Betriebsprüfung in Gastronomie, Heilberufen und im Kfz-Handel: Prüfungsschwerpunkte für besondere Branchen

Auch wenn keine Betriebsprüfung wie die andere verläuft, so sind doch gewisse Strukturen erkennbar. Besondere Geschäftsvorfälle (Investitionen, Gesellschafterwechsel, Standortverlegungen, Umsatzsteigerungen, Preisänderungen) werden immer im Fokus des Betriebsprüfers stehen. Dabei richtet sich der Prüfungsfokus stets an den Besonderheiten der Branche aus. Lesen Sie hier beispielhaft, wo die Schwerpunkte einer Betriebsprüfung in der Gastronomie, in Heilberufen und im Kfz-Handel liegen.

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Mann im Büro schreibt lächelnd etwas in einen Ordner
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Zuletzt aktualisiert am:22.11.2022

Ziel einer Betriebsprüfung

Während bei Arbeitnehmern die Steuerzahlung weitgehend von fremden Dritten (Arbeitgebern) im Rahmen des Lohnsteuerabzugs vorgenommen wird, werden die Bemessungsgrundlagen für die Steuerentrichtung von Unternehmen von diesen selbst berechnet und erklärt. Aufgabe der Betriebsprüfung ist es, hier einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Erhebungsformen zu schaffen. Ganz gleich, ob die Betriebsprüfung in der Gastronomie, in Heilberufen, in einem Kfz-Handel oder weiteren besonderen Branchen stattfindet, ist das Ziel die periodengerechte Besteuerung. Dazu gilt es:

Ziel ist die periodengerechte Besteuerung. Dazu gilt es:

  • den Gewinn mithilfe der Bilanzposten bzw. Betriebseinnahmen und -ausgaben Jahr für Jahr genau festzustellen,
  • die Höhe des betrieblichen Kapitals zu ermitteln,
  • Betriebs- und Privatbereich voneinander abzugrenzen,
  • Umsätze und Vorsteuern zu berechnen und sonstige steuerrelevante Vorgänge (z.B. Schenkungen) zu erkennen und steuerlich auszuwerten.

Info

Hinweis: Keine Sorge vor spontanen Betriebsprüfungen

Auch wenn Sie einen Betrieb in einer besonderen Branche wie der Gastronomie, den Heilberufen oder im Kfz-Handel führen, müssen Sie sich keine Sorgen vor unangekündigten Betriebsprüfungen machen. In Form einer Mitteilung kündigt das Finanzamt den Prüftermin ca. 2-4 Wochen im Voraus an.

Betriebsprüfung: Diese Prüfungstechniken stehen dem Prüfer zur Verfügung

Für eine Betriebsprüfung in der Gastronomie, in Heilberufen, in einem Kfz-Handel oder in anderen spezifischen Branchen stehen den Steuerprüfern  eine Vielzahl von Prüfungstechniken zur Verfügung. Diese können in drei Kategorien eingeteilt werden:

  • Klassische Prüfungstechniken,
  • neue Prüfungstechniken und
  • Prüfung von Branchenbesonderheiten.

Je nach betrieblichen Gegebenheiten wird der Betriebsprüfer des Finanzamts einzelne Prüfungsschwerpunkte aus den nachfolgend genannten Feldern  herausgreifen und nach Priorität  abprüfen. Die Überlegung, welche Unterlagen bei einer Betriebsprüfung vom Finanzamt überprüft werden, richtet sich auch nach der jeweiligen Methode und nach der Branche.

Klassische Prüfungstechniken

Hier geht es um die Entscheidung, ob Zahlungen zu einer Bilanzierung, Betriebsausgaben oder Betriebseinnahmen führen, betrieblich oder privat veranlasst sind und welche steuerlichen Folgen sich daraus ergeben. Auch wenn die Betriebsprüfung für besondere Branchen bestimmte Akzente setzt, sind grundlegende Dokumente unabdingbar.

Im Bereich der Bilanz stehen oft Investitionsabzugsbetrag, die Bildung von 6b-Rücklagen oder die Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter im Fokus.

Bei der Gewinn- und Verlustrechnung sieht sich der Prüfer der Finanzbehörde die Aufwandskosten an und verprobt eventuell im Wareneinkauf den Rohstoffaufschlag. Er wird auch beim Privatkonto im Rahmen der Geldverkehrsrechnung prüfen, ob der Lebensunterhalt mit den gebuchten Entnahmen und sonstigen Mittelzuflüssen gedeckt werden konnte.

Neben der Buchführung bzw. Einnahmenüberschussrechnung gilt es noch diverse gesetzliche Normen zu beachten: So wird bspw. geprüft, ob alle nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben richtig verbucht sind oder ob Verlustabzugsbeschränkungen nach 15a EStG vorliegen. Bei der Gewerbesteuer geht es um Hinzurechnungen bzw. Kürzungen. Und bei der Umsatzsteuer richtet sich der Blick auf steuerfreie Umsätze, ermäßigt besteuerte Umsätze, auf Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigungen.

Neue Prüfungstechniken

Seit Einführung des digitalen Datenzugriffs (Abgabenordnung 2004) ist es der Finanzverwaltung gestattet, direkt auf die elektronischen Daten des zu prüfenden Unternehmens zuzugreifen. Bei einer Betriebsprüfung in der Gastronomie, in Heilberufen oder im Kfz-Handel betrifft der Zugriff nicht nur die Finanz- und Anlagenbuchhaltung, sondern umfasst auch Daten aus den sog. „Vorsystemen“ wie Warenwirtschaftssystem, Kassensystem, Auftragsabwicklung etc.

Sämtliche steuerrelevanten elektronischen Daten sind unveränderbar aufzubewahren. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Daten im Unternehmen generiert wurden (z.B. Buchführung) oder von außen in die betriebliche Sphäre gelangten (z.B. elektronische Bankauszüge). Im Extremfall kann es bei Verstößen zur vollständigen Verwerfung der Buchführung und anschließenden Vollschätzung kommen. In Bezug auf diese neuen digitalen Daten haben sich auch neue Prüffelder und -methoden entwickelt:

  • Auslesen von Kassendaten und Speichern
  • Filtern von Daten mittels Pivot-Tabellen
  • Lückenanalyse
  • Mehrfachbelegungen

Branchenbesonderheiten

Daneben wird die Betriebsprüfung in speziellen Berufsfeldern immer darauf achten, ob branchenspezifische Besonderheiten vorliegen und diese in ihre Prüfung mit einbeziehen. Dazu müssen die Mitarbeiter des Finanzamts entweder bestimmte Prüfungsschwerpunkte intensiv begutachten oder o.g. Prüffelder der Branche anpassen. In diesem Artikel wird beispielhaft die branchenspezifische Betriebsprüfung in der Gastronomie, in Heilberufen und im Kfz-Handel dargestellt. Selbstverständlich gelten die Ausführungen auch bei ähnlich strukturierten Betrieben.

Betriebsprüfung in der Gastronomie

In der Gastronomie legt die Betriebsprüfung seit jeher ein besonderes Augenmerk auf bargeldintensive Betriebe. Dies lässt sich grob in drei Gastronomiebetriebe unterteilen:

  • Bäckereien
  • Metzgereien
  • Gaststätten

Die Umsätze werden hier fast ausschließlich bar abgerechnet. Meist werden bei einem Geschäftsvorgang Umsätze mit verschiedenen Steuersätzen erzielt. Eine Kalkulation wird zudem durch die Sachverhalte Eigenverbrauch und Verderb erschwert. Saisonale Schwankungen und häufiger Wechsel von geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern sind zu beachten, weshalb die Gastronomie als Risikobranche zu betrachten ist. Diese Problematiken treten am häufigsten und komplexesten in der Gastronomie auf.

Betriebsformen: In den letzten Jahren hat sich das Gaststättengewerbe in Deutschland stark verändert. Neben der reinen „Deutschen Küche“, „US-Burger“ und italienischer Pizza sind viele weitere Spezialitäten hinzugekommen: Griechische, türkische, chinesische, indische und sonstige asiatische Küchen. Auch die Art und Weise der Speisen- und Getränkeabgabe hat sich in folgende Variante diversifiziert:

  • Speisegaststätte,
  • Erlebnisgastronomie,
  • Cateringservice  
  • Bierlokal,
  • Imbisswagen,
  • Dönerbude
  • etc. 

Zu beachten sind auch gastronomische „Nebenbetriebe“, wie Café in der Bäckerei, Mittagstheke beim Metzger oder Essen und Trinken im Möbelhaus. Die „Klassiker“ Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Fest- und Zeltbetriebe runden das Umfeld ab.

Kalkulation: Bei jeder Kalkulation sind diese o.g. Besonderheiten in der Betriebsform zu berücksichtigen. In Betrieben der Gastronomie muss das Finanzamt zunächst  Wareneinsatz, Personalkosten und Umsätze dem jeweiligen Geschäftsbereich zuordnen. Die Anteile der Umsätze im und außer Haus sowie das Verhältnis Getränke zu Speisen sind zu ermitteln. Anschließend müssen Verderb, Personalverpflegung und Eigenverbrauch berücksichtigt werden. Anhand der im Betrieb verwendeten Rezepturen und Abgabepreise wird dann eine Aufschlagskalkulation erstellt. Zum Schluss findet eine Abstimmung mit den Daten der meist elektronischen Kasse bzw. verbuchten Einnahmen statt.

Aufzeichnungen: Das Finanzamt wird zur Kontrolle in Gastronomiebetrieben folgende aufbewahrungspflichtige Unterlagen anfordern: Wareneingang, Lohnkonten, Aufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz (ab 2015), Speisekarten, Rezepturen, Unterlagen zu Länge und Reinigung der Bierleitung.

Kassensystem: Die alten Einnahmeerfassungssysteme (Schub, Geldbeutel, Registrierkasse, Kassenbuch) sind in der Praxis kaum mehr anzutreffen. Sie wurden durch elektronische Kassen, PC-Kassen und „Orderman“ (Smartphone als Bestell- und Abrechnungsmedium) ersetzt. Sie bieten eine große Bandbreite an Eingabe- und Auswertungsmöglichkeiten: Sofortige Zuordnung eines Umsatzes zu „in“ bzw. „außer Haus“, Ermittlung von Umsätzen pro Tisch, zu gewisser Uhrzeit, bei bestimmtem Wetter, pro Kellner(-in). Im Zusammenspiel mit Wareneinsatz werden Umsatzrenner oder Aufschlagsflops ermittelt. Die Bestellmenge für den Wareneinkauf kann vorausberechnet, die körperliche Inventur mit der Buchinventur abgeglichen werden.

Auch der Fiskus wird darauf zurückgreifen. Problematisch ist hier die gesetzlich vorgeschriebene „Unveränderbarkeit“ der Daten, die bei jedem Kassensystem wesentlicher Bestandteil für die Beweiskraft der Buchführung ist.

Sonstige Umsatzträger: Zusätzlich zum reinen Gastronomiebetrieb kommen unter Umständen noch Umsätze aus Automaten (z.B. Zigaretten) oder Veranstaltungen (Theater, Musik, Kabarett) hinzu.

Umsatzsteuer: Die Tatsache, ob Kunden die bestellten Speisen innerhalb des Lokals verzehren oder mitnehmen sorgt für steuerliche Besonderheiten in der Gastronomie. Bei der Umsatzsteuer unterliegen Umsätze in der Gastwirtschaft dem vollen, die Lieferung von Speisen außer Haus dem ermäßigten Steuersatz. Hierauf wird die Außenprüfung ein gewichtiges Augenmerk legen. Zu beachten ist z.B., dass die meisten Getränke grundsätzlich dem vollen Steuersatz unterliegen – auch wenn sie „außer Haus“ verkauft werden.

Betriebsprüfung bei Heilberufen

Vergleichbar zur Betriebsprüfung in der Gastronomie unterliegen auch Heilberufe einer besonderen Untersuchung. Der Berufsstand umfasst insbesondere Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten und Krankengymnasten/Ergotherapeuten.

Einkommensteuer, Gewerbesteuer: Heilberufe unterliegen, sofern sie unter Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit fallen, nicht der Gewerbesteuer. Die Betriebsprüfung in dieser besonderen Branche wird daher  stets auch einen Blick darauf werfen, ob die Tätigkeit freiberuflich oder gewerblich ausgeübt wird.

Umsatzsteuer: Hier ist alles möglich. Grundsätzlich erzielen Heilberufe steuerfreie Umsätze. Für Nebenprodukte (z.B. Leistungen von Zahntechnikern) kann 7% Umsatzsteuer anfallen. Sogenannte „individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGeL) ohne therapeutisches Ziel (z.B. Vaterschaftstests, Schönheitsoperationen) unterliegen dem vollen Steuersatz. Ein Prüfungsschwerpunkt ist hier in jedem Fall angesagt.

Gewinnermittlung: Traditionsbedingt ist bei den Heilberufen die Gewinnermittlung nach Einnahmenüberschussrechnung weit verbreitet. Prüffelder hierbei sind Zeitpunkt des Zu- bzw. Abflusses von Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben, Anlagenzugang und -abgang, Abschreibungen, durchlaufende Posten sowie Aufzeichnungspflichten.

Betriebsform: Der Trend geht weg vom „Einzelkämpfer“ Haus- oder Facharzt, hin zum „Gesundheitszentrum“ in der Form einer GbR oder Partnergesellschaft. Prüffelder sind in solchen Fällen die Aufteilung der Einkünfte aus der Gesamthand, Sonderbetriebsvermögen, Ergänzungsbilanzen. Behandlung stiller Reserven beziehungsweise Patientenstamm beim Eintritt, Austritt oder Wechsel von Gesellschaftern.

Abrechnungssysteme: Neben Kassenumsätzen erzielen die Heilberufe regelmäßig auch Einnahmen von Privatpatienten und aus individuellen Gesundheitsleistungen – mit und ohne therapeutisches Ziel. Hier stehen sich bei der Überprüfung durch die Steuerbehörden das Arzt- und das Steuergeheimnis gegenüber (Stichwort Anonymisierung von Daten).

Nebenbetriebe: Hier sind z.B. die Abgrenzung zu gewerblichen Laborgemeinschaften oder die Besteuerung von Privatliquidationen angestellter Chefärzte zu nennen.

Abgrenzung Privatbereich: Als Prüffelder stehen private Kfz-Nutzungen, Incentive-Reisen auf dem Plan.

Betriebsprüfung im Kfz-Handel

Auch der Kfz-Handel zählt zu den Branchen, die eine gesonderte Begutachtung durch die Finanzbehörde erhalten. Neu- und Gebrauchtwagen, Jahreswagen, Reimporte, Reparaturen, Markenbindung, bargeldintensiv, Konkurrenz aus dem Internet sind die Schlagworte, die für Ordnungsmäßigkeiten in diesem Berufsfeld sorgen.

Die Branche gliedert sich dabei insbesondere in folgende drei Kategorien:

  • Markengebundener Händler mit Neu- und Gebrauchtwagen sowie Reparatur,
  • reiner Gebrauchtwagenhändler vor Ort,
  • Internethändler (Verkauf von ehemaligen Leasingfahrzeugen, Reimporten etc.).

Je nach Kategorien stehen bestimmte Prüffelder im Fokus:

Markengebundener Händler: Themen sind hier die Bewertung und Aktivierung von Vorführwagen bzw. Zuordnung der Fahrzeuge zum Umlaufvermögen, die Abgrenzung der Reparatur zu den Verkaufsumsätzen und damit zusammenhängende Gewinne oder Verluste aus Differenzbesteuerung, Rabatte, Incentives der Autohersteller.

Reiner Gebrauchtwagenhändler: Differenzbesteuerung

Internethändler: Auswertung der Internetaktivitäten, Umsatzsteuer beim Reimport.

Prüfungspunkte für alle Kfz-Händler: Höchst komplex ist die grenzüberschreitende Fahrzeuglieferung geregelt. Hier gilt es zur Sicherung der Umsatzsteuerfreiheit die richtigen Belegnachweise vorzuhalten.

Differenzbesteuerung: Erwirbt der Händler Fahrzeuge von Privatpersonen ohne Vorsteuerabzug, wird die Umsatzsteuer beim Verkauf nur aus dem Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis berechnet. Bei Verlusten fällt keine Umsatzsteuer an.

Altteile: Hier sind umsatzsteuerliche Besonderheiten hinsichtlich „Austauschteilen“ zu beachten.

Nebengeschäfte: Weitere Prüffelder können Verschrottungserlöse-/aufwendungen sowie die Vermittlung von Haftpflicht- oder Garantieversicherungen sein.

Kalkulationsform: Abstimmung der Einkäufe, Verkäufe und Bestände anhand der Fahrgestellnummern.

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