Bilanzanalyse: Alle Kennzahlen im Blick

Für viele Unternehmer ist die Bilanzierung ein nötiges Übel, das sie an den Steuerberater auslagern und später in Ordnern verschwinden lassen. Eine Bilanzanalyse samt Vergleich mit den letzten Jahren findet häufig nicht statt. Dabei ist gerade die Analyse einer Bilanz sehr aufschlussreich für die aktuelle Lage und die zukünftige Entwicklung des Unternehmens in verschiedenen Bereichen.

Zuletzt aktualisiert am 14.08.2025
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Bilanzanalyse: Die zweckgerichtete Auswertung des Jahresabschlusses

Die Erstellung einer Bilanz inkl. Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) gehört zum Pflichtprogramm für viele Unternehmen. Ausgenommen sind Unternehmen, die wegen eines geringeren Umsatzes davon befreit sind und sich auf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) beschränken dürfen. Oft haben besonders kleinere Unternehmen keine Kapazitäten, die Bilanz selbst zu erstellen und lagern diese Arbeit an den Steuerberater aus. Dadurch fällt oft auch die Bilanzanalyse sehr verkürzt aus.

Die Bilanz wird einmal im Geschäftsjahr für den Jahresabschluss erstellt. Dieser bereitet die Daten, die das Unternehmen im Laufe des Jahres angesammelt hat, so auf, dass sinnvolle Aussagen über seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gemacht werden können. Dafür ist es allerdings notwendig, sich diese Zahlen mit der Bilanzanalyse anzuschauen, um tatsächlich auch die einzelnen Kennzahlen getrennt voneinander und in ihrem Zusammenhang zu betrachten. Diese Kennzahlen helfen Ihnen dabei, gegenüber Ihrer Bank mit der größtmöglichen Klarheit und Sicherheit aufzutreten.

Was ist eine Bilanzanalyse?

Die Bilanzanalyse, oder auch Jahresabschlussanalyse, setzt sich aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung sowie dem Anhang zusammen. Bei Kapitalgesellschaften fließt auch der Lagebericht in die Bilanzanalyse ein. Bilanzierende Unternehmen müssen ihre derzeitige und zukünftige Lage darstellen. Die Erstellung erfolgt jährlich durch interne oder externe Kräfte. Aus den Ergebnissen können Unternehmen Potenziale und Prognosen ableiten.

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Bilanzanalyse einfach erklärt

Die Bilanzanalyse ist ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der finanziellen Gesundheit eines Unternehmens. Ziel ist es, wichtige Kennzahlen wie Liquidität, Eigenkapitalquote und Verschuldungsgrad zu ermitteln und Trends sowie Risiken frühzeitig zu identifizieren. Dadurch können Unternehmer fundierte Entscheidungen über Investitionen, Finanzierungsstrategien und operative Maßnahmen treffen. Einfach ausgedrückt hilft die Bilanzanalyse, die erfolgswirtschaftliche Lage und Leistungskraft eines Unternehmens verständlich zu machen.

Ziele der Bilanzanalyse

Mithilfe der Analyse erreichen Unternehmen Folgendes:

  • Die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses wird sichergestellt
  • Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens wird dargestellt

Die Bilanzanalyse erfolgt vor allem auf Basis geeigneter Kennzahlen, z. B. Kapitalquoten, Liquiditätsgrade oder Anlagenintensität. Die realistische Einschätzung eines Unternehmens ist nicht nur für interne Einschätzungen und Entscheidungen wichtig. Auch externe Partner wie Lieferanten oder Banken brauchen wirtschaftliche Planungssicherheit. Unternehmen müssen Chancen und Risiken ermitteln, damit sie die notwendige Koordination und Kooperationen realisieren können.

Formen der Bilanzanalyse

Die wichtigste Form ist die interne Bilanzanalyse. Sie wird durch interne Mitarbeiter oder betriebsfremde Vertrauenspersonen durchgeführt, wie bspw. Wirtschaftsprüfer. Prinzipiell stehen hierfür alle Unterlagen zur Verfügung. Deshalb ist die interne Bilanzanalyse auch die aussagekräftigste Form.

Eine weitere Form ist die externe Bilanzanalyse. Hierfür dürfen Prüfer lediglich öffentlich zugängliche Materialien verwenden. Da viele (große) Unternehmen jedoch aktiv Public Relations (PR) betreiben, ist diese Art der Analyse erfahrungsgemäß wenig verlässlich. Echte Probleme lassen sich in der Regel nicht auf diesem Weg identifizieren.

Weitere zweckbestimmte Formen sind:

  • Die qualitative Bilanzanalyse ist eine verstärkte Auswertung des Lageberichts sowie des Anhangs. Die Lage des Unternehmens wird qualitativ erfasst.
  • Die quantitative Bilanzanalyse beruht auf der Auswertung von Kennzahlen. Die Auswahl der richtigen Kennzahlen ist von kritischer Bedeutung. Es gilt, die Ziele der Analyse zu beachten und sorgfältig abzuwägen. Viele Kennzahlen erhöhen zwar die Aussagekraft der Analyse, können aber auch die Übersichtlichkeit schmälern.
  • Weitere Formen sind die Rentabilitäts-, Liquiditäts-, Finanzierungs-, Ergebnis- und Vermögensanalyse.

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses müssen Sie verschiedene Gesetze, vor allem das HGB beachten und alle formalen und materiellen Vorgaben erfüllen. Halten Sie die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung ein und bilden Sie die reale Lage des Unternehmens ab. Lexware Office ist die ideale Software für diese Aufgabe.

Die vier Schritte der Bilanzanalyse

Die Bilanzanalyse können Sie in vier Schritten durchführen. Diese Schritte sind:

Bilanzlesung

Bei der Bilanzlesung verschaffen Sie sich einen ersten Eindruck. Dafür schauen Sie sich das Kapital, das Vermögen, die Bilanzsumme, den Umsatz und den Gewinn an. Diese Positionen stehen in einem Verhältnis zueinander. Zusätzlich werden auch der Lagebericht und Anhang gelesen.

Zeitvergleich

Im Zeitvergleich stellen Sie die Zahlen des Jahresabschlusses denen der Vorjahre gegenüber. Das können gerne fünf Jahre oder mehr sein.

Die Veränderungen in den Bilanzsummen, Gewinnen und Umsätzen zeigen Trends auf. Auf diese Trends können Sie reagieren, wenn Sie diese erkennen.

Der Zeitvergleich kann beispielsweise mit einer Bewegungsbilanz dargestellt werden. Bei einer Bewegungsbilanz werden alle Bilanzpositionen meist zwischen zwei Jahren gegenübergestellt und die Veränderungen analysiert.

Umstellungen und Umgliederungen

Die Einzelpositionen untergliedern Sie nach deren Laufzeiten. Daraus können Sie z. B. ablesen, welche Geldquellen wann aufgebraucht sind.

Dabei kann eine Strukturbilanz hilfreich sein. Diese zeigt Ihnen auf einen Blick, wie Kapital angelegt ist und woher es kommt.

Die Strukturbilanz bildet zudem wichtige Kenngrößen, die in der späteren Bilanzanalyse verwendet werden. 

Bildung von Kennzahlen

Sie können verschiedene Kennzahlen für die Bilanzanalyse heranziehen. Die Kenngrößen aus der Strukturbilanz ergeben sich unter anderem für die Vermögens- und Kapitalstruktur, die Vermögensdeckung, die Rentabilität und Liquidität.

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Welche Kennzahlen sind für die Bilanzanalyse wichtig?

Zum einen gehören Rentabilitätskennzahlen zur Bilanzanalyse. Dazu zählen der Cashflow, die Eigenkapitalrentabilität, Gesamtkapitalrentabilität sowie EBIT- oder Umsatzrentabilität.

Hinzu kommen Kennzahlen, die etwas über die Stabilität des Unternehmens aussagen. Etwa die Liquidität, Anlagendeckelung und die Fremdkapitalquote.

Kennzahlen zur Betriebstätigkeit zeigen Ihnen hingegen, wie schnell Ihr Unternehmen z. B. Forderungen realisieren und Verbindlichkeiten begleichen kann. Dazu zählen unter anderem Debitorenlaufzeit, Kreditorenlaufzeit und die Lagerdauer. 

Sie werten basierend darauf die Einflüsse aus, die auch veränderte Gegebenheiten berücksichtigen müssen. Dabei spielt die Bewertung von Kennzahlen eine große Rolle.

Beispiel einer Bilanzanalyse

Unternehmen X – Bilanz zum 31.12.2024 (in Tausend Euro)

Aktivseite (Vermögen):

  • Anlagevermögen: 120.000 €
  • Umlaufvermögen: 80.000 €
  • Gesamtvermögen: 200.000 €

Passivseite (Kapital):

  • Eigenkapital: 100.000 €
  • Fremdkapital: 100.000 €
  • Gesamtkapital: 200.000 €

Schritt 1: Kennzahlen ermitteln

Eigenkapitalquote = (Eigenkapital / Gesamtkapital) * 100
= (100.000 € / 200.000 €) * 100 = 50 %

Verschuldungsgrad = (Fremdkapital / Eigenkapital) * 100
= (100.000 € / 100.000 €) * 100 = 100 %

Liquidität = (Flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen) / kurzfristige Verbindlichkeiten

Angenommen, flüssige Mittel betragen 30.000 €, kurzfristige Forderungen 20.000 € und kurzfristige Verbindlichkeiten 40.000 €. Dann ergibt sich die Formel:

(30.000 € + 20.000 €) / 40.000 € = 1,25

Schritt 2: Analyse

Die Eigenkapitalquote von 50 % zeigt, dass das Unternehmen zur Hälfte durch Eigenkapital finanziert ist, was auf eine solide Kapitalstruktur hindeutet.

Ein Verschuldungsgrad von 100 % bedeutet, dass das Unternehmen ebenso viel Fremd- wie Eigenkapital hat. Dies weist auf eine ausgewogene, jedoch auch abhängige Finanzierung durch Fremdkapital hin.

Eine Liquidität von 1,25 zeigt, dass das Unternehmen X ausreichend liquide Mittel besitzt, um seine kurzfristigen Verbindlichkeiten zu begleichen. Das lässt auf finanzielle Stabilität schließen.

Fazit: Unternehmen X hat eine gesunde Bilanz mit einer soliden Kapitalstruktur und genügend Liquidität, um kurzfristige Verbindlichkeiten zu decken. Die Analyse zeigt jedoch auch eine beträchtliche Abhängigkeit von Fremdkapital, was bei zukünftigen Finanzentscheidungen berücksichtigt werden sollte.

Kennzahlen bewerten

Bei der Bewertung der Kennzahlen müssen Sie immer die goldene Bilanzregel beachten. Diese besagt, dass langfristiges Vermögen (z. B. Maschinen) auch langfristig finanziert werden muss (z. B. mit Darlehen), während kurzfristiges Vermögen (z. B. Forderungen) entsprechend kurzfristig finanziert werden muss (z. B. mit Lieferantendarlehen).

Die goldene Bilanzregel ist im Grunde selbst eine Kennzahl, die sich in zwei Kennzahlen spaltet: den ersten und den zweiten Deckungsgrad.

Deckungsgrad 1 ist das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Anlagevermögen. Der Quotient sollte dabei nach Möglichkeit mindestens zwischen 0,7 und 1 liegen. Der erste Deckungsgrad ist die goldene Bilanzregel im engeren Sinne.

Eine Erweiterung stellt der Deckungsgrad 2 dar. Hier wird in die Berechnung das langfristige Fremdkapital mit einbezogen. Der Deckungsgrad 2 sollte immer höher als 1 sein, mindestens 1,1 bis 1,5. Es muss für die Finanzierung also auf Fremdkapital zurückgegriffen werden, was innerhalb bestimmter Grenzen grundsätzlich unproblematisch ist. Man spricht dabei auch von der silbernen Bilanzregel.

Auch andere Kennzahlen sollten Sie unter die Lupe nehmen und Maßnahmen in die Wege leiten, um diese zu verbessern. Die Debitorenlaufzeit lässt sich beispielsweise mit einem strikteren Mahnwesen verbessern, während eine Senkung der Lagerdauer zu einer Senkung der Lagerkosten führen kann. Nehmen Sie sich auch die Zeit, die Eigenkapitalquote ausführlich zu bewerten, da diese einen großen Einfluss auf das Kredit-Ranking-System der Banken hat. Banken sehen ein Eigenkapital von 20 % oder mehr grundsätzlich als noch günstig an.

Herausforderungen bei der Bilanzanalyse

Kennzahlen sind stark bewertungsabhängig. Damit sind sie grundsätzlich geeignet, um eine Bilanzanalyse zu schönen. (Legale) Manipulationen von Bilanzen gehören zum Alltag in Unternehmen und sind Teil der Bilanzpolitik. Das gelingt bspw. durch Window Dressing, dem absichtlichen Terminieren von Transaktionen vor dem Bilanzstichtag. Solche Maßnahmen können sinnvoll sein, wenn ein Unternehmen zum Beispiel einen günstigeren Kredit bei einer Bank erhalten möchte.

Alle Maßnahmen der Bilanzkosmetik bergen jedoch auch das Risiko der Selbsttäuschung. Wenn im Einzelfall nicht alle relevanten Informationen über Maßnahmen der Bilanzkosmetik an das Management weitergegeben wurden, entsteht bei den Entscheidungsträgern ein falsches Bild der Ertragslage. 

Fazit

Die Bilanzanalyse ist eine wichtige Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Situation eines Unternehmens. Sie ist nicht nur für Außenstehende interessant, sondern bietet auch dem Unternehmen selbst wichtige Erkenntnisse über die finanzielle Lage und Ertragskraft.

Allerdings ist eine Analyse nicht einfach schnell erledigt. Lassen Sie diese am besten von Profis durchführen, damit die Zahlen am Ende auch stimmen. Nicht nur, weil Sie sich sonst selbst täuschen, sondern auch, weil Fehler weitreichende Folgen haben können. 

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