Wann ist Factoring sinnvoll?

Auftrag erledigt, Rechnung geschrieben, nur geht kein Geld auf dem Konto ein – Factoring kann helfen. Denn mit dieser Finanzierungsform können Sie sich für Ihr Unternehmen Liquidität sichern, auch wenn Ihre Kunden noch nicht bezahlt haben. Wie das funktioniert, erfahren Sie bei uns.

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Frau zeigt Mann etwas auf einem Bildschirm
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 |  Zuletzt aktualisiert am:08.04.2024

Definition

Was ist Factoring?

Unternehmen, die sich für Factoring entscheiden, verkaufen ihre offenen Forderungen an ein Factoringinstitut – auch Factoring-Gesellschaft oder Factor genannt. Entscheiden Sie sich für Factoring, zahlt Ihnen der jeweilige Factoringanbieter sofort einen großen Teil der offenen Rechnungen aus. Meist sind das zwischen 80 und 90 Prozent der Gesamtsumme

Statt also darauf zu warten, dass Ihre Kunden die Rechnung begleichen, geben Sie Ihre Forderung als Factoringnehmer an den Anbieter ab. Von ihm erhalten Sie dann meist innerhalb von 24 bis 48 Stunden einen Großteil der ausstehenden Summe

Die verschiedenen Arten des Factorings

Folgende Varianten werden in der Regel von den verschiedenen Anbietern offeriert: 

  1. Full-Service-Factoring
    Wie der Name schon verrät, bietet diese Factoring-Variante den größten Umfang und Service. Wenn Sie sich dafür entscheiden, bekommen Sie sowohl den Schutz vor Forderungsausfällen als auch das Debitorenmanagement und das Mahnwesen direkt aus einer Hand. 

  2. Inhouse Factoring
    Im Vergleich ist der Leistungsumfang beim Inhouse Factoring geringer. Debitorenmanagement und Mahnwesen müssen Sie dabei selbst übernehmen

  3. Ausschnittsfactoring
    Häufig bedeutet Factoring, dass Sie alle Forderungen an den Anbieter abtreten. Beim Ausschnittsfactoring ist das jedoch nicht der Fall. Hier entscheiden Sie sich lediglich bei bestimmten Kunden dafür, deren Rechnungen an den jeweiligen Anbieter abzutreten. 

  4. Reverse Factoring
    Das Reverse Factoring läuft tatsächlich umgekehrt ab. Statt die Forderungen, die Sie Ihren Kunden gegenüber haben, abzutreten, lassen Sie sich Ihre Wareneinkäufe von einem Factoringanbieter finanzieren. So müssen nicht Sie die nötige Liquidität für Ihre Einkaufsfinanzierung aufbringen, sondern überlassen das dem Factor. 

  5. Echtes Factoring
    Der Vorteil dieser Variante liegt darin, dass der Factor das komplette Ausfallrisiko trägt. Sollten Ihre Kunden also nicht zahlen, bekommen Sie trotzdem Ihr Geld. 

  6. Unechtes Factoring
    Diese Variante ist gewissermaßen der Gegensatz zum echten Factoring, denn hierbei tragen Sie weiterhin das Risiko, sollten Ihre Kunden bankrott gehen. 

  7. Offenes Factoring
    Beim offenen Factoring werden Ihre Kunden darüber informiert, dass Sie Factoring als Finanzierungsmodell nutzen. 

  8. Stilles Factoring
    Beim stillen Factoring erfahren Ihre Kunden dagegen nicht, dass Sie Ihre Forderungen verkauft haben. Stilles Factoring ist in der Regel teurer als offenes Factoring, da hier die Bonitätsprüfung entfällt und dadurch das Risiko für einen Zahlungsausfall für den Factor höher ist. 

Tipp

Nutzen Sie ein Buchhaltungsprogramm

Verschaffen Sie sich bei Ihren Überlegungen, ob Factoring sinnvoll für Sie ist, einen genauen Überblick über Ihre finanzielle Situation. Wie viele Forderungen sind bei Ihnen durchschnittlich offen? Wie steht es um die Zahlungsmoral Ihrer Kunden? Bei der Analyse kann Ihnen eine Buchhaltungssoftware wie lexoffice helfen.

Die Voraussetzungen für Factoring

Die verschiedenen Factoring-Anbieter stellen unterschiedliche Ansprüche, bevor sie mit Unternehmen einen Factoring-Vertrag schließen.  

Entscheidend sind häufig Faktoren wie

  • Das Unternehmen muss länger als sechs Monate am Markt sein 

  • Das Unternehmen muss monatlich einen Umsatz von mindestens 5.000 Euro erwirtschaften 

  • Das Unternehmen muss regelmäßig mehr als 2.000 Euro an Factoringvolumen vorweisen 

Bei Firmen aus dem Mittelstand sind die Voraussetzungen andere: 

  • Jahresumsatz von mindestens 100.000 Euro

  • Rechnungen von durchschnittlich mindestens 150 Euro

  • Laufzeiten für die Forderung zwischen 14 und 90 Tagen

  • Positive Bonitätsprüfung Ihres Unternehmens

Das sind aber nur Beispiele. Wie bereits erwähnt, können die Voraussetzungen von Anbieter zu Anbieter variieren. 

Wann ist Factoring nicht für Ihr Unternehmen geeignet?

Umgekehrt gibt es einige Kriterien, die dagegen sprechen, dass Sie einen Abnehmer für Ihre Forderungen finden: 

  • Sie arbeiten in erster Linie mit Privatkunden zusammen. 

  • Bei der Rechnungsstellung haben Sie die Leistung noch nicht komplett erbracht. 

  • Sie arbeiten hauptsächlich mit Bargeldgeschäften. 

  • Sie nutzen Vorkasse. 

Die Vorteile und Funktionen von Factoring

Factoring hat für Unternehmen gleich mehrere Vorteile und erfüllt unterschiedliche Funktionen. Hier eine Übersicht: 

  • Liquidität: Der wohl offensichtlichste Vorteil des Factorings ist, dass Sie mit Kunden lange Zahlungsziele vereinbaren können, ohne in wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Liquiditätsengpässe zu kommen. Denn das Factoringunternehmen zahlt Ihnen innerhalb weniger Stunden den offenen Betrag aus, unabhängig davon, welches Zahlungsziel vereinbart wurde. 

  • Zahlungsausfälle: Mit dem Factoring können Sie sich außerdem vor dem Risiko von Zahlungsausfällen schützen. Wenn Sie die offenen Forderungen an ein Factoringunternehmen abgetreten und das Geld bekommen haben, muss es nicht mehr Ihre Sorge sein, ob Forderungsschuldner schlussendlich zahlen oder eben nicht. Das ist einzig und allein das Problem des Anbieters. Schließen Sie eine sogenannte Delkredere-Versicherung ab, sind Sie sogar vor Insolvenz Ihrer Kunden geschützt

  • Bonität: Da Sie dank Factoring nicht lange auf Ihr Geld warten müssen, sondern es relativ schnell nach der Rechnungsstellung erhalten, haben Sie mehr Eigenkapital zur Verfügung. Das freut natürlich Ihre Bank, die diese Tatsache mit einer besseren Bonität belohnt. Factoring kann Ihnen also auch Kreditzinsen sparen. 

  • Skonto: Wenn Ihre offenen Forderungen schnell von einem Factoringanbieter beglichen werden, können Sie sogar von Skonto bei Ihren Lieferanten profitieren. Denn so haben Sie genügend Reserven, um deren Rechnungen schnell zu bezahlen. Auch das spart Geld. 

  • Debitorenmanagement: Der Anbieter kann außerdem das gesamte Debitorenmanagement, also die Bonitätsprüfung Ihrer Kunden, das Mahnwesen – Sie müssen keine Mahnungen mehr schreiben – sowie das Inkasso gleich mit übernehmen. Das wiederum spart Zeit. 

Tipp

Factoring für Solo-Selbstständige

Factoring kann also gerade für Solo-Selbstständige eine gute Option sein, ihre Liquidität zu verbessern. Mit einem guten Factoring lassen sich offene Forderungen reduzieren und damit letzten Endes Geld sparen.

Hat Factoring auch Nachteile?

Natürlich ist nicht alles durchgehend positiv beim Factoring. Es gibt neben den Vorteilen auch gewisse Nachteile – oder zumindest Dinge, die es zu beachten gilt. Im Hinterkopf behalten, sollten Sie folgende Punkte: 

  • Factoring-Kosten: Natürlich müssen Sie für die Dienstleistung des Factoringanbieters zahlen. Wie hoch die Kosten sind, hängt von Ihren individuellen Voraussetzungen ab. Als Faustregel gilt, dass Sie mit Kosten zwischen 0,6 und 2,5 Prozent der Forderungen rechnen sollten. Einige Anbieter verlangen außerdem eine Pauschale für die Bonitätsprüfung oder weitere Zinsen. Weiter unten erfahren Sie mehr zu diesem Punkt. 

  • Branche: Nicht alle Branchen können Factoring nutzen. Insbesondere Dienstleistungsunternehmen haben häufig Probleme, einen geeigneten Factoringanbieter zu finden. 

  • B2B vs. B2C: Factoringunternehmen sichern in der Regel nur B2B-Geschäfte ab. Wenn Sie also Ihre Rechnungen an Privatkunden früher bezahlt haben möchten, wird das über Factoring und den Forderungsverkauf voraussichtlich nicht möglich sein. 

Was kostet Factoring?

Bei der Frage nach den Kosten kommt es unter anderem darauf an, für welche Art des Factoring Sie sich entscheiden. Ob Factoring für Ihr Unternehmen zu teuer ist, ist nicht pauschal zu beantworten. 

Achten Sie hier am besten auf Transparenz auf Seiten des Anbieters. Schauen Sie sich an, welche Factoringgebühren anfallen – unter Umständen lohnt es sich, wenn Sie verschiedene Anbieter und deren Factoringverfahren miteinander vergleichen – so lässt sich häufig Geld sparen.

Factoring, Forfaitierung, Zession und Inkasso: Die Unterschiede

Wenn Sie sich mit Factoring beschäftigen, werden Ihnen bestimmt auch Begriffe begegnen, die Sie vielleicht noch nicht gehört haben. Dann helfen Ihnen unsere kurzen Erklärungen weiter: 

Definition

Unterschiede schnell erklärt

  • Forfaitierung: Sie ist eine Form des Factorings, die bei kapitalintensiveren Transaktionen genutzt wird. Im Mittelstand kommt diese Variante daher in der Regel nicht vor, anders als das Factoring. 

  • Zession: Dabei treten Sie nicht Ihre Forderungen an das Factoringunternehmen ab, sondern gehen einen anderen Weg. Sie nutzen die offenen Forderungen, die Sie Ihren Kunden gegenüber haben, um damit einen Kredit abzusichern

  • Inkasso: Dieser Begriff bezieht sich nur auf einen Teilbereich des Forderungsmanagements, nämlich die Zahlungsverzögerung. Factoring dagegen bildet den gesamten Prozess ab. 

Info

Factoring: Das Wichtigste zusammengefasst

  • Factoring kann eine gute Möglichkeit sein, die Liquidität in Ihrem Unternehmen zu sichern. 

  • Beim Factoring zahlt Ihnen der Factoringanbieter innerhalb weniger Stunden einen Großteil der Rechnungssumme aus. 

  • Auch Zahlungsausfälle können Sie durch Factoring absichern. 

  • Daneben gibt es die Möglichkeit, weitere Dienstleistungen wie Mahnwesen oder Inkasso an den Anbieter auszulagern. 

  • Nicht alle Unternehmer können Factoring nutzen. In der Regel sind Privatkundengeschäfte ausgeschlossen.

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