Vorsteuerabzug bei Selbstständigen: Was müssen Sie beachten?

Sind Sie vorsteuerabzugsberechtigt? Was versteht man überhaupt unter Vorsteuer und Vorsteuerabzug? Was müssen Sie dabei beachten? Das sind nur einige der Fragen, die Sie sich Unternehmer stellen, wenn es um das Thema Vorsteuerabzug geht. Welche Bedeutung es hat, vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, und wer vom Abzug profitieren kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Einkaufstüte und Einkaufswagen
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 |  Zuletzt aktualisiert am:29.08.2023

Vorsteuer und Vorsteuerabzug: Was ist das und worum handelt es sich?

Der Vorsteuerabzug ist im Umsatzsteuergesetz (UStG) in den Paragrafen 15 und 15a geregelt. Darin ist zu lesen, dass ein Unternehmer die Umsatzsteuer, die er oder sie an ein anderes Unternehmen, an die Eingangszollstellen oder an die Finanzämter bezahlt hat, wieder abziehen darf. Und zwar über einen Umweg. Nämlich dann, wenn er oder sie selbst eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt

Was zunächst ein wenig kompliziert klingt, ist bei näherer Betrachtung eigentlich ganz einfach: Nehmen wir an, dass Sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung fallen und daher auf Ihren Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen. Erhalten Sie nun von einem anderen Unternehmen eine Rechnung für eine Dienstleistung oder ein Produkt, können Sie wiederum diese Umsatzsteuer mit der Umsatzsteuer auf der Rechnung verrechnen. 

Das bezeichnet man dann als Vorsteuer. Hier ein Beispiel zur Vorsteuer:

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<b>Sie erwerben</b>
Sie erwerbenKosten
Verschiedene Stoffe 100 €
Umsatzsteuer in Höhe von 19 % 19 €
Gesamtbetrag119 €

Im Rahmen des Vorsteuerabzugs erstattet Ihnen das Finanzamt in diesem Fall 19 Euro Vorsteuer. 

Aus diesen Stoffen stellen Sie nun Kleidungsstücke her, die Sie für insgesamt 416,50 Euro weiterverkaufen.

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<b>Sie erwerben</b>
Sie erwerbenKosten
Kleidungsstücke 350 €
Umsatzsteuer in Höhe von 19 % 66,50 €
Gesamtbetrag416,50 €

Daraus ergibt sich folgende Rechnung: 

66,50 Euro - 19 Euro = 47,50 Euro 
Nach dieser Rechnung schulden Sie dem Finanzamt also 47,50 Euro. 

Der Vorsteuerabzug lässt sich damit auf diese einfache Formel bringen und schnell berechnen: 

Die Umsatzsteuer, die Sie auf Rechnungen ausweisen - die Umsatzsteuer, die Sie gezahlt haben (also die Vorsteuer) = Ihre Steuerschuld beim Finanzamt 

Info

Der Vorteil des Vorsteuerabzugs

Waren und Dienstleistungen, die Sie für Ihr Unternehmen anschaffen, sind frei von der Umsatzsteuer – und damit um 7 % oder 19 % günstiger.

Wer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt?

Häufig stellt sich die Frage, ob auch Kleinunternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die einfache und schnelle Antwort lautet: Nein, sind sie nicht. Der Grund: Sie weisen auf ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer aus. 

Kleinunternehmer haben somit keine Umsatzsteuer eingenommen, die sie mit der Vorsteuer verrechnen könnten. 

Der Vorsteuerabzug ist daher nur für Unternehmen möglich, die auch auf ihren Rechnungen die Umsatzsteuer ausweisen. Sie gelten damit als vorsteuerabzugsberechtigt und können die gezahlte Umsatzsteuer entweder im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung oder der Umsatzsteuerjahreserklärung verrechnen. 

Info

Was gilt für Vereine?

Unter bestimmten Voraussetzungen können außerdem Vereine die Vorsteuer geltend machen. Dazu muss der Verein jedoch zumindest teilweise einen unternehmerischen Zweck erfüllen.

Wer darf keine Vorsteuer geltend machen?

Neben Kleinunternehmern sind folgende juristische und natürliche Personen ebenfalls nicht vorsteuerabzugsberechtigt

  • Privatpersonen 

  • Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Körperschaften. Voraussetzung: Sie beziehen steuerfreie Leistungen bzw. Umsätze 

Vorsteuerabzug: Welche Bedingungen gelten?

Um vom Vorsteuerabzug profitieren zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen – zusätzlich zu den bisher genannten. Nämlich diese hier: 

  • Sie kaufen das Produkt oder die Dienstleistung für Ihren Geschäftsbetrieb. Private Anschaffungen sind nicht vorsteuerabzugsfähig. 

  • Sie erbringen selbst Leistungen, die umsatzsteuerpflichtig sind. 

  • Die Umsatzsteuer ist auf der jeweiligen Rechnung korrekt ausgewiesen. Außerdem enthält die Rechnung alle weiteren Pflichtangaben. 

  • Das erworbene Produkt oder die Dienstleistung ist umsatzsteuerpflichtig

  • Das Produkt oder die Dienstleistung gehört zu den sogenannten abzugsfähigenBetriebsausgaben.

Info

Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

Zu den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gehören zum Beispiel: 

  • Geldbußen oder Ordnungsgelder 

  • Zinsen auf hinterzogene Steuern 

  • Aufwendungen für Geschenke in Höhe von über 35 Euro 

Rechnung und Vorsteuerabzug: Diese Angaben gehören hinein

Im Hinblick auf die jeweilige Rechnung sollten Sie beachten, dass sich nicht alle Rechnungen für den Vorsteuerabzug eignen. Falls Sie unsicher sein sollten, ob Sie die vorliegende Rechnung für den Vorsteuerabzug geltend machen können, orientieren Sie sich an der folgenden Auflistung: 

  • Die Rechnung liegt Ihnen im Original vor. 

  • Falls die Rechnung als elektronische Variante vorliegt, muss sie lesbar, unversehrt und echt sein. 

  • Die Rechnung enthält alle Pflichtangaben nach § 14 Umsatzsteuergesetz. Nämlich: 

  1. Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Rechnungsempfängers und Rechnungsstellers 
  2. Die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmens 

  3. Das korrekte Rechnungsdatum sowie eine eindeutige und fortlaufende Rechnungsnummer 

  4. Die Menge und Art des gelieferten Gegenstandes oder der Dienstleistung 

  5. Den korrekten Lieferzeitpunkt 

  6. Die Steuersätze, Steuerbeträge und ggf. Steuerbefreiungen, die für die jeweiligen Waren und/oder Dienstleistungen gelten, inklusive Umsatzsteuer 

  7. Jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist 

  8. Betrag in netto 

  9. Betrag in brutto 

Info

Ausnahme: Kleinstbetragsrechnungen

Die Pflichtangaben für Rechnungen gelten ab einem Rechnungsbetrag von mehr als 250 Euro. Rechnungen über Kleinbeträge (weniger als 250 Euro brutto Gesamtbetrag), sogenannte Kleinbetragsrechnungen, müssen weniger Angaben für den Vorsteuerabzug aufführen. Welche das sind, ist in Paragraf 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) festgehalten.

Neben diesen Angaben muss die Rechnung die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) einhalten. Damit sind folgende Angaben gemeint: 

  • Die Originalrechnung muss unveränderbar sein. 

  • Das Dokument ist korrekt ausgestellt und vollständig

  • Die Rechnung ist nachprüfbar

  • Sie wurde zeitgerecht erstellt. 

  • Der Rechnungsersteller hat auf Ordnung bei der Buchführung geachtet. 

Achtung

Hinweis zum Thema Rechnungen und Vorsteuerabzug

Wenn der Zeitpunkt der Leistung und das Datum der Rechnungsstellung in unterschiedlichen Jahren liegen, ist bei der Buchung Vorsicht geboten. In diesem Fall erfolgt der Zusatz „Vorsteuer im Folgejahr abziehbar“. Bevor dabei Fehler passieren, sollten Sie in diesem Spezialfall einen Steuerberater zu Rate ziehen.

Welche Vorsteuerarten können abgezogen werden?

Das ist noch lange nicht alles, was Sie im Hinblick auf die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs beachten müssen. Denn es gibt verschiedene Vorsteuerarten

Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen können folgende Beträge abziehen

  • Umsatzsteuer auf Leistungen oder Waren, die für das eigene Unternehmen gebraucht werden. 

  • Die Umsatzsteuer bei Anzahlungen. Allerdings muss dazu die Anzahlung bereits gezahlt worden sein. 

  • Die Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die aus dem Ausland importiert wurden. 

  • Die Erwerbssteuer, die für Gegenstände des innergemeinschaftlichen Erwerbs gilt. 

  • Die Umsatzsteuer, die das Unternehmen wegen des Reverse-Charge-Verfahrens oder der Umsatzsteuerlager zahlen musste.

So funktioniert die Sache mit der Vorsteuer und dem Vorsteuerabzug

Die Vorsteuer und damit den Vorsteuerabzug können Sie im Rahmen Ihrer Umsatzsteuervoranmeldung oder Ihrer Umsatzsteuererklärung geltend machen. Das bedeutet, dass Sie entweder mehrmals pro Jahr die Vorsteuer geltend machen oder erst am Ende des Geschäftsjahres mit Ihrer abschließenden Umsatzsteuererklärung. 

Vorsteuerabzug: Wann wird die Vorsteuer abgezogen?

Die Häufigkeit, wann Sie Ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen, hängt dabei von der Höhe Ihres Umsatzes und damit der Umsatzsteuer ab: 

  • Umsatzsteuer unter 1.000 Euro pro Jahr: Sie können von der Pflicht zur Umsatzsteuervoranmeldung komplett befreit werden. Achtung: Die Umsatzsteuererklärung müssen Sie trotzdem abgeben. 

  • Umsatzsteuer unter 7.500 Euro pro Jahr: Die Umsatzsteuervoranmeldung wird ein Mal pro Quartal abgegeben. 

  • Umsatzsteuer über 7.500 Euro pro Jahr: Die Umsatzsteuervoranmeldung wird monatlich abgegeben. 

Kleinunternehmerregelung oder Vorsteuerabzug: Was ist günstiger?

Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit stellen sich viele Unternehmer die Frage, ob sich das teilweise umfangreiche Verfahren mit dem Vorsteuerabzug für sie überhaupt lohnt. Unter Umständen könnte ja auch die Kleinunternehmerregelung viel sinnvoller sein. 

Ob man den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen und damit im Gegenzug auf die Kleinunterunternehmerregelung verzichten sollte, hängt von den individuellen Voraussetzungen ab:

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<b>Vorteile Kleinunternehmerregelung</b>
Vorteile KleinunternehmerregelungVorteile Vorsteuerabzug
Deine Waren oder Leistungen sind für Privatkunden billiger, da die Umsatzsteuer entfällt. Die von Ihnen gezahlte Umsatzsteuer auf Waren oder Dienstleistungen können Sie sich als Vorsteuer erstatten lassen.
Der zeitliche Aufwand für die Buchhaltung wird kleiner, da Sie keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen. Achtung: Eine Umsatzsteuerjahreserklärung müssen Sie trotzdem beim Finanzamt einreichen. Denn damit wird Ihre Umsatzgrenze kontrolliert. Wenn Sie Glück haben, können Sie den pauschalen Vorsteuerabzug geltend machen. Auch das minimiert den Aufwand bei der Buchhaltung.

Pauschaler Vorsteuerabzug für einige Berufsgruppen

Einige Selbstständige können sich ein bisschen Arbeit mit der Vorsteuer sparen, indem sie von dem pauschalen Vorsteuerabzug Gebrauch machen. 

Allerdings ist diese Vereinfachung an einige Voraussetzungen gebunden: 

  • Sie erstellen eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), um Ihren Jahresgewinn zu ermitteln. 

  • Ihr Umsatz lag im vorangegangenen Jahr unter 61.356 Euro

  • Ihr Unternehmen gilt als gemeinnützige Körperschaft oder eine Personenvereinigung, Sie sind nicht zur Buchführung verpflichtet und der Jahresumsatz im vorangegangenen Jahr war nicht höher als 35.000 Euro. 

  • Ihr Unternehmen fällt in den land- oder forstwirtschaftlichen Bereich.

Bis 2022 galt zudem Folgendes: Bestimmte Berufsgruppen, wie z. B. Handwerksbetriebe vieler Gewerke, Einzelhändler vieler Branchen, Gastgewerbebetriebe und Angehörige freier Berufe, konnten den pauschalen Vorsteuerabzug beantragen. Damit konnten diese sich die genaue Auflistung der Umsatzsteuer sparen und pauschal einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes als Vorsteuer abziehen. 

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Thema Vorsteuerabzug

Daneben gibt es noch weitere Fragen, die immer wieder im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug auftauchen. Wir geben Ihnen in aller Kürze eine Antwort auf diese Fragen.

Wie funktioniert der Vorsteuerabzug bei nicht steuerbaren Umsätzen?

 

Als nicht steuerbare Umsätze werden solche Umsätze bezeichnet, bei denen der Kunde oder die Kundin und das Unternehmen in unterschiedlichen Ländern wirtschaften. In diesem Fall wird in der Regel keine Umsatzsteuer auf den Rechnungen ausgewiesen.

Unterliegt der Vorsteuerabzug der Ist-Versteuerung?

 

Ja, aktuell gilt noch die Ist-Versteuerung beim Vorsteuerabzug. Das bedeutet, dass die Vorsteuer schon geltend gemacht werden kann, bevor sie bezahlt wurde. Für dich ein klarer Vorteil, da Sie so Ihre Liquidität sichern können.

Gibt es einen Vorsteuerabzug bei umsatzsteuerbefreiten Leistungen?

 

Nur Selbstständige, die selbst umsatzsteuerpflichtig sind und damit eine abziehbare Vorsteuer ausweisen, können den Vorsteuerabzug anwenden. Bedeutet im Umkehrschluss: Selbstständige, die umsatzsteuerbefreite Leistungen in Rechnung stellen, sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt.

Zusammenfassung

Vorsteuerabzug zusammengefasst

  • Vorsteuerabzugsberechtigt sind nur Selbstständige, die selbst auf ihren Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen. 

  • Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen müssen auf Waren und Dienstleistungen, die für das Unternehmen bestimmt sind, keine Umsatzsteuer zahlen

  • Der Vorsteuerabzug kann zu einer höheren Liquidität des Unternehmens beitragen. 

  • Kleinunternehmer sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da sie keine Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen.

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