Inklusion am Arbeitsplatz: Große Chance auf gute Arbeitskräfte für KMU

Inklusion am Arbeitsplatz ist auch für KMU ein wichtiges Thema. Nicht nur, weil Inklusion Menschen mit einer Behinderung die Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht, sondern auch, weil Unternehmen in ihnen gute und fähige Mitarbeiter finden. Was Sie zum Thema erfolgreiche Inklusion am Arbeitsplatz wissen müssen, erfahren Sie hier.

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Eine Frau im Rollstuhl sitzt mit Mitarbeitenden am Konferenztisch
© Morsa Images - gettyimages.com
 |  Zuletzt aktualisiert am:08.08.2023

Wie viele Menschen mit Behinderung leben in Deutschland?

Im Jahr 2019 lebten laut Statistischem Bundesamt in etwa 10,3 Millionen Menschen mit einer anerkannten Behinderung in Deutschland; der größte Anteil von ihnen mit einer Schwerbehinderung – rund 7,9 Millionen Menschen. Circa 2,9 Millionen von ihnen sind erwerbstätig, davon sind 61,6 Prozent Angestellte. Wenn von Inklusion am Arbeitsplatz die Rede ist, geht es also um sehr viele Menschen – und es werden perspektivisch immer mehr.

Ein Grund dafür ist die demografische Entwicklung: Unsere Gesellschaft wird immer älter und mit dem Alter steigt der Anteil der Menschen mit einer Behinderung, denn: Die meisten schweren Behinderungen – nämlich 89 Prozent – entstehen erst im Laufe des Lebens aufgrund einer Krankheit, wie eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2020 zeigte.

 

Darstellung von Tabellen auf Desktop besser lesbar

Jahr
Jahr Anzahl der schwerbehinderten Erwerbstätigen Anteil an allen schwerbehinderten Menschen in % (Erwerbstätigenquote)
1999 968.000 32,1
2005 1.052.000 35,5
2009 1.208.000 39,4
2013 1.342.000 42,3
2017 1.464.000 46,9

Die Tabelle zeigt die Anzahl der schwerbehinderten Erwerbstätigen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren und Erwerbstätigenquote von 1999 bis 2017 (letztes Jahr der Erfassung). Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2019.

Definition

Woher kommt der Begriff Inklusion?

Inklusion leitet sich vom lateinischen Verb includere ab, das einschließen, umschließen oder einfügen bedeutet. Inklusion bedeutet also das Miteinbeziehen oder Miteinschließen von Menschen.

Was bedeutet Inklusion am Arbeitsplatz?

Inklusion am Arbeitsplatz heißt nichts anderes, als Menschen mit einer Behinderung die gleichen Chancen einzuräumen wie allen anderen auch. Dafür müssen beispielsweise Räume und auch Technik barrierefrei sein, etwa in Form von Bildschirmlesegeräten, Braillezeilen oder Hörhilfen.

Jedoch geht es bei Inklusion am Arbeitsplatz nicht nur um die Barrierefreiheit im Haus oder die Anpassung der Arbeitsmittel. Auch der Umgang mit Kollegen mit Einschränkungen spielt einen entscheidenden Faktor.
Schließlich sollen ebenso die Mitarbeiter mit Behinderung ihre Ziele erfüllen und dies ist für sie nicht immer so leicht ohne zusätzliche Unterstützung oder weiteren Maßnahmen ihres Teams möglich.

Beispiele für Inklusion am Arbeitsplatz

1. Beispiel:

Herr Schmidt sitzt im Rollstuhl und arbeitet als Sachbearbeiter bei einer Gemeinde. Er besitzt einen inklusiven Arbeitsplatz:
Im Haus befinden sich sowohl barrierefreie Aufzüge als auch eine Rampe an der Treppe am Eingang. Daneben stellt ihm sein Arbeitgeber einen für ihn und auf seine Bedürfnisse angepassten Schreibtisch zur Verfügung.

2. Beispiel:

Frau Müller ist gehörlos und als Ingenieurin bei einem Autozulieferer beschäftigt. Immer wieder stehen bei ihr Online- und auch Offline-Meetings an. Hierbei ist online ein Gebärdendolmetscher zugeschaltet, der alles für Frau Müller in Gebärdensprache und für die anderen Teilnehmer dann in Lautsprache übersetzt.

Tipp

Weitere Beispiele und Möglichkeiten der Inklusion am Arbeitsplatz

Wer auf der Suche nach weiteren gelungenen Beispielen für Inklusion in Unternehmen ist, wird auf der Website von Aktion Mensch fündig. Dort teilen sowohl Betroffene ihren Weg mit, wie sie ihren inklusiven Arbeitsplatz gefunden haben, als auch berichten Kollegen über ihre Erfahrungen der Zusammenarbeit.

Warum Inklusion am Arbeitsplatz wichtig ist

Unternehmen lassen wertvolle Ressourcenungenutzt, wenn sie ihre Arbeitsplätze nicht „inklusions-fit“ machen.

Erstens sind Menschen mit Behinderung in ihrem Beruf in der Regel genauso leistungsfähig wie alle anderen auch, was zum Beispiel zuletzt im „Inklusionsbarometer Arbeit“ der Aktion Mensch 2021 nachgewiesen wurde.

Zweitens zählt angesichts des angespannten Arbeitsmarktes jeder Kopf.

Drittens besagt schon die 2009 ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention, dass die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ein Menschenrecht ist und kein Akt der Fürsorge oder Gnade.

Wie gelingt Inklusion am Arbeitsplatz?

Inklusion von Menschen mit Behinderung gelingt dann am besten, wenn die Arbeitsbedingungen möglichst optimal auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. Eine Unternehmenskultur, die Inklusion unterstützt, ist dabei mindestens genauso entscheidend wie eine organisatorisch und technisch angepasste Gestaltung des Arbeitsplatzes und flexible Arbeitszeitmodelle, so die Ergebnisse der IW-Analysen vom Institut der deutschen Wirtschaft.

Welche Gesetze und Regeln existieren zur Inklusion am Arbeitsplatz?

Die Vorgaben, die Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung beachten müssen, finden sich in unterschiedlichen Gesetzestexten. Vor allem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) oder das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) schreiben einige Regeln vor, an die sich Betriebe bei der Inklusion am Arbeitsplatz halten müssen.

Info

Diese Regeln gelten für Unternehmen

  • Menschen mit Schwerbehinderung haben beispielsweise einen Anspruch auf mehr Urlaubstage, dürfen nicht länger als acht Stunden pro Tag arbeiten und genießen einen besonderen Kündigungsschutz.
  • Unternehmen, die Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen und mehr als 20 Vollzeit-Arbeitsplätze bieten, brauchen einen Inklusionsbeauftragten.
  • Beschäftigt eine Firma mehr als fünf Menschen mit Schwerbehinderung, muss zudem eine Schwerbehindertenvertretung gewählt werden.

Die wichtigsten Gesetze aus dem Sozial- und Arbeitsrecht zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen finden sich zum Beispiel bei REHADAT, einem Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln.

Die bürokratischen Vorgaben schrecken immer noch viele Unternehmen ab, Menschen mit Behinderung einzustellen. Damit vergeben sie eine große Chance auf engagierte, fähige Mitarbeitende. Außerdem können Betriebe bei der Inklusion auf viele Fördermittel und Unterstützungsangebote zurückgreifen.

Info

Bundestag beschließt Gesetzentwurf zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts

Die Bundesregierung sieht Handlungsbedarf, um die Integration von Menschen mit Behinderung besser zu unterstützen, und hat einen Gesetzentwurf zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts beschlossen.

Das Gesetz, das ab 2024 gelten soll, sieht u. a. eine höhere Ausgleichsabgabe vor: Bis zu 720 Euro monatlich müssen Unternehmen für jeden nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz bezahlen. Bisher beträgt die Ausgleichsabgabe bis zu 360 Euro monatlich. Die höhere Abgabe soll ab März 2025 gelten, wenn die Abgabe für das Jahr 2024 fällig wird.

Aufgrund dieser Erhöhung soll das bisher zur Ausgleichsabgabe hinzukommende Bußgeld von bis zu 10.000 Euro für Unternehmen, die keinen Pflichtarbeitsplatz mit einem Menschen mit Behinderung besetzen, wegfallen.

Inklusion: Hier finden KMU Unterstützung

Mindestens so zahlreich wie die Regelungen sind die Förder- und Unterstützungsangebote.

Erst im April 2022 hat der Bundestag im Teilhabestärkungsgesetz festgelegt, dass ab 2023 einheitliche Stellen in Deutschland geschaffen werden sollen, um Unternehmen bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zu unterstützen.

Das macht die Sache deutlich einfacher, denn bisher herrschte angesichts der schieren Menge an Fördermöglichkeiten Intransparenz. Detaillierte Informationen finden Sie auch hier auf der Website REHADAT.

FAQ: Ihre Fragen zur Inklusion am Arbeitsplatz

Wie ist der Begriff „Behinderung“ gesetzlich definiert?

 

In § 2 Abs. 1 des 9. Sozialgesetzbuchs sind Menschen mit Behinderungen wie folgt definiert: „Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, [die sie] an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit [länger als sechs Monate] hindern können.“ Und so heißt es weiter: „Eine Beeinträchtigung […] liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.“

Wie wird Behinderung klassifiziert?

 

Definiert wird der Grad der Behinderung auf einer Skala in 10er Schritten, beginnend bei 20 und endend bei 100. Als schwerbehindert gilt eine Person ab einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50.

Der Grad einer Behinderung wird unabhängig vom ausgeübten Beruf zugewiesen und sagt nichts über die Leistungsfähigkeit in Bezug auf einen konkreten Arbeitsplatz aus.

Was ist die Ausgleichsabgabe?

 

Bietet ein Unternehmen 20 oder mehr Arbeitsplätze mit wöchentlich mindestens 18 Arbeitsstunden, ist es verpflichtet, fünf Prozent dieser Stellen mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Wer diese Quote nicht erfüllt, muss eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt zahlen.

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