Stand: 05.07.2021
Ab dem 1. Juli 2021 gelten neue Regelungen für Fernverkäufe, Lieferungen und sonstige Leistungen über elektronische Schnittstellen / One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) an Privatkunden innerhalb der EU.
Der One-Stop-Shop (OSS) ist ein Bestandteil der EU-Mehrwertsteuerreform. Nachdem die Europäische Kommission den Termin mehrmals verschob, startet das OSS-Verfahren nun endgültig am 1. Juli 2021.
Ziel ist es, das innergemeinschaftliche Handeln weiter zu vereinfachen und Verkäufe an Privat-EU-Kunden einheitlich ab einem Wert von 10.000 Euro im Bestimmungsland zu besteuern. Die bisherigen unterschiedlichen Lieferschwellen sind damit hinfällig.
Außerdem hob die Europäische Kommission zeitgleich mit Artikel 16 Nummer 1 und 2 i. V. m. den Artikel 50 Abs. 6 JStG 2020 § 5 UStDV auf.
Das hat zur Folge, dass ab dem 1. Juli 2021 Unternehmen auch bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen an Nichtunternehmer das besondere Besteuerungsverfahren nach §§ 18i oder 18j nutzen können.
Weitere Informationen finden Sie im BMF-Schreiben.
Das OSS-Verfahren erweitert das bisherige MOSS-Verfahren (Mini-One-Stop-Shop). Damit sind alle erbrachten Dienstleistungen an Endkunden, der grenzüberschreitende Versandhandel sowie bestimmte inländische Lieferungen von den Regelungen betroffen – und nicht mehr wie bisher nur Leistungen aus den Bereichen Telekommunikation, Rundfunk und sonstige, auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen.
Mit dem neuen, vereinfachten OSS-Verfahren müssen sich Unternehmen nicht mehr in jedem Land registrieren lassen, um die ausländische Umsatzsteuer an die einzelnen Behörden im Ausland abführen zu können. Stattdessen erfolgen Umsatzsteuerzahlungen künftig über eine einzige Anlaufstelle beim Bundeszentralamt für Steuern, die jede Umsatzsteuerzahlung an ausländische Finanzbehörden weiterleitet.
EU-Regelung (Union-Scheme)
Nicht-EU-Regelung (Non-Union-Scheme)
Einfuhrregelung (Import-One-Stop-Shop, IOSS)
Ausgeschlossen von der Neuregelung sind unter anderem:
Ein in der Schweiz ansässiger Unternehmer CH erbringt ab 1.7.2021 Reparaturleistungen an Einrichtungsmöbeln an Privatkunden in Deutschland (DE), Österreich (AT) und Frankreich (FR). CH ist wegen B2B-Lieferungen zur Umsatzsteuer beim Finanzamt Konstanz registriert. Er wählt die Registrierung zum OSS in Österreich (MS der Identifizierung).
Die Dienstleistungen des CH sind steuerbar und steuerpflichtig in DE, AT und FR (§ 3a Abs. 5 UStG). CH muss seine Dienstleistungen, die er in DE, AT und FR erbringt, sämtlich über den OSS in AT deklarieren und dort die MwSt entrichten (die MwSt wird dann in die einzelnen Mitgliedstaaten des Verbrauchs weitergeleitet). Über seine B2B-Lieferungen gibt CH weiterhin Deklarationen beim Finanzamt Konstanz ab. Deutsche USt kann CH als Vorsteuer in Deutschland in Abzug bringen. Ausländische Vorsteuern sind nur im Wege der Vorsteuervergütung geltend zu machen.
Ein in Deutschland ansässiger Unternehmer DE erbringt ab 1.7.2021 Reparaturleistungen an Einrichtungsmöbeln an Privatkunden in Polen (PL), Österreich (AT) und Frankreich (FR). DE wählt die Registrierung zum OSS in Deutschland (MS der Identifizierung).
Die Dienstleistungen des DE sind steuerbar und steuerpflichtig in PL, AT und FR (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG). DE muss seine Dienstleistungen, die er in PL, AT und FR erbringt, sämtlich über den OSS in Deutschland deklarieren und dort die MwSt entrichten (die MwSt wird dann in die einzelnen Mitgliedstaaten des Verbrauchs weitergeleitet).
Ein in Polen ansässiger Unternehmer PL und ein in der Schweiz ansässiger Unternehmer CH verkaufen ab 1.7.2021 Waren (direkt, ohne Einschaltung eines Online-Marktplatzes) an Privatkunden in Österreich (AT); die Waren befinden sich zu Beginn des Transports jeweils in einem Zentralauslieferungslager in Bad Hersfeld (Deutschland).
In diesen Fällen erbringen PL und CH innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UStG. Als Ort der Lieferung eines innergemeinschaftlichen Fernverkaufs gilt danach der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet. Die Warenlieferungen von CH und PL sind demnach in AT steuerbar und steuerpflichtig. CH und PL können die Warenlieferungen in einem MS über den OSS nach § 18j UStG erklären und in diesem Verfahren die USt entrichten. CH kann den MS der Identifizierung frei wählen. PL kann die Anzeige zur Teilnahme an dem OSS nur in seinem Ansässigkeitsstaat (PL) abgeben.
Ein in der Schweiz ansässiger Unternehmer CH verkauft ab 1.7.2021 unter Nutzung eines Online-Marktplatzes M Waren, die sich in seinem Auslieferungslager in Konstanz befinden, an in Spanien ansässige Privatkunden.
In diesen Fällen wird der Online-Marktplatz bzw. dessen Betreiber (M) nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 3a UStG behandelt. Danach wird ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG unterstützt, behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte.
M führt somit eine warenbewegte Lieferung (innergemeinschaftlicher Fernverkauf) aus, die nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UStG in Spanien steuerbar und steuerpflichtig ist. CH erbringt an M eine ruhende Lieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG in Deutschland befindet, und die steuerbar und nach § 4 Nr. 4c UStG steuerfrei ist.
M kann die Warenverkäufe des CH an die spanischen Kunden, die ihm als eigene Warenverkäufe (fiktiv) zugerechnet werden, über den OSS nach § 18j UStG anmelden. Ist M im Drittlandsgebiet (z. B. in den USA) ansässig, kann er einen EU-Mitgliedstaat als MS der Identifizierung wählen. Als in der EU ansässiger Unternehmer kann M sich nur in seinem Ansässigkeitsstaat zur Teilnahme an dem OSS entscheiden.
Ein in der Schweiz ansässiger Unternehmer CH verkauft ab 1.7.2021 unter Nutzung eines Online-Marktplatzes M Waren, die sich in seinem Auslieferungslager in Konstanz befinden, an in Deutschland ansässige Privatkunden.
In diesen Fällen wird der Online-Marktplatz bzw. dessen Betreiber (M) wiederum nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 3a UStG behandelt.
M führt somit eine warenbewegte Lieferung (inländische Lieferung) aus, die nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig ist. CH erbringt an M eine ruhende Lieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG in Deutschland befindet, und die steuerbar und nach § 4 Nr. 4c (neu) UStG steuerfrei ist.
M kann die Warenverkäufe des CH an die deutschen Kunden, die ihm als eigene Warenverkäufe (fiktiv) zugerechnet werden, über den OSS nach § 18j UStG anmelden.
Ein in Braunschweig ansässiger Händler B veräußert über die eigene Internetseite KFZ-Zubehör an eine in Stuttgart ansässige Privatperson. Der Versand der Ware erfolgt aus dem Lager des Händlers B in Polen. Dabei verzichtet B auf die Anwendung der 10.000EUR-Schwelle nach §3c Abs. 4 Satz 1 UstG und nimmt am besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UstG teil.
Auf die Lieferung des Händlers B an die Privatperson ist § 3c Abs. 1 UstG anzuwenden. Der Ort der Lieferung entspricht dabei dem Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Lieferung an die Privatperson befindet (hier: Deutschland). Händler B hat die Umsätze über das besondere Besteuerungsverfahren im Sinne von § 18j UstG zu erklären.
Ein in der Schweiz ansässiger Unternehmer CH verkauft aus der Schweiz heraus ab 1.7.2021 Warensendungen im Sachwert bis 150 EUR (unmittelbar, ohne Einschaltung einer Internet-Plattform) an deutsche Privatkunden. Die Ware wird am Flughafen Frankfurt zur Einfuhr angemeldet. CH meldet sich in Deutschland zum IOSS an. Er hat eine spezielle MwSt-Identifikationsnummer IMDE123456.
CH muss seine spezielle MwSt-Identifikationsnummer IMDE123456 in der Zollanmeldung angeben. Die Einfuhr ist steuerbar in Deutschland und umsatzsteuerfrei nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG. Die Lieferung des CH ist als Fernverkauf steuerbar in Deutschland (§ 3c Abs. 3 UStG). CH hat monatlich Steuerererklärungen über den IOSS abzugeben und MwSt in Deutschland zu entrichten.
Ein in der Schweiz ansässiger Unternehmer CH verkauft aus der Schweiz heraus ab 1.7.2021 Warensendungen im Sachwert bis 150 EUR (unmittelbar, ohne Einschaltung einer Internet-Plattform) an dänische Privatkunden. Die Ware wird am Flughafen Frankfurt zur Einfuhr angemeldet. CH meldet sich in Deutschland zum IOSS an. Er hat eine spezielle MwSt-Identifikationsnummer IMDE123456.
CH muss seine spezielle MwSt-Identifikationsnummer IMDE123456 in der Zollanmeldung angeben. Die Einfuhr ist steuerbar in Deutschland und umsatzsteuerfrei nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG. Die Lieferung des CH ist als Fernverkauf steuerbar in Dänemark (§ 3c Abs. 2 UStG). CH hat monatlich Steuerererklärungen über den IOSS abzugeben und MwSt in Deutschland zu entrichten, die nach Dänemark weitergeleitet wird.
Das Bundeszentralamt für Steuern informiert ausführlich über die One-Stop-Shop, EU-Regelung.
Zur Seite des Bundeszentralamt für Steuern
Der bisherige Mini One Stop Shop (MOSS) wird mit Wirkung vom 1. Juli 2021 zum One-Stop-Shop (OSS).
Auf Europa.eu, der offiziellen Website der Europäischen Union (EU), finden Sie die gültigen Mehrwertsteuersätze.
Zur Tabelle Mehrwertsteuersätze in den EU-Ländern
Die Steuererklärung ist bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, elektronisch dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Das bedeutet somit für das:
I. Kalendervierteljahr bis zum 30. April,
II. Kalendervierteljahr bis zum 31. Juli,
III. Kalendervierteljahr bis zum 31. Oktober,
IV. Kalendervierteljahr bis zum 31. Januar des Folgejahres.
Auch wenn Sie keine Umsätze im betreffenden Kalendervierteljahr aufführen, müssen Sie eine Steuererklärung (sogenannte Nullmeldung) zu den angegebenen Terminen abgeben.
Unternehmen müssen die im OSS-Verfahren erklärten Steuerbeträge so rechtzeitig überweisen, dass die Zahlung bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, bei der zuständigen Bundeskasse eingegangen ist. Ein Lastschrifteinzug ist nicht möglich.
Bei Nutzung einer Bruttofirma müssen Sie eventuell eine manuelle Preisanpassung durchführen nachdem Sie Ihren Artikel in einen manuellen Artikel gewandelt und die Warengruppe angepasst haben.