Bilanzanalyse: Alle Kennzahlen im Blick

Für viele Unternehmer ist die Bilanzierung ein nötiges Übel, das sie an den Steuerberater auslagern und später in Ordnern verschwinden lassen. Eine Bilanzanalyse samt Vergleich mit den letzten Jahren findet häufig nicht statt. Dabei ist gerade die Analyse einer Bilanz sehr aufschlussreich für die Gegenwart und die zukünftigen Entwicklungen des Unternehmens in verschiedenen Bereichen.

Zuletzt aktualisiert am 29.11.2023
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Bilanzanalyse: Die zweckgerichtete Auswertung des Jahresabschlusses

Die Erstellung einer Bilanz inkl. Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) gehört zum Pflichtprogramm für viele Unternehmen, wenn sie nicht wegen eines geringeren Umsatzes davon befreit sind und sich auf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) beschränken dürfen. Oft haben besonders kleinere Unternehmen keine Kapazitäten, die Bilanz selbst zu erstellen und lagern diese Arbeit an den Steuerberater aus. Dadurch fällt oft auch die Bilanzanalyse sehr verkürzt aus.

Die Bilanz wird einmal im Geschäftsjahr für den Jahresabschluss erstellt. Dieser bereitet die Daten, die das Unternehmen im Laufe des Jahres angesammelt hat, so auf, dass sinnvolle Aussagen über seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gemacht werden können. Dafür ist es allerdings notwendig, sich diese Zahlen mit der Bilanzanalyse anzuschauen, um tatsächlich auch die einzelnen Kennzahlen getrennt voneinander und in ihrem Zusammenhang zu betrachten. Diese Kennzahlen wiederum helfen dem Unternehmer dabei, gegenüber einer Bank mit der größtmöglichen Klarheit und Sicherheit aufzutreten.

Wichtiges Instrument zur Einschätzung der finanziellen Situation

Die Bilanzanalyse einschließlich ihrer finanzwirtschaftlichen Berechnungen stellt aber nicht nur für externe Stellen eine wichtige Informationsquelle dar. Auch für interne Stellen und insbesondere für Sie als Unternehmer selbst ist die Bilanzauswertung ein wichtiges Instrument, um zu beurteilen, wohin sich Ihr Unternehmen finanziell und wirtschaftlich entwickelt. Dafür liefert die Bilanzanalyse eine Art Grundlage zum Lagebericht und letztlich zum Überblick der Kapitalstruktur. Denn die Weisheit, dass die Vergangenheit Rückschlüsse auf die Zukunft zulässt, trifft hier ganz besonders zu.

Tipp

Berücksichtigen Sie die goldene Bilanzregel

Zudem sollte dabei immer auf die Einhaltung der goldenen Bilanzregel geachtet werden. Diese besagt, dass kurzfristiges Vermögen auch kurzfristig finanziert werden kann, langfristiges Vermögen wiederum auch langfristig finanziert werden sollte.

Kennzahlen zur Rentabilität in der Bilanzanalyse

Die Bilanzanalyse erfolgt meist mithilfe eines entsprechenden Programms und hat das Ziel, Aufschluss über die Kennzahlen der Rentabilität zu geben, also darüber, wie rentabel Ihr Unternehmen ist. Für einen Fremdkapitalgeber erschließt sich aus dem Ergebnis, inwiefern eine Investition in Ihr Unternehmen überhaupt lohnenswert erscheinen kann. Wir stellen Ihnen diese Kennzahlen der Rentabilität kurz vor.

Der Cashflow

Zu den Kennzahlen der Bilanzanalyse gehört der Cashflow. An diesem wird deutlich, ob Ihr Unternehmen die erforderlichen Finanzmittel für die nötigen Investitionen aus eigener Kraft zur Verfügung stellen kann. Den Cashflow können Sie in der Kapitalflussrechnung ablesen. Er zeigt, ob Ihr Unternehmen liquide ist. Außerdem ist er eine wichtige Größe, wenn es um Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit Ihres Unternehmens geht.

Neben dem normalen Cashflow gibt es auch noch einen erweiterten Cashflow, der für Einzelunternehmen von Bedeutung ist. Hier müssen aus dem Cashflow auch noch die Privatentnahmen (z. B. der Unternehmerlohn) bezahlt werden können. Der Unternehmerlohn ist bei einer GmbH üblicherweise bereits in den Personalkosten enthalten.

Die Cashflow-Umsatzrendite

Sie gehört ebenfalls zu den Kennzahlen zur Rentabilität in der Bilanzanalyse und gibt Auskunft über die Ertrags- und Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens. Diese Kennzahl zeigt, wie viel Prozent der Umsatzerlöse für Investitionen, Kredittilgung und Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen.

Die Eigenkapitalrentabilität und Gesamtkapitalrentabilität

Die Eigenkapitalrentabilität zeigt, wie sich das Kapital der Beteiligungsgeber rentiert und ist neben der Eigenkapitalquote für das Kredit-Rating der Banken von großer Bedeutung.

Die Gesamtkapitalrentabilität ist der Anhaltspunkt für die Beurteilung der unternehmerischen Ertragslage. Sie stellt sozusagen die gesamte Ertragskraft Ihrer Eigen- und Fremdmittel innerhalb der betrachteten Zeitperiode dar. Aus diesem Grunde werden auch die Fremdkapitalzinsen sowie das Fremdkapital selbst in die Berechnungsformel integriert. Das Verhältnis zwischen Gewinn und eingesetztem Kapital wird in der Betriebswirtschaftslehre als Return on Investment (ROI) bezeichnet. Auch hierzu bietet die Bilanzanalyse wertvolle Antworten.

Bilanzanalyse als Informationsquelle zur Stabilität

Die entscheidenden Größen, zu denen die Bilanzanalyse in Bezug auf die Stabilität eines Unternehmens Aufschluss gibt, sind der Eigenkapitalanteil und der Fremdkapitalanteil. Es zeigt sich, ob und in welchem Maße Ihr Unternehmen auf eigenen oder auf fremden Füßen steht.

Der Eigenkapitalanteil

Dieser verdeutlicht, inwieweit das Gesamtvermögen Ihres Unternehmens – bestehend aus Anlagevermögen und Umlaufvermögen – aus betrieblichem Reinvermögen besteht. Zum Teil werden die Eigenkapitalquoten in gesetzlichen Vorschriften vorgegeben.

Info

Wichtig ist hierbei vor allem die Entwicklungstendenz

Wer weniger Eigenkapital hat, muss auf mehr Fremdkapital zurückgreifen. Das führt dazu, dass das fremde Geld bezahlt werden muss. Es müssen Kredite und Zinsen beglichen werden, die zu den übrigen Ausgaben hinzukommen und so den Unternehmenserfolg nach unten drücken. Folglich spielt die Eigenkapitalquote im Kredit-Rating der Banken eine entscheidende Rolle. Die Bilanzanalyse gibt Ihnen hierzu Auskunft ebenso wie zum Fremdkapitalanteil.

Die Fremdkapitalquote

Diese wird ebenfalls in der Bilanzanalyse betrachtet und gibt Auskunft über den prozentualen Anteil des Fremdkapitals am Gesamtvermögen eines Unternehmens. Es gibt verschiedene Aussagen darüber, wie hoch dieser Anteil an Positionen idealerweise sein sollte. Eine richtige Antwort gibt es nicht. Wichtig ist aber, die Fremdkapitalquote im Auge zu behalten, denn wenn diese wächst, wachsen auch die Aufwendungen, die Sie für die Zinsen aufbringen müssen. Das führt zu einer geringeren Umsatzrendite, wodurch das Eigenkapital schleichend aufgezehrt werden kann.

Die Liquidität im Blick mit der Bilanzanalyse

Zu den wichtigsten Kennzahlen, die Sie mit der Bilanzanalyse betrachten und beobachten können, zählen die Kennzahlen, die sich um die Liquidität drehen. Denn ein Unternehmen, das nicht liquide ist, kann trotz bester Auftragslage und eigentlich guten Zahlen insolvent werden, was gleichbedeutend mit einer existenzbedrohenden Situation ist. Denn Liquidität bedeutet, dass ein Unternehmen jederzeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann.

Die Anlagendeckung

Eine Kennzahl im Kontext der Liquidität, die mit der Bilanzanalyse erfasst werden kann, ist die Anlagendeckung. Die Finanzierungsregeln besagen, dass z. B. langfristig gebundene Vermögensgegenstände auch durch langfristige Mittel zu finanzieren sind. Die Kennzahlen der Anlagendeckung, also der Anlagendeckungsgrad, bringen zum Ausdruck, in welchem Umfang die Finanzierungsregeln tatsächlich eingehalten wurden. Je höher die Prozentsätze dieses Deckungsgrades, umso größer ist die finanzielle Stabilität.

Der Verschuldungsgrad

Auch der Verschuldungsgrad ist eine wichtige Kennzahl der Liquidität in der Bilanzanalyse. Beim Verschuldungsgrad geht es um das Verhältnis von Fremdkapital und Eigenkapital. Steigt der Verschuldungsgrad, nimmt auch das Risiko einer Überschuldung zu.

Die Liquidität 1. Grades

Die Analyse der Liquidität 1. Grades gibt Aufschluss über die Zahlungsbereitschaft Ihres Unternehmens. Sie stellt die greifbaren Zahlungsmittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber, also gibt an, ob das vorhandene Anlagevermögen durch das Eigenkapital gedeckt wird.

Die Liquidität 2. Grades

Die Analyse der Liquidität 2. Grades zeigt, inwieweit Kassenbestände und Forderungen (ohne Vorräte) die kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten abdecken. Der optimale Wert ist hier 100 Prozent. Denn er besagt, dass alle kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten keine Zahlungsschwierigkeiten bereiten werden. Werte unter 100 Prozent weisen auf einen zumindest statistischen Liquiditätsengpass hin.

Kennzahlen zur Betriebstätigkeit in der Bilanzanalyse

Die Kennzahlen der Betriebstätigkeit zeigen Ihnen, wie schnell ein Unternehmen seine Forderungen realisieren und seine Verbindlichkeiten begleichen kann. Um diese möglichst einfach zu ermitteln, empfiehlt es sich, zunächst eine Strukturbilanz zu erstellen. Die benötigten Daten werden dort übersichtlich aufbereitet und helfen bei der Erstellung der Bilanzanalyse sowie der Ermittlung der dafür nötigen Kennzahlen. Diese Kennzahlen sind die Debitorenlaufzeit und die Kreditorenlaufzeit. Darüber hinaus gibt die Lagerdauer Aufschluss darüber, wie schnell der Lagerbestand umgesetzt wird. In der Bilanzanalyse werden diese Kennzahlen aufgeführt.

Die Debitorenlaufzeit

Diese gibt Auskunft darüber, wie viele Tage Forderungen durchschnittlich im Unternehmen verweilen. Je höher diese Zahl ist, desto schleppender ist der Zahlungseingang. Liegt die Kennzahl deutlich über dem Zahlungsziel, sollten Sie Ihr Mahnwesen auf seine Effektivität überprüfen.

Die Kreditorenlaufzeit

Diese beschäftigt sich wiederum mit den Rechnungen, die Sie bezahlen müssen. Die durchschnittliche Kreditorenlaufzeit ist ein Maß, wie viele Tage Ihnen zur Begleichung Ihrer offenen Rechnungen zur Verfügung stehen, oder aber, wie lange sich Ihr Unternehmen Zeit zur Begleichung der Verbindlichkeiten lässt. Zwar ist es für Ihre eigene Liquidität gut, sich mit der Bezahlung Zeit zu lassen. Allerdings bedienen Sie sich so indirekt an Fremdkapital (durch die unbezahlten Waren sind die Lieferanten Kreditgeber), was auf eine beginnende Zahlungsunfähigkeit hindeutet, wenn der Anteil zu hoch wird.

Die Lagerdauer

Diese bezieht sich auf die durchschnittliche Lagerdauer von Vorräten im Verhältnis zu den insgesamt entstandenen Materialaufwendungen. Das ergibt die durchschnittliche Lagerdauer dieser Vorräte in Tagen. Je geringer die Lagerdauer, desto geringer die Lagerhaltungskosten und umgekehrt.

Info

Was bedeutet qualitative Bilanzanalyse und warum ist sie sinnvoll?

Bei der qualitativen Bilanzanalyse werden die Zusammenhänge und Ergebnisse samt Erläuterungen aus dem Lagebericht und dem Anhang noch einmal verbal in Bezug auf die Kennzahlenauswertungen erfasst.

Sie dient dem Zweck, einen besseren Einblick in die Finanzbereiche zu erhalten und die Aussagekraft der Bilanzzahlen verständlicher zu gestalten. So können auch Personen, die nicht an der Bilanzanalyse beteiligt waren (beispielsweise Investoren), die ermittelten Ergebnisse einfacher nachvollziehen und erhalten eine umfangreiche Zusammenfassung.