Inkasso-Unternehmen beauftragen: 6 Tipps für Ihre Auswahl

Grundsätzlich gilt: Inkasso-Unternehmen übernehmen das aktive Forderungsmanagement und kennen alle relevanten Gesetze, Strategien und zur Verfügung stehenden Maßnahmen, um eine berechtigte Forderung einzutreiben. Wer Inkasso-Unternehmen beauftragt, profitiert im Idealfall von angeschlossenen Auskunfteien (z. B. die SCHUFA), die Bonitätsdaten zu Ihren Kunden einholen und so beurteilen, welche Vorgehensweise die wirtschaftlichste ist. Aber wie wählen Sie das Inkasso-Unternehmen aus, das perfekt zu Ihnen passt? Hier haben wir sechs praktische Tipps für Sie.

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 |  Zuletzt aktualisiert am:24.01.2024

Tipp 1: Die Seriosität des Inkasso-Dienstleisters abklopfen

Begeben Sie sich gedanklich in die Rolle eines säumigen Schuldners. Sie haben gerade das erste Schreiben eines Inkassobüros erhalten. Der Tonfall des Briefs ist drohend und unverschämt. Schließlich geht es um einen geringen Betrag und das Schreiben ist die erste Mahnung.

Wollen Sie Ihren Kunden eine solche Erfahrung zumuten?

Das sollten Sie nur tun, wenn Sie keinen Wert auf eine langfristige Geschäftsbeziehunglegen. Die meisten Leser werden jetzt aber schon innerlich gezuckt haben. Vielleicht hat der eine oder andere auch schon einmal eine Rechnung übersehen und ein derart übertriebenes Drohschreiben bekommen.

Um also bei Ihren Kunden kein schlechtes Gefühl zu erzeugen, sollten Sie ein seriöses Inkasso-Unternehmen auswählen, das entsprechend Ihrer Wünsche und der Kundenstruktur vorgeht und die passende Ansprache sowie Vorgehensweise wählt. Natürlich spielt die jeweilige Mahnstufe (handelt es sich um das erste oder das dritte Schreiben?) eine entscheidende Rolle. Während das erste Schreiben einer freundlichen Erinnerung gleichkommen kann, darf die wiederholte Zahlungsaufforderung auch drängende Formulierungen enthalten. Stimmen Sie den „Härtegrad“ der Formulierungen aber auf jeden Fall mit dem zukünftigen Inkasso-Unternehmen ab.

Tipp 2: Suchen Sie im Netz nach Kundenbeschwerden, bevor Sie ein seriöses Inkasso-Unternehmen beauftragen

Nicht nur die Ansprache an den Kunden ist ausschlaggebend für ein imageschonendes Inkasso. Recherchieren Sie vor der Wahl einer Firma im Internet und suchen einfach nach „Erfahrungen mit Anbieter X“. Was lesen Sie hier? Wenige Einzelfälle oder seitenlange Diskussionen, die alle von ähnlichen Negativerfahrungen mit dem potentiellen Anbieter berichten?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ein Loblied auf eine Inkasso-Firma werden Schuldner niemals singen. Die Chance besteht, dass Sie bei ausnahmslos allen Kandidaten schlechte Erfahrungsberichte lesen.

Tipp

Betrachten Sie die Erfahrungsberichte im Detail

Lesen Sie aufmerksam. Welches Klientel beschwert sich hier? Sind die Klagen der Schuldner plausibel?

Wenn es sich primär um substanzlose Nörgeleien gemaßregelter Schuldner handelt, spricht nichts dagegen, das Inkasso-Unternehmen zu beauftragen.

Tipp 3: Mitgliedschaft in Branchenverbänden wie BDIU und Zulassung prüfen

In der Branche tummeln sich, entgegen der öffentlichen Meinung, nur wenige schwarze Schafe. Branchenverbände wie beispielsweise der BDIU (Branchenverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.) arbeiten daran, den Ruf der Inkasso-Dienstleister zu verbessern und unseriöse Anbieter zu eliminieren. Hier können sich Verbraucher auch beschweren, wenn ein Konflikt mit einer Inkasso-Firma besteht. Eine Garantie für ethisch einwandfreies und serviceorientiertes Verhalten ist die Mitgliedschaft im BDIU alleine natürlich noch nicht. Aber ein Unternehmen, dass sich die Mitgliedschaft leistet und sich den strengen Kodizes des BDIU unterwirft, wird mit großer Wahrscheinlichkeit seriös agieren.

Inkasso-Unternehmen benötigen eine Zulassung, da sie besonders geschützte Rechtsdienstleistungen erbringen. Diese Zulassung erteilt in der Regel das zuständige Landgericht. Beauftragen Sie ausschließlich Unternehmen, die im Rechtsdienstleistungsregister zu finden sind oder Ihnen die Zulassung zweifelsfrei belegen können.

Tipp 4: Vor Beauftragung den Service des Inkasso-Unternehmens testen

Um die Servicequalität eines seriösen Inkasso-Unternehmens zu testen, können Sie folgende Punkte prüfen:

  • Erreichbarkeit der Hotline
  • Kosten für Telefonate mit dem Anbieter (unüblich: 0180er-Rufnummern)
  • Möglichkeit, individuelle Rückzahlungspläne zu vereinbaren
  • Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter (auch mal selber anrufen)
  • Reaktionszeiten auf Anfragen
  • Transparenz hinsichtlich Vorgehensweise und Kosten für den Gläubiger
  • Sachstände können online eingesehen werden

Je nach Ihren Anforderungen und Ihrer Kundenstruktur kann entweder der eine oder andere Punkt besonders wichtig für Sie sein.

Tipp 5: Inkassobüro-Kosten vergleichen, bevor Sie beauftragen

Die Sachlage ist klar: Die Kosten für das Inkasso trägt der Schuldner. Behalten Sie das immer im Hinterkopf, wenn Sie sich für ein Inkasso-Verfahren entscheiden. Die Kosten, die der Einsatz eines solchen verursacht, sind allerdings nicht frei bestimmbar, denn sie orientieren sich an den Gebühren, die ein Rechtsanwalt für dieselbe Tätigkeit verlangen dürfte. Je nach Gegenstandswert (Höhe Ihrer offenen Rechnung) sind die zulässigen Rechtsanwaltsgebühren verbindlich vorgeschrieben.

Info

Was kostet ein Inkasso-Unternehmen?

Ein Beispiel: Ein Schuldner begleicht eine Forderung von 3.800 EUR nicht. Nach § 13 Abs. 1 RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) ist diesem Betrag eine Rechtsanwaltsgebühr von 252 EUR zugeordnet.

Nun wird auf diese Rechtsanwaltsgebühr der Gebührensatz von 1,3 angewandt:

252 EUR * 1,3 = 327,60 EUR

Diesen Nettobetrag, teilweise auch zuzüglich Mehrwertsteuer, darf das Inkasso-Unternehmen für seinen Einsatz vom Schuldner verlangen.

Längst nicht jede Forderung kann eingetrieben werden. Lassen Sie sich daher detailliert auflisten, welche Kosten Sie zu tragen haben, falls der Schuldner nicht zahlt. Auch die bei Inkasso-Unternehmen üblichen Erfolgsprovisionen sollten Sie sich nennen lassen. Denn Inkasso-Unternehmen, die Ihnen bei Nichterfolg Gebühren erlassen, bekommen im Umkehrschluss bei Erfolg eine Provision. Unterm Strich ist das aber oft für Gläubiger günstiger und mit weitaus weniger Kostenrisiken verbunden. Dann haben Sie alle Informationen und wissen, was die Beauftragung eines Inkasso-Unternehmens – ob vor- oder nachgerichtlich, erfolgreich oder erfolglos – wirklich kosten wird.

Tipp 6: Nie vergessen - es sind Ihre Kunden!

Denken Sie immer daran: Wir sprechen von Ihren Kunden!

Dies ist der wichtigste Tipp, den wir Ihnen überhaupt geben können. Vergessen Sie nie, dass wir die ganze Zeit von einem Dienstleister sprechen, der Ihre Kundenforderungen eintreiben will. Die Zeit, die Sie in die sorgfältige Auswahl des Inkasso-Unternehmens investieren, zahlt sich aus. Denn eine eingetriebene Forderung auf Kosten einer intakten Kundenbeziehung ist nicht nachhaltig und gefährdet auf lange Sicht den Erfolg Ihres Unternehmens. Gestehen Sie dem Inkasso-Unternehmen jedoch eine seriöse Härte zu.

Wenn Sie alle genannten Punkte beachten, sollte es ein Leichtes sein, ein seriöses Inkasso-Unternehmen zu finden, das Ihr Forderungsmanagement übernimmt.

Behalten Sie dabei aber immer im Hinterkopf, dass es sich dabei um einen Schritt handelt, der möglicherweise Ihre Geschäftsbeziehungen belastet. Auf der anderen Seite können ausbleibende Zahlungen die Liquidität Ihres Unternehmens gefährden.

Wägen Sie entsprechend sorgfältig ab, was für Ihre Firma das Beste ist.

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