Bürokratieentlastung: Diese Erleichterungen bringt das neue Bürokratieentlastungsgesetz für Betriebe

Der Bundesrat hat am 18. Oktober 2024 dem Entwurf des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes zugestimmt und damit grünes Licht für zahlreiche Erleichterungen gegeben. In diesem Bürokratieentlastungsgesetz finden sich neben Steuererleichterungen auch weitere Maßnahmen, die Unternehmer unbedingt kennen sollten. Lesen Sie hier, mit welchen Entlastungen Betriebe rechnen können.

Zuletzt aktualisiert am 22.10.2024
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Bürokratieentlastungsgesetz: Was ist das?

Statistische Auskunfts- und Meldepflichten, Aufzeichnungspflichten oder die vielen Pflichten der Datenschutzgrundverordnung – die Vielzahl und Unübersichtlichkeit der bürokratischen Regelungen in Deutschland erschweren Unternehmern nicht nur die Unternehmensgründung, sondern auch den Arbeitsalltag und die Betriebsfortführung. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz I (BEG I) im Jahr 2015 und dem Bürokratieentlastungsgesetz II (BEG II) im Jahr 2017 wurden seitens des Gesetzgebers und der Verwaltung bereits erste Bürokratiehemmnisse und -hürden abgebaut. Stattdessen wurden Erleichterungen eingeführt wie etwa die Befreiung von kleinen Unternehmen von wesentlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten oder die Anhebung der Pauschalierungsgrenzen bei Kleinbetragsrechnungen. Seit der Verabschiedung des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes müssen Sie beispielsweise Lieferscheine, die keine Buchungsbelege sind, nicht mehr aufbewahren. 

Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III (BEG III) im Jahr 2020, dem dritten Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie, verzichtete der Gesetzgeber auf weitere Überregulierungen, um die Bürokratiebelastung weiter einzudämmen. Die wichtigsten Maßnahmen des BEG III waren: 

Am 18. Oktober 2024 stimmte der Bundesrat dem Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) zu. Die zahlreichen Einzelmaßnahmen des Vierten “Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie” sollen der Beschleunigung von Geschäftsprozessen und der Reduzierung von Kosten dienen. Durch den Wegfall veralteter Regelungen und die Förderung der Digitalisierung sollen die Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit weiter gestärkt werden. Damit will die Bundesregierung eine jährliche Entlastung der deutschen Wirtschaft in Höhe von 944 Millionen Euro erzielen.

Der Zeitplan des Bürokratieentlastungsgesetzes IV sah wie folgt aus: 

  • 11.01.2024: Referentenentwurf durch Bundesministerium der Justiz (BMJ) 
  • 13.03.2024: Beschluss des Regierungsentwurfes durch Bundeskabinett 
  • 26.04.2024: Stellungnahme des Bundesrats 
  • 19.06.2024: Formulierungshilfe durch Bundesregierung beschlossen 
  • 26.09.2024: Verabschiedung des Bürokratieentlastungsgesetzes IV durch den Bundestag
  • 18.10.2024: Zustimmung des Bundesrats

Bürokratieentlastungsgesetz: Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege

Eine der wichtigsten Neuregelungen für Unternehmer im Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG) dürfte die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege sein. Diese Aufbewahrungsfrist betrug bisher 10 Jahre. Nun verkürzt sie sich auf nur noch acht Jahre. Unternehmer, die ganze Räume mit Buchungsbelegen aus Altjahren voll haben, können einen Teil davon also bereits ab 1. Januar 2025 schreddern.

Für welche Unterlagen gilt die neue Aufbewahrungsfrist nach dem Bürokratieentlastungsgesetz?

Die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist greift für alle Buchungsbelege, bei denen am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes die bisherige 10-Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist. Unternehmer müssen dabei beachten, dass die Verkürzung nicht für alle aufbewahrungspflichtigen Steuerbelege greift, sondern eben nur für Buchungsbelege. Die Aufbewahrungsfristen für die anderen Steuerunterlagen bleiben bestehen.

Diese Aufbewahrungsfristen gelten nach dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz:

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§ 147 Abs. 1 Nr. …. AO
§ 147 Abs. 1 Nr. …. AO Aufbewahrungspflichtige Unterlagen Frist bisher Frist nach Bürokratieentlastungsgesetz
Nr. 1 Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschlüsse, Inventare, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen 10 Jahre 10 Jahre
Nr. 2 Empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe (auch E-Mails) 6 Jahre 6 Jahre
Nr. 3 Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe (auch E-Mails) 6 Jahre 6 Jahre
Nr. 4 Buchungsbelege (z. B. Rechnungen) 10 Jahre 8 Jahre (neu)

Welche Unterlagen gehören zu Buchungsbelegen?

Bei den Buchungsbelegen handelt es sich um alle Unterlagen, die Grund für eine Buchung waren. Dazu gehören unter anderem Rechnungen, Rechnungskopien, Steuer-, Gebühren- oder Beitragsbescheide, Lieferscheine, Lohn- und Gehaltslisten, Lohnabrechnungen, Werkstattrechnungen, Vertragsurkunden, Zahlungsanweisungen und Quittungen.

Wie berechnet sich die Aufbewahrungsfrist?

Die Aufbewahrungsfrist beginnt nach § 147 Abs. 4 Abgabenordnung mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in der Buchhaltung vorgenommen wurde

Hier ein Beispiel für die Fristberechnung nach dem Bürokratieentlastungsgesetz mit 8-jähriger Aufbewahrungsfrist: Die Buchungsbelege für 2015 wurden 2016 verbucht. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, dürften die Buchungsbelege für 2015 nach der neuen 8-jährigen Aufbewahrungsfrist nach dem Bürokratieentlastungsgesetz am 1.1.2025 entsorgt werden.

Achtung

Neuberechnung der Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nach dem Bürokratieentlastungsgesetz

Bilanzieren Unternehmer und haben in ihrer Bilanz eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gebucht, kann aufgrund der Verkürzung der Aufbewahrungsfrist von Buchungsunterlagen nach dem Bürokratieentlastungsgesetz eine Neuberechnung (Kürzung) dieser Rückstellung notwendig sein. 

Sonderregelung zur neuen Aufbewahrungsfrist nach dem Bürokratieentlastungsgesetz

Für Personen und Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen, wurde im Vierten Bürokratieentlastungsgesetz eine Sonderregelung geschaffen. Die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre tritt für diese Personen und Gesellschaften mit einem Jahr Verzögerung in Kraft.

Neuregelung im Bürokratieentlastungsgesetz zu Umsatzsteuer-Voranmeldungen

Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz enthält auch eine Erleichterung für Unternehmer, die zur Abgabe einer monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldung verpflichtet sind. Bisher ist eine monatliche Übermittlung Pflicht, wenn die Umsatzsteuerzahllast (= ermittelte Umsatzsteuer abzüglich Vorsteuererstattung) des Vorjahres mehr als 7.500 Euro betragen hat. Durch das Bürokratieentlastungsgesetz wurde dieser Schwellenwert ab 1. Januar 2025 von 7.500 Euro auf 9.000 Euro angehoben (§ 18 Abs. 2, 2a UStG). Das bedeutet im Klartext: Lag die Umsatzsteuerzahllast 2024 nicht über 9.000 Euro, sind Unternehmer 2025 nur zur elektronischen Übermittlung von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet. 

Durch diese Neuregelung im Bürokratieentlastungsgesetz dürften 2025 deutlich mehr Unternehmer nur noch vierteljährliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen ans Finanzamt übermitteln müssen. Das bedeutet für viele Betriebe einen echten Bürokratieabbau, durch den Unternehmer während des Jahres mehr Zeit für die wichtigeren Ziele des unternehmerischen Alltags bekommen.

Tipp

Vorteile durch Änderung der Inhalte im Bürokratieentlastungsgesetz auch bei Dauerfristverlängerung

Die Anhebung des Schwellenwerts für die vierteljährliche Abgabeverpflichtung für Umsatzsteuer-Voranmeldungen im Vierten Bürokratieabbaugesetz bringt auch finanzielle Erleichterungen für die Dauerfristverlängerung. Wer 2025 nur noch für jedes Quartal eine Umsatzsteuer-Voranmeldung ans Finanzamt übermitteln muss, kann bis zum 1. April 2025 über ELSTER einen elektronischen Antrag auf Dauerfristverlängerung stellen. Stimmt das Finanzamt zu, ist die Umsatzsteuer-Voranmeldung immer erst einen Monat später als gesetzlich vorgeschrieben fällig.

Im Gegensatz zur monatlichen Abgabeverpflichtung muss bei der Quartalsabgabe im Zusammenhang mit der Dauerfristverlängerung keine Sonderzahlung mehr geleistet werden. Das bedeutet eine zusätzliche Entlastung bei der Quartalsabgabe.

Neue Steuerspielregeln zur Differenzbesteuerung im Bürokratieentlastungsgesetz

Eine weitere umsatzsteuerliche Neuregelung im 4. Bürokratieentlastungsgesetz betrifft die Differenzbesteuerung. Erfüllen Unternehmer die Voraussetzung für die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG, dann wird die Umsatzsteuer aus der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis herausgerechnet. Die Neuregelung im Bürokratieentlastungsgesetz hat jedoch keine Auswirkung auf den Grundfall, sondern nur auf den Sonderfall, bei dem die Umsatzsteuer nach der Gesamtdifferenz ermittelt wird. Zum besseren Verständnis zunächst ein Praxisbeispiel zum Grundfall der Differenzbesteuerung. 

Beispiel: Keine Auswirkung des Bürokratieentlastungsgesetzes auf den Grundfall zur Differenzbesteuerung 

Ein Unternehmer erfüllt die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung nach § 25a EStG. Er erwirbt von einer Privatperson einen Gestand für 10.000 Euro und verkauft diesen für 12.000 Euro.

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Verkaufspreis 12.000 Euro
= Differenzbetrag 2.000 Euro
- Umsatzsteuer (Umsatzsteuer ist aus dem Betrag von 2.000 Euro „herauszurechnen“; 2.000 Euro : 119 x 19) 319,33 Euro
= Bemessungsgrundlage 1.680,67 Euro

Anhebung der Bagatellgrenze zur Differenzbesteuerung im Bürokratieentlastungsgesetz

In § 25a Abs. 4 UStG war bislang eine Bagatellgrenze von 500 Euro enthalten. Danach können Unternehmer bei Anwendung der Differenzbesteuerung vereinfacht die Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz aus allen Käufen und Verkäufen ermitteln, wenn die Einkaufspreise die Bagatellgrenze nicht überschreiten. Diese Bagatellgrenze von 500 Euro wurde im Bürokratieentlastungsgesetz auf 750 Euro erhöht

Beispiel: Neuregelung zur Gesamtdifferenz nach dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz 

Ein Münzhändler kauft von Privatpersonen Münzen für 5.000 Euro. Zwei der Münzen haben einen Wert von 600 Euro bzw. 900 Euro. Die Einzelwerte der restlichen Münzen im Wert von 3.500 Euro liegen jeweils unter 750 Euro. Folge: Beim Verkauf muss der Münzhändler für beiden Münzen im Wert von 600 Euro und 900 Euro die Umsatzsteuer einzeln nach der Differenzbesteuerung ermitteln. Für die restlichen Münzen im Wert von 3.500 Euro darf er ab 2025 die Differenzbesteuerung nach der Gesamtdifferenz ermitteln, weil die Einzelwerte jeweils nicht mehr als 750 Euro betragen (= neue Bagatellgrenze nach dem Vierten Bürokratieabbaugesetz).

Förderung der Digitalisierung: Statt Schriftform reicht künftig oft die Textform

Viele Rechtsgeschäfte erfordern nach wie vor, dass man Dokumente ausdrucken und unterschreiben muss. Dieses sogenannte Schriftformerfordernis soll künftig in vielen Fällen durch die Textform ersetzt werden. Das bedeutet, dass dann auch die digitale Form ausreicht, z. B. eine E-Mail. 

Arbeitsverträge können künftig digital geschlossen werden

Beispielsweise soll künftig für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zum Arbeitsvertrag die Textform ausreichen. Auch Arbeitszeugnisse können künftig digital erstellt werden. Für Kündigungen und Aufhebungsverträge ist aber weiterhin die Schriftform vorgeschrieben.

Achtung

Ausnahmen in Wirtschaftszweigen, die häufig von Schwarzarbeit betroffen sind

In Wirtschaftszweigen, die oft von Schwarzarbeit betroffen sind, gilt bei Arbeitsverträgen aber nach wie vor das Schriftformerfordernis. Hierzu gehören unter anderem:

  • Bau- und Gaststättengewerbe
  • Speditionswesen
  • Gebäudereinigung
  • Fleischwirtschaft
  • Wach- und Sicherheitsdienste

Einführung einer Vollmachtsdatenbank für Steuerberater

Arbeitgeber werden ab dem 1. Januar 2028 durch eine zentrale Vollmachtsdatenbank für ihre Steuerberater entlastet. Bisher ist es so, dass sie ihren Steuerberatern viele unterschiedliche Vollmachten für die verschiedenen Sozialversicherungsträger ausstellen müssen. Durch die zentrale Datenbank ist das nicht mehr nötig. Dann reicht eine Generalvollmacht, die in der Datenbank elektronisch eingetragen und von allen Trägern abgerufen werden kann.

Weitere Erleichterungen durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV

Neben den bereits genannten Entlastungen gibt es im Gesetz noch weitere Bürokratieerleichterungen, unter anderem: 

  • die Ermöglichung von Anträgen auf Elternzeit in Textform, also digital
  • ebenfalls digital beantragt werden können künftig das Elterngeld, Pflegezuschüsse und die Verlängerung von Pässen
  • Für deutsche Staatsangehörige soll die Hotelmeldepflicht und damit das Ausfüllen von Meldescheinen entfallen.
  • die Aufhebung der Anzeigepflicht nach dem Mess- und Eichgesetz 
  • Steuerbehörden sollen künftig Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte digital zum Abruf bereitstellen können.

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