Aufgaben abhängen. Da der Prokurist durch seine Vertretungsmacht jedoch eine hohe Verantwortung trägt, ist seine Bezahlung in der Regel überdurchschnittlich gut.

Quelle Stepstone

5 Tipps, um Prokuristen zu finden und zu führen

Möchten Sie nicht selbst Prokurist werden, sondern einen Prokuristen für Ihr Unternehmen finden? Dann haben wir hier 5 hilfreiche Tipps für Sie:

  1. Prüfen Sie die Kosten und den Nutzen, bevor Sie eine Prokura erteilen – gegebenenfalls mit rechtlicher Beratung.
  2. Achten Sie bei der Personenauswahl sowohl auf Fachkenntnisse als auch auf menschliche Eigenschaften wie Vertrauenswürdigkeit.
  3. Definieren Sie Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Befugnisse sehr präzise in einem schriftlichen Vertrag oder einer Vollmacht.
  4. Überwachen Sie die Tätigkeiten des Prokuristen und führen Sie gegebenenfalls interne Prüfungen durch, um mögliche Risiken oder Verstöße frühzeitig zu erkennen.
  5. Informieren Sie den Prokuristen sowohl über seine Aufgabenbereiche und Handlungsspielräume als auch über seine Haftung und Verantwortung bei Schäden sehr genau.

Beachten Sie: Die Erteilung einer Prokura kann grundsätzlich jederzeit erfolgen – genauso wie ihr Widerruf. Bedenken Sie dabei: Wenn Sie einem Prokuristen seine Vollmacht entziehen, müssen Sie dies dem Handelsregister melden und die entsprechende Eintragung streichen lassen.

Tipp

Erleichtern Sie sich die Buchhaltung

Ein Prokurist kann die Unternehmensführungdeutlich erleichtern – zumindest in rechtlichen Angelegenheiten. Geht es um Themen wie Verwaltung und Finanzbuchhaltung müssen Sie auf andere Möglichkeiten zurückgreifen – zum Beispiel auf unsere intelligenten Buchhaltungsprogramme. Entlasten Sie sich maximal dank vieler praktischer Funktionen zur Automatisierung.

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