Realisationsprinzip

Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne erst dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie am Bilanzstichtag realisiert sind. Dieses Prinzip ist Teil des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips und dient der korrekten Periodenabgrenzung. Es hat sowohl steuerrechtliche als auch handelsrechtliche Relevanz. Gewinne können somit erst dann ausgewiesen werden, wenn sie durch bestimmte Geschäftsvorfälle tatsächlich entstanden sind. Ein häufiges Beispiel hierfür sind betriebliche Umsatzakte wie der Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen.

Zuletzt aktualisiert am 20.06.2025

Zusammenfassung

Realisationsprinzip im Überblick

  • Das Realisationsprinzip regelt, dass Gewinne erst berücksichtigt werden dürfen, wenn sie am Bilanzstichtag realisiert sind.
  • Es gehört zum handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip und ist für die Periodenabgrenzung entscheidend.
  • Das Prinzip ist in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verankert.
  • Es betrifft auch die steuerrechtliche Gewinnermittlung, etwa bei Landwirten oder Freiberuflern.
  • Gewinne dürfen nur dann realisiert werden, wenn sie durch Umsatzakte wie Verkaufsabschlüsse oder erbrachte Leistungen entstanden sind.
  • Der Realisationszeitpunkt richtet sich nach dem Vertragstyp und nicht nach der Auftragserteilung.
  • Das Verbot der Vorwegnahme von Gewinnen stellt sicher, dass keine nicht realisierten Gewinne ausgewiesen werden.

Definition

Was ist das Realisationsprinzip?

Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne in der Bilanz nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie tatsächlich realisiert wurden. Dies bedeutet, dass ein Gewinn erst dann ausgewiesen werden kann, wenn der Ertrag aus einem Geschäftsvorfall wie einem Verkauf oder einer Leistungserbringung entstanden ist. Der Gewinn darf erst dann in die Bilanz aufgenommen werden, wenn die wirtschaftliche Leistung vollständig erbracht oder die Gegenleistung eingegangen ist. Das Prinzip ist ein Bestandteil des Vorsichtsprinzips und dient der korrekten Periodenabgrenzung, um eine Verzerrung der finanziellen Lage eines Unternehmens zu verhindern.

Rechtliche Grundlagen des Realisationsprinzips

Das Realisationsprinzip ist in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verankert und gehört zu den GoBD:  Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Diese Vorschrift besagt, dass Gewinne nur dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie am Bilanzstichtag realisiert sind. Auch die steuerrechtliche Gewinnermittlung ist von diesem Prinzip betroffen. Laut § 5 Abs. 1 EStG müssen Kaufleute, die Bücher führen, das Realisationsprinzip bei der Ermittlung ihres steuerpflichtigen Gewinns beachten.

Das Realisationsprinzip ist für alle Unternehmen von Bedeutung, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln. Dazu zählen auch Landwirte und Freiberufler, die freiwillig Bücher führen. Kapitalgesellschaften sind in besonderem Maße von den Vorschriften des HGB betroffen, da sie beim Jahresabschlusses erstellen nur realisierte Gewinne berücksichtigen dürfen.

Folgen des Realisationsprinzips

Das Realisationsprinzip hat weitreichende Folgen für die Bilanz eines Unternehmens. Es sorgt dafür, dass Gewinne erst dann ausgewiesen werden, wenn sie tatsächlich realisiert sind, und verhindert somit, dass potenzielle Gewinne bereits vor ihrer Realisation in der Bilanz erscheinen. Dies hat Auswirkungen auf die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sowie auf die Gewinn- und Verlustrechnung.

  • Gewinne dürfen nur bei tatsächlicher Realisation ausgewiesen werden.
  • Aufschiebend bedingte Forderungen dürfen nicht realisiert werden.
  • Gewinne dürfen nicht vorweggenommen werden, um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens korrekt darzustellen.

Ein Gewinn wird dann als realisiert betrachtet, wenn der bilanzierende Steuerpflichtige berechtigt oder verpflichtet ist, einen Ertrag als Überschuss über den Kostenaufwand und damit als Mehrung des Betriebsvermögens zu erfassen. Dies gilt insbesondere, wenn die Gegenleistung für eine erbrachte Leistung oder einen Verkauf tatsächlich entstanden ist.

Umsatzakte/-geschäfte

Eine Gewinnrealisierung erfolgt immer durch betriebliche Umsatzakte. Dies bedeutet, dass Gewinne erst dann realisiert werden, wenn ein Unternehmen eine Leistung erbracht hat oder ein Verkaufsabschluss zustande gekommen ist. Ein Beispiel für eine solche Umsatzakte ist der Verkauf von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen. Der Zeitpunkt der Auftragserteilung allein reicht nicht aus, um einen Gewinn zu realisieren. Der Realisationszeitpunkt hängt vom Vertragstyp und der konkreten Leistungserbringung ab
Das Verbot der Vorwegnahme oder Antizipation von Gewinnen stellt sicher, dass keine Gewinne vor ihrer tatsächlichen Entstehung ausgewiesen werden. In Ausnahmefällen kann jedoch eine Aktivierung erfolgen, wenn eine aufschiebend bedingte Forderung als hinreichend konkretisiert erscheint.

Praxisbeispiel des Realisationsprinzips

Ein praktisches Beispiel für das Realisationsprinzip ist der Verkauf eines Fahrzeugs. Wenn ein Autohändler ein Auto für 34.000 Euro verkauft, dessen Buchwert 30.000 Euro beträgt, realisiert sich ein Gewinn von 4.000 Euro. Dieser Gewinn wird zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs realisiert, unabhängig davon, wann der Kaufpreis tatsächlich gezahlt wird. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt lediglich zur Begleichung der bereits realisierten Kaufpreisforderung.

Verzögerungen bei der Gegenleistung

Es kann vorkommen, dass sich die Gegenleistung für eine erbrachte Leistung verzögert. In solchen Fällen kann es problematisch sein, den Gewinn bereits beim Lieferzeitpunkt zu realisieren. Sollte die Gegenleistung für eine Leistung ausbleiben oder sich erheblich verzögern, muss die Bewertung der Forderung möglicherweise durch Abzinsung angepasst werden.

Ein Beispiel für diese Problematik ist der Tausch von Wirtschaftsgütern zwischen Unternehmen. Auch in solchen Fällen kann eine Gewinnrealisierung stattfinden, wenn die Veräußern eines Wirtschaftsgutes stattgefunden hat, auch wenn die Gegenleistung noch nicht vollständig erbrachte wurde.

Verkäufe zwischen Gesellschaften und Gesellschaftern

Auch bei Verkäufen zwischen Gesellschaften oder zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern können Gewinne realisiert werden. Das gilt insbesondere für die entgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern in andere Sonderbetriebsvermögen oder bei Anteilsverkäufen. Auch hier muss der Gewinn gemäß dem Realisationsprinzip ausgewiesen werden, sobald der relevante Geschäftsvorfall abgeschlossen ist.

Nicht realisierte Verluste

Das Imparitätsprinzip regelt, dass nicht realisierte Verluste bereits in der Buchführung berücksichtigt werden müssen, während nicht realisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen. Nach diesem Prinzip müssen Verluste vorweggenommen (antizipiert) werden, sobald sie erkennbar sind. Dies kann beispielsweise durch Abschreibungen auf den niedrigeren Wert von Vermögenswerten oder durch die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften geschehen.

Im Gegensatz zum Realisationsprinzip, das nur die Realisierung von Gewinnen zulässt, verlangt das Imparitätsprinzip eine frühzeitige Berücksichtigung von Verlusten.

Folgen des Imparitätsprinzips

Das Imparitätsprinzip hat zur Folge, dass Verluste in der Bilanz sofort berücksichtigt werden müssen, wenn diese absehbar sind. Im Gegensatz zum Realisationsprinzip, das Gewinne erst bei deren Realisierung anerkennt, erfordert das Imparitätsprinzip eine frühzeitige Berücksichtigung von Verlusten. Häufige Maßnahmen zur Umsetzung dieses Prinzips sind:

  • Abschreibungen auf den niedrigeren Wert von Anlage- und Umlaufvermögen.
  • Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

Steuerliche Regelungen zu nicht realisierten Verlusten

In der Steuerbilanz gelten für die Bildung von Rückstellungen aufgrund nicht realisierter Verluste strengere Vorschriften. Grundsätzlich dürfen Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nur unter bestimmten Bedingungen gebildet werden. Dies betrifft insbesondere den § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG, der in diesen Fällen keine Rückstellungen zulässt.

Darüber hinaus gelten bei Teilwertabschreibungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1998 enden, strengere Regeln: Teilwertabschreibungen dürfen nur dann fortgeführt werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Wertminderung weiterhin besteht oder dass diese voraussichtlich dauerhaft ist.

Besondere steuerliche Regelungen

Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Entgeltlichkeit von Vertragsübernahmen. Wenn ein verlustbedrohter Vertrag gegen Schuldübernahme erworben wird, gilt dieser Vorgang als Erwerb. Die Freistellungsverpflichtung gegenüber dem Veräußerer muss nach den allgemeinen Grundsätzen für ungewisse Verbindlichkeiten behandelt werden, und nicht als Rückstellung für drohende Verluste.

Achtung

Änderung des EStG durch das AIFM-StAnpG

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 28. November 2013 enden, wurde das Einkommensteuergesetz (EStG) geändert, um die bilanzsteuerrechtliche Behandlung der entgeltlichen Übertragung von Verpflichtungen, wie etwa Schuldübernahmen, zu regeln. Diese Regelung sorgt für eine zeitlich gestreckte Aufwandsrealisierung, was bedeutet, dass die Aufwendungen aus solchen Transaktionen nicht sofort, sondern über einen längeren Zeitraum verbucht werden müssen.

Ersatzbestände

Gewinnrealisierungen können auch durch verschiedene Ereignisse und Vorgänge eintreten, die mit der Entnahme von Wirtschaftsgütern oder bestimmten Änderungen im Betrieb zusammenhängen. Zu diesen gehören:

  • Entnahmen, bei denen auch bei einer Veräußung zu einem unangemessen niedrigen Entgelt die stillen Reserven vollständig aufgedeckt werden müssen. Sofern eine Gegenleistung vom Erwerber erbracht wurde, sind die stillen Reserven durch Veräußerung oder Entnahme zu realisieren.
  • Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsguts.
  • Wertaufholungen, bei denen eine vorhergehende Teilwertabschreibung rückgängig gemacht wird.
  • Betriebsaufgabe oder Betriebsaufspaltung.
  • Wohnsitzwechsel ins Ausland oder Liquidation einer Kapitalgesellschaft.
  • Verlegung der Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft ins Ausland.
  • Beginn einer Körperschaftsteuerbefreiung.
  • Umwandlungen und Verschmelzungen.
  • Entschädigungszahlungen für entgangene Einnahmen aufgrund einer Vergleichsvereinbarung. 

Info

Rückverkaufsoptionen

Bei Rückverkaufsoptionen ist es wichtig, zwischen einer bereits entstandenen Verbindlichkeit und einem drohenden Verlust zu unterscheiden. Wenn eine Rückverkaufsoption entgeltlich eingeräumt wird, stellt dies eine zu passivierende Verbindlichkeit dar. Diese Verbindlichkeit endet mit der Ausübung der Option oder ihrem Verfall. Ein Risiko, das über den Betrag der Rückverkaufsoption hinausgeht und sich beispielsweise durch einen Preisverfall auf dem Markt für das betreffende Wirtschaftsgut ergibt, stellt einen drohenden Verlust dar. In diesem Fall darf jedoch keine Rückstellung für den drohenden Verlust aus einem schwebenden Geschäft gebildet werden.

Gewinnrealisierung außerhalb eines Leistungsaustauschs

Gewinne können auch ohne einen direkten Leistungsaustausch realisiert werden, insbesondere bei einseitigen zivilrechtlichen Ansprüchen. Hierzu zählen unter anderem:

  • Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, aus unerlaubter Handlung oder aus einer Erbschaft.
  • Öffentlich-rechtliche Ansprüche, wie etwa Steuererstattungen oder Subventionen.

Bei der Bilanzierung sind Ansprüche auf Erstattung betrieblicher Steuern zu berücksichtigen, wenn sie einen durchsetzbaren, gegenwärtigen Vermögenswert darstellen. Dies ist der Fall, wenn das Finanzamt vor Ende des Wirtschaftsjahrs zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, dass es die Steuererstattungsansprüche erfüllen wird.

Ein weiterer Fall der Gewinnrealisierung ist der Wegfall einer betrieblichen Renten- oder Versorgungsverpflichtung infolge des Todes des Berechtigten, was zu einer Erhöhung des laufenden Gewinns führt. Auch bei Land- und Forstwirten, die ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln, sind Entschädigungen für die Zerstörung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens durch höhere Gewalt als Sondergewinne in den Durchschnittssatzgewinn einzubeziehen. 

Keine Gewinnrealisierung

Nicht alle Forderungen führen zur Gewinnrealisierung. Forderungen, die in vollem Umfang bestritten werden, dürfen erst dann aktiviert und als realisierte Gewinne erfasst werden, wenn sie rechtskräftig festgestellt oder vom Schuldner anerkannt worden sind. Ein späterer Rückgriff auf das ursprüngliche Rechtsgeschäft, das der Aktivierung zugrunde liegt, schließt die Gewinnrealisierung nicht aus.

Auch die Abtretung einer noch nicht realisierten Forderung (z. B. im Rahmen einer Abfindung für ausscheidende Gesellschafter) führt zu keiner Gewinnrealisierung. Des Weiteren müssen reine Anschaffungsvorgänge erfolgsneutral behandelt werden. Der Zugang von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen stellt lediglich eine Umschichtung innerhalb der Bilanz dar, die zu den Anschaffungskosten erfolgt. Eine Differenzierung von Zu- und Abfluss ist hierbei nicht zulässig.

Eine teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft führt ebenfalls nicht zu einer Gewinnrealisierung, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt. Dies gilt auch dann, wenn ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen wird, selbst wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen wurde. Diese Praxis widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung. Bis zur endgültigen Klärung dieser Frage hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Nichtanwendungserlass herausgegeben. 

Info

Teilentgeltliche Übertragung

Dem Großen Senat des BFH liegt eine wichtige Rechtsfrage vor, wie im Fall einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft der eventuelle Gewinn aus dem Übertragungsvorgang ermittelt werden muss.
Bei einem unentgeltlichen Vermögensübergang im Rahmen einer Rechtsnachfolge ist eine Gewinnrealisierung nicht vorzunehmen.

Realisierungszeitpunkt

Ein Gewinn oder Ertrag wird realisiert, wenn der Leistungsverpflichtete seine Erfüllungshandlungen so abgeschlossen hat, dass die Forderung auf die Gegenleistung, wie etwa die Zahlung, von den mit der Forderung verbundenen Risiken abgesehen so gut wie sicher ist. In der Regel ist dies der Fall, wenn der Verpflichtete den Vertrag wirtschaftlich erfüllt hat, was bedeutet, dass die vereinbarte Lieferung oder Leistung erbracht wurde.

Für die Realisierung des Gewinns sind folgende Faktoren unerheblich:

  • Der Vertragsabschluss
  • Der Eintritt des rechtlichen Leistungserfolgs
  • Die Rechnungserteilung
  • Die Zahlung des vereinbarten Preises (Geldübergang)

Wichtig ist, dass der Anspruch auf die Gegenleistung objektiv besteht. Liegen keine Hinweise vor, dass der Anspruchsinhaber den Anspruch dauerhaft nicht durchsetzen wird, kann die Gewinnrealisierung nicht verzögert werden. Auch wenn der Anspruch noch nicht konkretisiert wurde, kann die Realisierung nicht hinausgeschoben werden, sofern der Anspruch des Gegners nicht mehr bestritten wird.

Bei einer Grundstücksveräußerung wird der Gewinn realisiert, sobald der zivilrechtliche Eigentumserwerb auf den Käufer übergeht. Dies gilt auch dann, wenn Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr vertraglich erst zu einem späteren Zeitpunkt übergehen. 
Gewährleistungsverpflichtungen, die zu einer Wandlung, Minderung oder Nachbesserung führen können, sind nicht bei der Gewinnrealisierung zu berücksichtigen. Der Anspruch auf die Gegenleistung muss nahezu sicher sein, was bedeutet, dass die Einrede des nicht erfüllten Vertrags ausgeschlossen sein muss. Hierzu gehört die Erfüllung der Hauptverpflichtung. Es kommt nicht darauf an, wenn nur noch unwesentliche Nebenleistungen ausstehen. Ein gewisses Risiko bleibt bestehen, wenn der Empfänger beispielsweise Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend macht oder im Falle einer Zahlungsunfähigkeit.

Die Realisierung des Gewinns im Bereich der Vermittlungsprovisionen im Versicherungsgeschäft hängt von der jeweiligen Vertragsgestaltung ab. Ein Gewinn aus der Inkassotätigkeit wird realisiert, sobald der Unternehmer den nicht entziehbaren Provisionsanspruch erhält.

Dividenden und Ausschüttungen stellen ebenfalls einen realisierten Gewinn dar, sobald der Gewinnverwendungsbeschluss gefasst wird. Der Zeitpunkt der Auszahlung ist für die Realisierung des Gewinns nicht relevant.

Zinsansprüche aus Genussrechten sind zum Ende des zugrunde liegenden Zinszeitraums entstanden und müssen in der Bilanz des betreffenden Wirtschaftsjahrs aktiviert werden. Die ertragsabhängige Geschäftsführungsvergütung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA ist in dem Jahr als Ertrag zu erfassen, in dem er die Vergütung tatsächlich bezieht. Der Gewinnanteil des Gesellschafters, einschließlich Sondervergütungen sowie Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben, ist durch einen Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.

Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung für eine Pensionsverpflichtung sind am Bilanzstichtag zu aktivieren, und zwar in Höhe der verzinslichen Ansammlung der vom Versicherungsnehmer geleisteten Sparanteile der Versicherungsprämien, gegebenenfalls zuzüglich Guthaben aus Überschussbeteiligungen.

Im Falle einer Betriebsaufgabe wird der Gewinn nicht zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe realisiert, sondern zum Zeitpunkt des jeweiligen Aufgabeteils. Ein Betriebsaufgabegewinn kann somit in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen. Der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung hängt von den allgemeinen Grundsätzen der Gewinnrealisierung für die jeweiligen Aufgabevorgänge (Veräußern oder Überführen ins Privatvermögen) ab. Nachträgliche Einkünfte nach einer Betriebsaufgabe werden nicht mehr durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt, sondern gemäß § 4 Abs. 3 EStG unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips nach § 11 EStG. 

Info

Planungsleistungen eines Ingenieurs

Der BFH entschied 2014, dass der Gewinn bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nicht erst mit der Abnahme oder der Stellung der Honorarschlussrechnung realisiert wird, sondern bereits, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI entsteht. Zunächst sollte diese Auffassung auch für Abschlagszahlungen nach § 632a BGB sowie nach § 15 Abs. 2 HOAI n. F. gelten. Zwischenzeitlich hat die Finanzverwaltung jedoch ihre Haltung geändert und wendet die BFH-Rechtsprechung nur noch auf Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI a. F. an, also für Leistungen, die bis zum 17.08.2009 vertraglich vereinbart wurden. In diesen Fällen beanstandet die Finanzverwaltung es nicht, wenn die Grundsätze erstmals im Wirtschaftsjahr angewendet werden, das nach dem 23.12.2014 beginnt. Um Härten zu vermeiden, kann der Steuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung resultierenden Gewinn gleichmäßig auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung sowie das folgende Wirtschaftsjahr oder die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilen.

Vermeidung einer Gewinnrealisierung

Die Realisierung eines Gewinns muss nicht zwangsläufig zur Versteuerung führen. Das Steuerrecht bietet verschiedene Wahlrechte, mit denen die realisierten Gewinne auf spätere Wirtschaftsjahre verschoben werden können, zum Beispiel bis zur Beendigung des Unternehmens. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

  • Bildung steuerfreier Rücklagen (z. B. für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR)
  • Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter nach § 6b EStG
  • Bewertungswahlrechte, wie z. B. Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen oder beim Ansatz des Vorratsvermögens
  • Ansatz von gewillkürtem Betriebsvermögen
  • Bestimmung eines abweichenden Wirtschaftsjahrs

Diese Optionen erlauben es, den Zeitpunkt der Versteuerung gezielt zu steuern und so die Steuerlast zu optimieren.