Zusammenfassung
Zinsschranke im Überblick
- Zinsaufwendungen sind nur bis zu 30 % des verrechenbaren EBITDA steuerlich absetzbar.
- Überschreiten die Nettozinsaufwendungen diese Grenze, entsteht ein Zinsvortrag.
- Es gibt Ausnahmen, etwa bei Betrieben mit einem Schuldzinsenüberhang von weniger als 3 Mio. EUR (Freigrenze).
- Regelungen zur Zinsschranke sind in § 4h EStG und § 8a KStG gesetzlich festgelegt.
- Aktuelle Diskussionen zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke und internationale Entwicklungen könnten die Regelungen in Zukunft ändern.
Definition
Was ist die Zinsschranke?
Die Zinsschranke begrenzt den steuerlichen Abzug von Zinsaufwendungen eines Unternehmens. Diese Regelung gilt, wenn die Zinsaufwendungen höher sind als die Zinserträge desselben Betriebs. Die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen ist dann auf 30 % des verrechenbaren EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) begrenzt. Zinsaufwendungen, die über diese Grenze hinausgehen, können in zukünftige Jahre vorgetragen werden (Zinsvortrag).
Die Einführung der Zinsschranke durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 hatte das Ziel, aggressive Steuerplanungen zu unterbinden. Sie verhindert, dass Unternehmen durch hohe Fremdkapitalfinanzierungen ihren steuerpflichtigen Gewinn massiv reduzieren.
Wie wird das verrechenbare EBITDA ermittelt?
Die Grundlage für die Berechnung der Zinsschranke ist das verrechenbare EBITDA. Dieses wird durch Hinzurechnungen und Kürzungen auf Basis des steuerpflichtigen Gewinns ermittelt.
Schema zur Ermittlung des verrechenbaren EBITDA
- Ausgangspunkt: Steuerpflichtiger Gewinn ohne Berücksichtigung von § 4h Abs. 1 EStG.
- Kürzungen: Zinserträge.
- Hinzurechnungen: Zinsaufwendungen, Abschreibungen und weitere Absetzungen gemäß § 6 und § 7 EStG.
- Ergebnis: 30 % des bereinigten Gewinns ergeben das verrechenbare EBITDA.
Für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften gelten spezifische Berechnungsregeln.
EBITDA bei Personengesellschaften
- Steuerpflichtiger Gewinn oder Verlust.
- Hinzurechnungen und Kürzungen wie Zinserträge und Zinsaufwendungen.
- Abschreibungen gemäß § 6 und § 7 EStG.
EBITDA bei Kapitalgesellschaften
- Steuerpflichtiges Einkommen, unter Berücksichtigung von Dividenden, Veräußerungsgewinnen und Spenden.
- Hinzurechnungen und Kürzungen analog den Regeln für Personengesellschaften
Ausnahmeregelungen zur Zinsschranke
Die Regelungen der Zinsschranke gelten nicht uneingeschränkt. In § 4h Abs. 2 EStG sind verschiedene Ausnahmen festgelegt, die unter bestimmten Voraussetzungen den uneingeschränkten Zinsabzug ermöglichen:
Freigrenze
Wenn der Betrag der Zinsaufwendungen, der die Zinserträge übersteigt (Schuldzinsenüberhang), weniger als 3 Mio. EUR beträgt, findet die Zinsschranke keine Anwendung. Diese Freigrenze ermöglicht es insbesondere kleineren Betrieben, ihre Zinsaufwendungen uneingeschränkt abzuziehen. Wird die Freigrenze jedoch überschritten, greift die Zinsschranke vollständig – auch für die ersten 3 Mio. EUR der Zinsaufwendungen.
Konzernklausel
Die Zinsschranke greift ebenfalls nicht, wenn ein Betrieb nicht zu einem Konzern gehört oder nur anteilig einem Konzern zugeordnet ist. Dies betrifft:
- Unternehmen im Streubesitz, deren Anteile breit gestreut sind, und
- Unternehmen, die keine konzerninternen Beteiligungen aufweisen.
Ein steuerlicher Organkreis gilt dabei nicht als eigenständiger Konzern im Sinne der Konzernklausel. Die Beurteilung erfolgt stichtagsbezogen, wobei der Abschlussstichtag des Vorjahres maßgeblich ist.
Escape-Klausel
Betriebe, die zu einem Konzern gehören, können die Zinsschranke umgehen, wenn sie nachweisen, dass ihre Eigenkapitalquote am Schluss des Vorjahresabschlusses nicht mehr als zwei Prozentpunkte unter der Eigenkapitalquote des Konzerns liegt. Hierbei gelten besondere Berechnungsvorschriften:
- Eigenkapitalquote: Verhältnis von Eigenkapital zur Bilanzsumme, angepasst um bestimmte Werte (z. B. Anteile an anderen Konzerngesellschaften).
- Vergleichszeitpunkt: Abschlussstichtag des Vorjahres.
Bei neu gegründeten Betrieben wird ersatzweise das Eigenkapital der Eröffnungsbilanz herangezogen. Erfüllt der Betrieb die Voraussetzungen der Escape-Klausel, kann er Zinsaufwendungen uneingeschränkt steuerlich geltend machen.
Weitere wichtige Aspekte der Zinsschranke
Zinsvortrag
Nicht abziehbare Zinsaufwendungen können in die Folgejahre vorgetragen werden. Sie erhöhen in diesen Jahren die Zinsaufwendungen, sind jedoch nicht Bestandteil des steuerlichen EBITDA. Ein Zinsvortrag kann durch bestimmte Ereignisse verloren gehen, wie:
- Betriebsaufgaben oder Betriebsübertragungen,
- Gesellschafterwechsel oder Umstrukturierungen gemäß § 8c KStG.
Der Zinsvortrag bleibt so lange bestehen, bis er vollständig genutzt wurde oder untergeht.
EBITDA-Vortrag
Entsteht in einem Jahr ein Überschuss zwischen dem verrechenbaren EBITDA und den Zinsaufwendungen, wird dieser als EBITDA-Vortrag in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre übertragen. Dies ermöglicht es Unternehmen, den steuerlichen Zinsabzug in ertragsschwachen Jahren zu erhöhen.
- Der Vortrag verfällt nach fünf Jahren, sofern er nicht genutzt wird.
- Wird ein Wirtschaftsjahr verkürzt (Rumpfwirtschaftsjahr), verkürzt sich die Nutzungsdauer entsprechend.
Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke
Die Zinsschranke steht im Verdacht, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zu verstoßen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Regelung in einem Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Die Hauptkritikpunkte sind:
- Der eingeschränkte Zinsabzug könnte das objektive Nettoprinzip verletzen.
- Es bestehen Zweifel, ob die Regelung gleichmäßig auf alle Steuerpflichtigen angewendet wird.
- Die temporäre Nichtabzugsfähigkeit von Zinsen entzieht Unternehmen Liquidität, ohne sie dauerhaft zu entlasten.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird mit Spannung erwartet. Bei einer Verfassungswidrigkeit könnte die Zinsschranke aufgehoben oder angepasst werden.
Fazit
Die Zinsschranke ist ein komplexes Regelwerk, das Unternehmen bei der steuerlichen Planung ihrer Zinsaufwendungen erheblich beeinflusst. Während die Regelung Steuervermeidungsstrategien einschränken soll, führt sie zugleich zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand und möglichen Belastungen. Unternehmen sollten ihre Buchhaltung und Finanzplanung entsprechend anpassen und aktuelle Entwicklungen zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke aufmerksam verfolgen.