Materialkosten

Materialkosten umfassen sämtliche Ausgaben, die im Rahmen der Produktion für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe entstehen. Sie spielen eine zentrale Rolle in der Kostenrechnung, da sie die Basis für die Herstellung von Produkten bilden. Die Materialkosten werden in der Regel nach verschiedenen Kriterien unterteilt, um eine detaillierte Analyse und Kalkulation zu ermöglichen.

Zuletzt aktualisiert am 16.06.2025

Zusammenfassung

Materialkosten: Überblick und wichtige Aspekte

  • Materialkosten umfassen Rohstoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe.
  • Fremdbauteile und Fremdleistungen zählen ebenfalls zu den Materialkosten.
  • Energiekosten sollten separat erfasst werden, da sie eine besondere Bedeutung haben.
  • Halbfertigerzeugnisse und Fertigerzeugnisse sind von den Materialkosten auszuschließen, um Doppelerfassungen zu vermeiden.

Definition

Was sind Materialkosten?

Materialkosten sind alle Kosten, die für die Beschaffung und den Verbrauch von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen anfallen. Sie gehören zu den wichtigsten Kostenarten in der Produktionswirtschaft. Neben direkten Materialien wie Rohstoffen werden auch indirekte Materialien, Fremdleistungen und Energiekosten den Materialkosten zugerechnet. Dabei wird zwischen Einzel- und Gemeinkosten unterschieden, um die Aufteilung und Zuweisung im Kostenrechnungssystem zu erleichtern.

Materialkosten in der Kostenartenrechnung

In der Kostenartenrechnung werden Materialkosten nach verschiedenen Kategorien unterteilt:

Rohstoffe

 

Rohstoffe sind die Hauptbestandteile eines Produkts. Sie gehen direkt in das Fertigungserzeugnis ein. Eine weitere Untergliederung nach Materialart kann sinnvoll sein.

Hilfsstoffe

 

Hilfsstoffe spielen eine untergeordnete Rolle im Produkt, sind jedoch Teil des Erzeugnisses. Typische Beispiele sind Nägel, Schrauben oder Verpackungsmaterial.

Betriebsstoffe

 

Betriebsstoffe werden im Produktionsprozess verbraucht, gehen aber nicht in das Produkt ein. Beispiele hierfür sind Brennstoffe, Schmiermittel und Reinigungsmittel.

Fremdbauteile und Fremdleistungen

 
  • Fremdbauteile: Extern bezogene Vorprodukte, die ins Endprodukt eingehen.  
  • Fremdleistungen: Fremde Arbeiten an eigenen Produkten, wie Lohnveredelung.

Verschleißwerkzeuge

 

Werkzeuge mit einer kurzen Nutzungsdauer oder geringem Wert (unter 410 Euro) zählen zu den Materialkosten.

Verpackungsmaterialien

 

Diese umfassen alle Materialien, die für den Transport, die Verkaufsfähigkeit oder die innerbetriebliche Logistik erforderlich sind.

Handelswaren

 

Handelswaren sind Produkte, die unverändert weiterverkauft werden. Sie sollten mit den Erzeugnisarten bei den Umsatzerlösen übereinstimmen.

Energiekosten

 

Obwohl Energiekosten zu den Betriebsstoffen gehören, sollten sie separat erfasst werden, da sie für viele Unternehmen eine erhebliche Kostenposition darstellen.

Info

Halbfertigerzeugnisse und Fertigerzeugnisse ausschließen

Selbstgefertigte Bestandteile wie Halbfertigerzeugnisse oder Fertigerzeugnisse dürfen nicht in die Materialkosten einfließen. Diese Kosten sind bereits in anderen Bereichen der Kostenrechnung berücksichtigt und würden sonst zu einer Doppelerfassung führen.

Praxisbeispiel: Materialkostenanalyse

Die genaue Erfassung und Differenzierung der Materialkosten ist entscheidend für eine präzise Kostenanalyse: 

  • Welche Rohstoffe haben den größten Anteil an den Materialkosten?
  • Welche Energiekosten entstehen bei der Produktion?
  • Gibt es Einsparpotenziale bei Hilfs- oder Betriebsstoffen?

Zusammenhang mit der Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung

In der Kostenstellenrechnung werden Materialkosten den jeweiligen Produktionsbereichen zugeordnet, während die Kostenträgerrechnung sie direkt den Produkten zurechnet. Durch diese Verknüpfung wird eine detaillierte Kalkulation und Kontrolle der Materialkosten möglich. 

Der Kontenrahmen „60 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für Waren“ kann als hilfreiches Werkzeug zur sinnvollen Untergliederung der Materialkosten dienen. 

600 Rohstoffe/Fertigungsmaterial
6001 Materialart A
6002 Materialart B
601 Fremdbauteile und bezogene Vorprodukte
602 Hilfsstoffe
6021 Kleinteile
6022 Verbrauchsmaterial
6023 Zusatzstoffe
603 Betriebsstoffe/Verbrauchswerkzeuge
6031 Schmiermittel
6032 Kühlmittel
6033 Reinigungsmittel
6036 Kleinwerkzeuge
6037 Schraubenzieher, Feilen
6038 Hilfswerkzeuge
6039 Bohrspindeln, Fräsaufsätze
604 Verpackungsmaterialien
6041 Material für die Produktverpackung
6042 Material für die Versandverpackung
605 Energiekosten
6051 Wärmeenergie
60511 Kohle
60512 Heizöl
6052 Treibstoffe
60521 Benzin
60522 Diesel
6053 Strom
6054 Gas
6055 Wasser
606 Reparaturmaterial und Fremdinstandhaltung
6061 Produktart A
6062 Produktart B
607 Sonstiges Material
6071 Putz- und Pflegemittel
6072 Berufskleidung
6073 Lebensmittel und Kantinenwaren
6074 anderes sonstiges Material
608 Aufwendungen für Waren
6081 Waren der Erzeugnisgruppe I
60811 Lieferant A
60812 Lieferant B
6082 Waren der Erzeugnisgruppe II
60821 Lieferant A
60822 Lieferant B
609 Sonderabschreibungen auf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und auf bezogene Waren
6091 Zusätzliche Abschreibungen nach § 253 Abs.3 und 4 HGB
6092 Steuerliche Sonderabschreibungen nach § 254 HGB

Unterscheidung: Materialeinzel- und Materialgemeinkosten

Die Materialkosten setzen sich aus Materialeinzelkosten und Materialgemeinkosten zusammen. Beide Kostenarten spielen eine zentrale Rolle in der Kostenrechnung.

Materialeinzelkosten

Materialeinzelkosten sind direkt einem Produkt (Kostenträger) zuzuordnen. Sie umfassen in der Regel die Rohstoffe und teilweise auch die Hilfsstoffe, wenn diese eindeutig zugeordnet werden können.

Materialgemeinkosten

Materialgemeinkosten sind indirekte Kosten, die im Zusammenhang mit der Beschaffung, Lagerung und dem innerbetrieblichen Transport von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen entstehen. Zu den wichtigsten Posten zählen:  

  • Löhne, Gehälter und Personalnebenkosten für Lager- und Einkaufsmitarbeiter
  • Abschreibungen auf Lagerbestände
  • Versicherungskosten für Lagerbestände
  • Zinskosten auf gebundenes Kapital durch gelagerte Materialien
  • Kosten für Heizung und Beleuchtung der Lagerstätten 

Diese Kosten werden oft über Zuschlagsätze auf die Produkte umgelegt, da eine direkte Zurechnung nicht möglich oder wirtschaftlich sinnvoll ist. 

Gemeinkostenmaterial

Der Begriff Gemeinkostenmaterial bezeichnet Materialien, die den einzelnen Kostenträgern nicht direkt zugeordnet werden können. Dabei handelt es sich in der Regel um Betriebsstoffe, die allgemein für Produktionsbereiche oder Abteilungen benötigt werden. 

Abgrenzung zum Gemeinkostenmaterial

Im Gegensatz zu den Materialgemeinkosten beziehen sich die Kosten für Gemeinkostenmaterial direkt auf die verwendeten Materialien. Typische Beispiele:  

  • Betriebsstoffe, wie Schmiermittel oder Reinigungsmittel
  • Hilfsstoffe, die nicht direkt zugeordnet werden können, weil die Einzelerfassung zu aufwendig ist 

Unechte Gemeinkosten entstehen, wenn Materialien wie Hilfsstoffe aus Praktikabilitätsgründen als Gemeinkosten behandelt werden, obwohl sie theoretisch direkt zugeordnet werden könnten.

Materialfluss nach Industriekontenrahmen (IKR)

Im Industriekontenrahmen (IKR) wird die Materialbeschaffung und der Materialverbrauch systematisch erfasst. Die Kostenarten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie deren Verbrauchsstellen lassen sich in die jeweiligen Kostenstellen oder Produkte weiterleiten, um eine präzise Kalkulation zu ermöglichen.  

Materialeinkauf auf Ziel: 

  • 20 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
  • an 43 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 

Materialverbrauch bei sofortiger Erfassung z.B. durch Entnahmescheine: 

  • 60 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
  • an 20 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 

Materialverbrauchsermittlung in Klein- und Mittelbetrieben

In vielen Klein- und Mittelbetrieben erfolgt die Erfassung des Materialverbrauchs nicht unmittelbar während der Produktionsperiode. Stattdessen wird der Materialverbrauch erst zum Ende der Periode ermittelt, basierend auf einer Inventur des Materialbestands.

Berechnung des Materialverbrauchs

Die Ermittlung erfolgt durch eine Skontration, bei der der Materialverbrauch wie folgt berechnet wird:

PositionBerechnung
Materialbestand zu Periodenanfang Ausgangswert der Periode
+ Materialzugänge der Periode Hinzugefügte Bestände
– Bestand zu Periodenende Endbestand laut Inventur
= Materialverbrauch der Periode Tatsächlicher Verbrauch

Buchung des Materialverbrauchs

SollHaben
60 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 20 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

Beispielwerte: 

  • Anfangsbestand: Materialbestand zu Beginn der Periode.
  • Zugänge: Neu hinzugefügtes Material während der Periode.
  • Saldo: Materialverbrauch, der durch die Entnahmen der Periode entsteht.  

Diese Methode ermöglicht eine zuverlässige und praktikable Ermittlung des Materialverbrauchs, insbesondere wenn eine laufende Erfassung nicht wirtschaftlich ist. 

Materialkosten in der Kostenstellenrechnung

Materialgemeinkosten können nicht direkt den Kostenträgern zugeordnet werden. Sie werden daher zunächst auf die verschiedenen Kostenstellen verteilt und anschließend über Verteilerschlüssel in die Kostenträgerrechnung überführt. Eine sinnvolle Untergliederung der Materialkostenstellen könnte wie folgt aussehen: 

Materialkostenstellen

  • Einkauf
    • Angebotsbearbeitung
    • Bestellwesen
    • Terminwesen
    • Materialgruppen
    • Lieferbranchen
  • Warenannahme und Prüfung
    • Warenannahme
    • Wareneingangskontrolle
    • Lagerrevision
    • Inventur
  • Materialverwaltung
    • Lagerbuchhaltung
    • Materialdisposition
  • Materiallagerung und -ausgabe
    • Rohstofflager
    • Teilelager
    • Werkzeuglager und -ausgabe
    • Auswärtslager
    • Schrottlager 

Zur Weiterverrechnung der Materialgemeinkosten auf die Kostenträger oder andere Kostenstellen sind geeignete Bezugsgrößen notwendig.

Bezugsgrößen für die Materialkostenstellen

Mengenangaben sind die bevorzugte Bezugsgröße, da sie unabhängig von Preisänderungen sind. Beispiele: 

  • Gewichtsangaben
  • Lagerfläche in qm
  • Anzahl der verbrauchten Materialeinheiten 

In der Praxis wird jedoch häufig eine wertmäßige Bezugsgröße verwendet, da die mengenmäßige Erfassung mit höherem Aufwand verbunden ist. Wertbasierte Bezugsgrößen umfassen:

Einzelmaterialverbrauch

Geeignet, wenn die Hilfs- und Betriebsstoffe nur einen geringen Kostenanteil haben oder keine getrennte Kostenerfassung für Gemeinkostenmaterial erfolgt. 

Gesamtmaterialverbrauch

Empfehlenswert bei einem hohen Anteil an Hilfs- und Betriebsstoffen, wie in energieintensiven Branchen. Diese Bezugsgröße berücksichtigt den gesamten Materialverbrauch, einschließlich der Kosten für Kostenträger und Kostenstellen.

Tipp

Vormaterial vom Kunden berücksichtigen

Wenn Kunden Material beistellen, sollten diese Anteile in der Bezugsgröße berücksichtigt werden, um eine realistische und gleichbleibende Zurechnung der Materialgemeinkosten sicherzustellen.

Materialkostenkalkulation in der Kostenträgerrechnung

Im letzten Schritt werden die Materialkosten den einzelnen Kostenträgern zugeordnet. Während Einzelkosten direkt zugeordnet werden können, erfolgt die Verrechnung der Gemeinkosten über spezielle Verfahren. 

Gängige Kalkulationsverfahren

  • Divisionskalkulation
  • Äquivalenzziffernkalkulation
  • Zuschlagskalkulation
  • Verrechnungssatzkalkulation
  • Kuppelproduktkalkulation 

Die Zuschlagskalkulation ist im Bereich der Vollkostenrechnung das häufigste Verfahren für die Berechnung der Materialgemeinkosten. 

Beispiel: Zuschlagskalkulation

PositionBetrag
Summe der Materialeinzelkosten (MEK) 100.000 EUR
Summe der Materialgemeinkosten (MGK) 50.000 EUR
Zuschlagssatz 50 %

Materialkosten Produkt A: 

Fertigungsmaterial: 50 EUR 
Materialgemeinkosten (50 % von 1): 25 EUR 
= Gesamte Materialkosten (1 + 2): 75 EUR 

Die Zuschlagskalkulation ermöglicht eine einfache und nachvollziehbare Verteilung der Materialgemeinkosten auf die Produkte.