Selbstständig und krank – was nun? Existenzängste, Sorge um Kunden und Aufträge

Wenn alles gut läuft, ist es eine wunderbare Sache, selbstständig zu sein: freie Zeiteinteilung, kein Chef, Geld verdienen mit dem, was Sie lieben. Kein Grund weit und breit, sich zurück in ein Angestelltenverhältnis zu wünschen. Doch wenn Sie ernsthafte Gesundheitsprobleme bekommen, selbstständig und krank sind, kann die Lage leider schnell ganz anders aussehen.

Zuletzt aktualisiert am 03.06.2025
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Selbstständig und krank sein ist kein Spaß. Ein paar Wochen einer hartnäckigen Grippe mitsamt Folgen, chronische Erkrankungen, Unfälle oder plötzlich erkannte ernste Krankheiten wie Krebs können zu kritischen Situationen führen. Ob einige Wochen oder gleich Jahre, in solchen Phasen müssen Sie nämlich mit großen oder gar vollständigen Verdienstausfällen rechnen. Existenzängste und seelisch schwierige Phasen sind vorprogrammiert.

Teil des Vorsorge-Puzzles: Krankentagegeld

Haben Sie sich beim Start in die Selbstständigkeit dafür entschieden, freiwillig weiter in der gesetzlichen Krankenversicherung zu bleiben? Dann müssen Sie die Krankenkasse darauf hingewiesen haben, dass Sie damit auch für eine Krankengeldzahlung ab dem 43. Tag der Erkrankung versichert sein möchten. Es ist erstaunlicherweise bei vielen Krankenkassen separat nötig, dass Sie darauf hinweisen und kann sehr daneben gehen, wenn Sie es nicht tun.

Bis zum 43. Tag sind Sie dann selbstständig und krank auf Ihre Ersparnisse angewiesen. Das ist natürlich keine gute Idee, daher sollten Sie bei der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich einen sogenannten zusätzlichen Wahltarif für die Krankengeldzahlung ab dem 15. Tag abschließen. Für einen relativ geringen Betrag bekommen Sie dann Krankengeld ab dem 15. Tag lückenloser Krankschreibung. Die Höhe des Krankengelds ist in den Wahltarifen wählbar. Je höher das Krankengeld, desto höher der Beitrag, den Sie dafür zahlen. Allerdings darf die Höhe des Krankengelds nicht die Höhe Ihres Nettoeinkommens übersteigen.

Im Ernstfall müssen Sie also zwei Wochen ohne Einkünfte überbrücken, was einfacher ist als sechs Wochen oder länger. Diesbezüglich ist die gesetzliche Krankenversicherung also grundsätzlich eine sehr gute Idee.

Bei der privaten Krankenversicherung ist es ebenfalls möglich, eine Krankentagegeldversicherung abzuschließen. Auch hier muss im Krankheitsfall nachgewiesen werden können, dass der Job nicht mehr ausgeführt werden kann und die Ansichten über das noch Machbare sehr auseinandergehen können, wenn die Versicherung zahlen soll. Ohne Attest läuft nichts und es kann schwierig sein, zu belegen, dass die Tätigkeit nicht mehr ausgeführt werden kann – ein Coach mit gebrochenen Armen und Beinen kann zum Beispiel immer noch sprechen, warum sollte er nicht coachen können? Wenn Sie Pech haben, müssen Sie also selbstständig und krank noch gegen die Versicherung kämpfen. 

Monatelang krank? Die Berufsunfähigkeitsversicherung

Krankentagegeld ist keine langfristige Lösung, denn die Leistungsdauer ist begrenzt und deckt daher keinen totalen Ausfall über viele Jahre oder für immer ab. Die Dauer beträgt je nach Kasse und Vertrag zwischen 26 und 78 Wochen in einem Zeitraum von drei Jahren. Das passt zu einer Grippe oder einem komplizierten Beinbruch. Das passt jedoch nicht zu schwerwiegenden Erkrankungen, die Sie viel länger oder für immer aus der Bahn werfen.

Wer selbstständig ist und länger erkrankt, ist auf eine zusätzliche Versicherung angewiesen wie die Berufsunfähigkeitsversicherung, kurz: BU. Berufsunfähigkeit liegt immer dann vor, wenn Sie bereits seit sechs Monaten Ihrer Tätigkeit aufgrund einer schweren Krankheit oder Verletzung nicht mehr nachgehen können.

Die BU springt also dann ein, wenn das Krankentagegeld nicht mehr gezahlt wird.

Info

Wie sieht es bei vorübergehender Berufsunfähigkeit aus?

Besonders gut und wichtig ist, dass die BU auch bei vorübergehender Berufsunfähigkeit zahlt, auch wenn eine Genesung in Aussicht steht.

Noch eine Absicherung für Selbstständige: Die Erwerbsminderungsrente

Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, aber vom Rentenalter noch weit entfernt ist, braucht ein Auffangnetz. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung – die Erwerbsminderungsrente – kann das Einkommen ersetzen.

Pleite und am Anschlag – was jetzt?

Wenn Sie kein Krankengeld mehr bekommen, keine Versicherungen haben und Ihr privates Vermögen aufgebraucht ist, hilft nur noch der Gang zum Arbeitsamt und der zeitnahe Antrag auf Arbeitslosengeld II.

Auch Selbstständige haben nämlich Anspruch auf die Unterstützung, wenn sie ihren Aufenthaltssitz in der BRD haben, sich noch vor dem Renteneintritt befinden und drei Stunden täglich arbeiten könnten, aber vom aktuellen Einkommen und Vermögen nicht leben können. Anders ausgedrückt: Wenn Sie selbstständig und krank sind und wegen dieser Krankheit zu wenig verdienen, um Ihren Lebensunterhalt (Miete, Versicherungen, Essen und Co.) zu bestreiten, dann haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Selbstständig und krank – was ist mit den Kunden?

Ihre Kunden werden teils geduldig sein, teils werden sie nicht auf Sie warten. Sie müssen also damit rechnen, dass die Krankheit Sie nicht nur finanzielle Einbußen kostet, sondern auch einen Teil oder im schlimmsten Fall alle Ihre Kunden.

Die Chancen, zurück in die Geschäftsbeziehung kommen zu können, steigen entscheidend, wenn Sie sich fair verhalten und Bescheid geben, sobald Sie absehen können, dass Sie nicht nur wie bei einer Erkältung einige Tage ausfallen, sondern ernsthaft und langfristig erkrankt sind.

Tipp

Kollege in Auftrag vermitteln bei längerfristiger Erkrankung

Wenn Sie selbstständig und längerfristig krank sein werden, können Sie jemanden aus Ihrem Netzwerk in den Auftrag vermitteln unter der Absprache, dass Sie zurückkehren können. Der Kollege sollte Ihnen das schriftlich zusichern, dafür verzichten Sie auf eine Vermittlungsprovision, die den Erhalt von Krankengeld nur verkomplizieren würde.

Im Notfall? Arbeiten.

Mit einer virtuellen Assistentin für Ihre Hauptkommunikation und der berühmten freien Zeiteinteilung können Sie auch vom Krankenbett aus arbeiten, notfalls auch im Krankenhaus. Das mag hart klingen, aber immerhin verlieren Sie so nicht alle Kunden, sondern lernen notgedrungen, Sie auf Wesentliches zu fokussieren.

Wenn das Krankenhaus kein WLAN hat, kaufen Sie sich einen Surfstick, um unabhängig zu sein. Buchhaltung erledigen, Mails beantworten, sogar Neukundengewinnung lassen sich im Notfall trotz Krankheit bewältigen, wenn es in Bezug auf Ihre Selbstständigkeit vorübergehend nicht anders geht.